:: 11/2012

Nur schwache konjunkturelle Impulse in der zweiten Jahreshälfte

Die zyklische Abschwächung der Weltwirtschaft, gerade im Euroraum, macht auch vor Baden-Württemberg nicht halt. Wuchs das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Halbjahr 2012 noch um 1,6 %, wird diese Rate in der 2. Jahreshälfte wohl nicht mehr erreicht werden können. Im 3. Quartal dürfte die reale Wirtschaftsleistung um rund 1 % gegenüber dem Vorjahr gewachsen sein, für das 4. Quartal prognostizieren wir nur noch eine Rate von etwa ¾ %. Immerhin – und dies ist die gute Nachricht – deutet sich damit eine Bodenbildung an. Hierauf weist auch der Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg hin.

Die Schwächephase der Binnennachfrage setzte sich in den Sommermonaten Juni bis August 2012 fort. Im Vorjahresvergleich gingen die Inlandsumsätze der baden-württembergischen Industrie preis- und arbeitstäglich bereinigt um 2,5 % zurück. Auch die Auftragseingänge gingen weiter zurück, so dass von der Inlandsnachfrage vorläufig kaum expansive Impulse zu erwarten sind. Besser steht es aktuell um die Auslandsnachfrage. Hier konnte die heimische Industrie im Vorjahresvergleich ein Umsatzplus von 3,6 % erzielen. Besonders gefragt waren einmal mehr Investitionsgüter. Die Entwicklung der Auftragseingänge deutet darauf hin, dass die Auslandsnachfrage noch weiter tragen dürfte.

Der Jobaufbau in Baden-Württemberg wurde zwar schwächer, setzte sich aber fort. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten legte nach vorläufigen Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit im Durchschnitt der Monate Mai bis Juli 2012 um 2,2 % gegenüber dem Vorjahr zu. Die Arbeitslosigkeit stieg im September gegenüber dem Vorjahr leicht an, die Arbeitslosenquote belief sich auf 3,9 %. Was die Preisentwicklung angeht, war im 3. Quartal ein Anziehen der Inflationsrate zu verzeichnen. Die Verbraucherpreise im Land stiegen um 1,7 % gegenüber dem Vorjahr. Im Wesentlichen ist dies auf die Verteuerung von Energie zurückzuführen.

Schmerzhafte Anpassungsprozesse

Das internationale Konjunkturumfeld, nicht zuletzt die andauernden Unsicherheiten bezüglich der Staatsschuldenkrise im Euroraum und die damit einhergehende Nachfrageschwäche, belasten die Erwartungen der heimischen Wirtschaft. Seinen messbaren Niederschlag findet dies beispielsweise im ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Baden-Württembergs. Dieser wichtige Stimmungsindikator sank im September 2012 den 5. Monat in Folge auf den niedrigsten Wert seit März 2010. Umso erstaunlicher ist es, dass sich die Auslandsnachfrage – zumindest soweit die Daten reichen – bislang recht gut behauptet. Im Wesentlichen ist dies jedoch auf die außereuropäische Nachfrage zurückzuführen, wie auch die Exportzahlen belegen.

Es zeichnet sich ab, dass die Wirtschaftsleistung im Euroraum insgesamt im Jahr 2012 sinken wird. Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute geht in ihrem jüngst erschienenen Herbstgutachten von einem realen BIP-Rückgang von 0,5 % aus. Deutschland herausgerechnet, würde dieser Wert sogar 1 % betragen. Für 2013 wird ein leichtes Wachstum von 0,1 % prognostiziert, ohne Deutschland würde sich die Rezession jedoch fortsetzen. Gerade die Euro-Peripheriestaaten arbeiten sich nur langsam aus der Krise: Für Griechenland (prognostizierte reale BIP-Veränderungsrate 2012: – 6,5 %), Italien (– 2,3 %), Portugal (– 2,9 %) und Spanien (– 1,5 %) weisen die BIP-Prognosen auch 2013 kein positives Vorzeichen auf. Einer schnellen konjunkturellen Erholung wirken der europaweit restriktive Kurs der Fiskalpolitik und die Strukturreformen entgegen, die unmittelbar zu sinkender Nachfrage führen, deren Früchte man aber später in Form sinkender staatlicher Refinanzierungskosten und höherer Wachstumsraten zu ernten hofft – ein Weg, den auch das Herbstgutachten als »Königsweg« bezeichnet. Der temporäre Nachfrageausfall insbesondere in den Euro-Krisenländern führt über steigende Arbeitslosigkeit zwar auch über nachlassenden Lohndruck zu der oft angemahnten Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, jedoch zu einem sehr hohen Preis: Die Arbeitslosenquote wird sich im Jahresdurchschnitt 2012 in Griechenland auf 24 % belaufen, in Spanien sogar auf knapp 25 %, Tendenz steigend.

Nachfrageimpulse für die baden-württembergische Wirtschaft dürften damit auch in absehbarer Zukunft eher von außereuropäischen Märkten ausgehen. Für die USA wird für 2012 und 2013 jeweils mit einem vor allem durch äußerst expansive Geldpolitik gestützten realen Wirtschaftswachstum von rund 2 % gerechnet, was für US-Verhältnisse zwar eher moderat anmutet, aber doch deutlich dynamischer ist als die Konjunkturaussichten für Europa. Das steigende Volkseinkommen in den USA schlägt sich auch in einer steigenden Nachfrage nach Gütern aus Baden-Württemberg nieder, und der sinkende Wert des Euro gegenüber dem US-Dollar wirkt ebenfalls in diese Richtung.