:: 9/2012

Einkommensmillionäre in Baden-Württemberg

Im Jahr 2007 gab es genau 2 792 Einkommensmillionäre in Baden-Württemberg. Finden sich in der Öffentlichkeit manches Mal Vorurteile und Missgunst gegenüber einkommensstarken Mitbürgern, so ist aber auch genauso das Interesse an ihnen und ihrem Erfolg vorhanden. Womit verdienen die Spitzenverdiener ihr Geld? Bezahlen sie wirklich mehr Steuern als der Durchschnittsbürger, und wo wohnen sie eigentlich? Diese und weitere Fragen zu den Topverdienern können anhand der Lohn– und Einkommensteuerstatistik geklärt werden.

Der Beitrag der Topverdiener

Die Anzahl der Einkommensmillionäre ist von 1 575 im Vorberichtsjahr (2004) auf 2 792 im Jahr 2007 um gut drei Viertel gestiegen. Ihr Beitrag zum Einkommensteueraufkommen ist trotz ihrer geringen Zahl sehr bedeutend. So hat 2007 jeder von ihnen im Mittel 3 Mill. Euro verdient und dafür über eine Mill. Euro Einkommensteuer bezahlt. Das entspricht den Abgaben von 162 Durchschnittsverdienern. Damit trugen die Topverdiener 8,6 % des gesamten Einkommensteuer-Aufkommens 2007 in Baden-Württemberg, obwohl sie weniger als ein Promille der Steuerpflichtigen ausmachen. Das (zu versteuernde) Einkommen der Millionäre, welches der bezahlten Steuer gegenübersteht, machte dabei 5 % des gesamten Einkommens aller Steuerpflichtigen aus. Somit war ihr Beitrag zum Einkommensteueraufkommen deutlich höher als der Anteil, den sie am zu versteuernden Einkommen hatten.

Aber hat das Einkommen der Spitzenverdiener auch stärker zugenommen als das der übrigen Steuerpflichtigen? Die Einkommensmillionäre haben mit durchschnittlich 3 Mill. zu versteuerndem Einkommen im Jahr 2007 rund 15 % mehr versteuert als 2004. Das zu versteuernde Einkommen aller Steuerpflichtigen dagegen hat sich von 2004 auf 2007 um rund 10 % erhöht. Anders ausgedrückt: Das Einkommen der Topverdiener hat um 50 % mehr zugelegt als das Durchschnittseinkommen.

Gewerbebetriebe die häufigste Einnahmequelle der Einkommensmillionäre

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb trugen zu über 72 % zu den Einkünften der Einkommensmillionäre bei. Lediglich 12 % kamen aus nichtselbstständiger Arbeit also aus einem Beschäftigungsverhältnis. Bei den Steuerpflichtigen insgesamt ist es in etwa umgekehrt: 77,8 % der Einkünfte werden mit nichtselbstständiger Arbeit verdient und 10,7 % mit Gewerbebetrieb. Des Weiteren betrug der Einkommensanteil aus Kapitalvermögen bei den Einkommensmillionären knapp 9 % und rund 5 % werden mit selbstständiger Arbeit generiert. Man kann festhalten, dass knapp drei Viertel der großen Einkommen (über eine Mill. Euro) 2007 mit Gewerbebetrieben erwirtschaftet wurden und dass die Chance, ein solches Einkommen als Unternehmer zu erzielen rechnerisch etwa sechs Mal höher ist als durch ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis.

Landeshauptstadt zählt die meisten Einkommensmillionäre

Stuttgart ist mit knapp über 600 000 Einwohnern die größte Stadt in Baden-Württemberg. So ist es nicht verwunderlich, dass hier, jedenfalls in absoluten Zahlen, die meisten Einkommensmillionäre wohnhaft sind. 325 von ihnen zählte die Landeshauptstadt (mit ihren 23 Bezirken) und diese bezahlten zusammen 320 Mill. Euro Einkommensteuer. Auf Platz zwei liegt Karlsruhe. In der Fächerstadt haben 92 der knapp 300 000 Einwohner 2007 ein Einkommen von mehr als einer Mill. Euro erzielt. Platz drei geht an Heidelberg mit 77 Steuerpflichtigen, die 2007 ein Millioneneinkommen hatten. Die Stadtkreise sind bei weitem die bevölkerungsstärksten Gemeinden, deshalb wohnen dort auch tendenziell viele Einkommensmillionäre.

Aussagekräftiger ist die Zahl der Einkommensmillionäre, wenn man sie ins Verhältnis zu allen Steuerpflichtigen setzt, also die relative Häufigkeit berechnet. In Baden-Württemberg kommen durchschnittlich 5,3 Einkommensmillionäre auf 10 000 Steuerpflichtige. Auf Regierungsbezirksebene sind die Topverdiener relativ gleichmäßig verteilt. Die Regierungsbezirke Stuttgart und Tübingen sind mit 5,9 und 5,4 Einkommensmillionären je 10 000 Steuerpflichtige leicht über dem Durchschnitt und die Regierungsbezirke Freiburg und Karlsruhe liegen mit 4,6 bzw. 4,9 von 10 000 Steuerpflichtigen etwas darunter.

Auf Kreisebene sind die Unterschiede deutlicher. Die Stadtkreise schneiden bis auf Mannheim mit 3,2 und Freiburg im Breisgau mit 4,9 Einkommensmillionären je 10 000 Steuerpflichtige überdurchschnittlich ab. Allen voran Baden-Baden. Die Einkommensmillionärsdichte in dem weltbekannten Kur- und Badeort ist mit Abstand die höchste unter den 44 Stadt- und Landkreisen. Im Jahr 2007 lebten in der Stadt 48 Steuerpflichtige mit einem Jahreseinkommen von über einer Mill. Euro. Das entspricht 17,6 Spitzenverdienern je 10 000 Steuerpflichtige. Auf dem zweiten Platz lag Heidelberg. 11,5 Einkommensmillionäre je 10 000 Steuerpflichtige zählte der Stadtkreis in der Metropolregion Rhein-Neckar. Knapp dahinter liegt die Landeshauptstadt Stuttgart. Hier waren 10,8 Topverdiener je 10 000 Steuerpflichtige zu Hause. Darauf folgten Ulm (9,8), Tuttlingen (8,5) und der Stadtkreis Heilbronn (7,6). Besonders niedrig hingegen war der Anteil der Einkommensmillionäre im Landkreis Rastatt (2,8), im Landkreis Waldshut (2,4) und mit 2,0 im Neckar-Odenwald-Kreis.

In den kleineren Gemeinden gibt es teilweise eine höhere Dichte an Einkommensmillionären, denn hier fallen einzelne Steuerpflichtige sehr stark ins Gewicht. Demgegenüber gab es 2007 in 497 der 1 101 Gemeinden in Baden-Württemberg keinen Einwohner, der mehr als eine Mill. Euro verdient hat.

Von Einkommensmillionären und ihren Steuern

Über wohlhabende und einkommensstarke Bürger heißt es nicht selten, sie würden »zu wenig« Steuern bezahlen. In absoluten Zahlen sind ihre Abgaben je Steuerpflichtigem zweifelsohne höher als die der einkommensschwächeren Steuerpflichtigen. Aber bezahlen sie auch anteilig soviel mehr? Zumindest eine Auffälligkeit ergibt sich, wenn man die Steuersätze genauer betrachtet. Der prozentuale Anteil der festzusetzenden Einkommensteuer am zu versteuernden Einkommen liegt in Baden-Württemberg durchschnittlich bei knapp 20,7 %. Soviel bezahlt also der »Durchschnittssteuerzahler« von seinen Einkünften.1 Wenn man die Steuerpflichtigen nach Höhe ihrer Einkünfte in Klassen aufteilt, so sollte dem deutschen Steuermodell der leistungsgerechten Besteuerung entsprechend der prozentuale Anteil der Abgaben mit zunehmenden Einkünften steigen (Einkommensteuerprogression). Das ist auch bis zu der Größenklasse mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen 500 000 und einer Mill. Euro der Fall. Hier liegt der durchschnittliche Steuersatz bei 37,2 % der zu versteuernden Einkommen. In der Größenklasse mit Einkünften von mehr als einer Mill. Euro beträgt der durchschnittliche Steuersatz allerdings mit 35,4 % etwa 1,8 Prozentpunkte weniger als in der Größenklasse darunter. Der Durchschnittssteuersatz sollte jedoch mit jeder höheren Größenklasse steigen, außerdem ist die Differenz zum Steuersatz der zweiten Proportionalzone2 auffällig groß, wenn man bedenkt, dass ab einem Einkommen von 52 152 Euro bereits die erste Proportionalzone mit 42 % erreicht ist und die zweite mit 45 % ab einem Einkommen von 250 001 Euro, bzw. 500 001 Euro bei Zusammenveranlagung von Ehegatten.

Die Ursache hängt hauptsächlich mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb zusammen. Diese unterliegen bereits der Gewerbesteuer. Im Einkommensteuergesetz sind Steuerermäßigungen für diese Einkunftsart vorgesehen, um die Belastung durch die Gewerbesteuer zu mindern3 da die Gewerbesteuer zu einer hohen steuerlichen Belastung deutscher Unternehmen geführt hat. Wie bereits erwähnt, liegt der Anteil der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei den Einkommen über einer Mill. Euro bei über 72 % und ist somit sehr viel höher als in allen anderen Größenklassen. Folglich fallen hier auch die Steuerermäßigungen besonders hoch aus. Die steuerliche Belastung aus Gewerbesteuer und Einkommensteuer am zu versteuernden Einkommen ist bei Einkünften aus Gewerbebetrieb insgesamt jedoch meistens höher als die steuerliche Belastung aus Einkommensteuer bei anderen Einkunftsarten.4 Wie hoch die Steuerbelastung tatsächlich ist lässt sich anhand der Einkommensteuerstatistik nicht bestimmen. Man kann nur festhalten, dass auf 72 % der Einkünfte der Einkommensmillionäre zuvor schon Gewerbesteuer erhoben wurde und die tatsächliche Steuerbelastung des Einkommens dadurch deutlich höher ist, als aus der Einkommensteuerstatistik ersichtlich wird.

Fazit

Die Einkommensmillionäre leisten einen großen Beitrag zum Einkommensteueraufkommen. Ihr durchschnittlicher Einkommensteuersatz ist jedoch verhältnismäßig niedrig. Wie hoch ihre tatsächliche steuerliche Belastung aus Gewerbe- und Einkommensteuer ist, lässt sich auf Grundlage der Einkommensteuerstatistik nicht beurteilen.

Aufgrund der tendenziell großen Sparquote der Einkommensmillionäre bleibt, im Gegensatz zu Durchschnittsverdienern, ein großer Teil ihrer Nettoeinkommen frei von Konsumsteuern (zum Beispiel Umsatzsteuer, Ökosteuer, Mineralölsteuer, Tabaksteuer). Vom investierten Nettoeinkommen wird, da derzeit keine Vermögensteuer erhoben wird, nur der Ertrag besteuert. Das relativiert ihren Beitrag zum Steueraufkommen insgesamt.

Diese Daten beschreiben die Situation vor der Finanzkrise. Wie die Einkommensstruktur in Baden-Württemberg durch die weltweite Krise beeinflusst wurde, wird sich spätestens in der Einkommensteuerstatistik 2010 herausstellen, die voraussichtlich Anfang 2014 veröffentlicht werden wird.

1 Die festzusetzende Einkommensteuer errechnet sich aus: Summe der Einkünfte – Freibeträge (= Gesamtbetrag der Einkünfte) – Verlustabzug – Sonderausgaben – außergewöhnliche Belastungen – Steuerbegünstigungen + zuzurechnendes Einkommen (= Einkommen) – Freibeträge für Kinder – Härteausgleich (= zu versteuerndes Einkommen). Daraus wird die Steuer berechnet + Steuer aus §34 – Steuerermäßigungen = Festzusetzende Einkommensteuer.

2 Die zweite Proporationalzone, auch als Reichensteuer bekannt, beginnt bei einem zu versteuernden Einkommen von 250 001 Euro, bzw. 500 001 Euro bei gemeinsamer Veranlagung. Der Steuersatz beträgt ab diesem Einkommen 45 %. Das heißt auf jeden Euro der über diesen Betrag hinaus verdient wird, wird eine Steuer von 45 Cent erhoben.

3 Der Gewinn (aus Gewerbebetrieb) wird mit dem Gewerbesteuersatz multipliziert (der Gewerbesteuersatz ist gestaffelt nach Höhe des Gewinns). Daraus ergibt sich der Gewerbesteuer-Messbetrag. Das 1,8-fache von diesem wird 2007 als Steuerermäßigung von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen. Die Gewerbesteuer errechnet sich aus Messbetrag mal Gewerbesteuer-Hebesatz.

4 Solange der Gewerbesteuer-Hebesatz in der Gemeinde, in der sich der Gewerbebetrieb befindet bei über 180 % lag, war die Belastung höher als bei anderen Einkunftsarten. Das war 2007 in allen Gemeinden Baden-Württembergs und in den allermeisten Gemeinden Deutschlands der Fall.