:: 9/2012

Die Zusammenarbeit mit den kommunalen Erhebungsstellen beim Zensus 2011

Positiver Abschluss des Erhebungsgeschäfts vor Ort

In Deutschland wurde mit dem Zensus 2011 erstmals ein registergestütztes Verfahren eingesetzt. Dabei wurden – im Unterschied zur Volkszählung 1987 – nicht mehr alle Bürgerinnen und Bürger befragt, sondern soweit wie möglich vorhandene Daten aus Verwaltungsregistern für statistische Zwecke genutzt. Zur Sicherung der Qualität der Ergebnisse und zur Gewinnung von Daten, für die es keine Register gibt, wurden in Baden-Württemberg etwas mehr als 1,1 Mill. Personen im Zuge einer Haushaltsstichprobe sowie der Befragung in Anstalts- und Gemeinschaftsunterkünften persönlich befragt. Außerdem fand eine postalische Erhebung bei allen knapp 3 Mill. Eigentümerinnen und Eigentümern von Gebäuden und Wohnungen statt.

Beim Zensus 2011 wurde nur etwa ein Drittel der Bevölkerung persönlich angesprochen. Die Befragung der Haushalte wurde nicht direkt durch das Statistische Landesamt, sondern von örtlichen Erhebungsstellen durchgeführt, die in Baden-Württemberg bei allen Gemeinden mit mindestens 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und bei den Landkreisen eingerichtet waren. Bei der Haushaltebefragung ging es unter anderem um demografische Grunddaten wie Alter, Familienstand und Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Religion. Durch Fragen zur Zuwanderung wurde der Migrationshintergrund abgebildet. Schließlich wurden Angaben zum Schulbesuch, dem Bildungs- und Ausbildungsabschluss, der Berufstätigkeit sowie zum Wirtschaftszweig erhoben.

Einrichtung der Erhebungsstellen im Land

Das Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 (AGZensG 2011) sah vor, Erhebungsstellen in den 55 Städten mit mehr als 30 000 Einwohnern und 35 Landkreisen einzurichten. Letztendlich gab es in Baden-Württemberg 88 Erhebungsstellen, da sich drei benachbarte Kommunen im Land dazu entschlossen hatten, eine gemeinsame Erhebungsstelle einzurichten. Die Erhebungsstellen waren zur Sicherung des Datenschutzes von anderen Verwaltungsstellen abzuschotten. Sicherzustellen war dabei eine räumliche, organisatorische und personelle Trennung der Arbeit der Erhebungsstellen von den Arbeiten anderer Verwaltungsbereiche.

Das Statistische Landesamt war – neben der Arbeit der örtlichen Erhebungsstellen – auch auf die Unterstützung und Mitarbeit aller Kommunen angewiesen. Dazu zählten die gesetzlich vorgesehenen Lieferungen von Daten aus den Melderegistern, den Grundsteuerstellen ebenso wie Angaben zu den kommunalen Bediensteten. Die Gemeinden klärten gegebenenfalls unplausible Anschriftenangaben und prüften die im Statistischen Landesamt erstellten Dateien der Anstalts- und Gemeinschaftsunterkünfte, die sogenannten Sonderbereiche. Die Kommunen unterstützten außerdem die örtlichen Erhebungsstellen bei der Gewinnung von Erhebungsbeauftragten.

Zuständigkeitsbereich der örtlichen Erhebungsstellen – Das »Tagesgeschäft« vor Ort

Zwischen Ende 2010 und Mitte 2012 waren die kommunalen Erhebungsstellen für die Durchführung der Haushaltsstichprobe und der Erhebung der sogenannten Sonderbereiche – hierzu zählen Gemeinschafts- und Anstaltsunterkünfte wie beispielsweise Studentenwohnheime, Altenpflegeeinrichtungen oder Justizvollzugsanstalten – verantwortlich.1 Die Erhebungsstellen in den Landkreisen führten zudem ab April 2012 bei rund 40 000 Anschriften die Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten durch. Mit Hilfe dieser Erhebung wurden in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern Unstimmigkeiten zwischen den Angaben aus dem Melderegister und den Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung geklärt. 2 Schließlich haben die örtlichen Erhebungsstellen die Ersatzvornahmen der Gebäude- und Wohnungszählung durchgeführt. Dabei wurden im Rahmen von Inaugenscheinnahmen Angaben zu Gebäudemerkmalen erhoben, die bei der postalisch durch das Statistische Landesamt durchgeführten Gebäude- und Wohnungszählung nicht erfolgreich gewonnen werden konnten (zum Beispiel weil kein Eigentümer des Gebäudes ermittelt werden konnte). Insgesamt wurden im Rahmen der Ersatzvornahmen in zwei nacheinander gelieferten Tranchen die Kernmerkmale (Wohnraum vorhanden, Gebäudetyp, Gebäudeart3, Baujahr und Anzahl der Wohnungen im Gebäude) von rund 147 000 Gebäuden, für die kein Rücklauf aus der Gebäude- und Wohnungszählung erfolgt war, nacherhoben. Verbliebene Restfälle, die beispielsweise aus Zeitgründen nicht durch die Erhebungsstellen bearbeitet werden konnten, wurden von Erhebungsbeauftragten des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg in Augenschein genommen.

Bei der Durchführung der Erhebungen fielen in den kommunalen Erhebungsstellen umfangreiche Arbeiten organisatorischer Art an wie beispielsweise die Gewinnung, Bestellung und Schulung der Erhebungsbeauftragten, die Einteilung der Erhebungsbezirke und die Bereitstellung der Erhebungsunterlagen und Organisationspapiere. Die Auswahl der Erhebungsbeauftragten durch die Erhebungsstellen hatte dabei besonders sorgfältig zu erfolgen, weil diese Personen mit den Auskunftspflichtigen in Kontakt traten. Die ehrenamtliche Tätigkeit als Erhebungsbeauftragter konnte von allen vertrauenswürdigen und volljährigen Bürgerinnen und Bürgern ausgeführt werden. Alle Erhebungsbeauftragten mussten besondere Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. Bestanden Bedenken, dass Erkenntnisse aus der Tätigkeit im Rahmen des Zensus 2011 zum Schaden der auskunftspflichtigen Person genutzt werden könnten, so durften diese Personen nicht als Erhebungsbeauftragte bestellt werden. Personen, die im Verwaltungsvollzug tätig sind, sollten genauso wenig als Erhebungsbeauftragte eingesetzt werden, wie Vertreter für Versicherungen oder Zeitungs-Abonnements. Aus Datenschutzgründen durften Erhebungsbeauftragte zudem nicht in der unmittelbaren Nähe ihrer Wohnung eingesetzt werden. Im Vorfeld ihrer Befragungstätigkeit wurden die Erhebungsbeauftragten ausführlich durch die Erhebungsstellen geschult und – wie sämtliche mit der Aufbereitung von Zensusdaten betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der statistischen Ämter des Bundes und der Länder sowie der Erhebungsstellen – schriftlich auf die Wahrung des Statistikgeheimnisses verpflichtet. Die Verpflichtung auf den Datenschutz behält auch nach Beendigung der Tätigkeit in den Erhebungsstellen bzw. im Rahmen der Erhebungsbeauftragtentätigkeit ihre Gültigkeit.

Zur Durchführung der Erhebungen in der kommunalen Erhebungsstelle gehörten neben der Eingangs- und Vollzähligkeitskontrolle der Erhebungsunterlagen sowohl die Eingangsregistrierung der Fragebogenrückläufe und die teilweise damit einhergehende Klärung von Unstimmigkeiten als auch die abschließende Feststellung von existenten Personen. Der Regelfall bei der Existenzfeststellung war die Erhebung von Angaben zur Person (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht) durch die Erhebungsbeauftragten für möglichst alle Personen des Haushalts beim Interview. War die Existenzfeststellung durch eine(n) Erhebungsbeauftragte(n) vor Ort nicht möglich, wurde die Existenz durch die Erhebungsstellen in einem schriftlichen Verfahren mit Hilfe eines personenbezogenen Heranziehungsbescheids (Zustellung mittels Postzustellungsauftrag und Postzustellungsurkunde) festgestellt. Wichtige Aufgaben der örtlichen Erhebungsstellen waren außerdem die Betreuung des Erinnerungs- bzw. Mahnwesens und die Auszahlung der steuerfreien Aufwandsentschädigung der Erhebungsbeauftragten.

Das Personal der Erhebungsstellen wurde für diese Aufgaben seit Herbst 2010 umfassend vom Statistischen Landesamt geschult. Die für die Befragungen notwendigen Erhebungsunterlagen und Erhebungsmaterialien wurden den Erhebungsstellen vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt und angeliefert. Die für die Befragung notwendigen IT-Verfahren zur Erhebungsunterstützung wurden durch den Verbund der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bereitgestellt. Bei allen Fragen konnten sich die Erhebungsstellen jederzeit an das Statistische Landesamt wenden. Dort stand eine speziell geschulte Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den örtlichen Erhebungsstellen telefonisch über eine »Hotline« mit Rat und Tat zur Seite.

Positive Rücklaufquoten und erfolgreicher Abschluss der Erhebungen

Um eine Rückmeldung über den Stand der Arbeiten vor Ort zu erhalten, wurden Ende Mai 2011 und Mitte Juli 2011 die Erhebungsstellen zweimal zum aktuellen Stand der Erhebungen befragt. Im Rahmen dieser Umfragen und auch durch weitere Rückmeldungen auf unterschiedlichen Wegen (Informationsveranstaltungen für die Erhebungsstellen, Rückmeldungen über die Hotline für Erhebungsstellen) zeigte sich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, dass die Arbeiten in den Erhebungsstellen in Baden-Württemberg gut bis sehr gut gelaufen sind. Die Erhebungsstellen berichteten nur in sehr geringem Umfang von Widerständen gegen die Befragung aus der Bevölkerung. Nur in den wenigsten Fällen wurde Erhebungsbeauftragten beispielsweise die Tür vor der Nase zugeschlagen, als sie sich zum angekündigten Interviewtermin beim Auskunftspflichtigen einfanden. Auch Beschwerden über Erhebungsbeauftragte gab es sehr selten, was insbesondere auf die sorgfältige Auswahl und die umfassenden Schulungen zurückzuführen sein dürfte. Des Weiteren sind während der Erhebungsphase nur sehr wenige Erhebungsbeauftragte ausgefallen und haben ihre Tätigkeit vorzeitig beendet.

Auch auf den zweiten Blick hat sich die erste Einschätzung bestätigt. Der Rücklauf der Erhebungsunterlagen und die Teilnahmebereitschaft der Bevölkerung waren erheblich besser als ursprünglich angenommen. Mittlerweile sind alle Erhebungen abgeschlossen und die ausgefüllten Unterlagen ans Statistische Landesamt zur weiteren Verarbeitung übergeben worden. Die finalen Abholungen der noch vor Ort befindlichen Erhebungsunterlagen einschließlich einer Kontrolle, ob nicht doch versehentlich Unterlagen nicht abgegeben wurden, erfolgte sukzessive zwischen Ende April und Ende Juni 2012. Zunächst wurden die Erhebungsstellen in den Städten mit mehr als 30 000 Einwohnern angefahren, da diese früher ihre Pforten schlossen. Danach erfolgte die finale Abholung der Erhebungsunterlagen bei den Erhebungsstellen der Landkreise, die aufgrund der Durchführung der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten ein etwas längeres Zeitfenster zur Bearbeitung ihrer Fälle eingeräumt bekamen.

Dank an die Erhebungsstellen – Ausblick auf die Auswertung der Zensusergebnisse

Der gute Rücklauf und die weitgehend problemlose Abwicklung der Erhebungen zeigt sich auch darin, dass in allen Erhebungsstellen nur ein vergleichsweise geringer Anteil von Fällen ins Mahnverfahren gelangt ist, in einigen sogar kein einziger. Ansonsten war – nach einer bereits positiven Vorabeinschätzung – die Verwertbarkeit der Fragebogen auch insgesamt gut. Das Statistische Landesamt hat sich daher bereits mehrfach bei den örtlichen Erhebungsstellen sowie den im Land tätigen Erhebungsbeauftragten für das große Engagement und den hohen Einsatz bei der Bewältigung der Aufgaben im Rahmen des Zensus 2011 bedankt, zuletzt bei einer Abschlussveranstaltung für die kommunalen Erhebungsstellen am 29. Juni 2012. Bei dieser Veranstaltung wurde auch auf die Veröffentlichung der Ergebnisse des Zensus in der Auswertungsdatenbank4 eingegangen. Sie ist das zentrale Veröffentlichungsmedium des Zensus 2011, das für jeden frei zugänglich über das Internet erreichbar sein wird. Somit stehen die Ergebnisse für möglichst viele Nutzergruppen in einem einheitlichen Auswertungsprogramm zur Verfügung. Über einen Themenzugang, einen Regionalzugang und einen Zugang zu dynamischen Auswertungen können verschiedene Nutzerbedürfnisse bedient werden und ein selbstverständlich datenschutzkonformes, umfassendes Auswertungsprogramm bereitgestellt werden.

Schließlich wurden bei dieser Abschlussveranstaltung erste Ergebnisse der nach § 17 des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahr 2011 (ZensG 2011) vorgesehenen Befragung der Erhebungsstellen zur Bewertung der Qualität der Zensusergebnisse und der Einschätzung der Zusammenarbeit mit dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg vorgestellt.5 Aus den bisher vorliegenden Rückmeldungen der Erhebungsstellen zeigt sich, dass die Einrichtung der örtlichen Erhebungsstellen im Südwesten überwiegend problemlos verlaufen war. Die Rückmeldung der Erhebungsstellenleitungen ergab, dass sie sich durch die umfassenden Schulungen – trotz der teilweise schwierigen Bedingungen im Erhebungsverlauf – gut auf ihre Tätigkeit vorbereitet fühlten. Auch die Anwerbung von Erhebungsbeauftragten verlief nach Einschätzung der Erhebungsstellen ohne größere Schwierigkeiten, wobei sich zeigte, dass das Interesse an einer Tätigkeit im Rahmen des Zensus 2011 erst kurz vor Stichtag hoch war und vereinzelt Personen nach den notwendigen Schulungen ihre Bereitschaft zum Einsatz als Erhebungsbeauftragte wieder revidierten. Die Erhebungsbeauftragten im Land erhielten von den Erhebungsstellen insgesamt sehr gute bis gute Bewertungen für ihr Engagement und ihre Zuverlässigkeit. Insgesamt positiv bewertet wurde, dass kaum Kritik aus der Öffentlichkeit am Zensus 2011 geübt wurde.

Fazit und Ausblick

Durch das große Engagement und die tatkräftige Unterstützung aller Beteiligten in den örtlichen Erhebungsstellen konnte das Erhebungsgeschäft vor Ort in Baden-Württemberg zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Die Möglichkeit, sich als Auskunftspflichtiger direkt in räumlicher Nähe bei einer Erhebungsstelle melden zu können, und auch das freundliche und kompetente Auftreten der eingesetzten Interviewerinnen und Interviewer wurde vielfach gelobt. Durch die gute Zusammenarbeit zwischen dem Statistischen Landesamt und den kommunalen Erhebungsstellen konnte für die Bürgerinnen und Bürger des Landes die Belastung durch den Zensus 2011 auf ein minimales Maß reduziert werden.

Auch die Kooperation des Statistischen Landesamts mit dem Arbeitskreis Zensus des Städtetags Baden-Württemberg bildete eine wesentliche Grundlage für die erfolgreiche Durchführung des Zensus 2011. Da der Zensus nach den Vorgaben der EU alle 10 Jahre durchgeführt werden wird, ist zu hoffen, dass bei der nächsten Durchführung der Erhebungen auf einen breiten Erfahrungsschatz in den Kommunen und Landkreisen zurückgegriffen werden kann.

1 Sinner-Bartels, Barbara: »Wissenswertes zum Zensus 2011«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2011«.

2 In Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnern erfolgt die Ermittlung von Über- und Untererfassungsraten im Rahmen der Haushaltsstichprobe.

3 Der Gebäudetyp bezeichnet die Bauform eines Gebäudes, zum Beispiel ob es sich um ein freistehendes Ein- oder Mehrfamilienhaus, um ein Doppelhaus oder ein gereihtes Haus handelt. Die Gebäudeart bezeichnet, um welche Art von Gebäude es sich handelt, zum Beispiel um ein Wohngebäude oder ein Wohnheim mit eigener Haushaltsführung.

4 Lamla, Karsten: »Zensus 2011: Auswertung der Ergebnisse«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 11/2010«.

5 Die Ergebnisse dieser Befragung werden nach erfolgter umfassender Auswertung ebenfalls im Statistischen Monatsheft Baden-Württemberg veröffentlicht werden.