:: 10/2012

Breitbandinfrastruktur in Baden-Württemberg

Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ist mit ein Wegbereiter für Innovation, Wachstum und Beschäftigung in einer modernen Volkswirtschaft. Sie ist ein bedeutender Standortfaktor für die Wirtschaft und sichert zunehmend die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Baden-Württemberg nimmt bei der Breitbandversorgung unter den Flächenländern die Spitzenposition ein. Allerdings sind einige ländliche Regionen hierzulande zum Teil deutlich geringer versorgt als die Ballungszentren, weshalb weiterhin Handlungsbedarf beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur besteht.

Aufgrund ihrer hohen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung zählt die Breitbandinfrastruktur inzwischen zur kommunalen Daseinsvorsorge wie die Trinkwasserversorgung oder die Abfallentsorgung. Die Breitbandinfrastruktur versetzt den Internetnutzer in die Lage, große Datenmengen schnell auszutauschen, was zum Beispiel für die Bildübertragung wichtig ist. Im Zeitraum von 2005 bis 2010 hat sich die über Breitbandanschlüsse transportierte Datenmenge von 0,7 auf 3,2 Mrd. Gigabyte mehr als verdreifacht1. Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur erweist sich daher mehr und mehr als Grundvoraussetzung dafür, dass Wirtschaft und private Internetnutzer das Innovationspotenzial des Internets voll ausschöpfen können.

Baden-Württemberg vorne bei ultraschnellem Breitband-Festnetz

Um überprüfen zu können, wie der Ausbau der Breitbandinfrastruktur im Bundesgebiet fortschreitet, hat die Bundesregierung den sogenannten Breitbandatlas initiiert2. Der Breitbandatlas beruht auf freiwilligen Angaben der Netzbetreiber. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Daten des Breitbandatlas Auskunft geben über das vorhandene Potenzial an Breitbandinfrastruktur im Bundesgebiet, nicht aber darüber, ob und wie stark die Haushalte die vorhandene Infrastruktur auch tatsächlich nutzen. Die Daten zeigen, dass in Baden-Württemberg Ende 2011 fast 76 % der Haushalte die Möglichkeit hatten, einen leitungsgebundenen Internetanschluss mit einer Download-Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) oder schneller zu nutzen. Unter den Flächenländern nimmt Baden-Württemberg damit die Spitzenposition ein. Nur die Stadtstaaten Bremen (80,1 %), Hamburg (78,4 %) und Berlin (77,5 %) wiesen höhere Versorgungsraten auf. In Bayern konnten Ende 2011 hingegen nur rund 31 % der Haushalte mit sehr schnellen Internetzugängen versorgt werden. Auffallend ist zudem der Rückstand der ostdeutschen Flächenländer mit Versorgungsquoten von 11,7 % in Thüringen, 9,1 % in Brandenburg und 7,3 % in Sachsen-Anhalt3.

Ein anderes Bild zeigte sich Ende 2011 beim Ausbaustand der drahtlosen Breitbandinfrastruktur mit Übertragungsraten von mindestens 1 Mbit/s im Download. Hier hat Baden-Württemberg mit einer Versorgungsrate von rund 90 % der Haushalte im Bundesländervergleich lediglich ein Platz im hinteren Mittelfeld. Spitzenreiter beim Ausbau des mobilen Breitbandnetzes waren wiederum die Stadtstaaten. Aber auch die Flächenländer Nordrhein-Westfalen (96,1 %) und Hessen (93,4 %) schnitten mit höheren Versorgungsquoten besser ab als Baden-Württemberg. Am geringsten fortgeschritten ist der Ausbau der drahtlosen Breitbandinfrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern mit knapp über 85 % und in Thüringen mit rund 84 % versorgter Haushalte. Aufgrund der hohen Bedeutung der mobilen Breitbandinfrastruktur für innovative Internet-Dienste könnte sich dies negativ auf die Diffusion von Innovationen und die Innovationsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft auswirken.

Ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle in der Breitbandversorgung

Die Verfügbarkeit von schnellen leitungsgebundenen Breitbandzugängen ist in den Kreisen Baden-Württembergs sehr unterschiedlich und weist ein deutliches Stadt-Land-Gefälle auf. So verzeichnete Ende 2011 der Stadtkreis Karlsruhe mit einer Abdeckung von 98,3 % der Haushalte die höchste Verfügbarkeit von schnellen leitungsgebundenen Breitbandverbindungen4 gefolgt von den Stadtkreisen Heidelberg und Mannheim mit Abdeckungsquoten von jeweils 96,7 %. Insgesamt belegten die Stadtkreise die vorderen Plätze bei der Breitbandversorgung mit Ausnahme von Baden-Baden, wo lediglich für rund 80 % der Haushalte schnelle Breitbandverbindungen verfügbar waren.

Unter den Landkreisen wiesen die Kreise Göppingen und Tuttlingen mit Anteilen von jeweils 88,2 % der Haushalte die höchste Verfügbarkeit von schnellen leitungsgebundenen Breitbandverbindungen auf. In den Landkreisen Sigmaringen (46 %), Waldshut (43,5 %), Neckar-Odenwaldkreis (43,1 %), Breisgau-Hochschwarzwald (42 %) und Emmendingen (40,2 %) waren schnelle Breitbandverbindungen hingegen für deutlich weniger als die Hälfte der Haushalte zugänglich.

Im Breitbandatlas werden Verbindungen ab Übertragungsraten von 1 Mbit/s zu den Breitbandverbindungen gezählt. In sechs Landkreisen Baden-Württembergs waren Ende 2011 über 10 % der Haushalte nicht mit leitungsgebundenen Breitbandinternet versorgt. Am stärksten betroffen waren die Haushalte im Landkreis Waldshut mit einem Anteil von 14,6 % nicht versorgter Haushalte, gefolgt von Sigmaringen (13,6 %) und Freudenstadt (11,9 %). Allerdings konnte in den Landkreisen mit dem Ausbau der mobilen Breitbandnetze ein Teil der Haushalte versorgt werden, der keinen Zugang zur leitungsgebundenen Infrastruktur hatte. Wenn man die drahtlosen Breitbandnetze berücksichtigt, so sinkt beispielsweise im Landkreis Waldshut der Anteil der nicht versorgten Haushalte deutlich auf 6,3 %, im Landkreis Freudenstadt auf 5,4 % und im Landkreis Sigmaringen sogar bis auf 3,4 %.

Eine neue Dynamik hat die Versorgung mit drahtloser Breitbandinfrastruktur in den ländlichen Regionen Baden-Württembergs durch den zügigen Ausbau des neuen Mobilfunknetzes LTE (Long Term Evolution) erhalten. Bereits anderthalb Jahre nach Versteigerungen der Frequenzen an die Mobilfunkanbieter zeigten sich Ende 2011 in den baden-württembergischen Landkreisen zum Teil bereits beachtliche Versorgungsraten.

Ausbau des neuen Mobilfunkstandards in den Landkreisen kommt gut voran

Allerdings kann der Ausbau der mobilen Breitbandnetze auf Dauer keinen ebenbürtigen Ersatz für eine leistungsfähige leitungsgebundene Infrastruktur bieten, da die erreichbaren Übertragungsraten in einem Gebiet (Funkzelle) mit der Anzahl der Nutzer sinkt (shared medium)5. Die drahtlose Breitbandinfrastruktur erscheint aber sehr wohl geeignet, kurzfristig deutliche Verbesserungen in der Breitbandversorgung im ländlichen Raum herbeizuführen, und sie ermöglicht zusätzlich die Verbreitung innovativer Anwendungen des mobilen Internets über tragbare Endgeräte wie dem Smartphone. Gerade für die Bewohner dünnbesiedelter Gebiete haben Anwendungen des mobilen Internets das Potenzial, den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen zu sichern. Hierzu zählen zum Beispiel Dienste aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung (Telemedizin).

In den Gebieten, die weder über Festnetz noch über den Mobilfunk Zugang zum Breitbandnetz haben, bleibt im Regelfall immer noch die Satellitentechnik, um einen Breitbandzugang zum Internet zu erhalten6. Für abgelegene Bauernhöfe scheint dies auch eine ökonomisch sinnvolle Alternative zu einem teueren Ausbau der Netzinfrastruktur zu sein. Ein flächendeckender Verzicht auf den Ausbau einer leitungsfähigen Breitbandinfrastruktur lässt sich allerdings aus der Verfügbarkeit der Satellitentechnik nicht rechtfertigen. Vielmehr könnte ein solcher Verzicht auf Dauer zu einer technologischen und damit auch wirtschaftlichen Abkopplung des peripheren Raumes führen. Die Daten des Breitbandatlasses zeigen, dass beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum noch weitere Anstrengungen notwendig sind, um gleichwertige Lebensverhältnisse dauerhaft in ganz Baden-Württemberg sicherstellen zu können.

1 Bundesnetzagentur (2010), Jahresbericht 2010, S. 92.

2 Informationen zum Breitbandatlas sind verfügbar unter: www.zukunft-breitband.de

3 Die im Text genannten Daten stammen vom TÜV Rheinland, Breitbandatlas.

4 Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s.

5 Zu dieser Eigenschaft von Mobilfunknetzen vgl. Deutsche Städte- und Gemeindebund (2010), Mehr Breitband für Deutschland, Dokumentation Nr. 99, S. 28.

6 Staatsministerium Baden-Württemberg (2011), Pressemitteilung 139/2011.