:: 10/2012

Das Handwerk in Baden-Württemberg: Ergebnisse der Handwerkszählung 2009

Das Handwerk in Baden-Württemberg nimmt eine gewichtige Rolle im Kreis der Wirtschaftsakteure ein. So erwirtschafteten im Jahr 2009 rund 76 000 Unternehmen im zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Handwerk einen Jahresumsatz von 73 Mrd. Euro. In diesen Unternehmen waren zum Jahresende 2009 insgesamt fast 700 000 Personen1 tätig – darunter rund 507 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und rund 110 000 geringfügig entlohnt Beschäftigte.

Im Juli 2012 konnten für Baden-Württemberg zum zweiten Mal Ergebnisse einer Handwerkszählung veröffentlicht werden, die vollständig aus Verwaltungsdaten gewonnen wurden. Damit wurden für das Berichtsjahr 2009 wiederum rund 76 000 Handwerksunternehmen im Land von einer statistischen Auskunftspflicht entlastet. Die letzte Direktbefragung zur Struktur des Handwerks wurde für das Jahr 1995 durchgeführt, ab dem Berichtsjahr 2008 erfolgt nun jährlich eine Auswertung des Unternehmensregisters2.

Seit der letzten Novellierung der Handwerksordnung am 1. Januar 2004 wird zwischen zulassungspflichtigem und zulassungsfreiem Handwerk3 unterschieden und im Unternehmensregister der Amtlichen Statistik nachgewiesen. Im Jahr 2009 waren in Baden-Württemberg von den insgesamt 76 000 Handwerksunternehmen 64 800 dem zulassungspflichtigen Gewerbe zugeordnet. Dabei sind die zahlenmäßig bedeutendsten zulassungspflichtigen Gewerbezweige im Land Friseure, Elektrotechniker, Kraftfahrzeugtechniker sowie Installateure und Heizungsbauer. In Unternehmen des zulassungspflichtigen Handwerks waren rund 590 000 Personen tätig. Darunter befanden sich über 450 000 Personen als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sowie rund 75 000 Personen als geringfügig Entlohnte. In diesen Unternehmen wurden mit rund 67,2 Mrd. Euro etwa 92 % des Gesamtumsatzes des Handwerks erzielt. Im Durchschnitt waren neun Personen in einem zulassungspflichtigen Handwerksunternehmen tätig und es wurden annähernd 115 000 Euro Umsatz je tätige Person erreicht.

Ein zulassungsfreies Gewerbe übten im Jahr 2009 über 11 000 Unternehmen aus. Hier sind im Land die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, die Gebäudereiniger sowie die Raumausstatter die zahlenreichsten Gewerbezweige. Im zulassungsfreien Handwerk waren 2009 insgesamt rund 110 000 Personen tätig. Dies sind 16 % der im Handwerk Tätigen. Sozialversichtungspflichtig beschäftigt waren über 61 000 Personen und geringfügig entlohnt knapp 37 000 Personen. Das bedeutet, dass mehr als jeder Dritte im zulassungsfreien Handwerk Beschäftigte geringfügig entlohnt wurde. Ausschlaggebend hierfür sind vor allem die Gebäudereiniger, die drei Vierteln aller geringfügig Beschäftigten des zulassungsfreien Handwerks Arbeit gaben. Bei den Gebäudereinigern waren von den insgesamt über 55 000 tätigen Personen über 28 000 Personen geringfügig beschäftigt, das heißt gut jeder Zweite. Das zulassungsfreie Handwerk erwirtschaftete 2009 einen Umsatz von gut 5,8 Mrd. Euro.

Die größte Gewerbegruppe: das Ausbaugewerbe

Die Unternehmen des Handwerks sind in sieben Gewerbegruppen unterteilt. Das Ausbaugewerbe ist hierbei sowohl bezogen auf die Anzahl der Unternehmen als auch die tätigen Personen und den Umsatz die größte Gewerbegruppe. Das Ausbaugewerbe umfasste 2009 in Baden-Württemberg annähernd 30 000 Unternehmen, die einen Umsatz von fast 20 Mrd. Euro erwirtschafteten und in denen rund 189 000 Personen tätig waren. Im Ausbaugewerbe des zulassungspflichtigen Handwerks waren die zahlenmäßig stärksten Gewerbezweige die Elektrotechniker (6 200 Unternehmen) sowie die Installateure und Heizungsbauer (5 700 Unternehmen). Im Ausbaugewerbe des zulassungsfreien Handwerks gab es die meisten Unternehmen im Gewerbezweig der Fliesen-, Platten- und Mosaikleger (2 900 Unternehmen) bzw. der Raumausstatter (1 400 Unternehmen). Im Durchschnitt waren im Ausbaugewerbe sechs Personen je Unternehmen tätig und es wurden rund 103 000 Euro Umsatz je tätige Person erzielt. Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf belegten im Land bezogen auf die Anzahl der Unternehmen mit 11 900 Unternehmen sowie mit 186 000 tätigen Personen innerhalb der Gewerbegruppen den zweiten Platz. Im Schnitt waren in dieser Gewerbegruppe 16 Personen je Unternehmen tätig. Allerdings streuten diese Angaben innerhalb der Gewerbegruppe sehr stark. So arbeiteten bei einem Glas- und Porzellanmaler im Schnitt nur drei Personen, während sich am oberen Ende der Skala die Gebäudereiniger mit 31 tätigen Personen je Unternehmen einreihten.

Die kleinste Gewerbegruppe mit knapp 3 000 Unternehmen, 23 000 tätigen Personen und 1,7 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2009 war das Gesundheitsgewerbe. Diese Gewerbegruppe dominierten zum einen mit fast 1 200 Unternehmen die Augenoptiker sowie zum anderen mit über 1 100 Unternehmen die Zahntechniker.

Über das gesamte Handwerk betrachtet, ist das Friseurhandwerk der am stärksten besetzte Gewerbezweig. In landesweit knapp 7 000 Friseurunternehmen waren über 27 000 Personen tätig und es wurden annähernd 709 000 Euro Umsatz erwirtschaftet. Damit war fast jedes elfte Handwerksunternehmen in der Friseurbranche angesiedelt.

Kleinstunternehmen überwiegen im Handwerk

Das Handwerk ist vorwiegend von einer kleingewerblichen Struktur geprägt. Im Jahr 2009 arbeiteten in mehr als der Hälfte der Unternehmen (55 %) des zulassungspflichtigen und in zwei Drittel der Unternehmen (68 %) des zulassungsfreien Handwerks höchstens vier Personen. In diesen Kleinstunternehmen des zulassungspflichtigen Handwerks waren insgesamt rund 76 000 Personen, das heißt 13 % aller im Handwerk Tätigen, beschäftigt. In den Unternehmen des zulassungsfreien Handwerks mit maximal vier tätigen Personen arbeiteten insgesamt gut 13 000 Personen (12 %).

Demgegenüber waren in rund 1 500 zulassungspflichtigen und gut 300 zulassungsfreien Handwerksunternehmen 50 und mehr Personen tätig, insgesamt fast 250 000 Personen. Dies bedeutet, dass in diesen nur 2,4 % der Handwerksunternehmen mit rund 31 Mrd. Euro Jahresumsatz gut 43 % des gesamten Handwerksumsatzes erwirtschaftet wurden. Weiterhin war jeder Dritte (32 %) im zulassungspflichtigen sowie jeder Zweite (53 %) im zulassungsfreien Handwerk in einem solch großen Unternehmen tätig.

Handwerksbesatz in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs

In Baden-Württemberg gibt es acht Handwerkskammern. Die größte Kammer ist die Handwerkskammer Region Stuttgart, die knapp ein Viertel der Handwerksunternehmen, der tätigen Personen sowie des Jahresumsatzes in Baden-Württemberg auf sich vereint. Ihr folgt mit Abstand die Handwerkskammer Karlsruhe, die rund jedes siebte Handwerksunternehmen des Landes vertritt. Die, bezogen auf die Anzahl der Unternehmen, »kleinste« Kammer ist die Handwerkskammer Konstanz, bei der rund 9 % aller Handwerksunternehmen in die Handwerksrolle eingetragen sind.

Im Durchschnitt entfielen 2009 von 1 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land 180 auf das zulassungspflichtige bzw. zulassungsfreie Handwerk. Die geringfügig Beschäftigten finden hierbei keine Berücksichtigung. Dieser Indikator »Handwerksbesatz« gibt bezogen auf die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs Auskunft über die beschäftigungspolitische Bedeutung des Handwerks in der Fläche bzw. über regionale Strukturunterschiede des Handwerks. Den höchsten Handwerksbesatz im Land wiesen mit über 200 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Handwerk je 1 000 insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäftigte die Kreise Schwäbisch-Hall, Emmendingen, der Rems-Murr-Kreis sowie der Alb-Donau-Kreis auf. Das bedeutet, dass das Handwerk in diesen Kreisen jeden fünften sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz stellte. Am anderen Ende der Skala mit einem unterdurchschnittlichen Handwerksbesatz (56 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Handwerk je 1 000 insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäftigte) lag der Stadtkreis Stuttgart. Hier war nur jeder Zwanzigste sozialversicherungspflichtig in einem Handwerksunternehmen beschäftigt.

Fazit

Ab dem Berichtsjahr 2008 liegen nun jährlich belastbare Zahlen zum zulassungspflichtigen und zulassungsfreien Handwerk für Baden-Württemberg, die anderen Bundesländer und Deutschland insgesamt vor. Die Entlastung der meist kleinen und mittelständigen Handwerksunternehmen von statistischen Berichtspflichten geht allerdings auf Kosten der statistischen Informationsbreite für das Handwerk. So wurden in der letzten Handwerkszählung 1995, die noch als Direkterhebung bei den Handwerksunternehmen durchgeführt wurde, zum Beispiel die Umsätze differenziert nach Handwerks-, Handels- sowie sonstigem Umsatz abgefragt und ebenso die Ausgaben für Löhne und Gehälter sowie gesetzliche Sozialleistungen. Durch die jetzige Auswertung der Verwaltungsdaten für die Handwerkszählung aus dem Unternehmensnehmensregister konzentrieren sich die Angaben jeweils auf die Anzahl der Unternehmen, die tätigen Personen (darunter sozialversicherungspflichtig sowie geringfügig entlohnt Beschäftigte) und den Umsatz insgesamt. Die Daten können zudem die Situation des Handwerks differenziert nach Handwerkskammerbezirken und Stadt- und Landkreisen sowie nach Gewerbegruppen bzw. Gewerbezweigen darstellen. Gemeinsam mit der vierteljährlichen Handwerksberichterstattung, die ebenfalls komplett aus Verwaltungsdaten gespeist wird, können so für das Handwerk sowohl Konjunktur- als auch Strukturaussagen getroffen werden, ohne einen bedeutsamen Teil der Wirtschaft mit statistischen Berichtspflichten zu belasten.

1 Stand 31. Dezember 2009.

2 Beschreibung des methodischen Vorgehens in: Handwerkszählung 2008; Wirtschaft und Statistik 1/2012.

3 In einem Gewerbeverzeichnis zur Handwerksordnung werden 41 zulassungspflichtige Handwerke, die in einer Anlage A eingestellt sind, und 53 zulassungsfreie Handwerke, die in einer Anlage B1 eingestellt sind, aufgezählt, die handwerklich betrieben werden können.