:: 10/2012

Äpfel dominieren den Obstanbau in Baden‑Württemberg

Der Anbau von Obst spielt in Baden‑Württemberg traditionell eine große Rolle. Zentren des Obstanbaus sind die klimatisch begünstigten Regionen am Bodensee und die Gebiete entlang der Flusstäler. Über den Umfang der angebauten Obstarten und die Strukturen der Obstbau treibenden Betriebe gibt die Baumobstanbauerhebung Auskunft, die nach 5­jährigem Abstand 2012 wieder durchgeführt wurde. Aktuell werden in Baden‑Württemberg von rund 4 000 Betrieben1 auf 14 800 Hektar (ha) Kern­ und Steinobst angebaut, womit Baden‑Württemberg das bedeutendste Obstbauland in Deutschland ist. Fast ein Drittel der gesamten Baumobstflächen finden sich hier.

Gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2007 nahm die gesamte Anbaufläche für Baumobst um 340 ha (+ 2,4 %) zu. Am bedeutendsten ist im Südwesten der Apfelanbau, dessen Fläche 10 172 ha umfasst und damit gegenüber 2007 um 521 ha (+ 5 %) ausgedehnt wurde. Der Schwerpunkt der Produktion befindet sich im Bodenseekreis, wo mit rund 5 000 ha knapp die Hälfte der gesamten Apfelanbaufläche angesiedelt ist. Daneben werden im Land in größerem Umfang – vorrangig in der Rheinebene – noch Süßkirschen mit 2 076 ha (+ 86 ha) sowie Pflaumen und Zwetschgen auf 1 508 ha (– 220 ha) angebaut. Der Anbau von Birnen, als weitere Kernobstart, war ebenfalls rückläufig (– 37 ha) und wird noch auf 668 ha betrieben. Ergänzt wird das Sortiment durch Sauerkirschen (206 ha) sowie Mirabellen und Renekloden (190 ha).

Elstar und Jonagold an der Spitze

Auf über 68 % der gesamten Baumobstfläche im Land und auf neun von zehn Bäumen wachsen Äpfel. Der Großteil wird als Tafelobst (86 %) für den Frischmarkt produziert, wobei sich das angebotene Apfelsortiment im Wesentlichen auf wenige Hauptsorten beschränkt. Eine Spitzenstellung nehmen dabei Elstar und Jonagold mit 1 649 ha und 1 418 ha ein. Jonagold als jahrelanger Favorit verlor in den letzten Jahren deutlich Flächenanteile (– 277 ha) und ebnete Elstar den Weg als neue Nr. 1 im Land. Beides sind knackige Äpfel mit süß­säuerlichem Geschmack und im CA­ oder ULO­Lager2 bis in das nächste Frühjahr hinein gut haltbar. Mit deutlichem Abstand folgen die Sorten Braeburn (911 ha) und Gala (857 ha), die beide gegenüber 2007 um 185 ha bzw. 130 ha zulegten. Unter den weiteren Topsorten Jonagored (445 ha), Fuji (409 ha) und Topaz (341 ha) konnte besonders Fuji mit einer Zunahme um 124 ha punkten. Von den Verbrauchern immer weniger gefragt sind dagegen Golden Delicious (364 ha), Idared (281 ha) und Rubinette (167 ha), die in den letzten 5 Jahren deutlich an Fläche eingebüßt haben.

Eine sehr dynamische Entwicklung ist in den letzten Jahren bei den sogenannten Clubsorten zu beobachten. Dahinter verbirgt sich für jede Sorte eine einheitliche Anbau­ und Vermarktungsstrategie von qualitativ hochwertigen Tafeläpfeln. Das fängt bei der Qualität des Pflanzgutes an und begleitet den gesamten Produktionsprozess mit dem Ziel, einheitlich ausgefärbte, wohlschmeckende Äpfel zu erzeugen. Über gezielte Werbung und eine gleichmäßig hohe Qualität sollen höhere Marktpreise erzielt werden, um den geringeren Ertrag auszugleichen. Vor allem bei der Clubsorte Kanzi scheint das Konzept aufgegangen zu sein. Vor 5 Jahren noch mit 36 ha im Anbau »unter ferner liefen«, reiht sich diese mit nunmehr 288 ha unter den Top Ten der angebauten Sorten hinter Topaz ein.

Ein Viertel der Apfelbäume sind unter 5 Jahre alt

In intensiv genutzten Obstplantagen findet eine regelmäßige Erneuerung statt, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten, das Sortenspektrum zu aktualisieren und die Anlage zu modernisieren. Vor dem Hintergrund der zunehmend auftretenden Hagelschäden wird dabei immer öfter auch eine Abdeckung mit Hagelnetzen installiert. In den letzten 5 Jahren wurde 23 % der Fläche (2 387 ha) mit Tafeläpfeln neu angepflanzt. Gegenüber 2007 war damit ein leichter Rückgang an jüngeren Anlagen zu verzeichnen. Ausschließlich in Junganlagen stehen besonders die »neueren« Sorten wie Kanzi, Mairac, Nicogreen und Wellant. Angewachsen ist dagegen die Zahl der »älteren« Apfelbäume, von denen ungefähr ein Fünftel der Bäume sogar 15 Jahre und mehr erreicht. Das Durchschnittsalter eines Apfelbaums wurde somit leicht angehoben.

Im Zuge der Verjüngung einer Anlage werden auch Pflanzsysteme und Pflanzabstände angepasst. Die Abstände zwischen den Reihen sind in der Regel aus Gründen der Befahrbarkeit vorgegeben und liegen bei mindestens 2,8 bis 3 m. Variiert wird hingegen der Abstand zwischen den Bäumen innerhalb einer Reihe, wobei Belichtungsverhältnisse und die angestrebte Baumhöhe einer Anlage eine Rolle spielen. Dabei gibt es auch in intensiv genutzten Anlagen mit Dichtpflanzungen große Variationen. Im Schnitt werden in Baden‑Württemberg fast 3 000 Bäume je ha zur Produktion von Tafeläpfeln kultiviert. Auf fast der Hälfte der Fläche wachsen die Bäume im Abstand von 1 – 1,3 m zueinander, das entspricht 2 400 bis 3 200 Bäumen je ha. Auch bei Neuanpflanzungen wird bevorzugt dieser Abstand gewählt. Etwas enger stehen die Bäume auf rund einem Viertel der Fläche, wo der Nachbar nur noch 80 cm bis 1 m entfernt ist (bis zu 4 000 Bäume/ha). Noch enger geht es auf rund 8 % der Fläche zu, wenn mehr als 4 000 Bäume auf einen ha entfallen und auch ein Pflanzabstand von 30 cm durchaus gängige Praxis ist. Diese Dichtpflanzungen sind jedoch eher rückläufig. Während 2007 noch 17 % der Bäume derart kultiviert wurden, entfallen darauf im Jahr 2012 noch 13 % der Bäume.

Die zunehmenden Schäden und Ernteausfälle durch Hagel bewegen viele Apfelerzeuger dazu, neben der intensiven Tafelobstproduktion auf Verwertungsobst zu setzen. Flächenmäßig ist der Anteil für Verwertungsobst bei den Äpfeln insgesamt mit ca. 15 % stabil geblieben, aber der Anteil an neu gepflanzten Anlagen hat im Gegensatz zum Tafelobst deutlich zugenommen (+ 126 ha bei Bäumen unter 5 Jahren). Besonders auffallend ist, dass die Bäume vorwiegend in engen Pflanzabständen (über 3 200 Bäume/ha) stehen, während traditionell bei Mostobstbäumen eigentlich Mittel­ bis Hochstämme mit größerem Platzbedarf verwendet werden und die mittlere Pflanzdichte bei 940 Bäumen je ha liegt. Vielleicht spielt bei der Entscheidung für enge Abstände eine Rolle, dass dadurch ein Nutzungswechsel zur Produktion von Tafeläpfeln offen gehalten wird. Auch wenn die Preise für Verwertungsobst in den letzten Jahren akzeptabel waren, liegen diese doch niedriger als bei Tafelobst. Den geringeren Preiserlösen beim Verwertungsobst stehen allerdings auch wesentlich geringere Produktionskosten entgegen: weniger aufwändige Spritzungen und maschinelle Ernte statt mehrmaliger Pflückdurchgänge. Hauptabnehmer sind die Hersteller von Apfelsaft oder auch die Fruchtzuckerindustrie.

Die kleine Schwester im Kernobst

Der Anbau von Birnen spielt mit einem Anteil von nicht einmal 5 % an der gesamten Baumobstfläche im Land nur eine kleine Rolle. Das Birnensortiment wird im Wesentlichen durch die drei altbekannten Sorten Alexander Lucas, Conference und Williams Christ beherrscht. Einzige nennenswerte neue Sorte, die inzwischen auf 5 % der Fläche steht, ist Novembra, eine festfleischige, süße Sorte mit großen Früchten. Schwerpunkte des Birnenanbaus liegen im Bodenseekreis (162 ha), im Ortenaukreis (111 ha), sowie im Bereich Hohenlohe/Heilbronn mit 107 ha. Allerdings mit unterschiedlicher Nutzung: Abgesehen von der Ortenau werden überwiegend Tafelbirnen erzeugt.

Süß und rot : Süßkirschen liegen im Trend

Unter der gesamten Palette an Steinobstarten im Südwesten spielen vor allem die Süßkirschen mit einer Anbaufläche von 2 076 ha eine herausragende Rolle. Als einzige Steinobstart wurde diese gegenüber 2007 um 4 % ausgeweitet. Das Süßkirschengebiet schlechthin ist dabei das südliche Baden und hier besonders der Ortenaukreis. Über die Hälfte der süßen Früchte (1 169 ha) gedeihen hier im milden Klima, vor allem in der Vorbergzone des Schwarzwaldes. Fast die gesamte Ernte (97 %) geht in die Obstbrennereien oder wird in der Industrie und zu Saft und Marmeladen weiterverarbeitet. Allerdings unterliegen die Brenn­ und Industriekirschen einem großen Konkurrenzdruck aus den osteuropäischen Ländern3, weshalb der Süßkirschenanbau im Ortenaukreis in den letzten Jahren leicht reduziert wurde (– 4 %). Eine positive Entwicklung nahm dagegen der Anbau von Tafelkirschen für den Frischmarkt, bei der die Anbaufläche in Baden‑Württemberg um 164 ha zulegte. Stabile Preise führten in den letzten Jahren zu dieser Zunahme. Vor allem in der Region am Bodensee, aber auch im Ludwigsburger Raum, wurde verstärkt gepflanzt.

Inzwischen stehen auch für Süßkirschen schwachwüchsige Unterlagen zur Verfügung. Die Pflanzdichten werden dadurch enger und die Ernte durch kleinere Bäume wesentlich erleichtert. Entsprechend liegen die Zunahmen bei Tafelsüßkirschen in der Pflanzdichteklasse von über 800 Bäumen je ha bei + 85 % gegenüber 2007. Dagegen wurden die Flächen mit sehr großkronigen Bäumen und weiten Pflanzabständen reduziert.

Weniger Zwetschgen

Den stärksten Einbruch haben in den letzten Jahren Pflaumen und Zwetschgen zu verzeichnen. Der Anbau wurde von 1 728 ha auf 1 508 ha zurückgefahren. Traditionelles Zwetschgenanbaugebiet ist die südliche Rheinebene. Überwiegend als Tafelobst vermarktet, hat die Zwetschge jedoch Probleme, mit zeitgleich angebotenen Nektarinen und Pfirsichen zu bestehen. Auch hier geht die Tendenz zu engeren Pflanzabständen mit mehr als 800 Bäu­men/ha. Die übrigen Steinobstarten wie Sauerkirschen (206 ha) sowie Mirabellen und Renekloden (190 ha) spielen im Reigen der angebauten Baumobstarten nur eine Nebenrolle in Baden‑Württemberg. Sauerkirschen werden besonders im Heilbronner Raum angebaut, Mirabellen und Renekloden finden sich zu 80 % im Bereich Breisgau­Hochschwarzwald/Ortenau. Drei Viertel der Fläche werden zur Herstellung von Spirituosen und für Industriezwecke verwendet. Beide Steinobstarten haben jedoch mit sinkenden Anbauzahlen zu kämpfen. Lediglich im Bereich des Bodensees wurden die Flächen leicht ausgedehnt, vermutlich um aus Vermarktungsgründen die gesamte Palette an heimischen Erzeugnissen anbieten zu können.

Wachstumsschwelle bei 10 ha

Die Größenstruktur der Obstbaubetriebe fällt im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben deutlich kleiner aus, bedingt durch einen hohen Produktionswert je Flächeneinheit und eine personalintensive Bewirtschaftung. Aber auch hier geht der Trend zu größeren Betrieben. Lag der durchschnittliche Obstbaubetrieb im Land vor 5 Jahren noch bei 3,2 ha, so werden von den 4 021 Betrieben inzwischen im Schnitt 3,7 ha bearbeitet. Die Anzahl der Betriebe ging innerhalb von 5 Jahren um 12 % zurück, wobei in erster Linie die kleineren Betriebe unter 2 ha Anbaufläche (­ 17 %) betroffen waren. Trotzdem stellen diese kleineren Obstbauern zahlenmäßig mit über 50 % der Betriebe nach wie vor die größte Gruppe. Dass hier vor allem die weniger intensiv bewirtschafteten Flächen zu Hause sind, zeigt sich daran, dass diese Obstbauern lediglich 16 % der Fläche und nur 7 % der Bäume pflegen und abernten.

Ein Anstieg war nur bei den größeren Betrieben festzustellen. Die Zahl der Betriebe mit mehr als 10 ha Baumobst hat in den letzten 5 Jahren um 18,5 % zugenommen, in den letzten 10 Jahren war sogar eine Steigerung um 46 % zu verzeichnen. Diese repräsentieren zwischenzeitlich 9 % der gesamten Betriebe und verfügen über 44 % der Obstflächen. Insbesondere für die Produktion von intensiv genutztem Tafelobst sind inzwischen hohe Investitionen in Pflanzgut, Pflanzgerüste und Maschinenausstattung und Lagermöglichkeiten notwendig. Investitionen, die nur noch von größeren Betrieben geleistet werden können.

Regionale Schwerpunkte der Obstproduktion

Die Schwerpunkte des Obstanbaus in Baden‑Württemberg bilden die beiden Obstlandschaften »Bodensee« mit 7 500 ha und die »Rheinebene« mit 4 800 ha. Zwischen diesen beiden größten Anbaugebieten herrschen jedoch unterschiedliche Nutzungsrichtungen und Strukturen vor.

Die Obstlandschaft Bodensee ist eine kompakte, zusammenhängende Anbauregion, die aus dem Bodenseekreis und den Landkreisen Ravensburg und Konstanz besteht. Die Obstlandschaft stellt in sich eine expandierende Obstregion dar, in der hoch spezialisierte Obstbetriebe vor allem eine intensive Tafelobstproduktion betreiben. Seit 2007 kamen 452 ha an Obstanbaufläche dazu. Schwerpunktmäßig werden zwar Äpfel (88 %) kultiviert, aber auch Süß­ und Sauerkirschen sowie Zwetschgen wurden in den letzten Jahren ausgeweitet. Mit durchschnittlich 6,2 ha erreichen die 1 209 Betriebe am Bodensee fast die doppelte Größe eines Baden‑Württembergischen Obstbaubetriebes (3,7 ha), wobei der Rückgang der Betriebe mit – 8,0 % geringer war als in den anderen Obstlandschaften.

Dagegen zieht sich die Obstlandschaft Rheinebene vom nördlichen Rhein­Neckar­Kreis hinunter bis Lörrach, wobei die Zentren des Obstanbaus der Ortenaukreis und die Kreise Breisgau­Hochschwarzwald und Emmendingen bilden. In dieser Region spielt vor allem die Produktion von Verwertungsobst die Hauptrolle. Auf über 60 % der Fläche wird Steinobst angebaut, insbesondere Süßkirschen und Zwetschgen. Gegenüber 2007 wurde der Obstanbau allerdings um 252 ha reduziert. Mit 2,4 ha liegen die 2 064 Betriebe unterhalb des landesweiten Schnitts, wobei die Zahl der Obstbauern überdurchschnittlich stark sank (– 14,7 %).

In der Obstlandschaft Neckartal wird auf 1 500 ha Obst (+ 87 ha) von 503 Betrieben angebaut, wobei der intensive Obstanbau vor allem im mittleren Neckartal beheimatet ist. Daran schließt sich der Hohenlohekreis mit 600 ha an, der in den letzten Jahren kräftig aufgeholt hat (+ 67 ha), aber den sonstigen Gebieten zugeordnet wird. Der Anbau von Tafeläpfeln zählt hier zu den Hauptprodukten.

Insgesamt schreitet der Konzentrationsprozess im Obstanbau immer weiter voran. Die Zahl der Betriebe verringerte sich in den letzten Jahren bei gleichzeitig steigender Betriebsgröße. Nur noch oberhalb der Wachstumsschwelle von 10 ha nahm die Zahl der Betriebe zu. Auf regionaler Ebene besteht die Tendenz, dass sich der Obstanbau noch stärker auf die Bereiche am Bodensee und Heilbronn/Hohenlohe konzentriert. So ging die Zahl der Gemeinden, in denen im Land Obstanbau betrieben wird von 448 in 2007 auf nunmehr 417 zurück. Bei den Obstarten konzentriert sich die Flächenausweitung in erster Linie auf den Apfelanbau. Daneben konnten die Süßkirschen noch punkten. Alle weiteren Obstarten haben dagegen mit sinkenden Anbauflächen zu kämpfen.

1 2012 wurde die Erfassungsgrenze von 30 Ar auf 50 Ar angehoben (siehe i­Punkt).

2 Kühllager mit kontrollierter Atmosphäre.

3 BBZ Nr. 3/2012 Tafelkirschen machten dem EGRO Freude.