:: 12/2012

Öffentliche Bauherren und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz

Nimmt die öffentliche Hand ihre Vorbildfunktion wahr?

Die Energiewende beschäftigt derzeit alle – den Bundestag, die Landesparlamente, Hauseigentümer und jeden Bürger, der seine Wohnung heizen muss und sonst in irgendeiner Weise Energie verbraucht. Eine bereits seit 2009 bestehende gesetzliche Vorgabe im Sinne des Klimaschutzes ist das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG). Im Rahmen dieses Gesetzes wird gefordert, dass der Energiebedarf neu errichteter Gebäude zu einem bestimmten Anteil durch erneuerbare Energien gedeckt wird oder der Energieverbrauch entsprechend reduziert wird, zum Beispiel durch geeignete Dämmung. Die öffentliche Hand hat im Sinne des Gesetzes dabei eine Vorbildfunktion zu erfüllen und muss auch bei grundlegender Renovierung von Gebäuden auf deren energetische Sanierung achten. Für den Neubau-Bereich liegen dazu seit 2010 Daten aus der Statistik der Baugenehmigungen vor. Daraus geht hervor, dass öffentliche Gebäude mehrheitlich mit Fernwärme oder erneuerbaren Energien beheizt werden und deren Anteil am Gesamtgebäudebestand der öffentlichen Hand weiter wächst. Demgegenüber entscheiden sich die anderen Bauherren mehrheitlich für andere Energiearten wie Gas, Öl oder Strom.

Zweck und Ziel des EEWärmeG

Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz1 basiert auf der Umsetzung einer EU-Richtlinie. Der Zweck des EEWärmeG ist die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energien. Diese Förderung liegt »im Interesse des Klimaschutzes, der Schonung fossiler Ressourcen und der Minderung der Abhängigkeit von Energieimporten«. Das Ziel des EEWärmeG ist es, »den Anteil von erneuerbaren Energien am Energieverbrauch für Wärme und Kälte deutschlandweit auf 14 % bis zum Jahr 2020 zu erhöhen«.

Seit dem 1. Januar 2009 muss jeder Bauherr, der ein neues Gebäude errichtet, sicherstellen, dass der Wärme- und Kälteenergiebedarf durch eine anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien erfolgt. Der Geltungsbereich bezieht sich auf »Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 50 Quadratmetern  (m²), die unter Einsatz von Energie beheizt oder gekühlt werden«.

Nach § 1a des EEWärmeG kommt öffentlichen Gebäuden eine Vorbildfunktion im Rahmen des Gesetzes zu. Diese Vorbildrolle muss die öffentliche Hand zusätzlich auch bei schon bestehenden Gebäuden einnehmen, die sich in ihrem Eigentum befinden und grundlegend renoviert werden. Auch für öffentliche Gebäude im Ausland, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden und auch bei angemieteten bzw. gepachteten Gebäuden, die sich nicht in öffentlichem Eigentum befinden, und die grundlegend renoviert werden, muss die anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien zur Beheizung oder Kühlung sichergestellt werden. Damit diese Vorbildrolle auch von der Bevölkerung wahrgenommen wird, ist die öffentliche Hand sogar per Gesetz verpflichtet, ihre Maßnahmen »im Internet oder auf sonst geeignete Weise« zu veröffentlichen.

Als öffentlicher Bauherr im Sinne des EEWärmeG gilt laut Gesetz »jede inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse des öffentlichen Rechts, ausgenommen Religionsgemeinschaften«. Als öffentliche Hand zählt ebenfalls »jede Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse des Privatrechts, wenn eine oder mehrere Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit des gezeichneten Kapitals besitzen, über die Mehrheit der Stimmrechte verfügen oder sie mehr als die Hälfte des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans stellen können«.

Erfüllungsmöglichkeiten des EEWärmeG

Für die Erfüllung des EEWärmeG muss der Wärme- und Kälteenergiebedarf des neu zu errichtenden Gebäudes mit einem bestimmten Anteil aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Zu den erneuerbaren Energien zählt unter anderem die Nutzung von Erdwärme (Geothermie) und Umweltwärme (Umweltthermie). Als Heizenergie kann die solare Strahlungsenergie der Sonne genutzt werden (Solarthermie). Des Weiteren kann Biomasse in fester, flüssiger und gasförmiger Form zur Beheizung verwendet werden, um die Vorgabe des EEWärmeG zu erfüllen. Dazu zählt auch das Heizen mit Holz.

Das EEWärmeG kann auch durch bestimmte Ersatzmaßnahmen erfüllt werden. Darunter zählt die Verwendung von Anlagen zur Nutzung von Abwärme oder die Inanspruchnahme von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Auch die Nutzung von Fernwärme oder Fernkälte kann als Erfüllungsart im Sinne des EEWärmeG dienen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein bestimmter Teil der Fernwärme bzw. -kälte aus erneuerbaren Energien erzeugt werden muss. Eine ersatzweise Erfüllung ist auch durch die Senkung des Primärenergiebedarfs möglich. Dies kann zum Beispiel durch eine ausreichend starke Dämmung der Außenwände geschehen (siehe i-Punkt »Erfüllungsmöglichkeiten nach den §§ 5 und 7 EEWärmeG«).

Im Sinne der Wirtschaftlichkeit und für Bauten die besonderen Zwecken dienen, sind im Gesetz Ausnahmen für den Geltungsbereich formuliert (siehe i-Punkt »Ausnahmeregelungen des EEWärmeG«).

Derzeitige Datengrundlage für den Erfüllungsnachweis

Beginnend mit dem Erhebungsjahr 2010 wurde auf dem statistischen Erhebungsbogen der Baugenehmigungen bei der vorwiegend verwendeten Heizenergie differenziert nach erneuerbaren Energien gefragt. Erst mit Beginn des Jahres 2012 wurde die Erhebung um Merkmale zur Erfüllung des EEWärmeG erweitert.

Gegenstand der Untersuchung sind in Hinblick auf die Hauptfunktion der öffentlichen Hand die Baugenehmigungen von Nichtwohngebäuden, die beheizt werden inklusive Passivhäuser2, für Baden-Württemberg in den Jahren 2010 und 2011. Zum sogenannten Nichtwohnbau zählen Anstaltsgebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, landwirtschaftliche Betriebsgebäude, Fabrik- und Werkstattgebäude, Handels- und Lagergebäude, Hotels und Gaststätten, aber auch Gebäude privater Bauherren, die nicht überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden sollen.

Anhand der Angaben über die verwendete primäre Heizenergie soll im Folgenden analysiert werden, inwieweit die öffentliche Hand ihre vorgeschriebene Vorbildfunktion wahrnimmt. Für die Untersuchung wird die öffentliche Hand als Bauherr mit anderen Bauherren verglichen. Die Bauherren unterteilen sich entsprechend der Erhebung in:

  • öffentlicher Bauherr,
  • Unternehmen (darunter: Wohnungsunternehmen, Immobilienfonds, Land- und Forstwirtschaft, produzierendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungsgewerbe),
  • private Haushalte sowie
  • Organisationen ohne Erwerbszweck.

Die Heizenergiearten unterteilen sich in:

  • Energien, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen (darunter: Passivhaus mit Nutzung von Abwärme ohne Heizung, Geothermie, Umweltthermie, Solarthermie, Holz, Biogas, sonstige Biomasse),
  • andere Energiearten (darunter: Öl, Gas, Strom, sonstige Heizenergie) und
  • Fernwärme.

Die Beheizung mit Fernwärme kann zwar als Erfüllungsart des EEWärmeG dienen, wird hier jedoch gesondert aufgeführt, weil bei Fernwärme an sich nicht erkennbar ist, mit welcher Energieart der Wärmenetzbetreiber heizt. Für die Erfüllung als Ersatzmaßnahme muss der Bauherr eine Bescheinigung vom Netzbetreiber über die anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien vorlegen. Diese Information geht aber für den hier betrachteten Zeitraum noch nicht in die Statistik ein.

Verteilung der Neubauten nach Bauherren

2010 wurde der Neubau von insgesamt 17 561 Wohn- und Nichtwohngebäuden genehmigt3. Diese unterteilen sich in 13 606 Wohngebäude und 3 955 Nichtwohngebäude, darunter 1 805 Nichtwohngebäude, die beheizt werden inklusive Passivhäuser. Der Anteil der Baugenehmigungen der öffentlichen Hand am Neubau von beheizten Gebäuden inklusive Passivhäuser beträgt rund 1,5 %. Am Wohnbau beteiligt sich die öffentliche Hand mit nur annähernd 0,1 % und am Nichtwohnbau mit fast 12,7 %, das sind absolut 229 Nichtwohngebäude.

Für 2011 ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Baugenehmigungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden insgesamt belaufen sich auf 19 945, das sind rund 13,6 % mehr als 2010. Zu den Neubauten insgesamt gehören 15 801 Wohngebäude und 4 144 Nichtwohngebäude und darunter 1 987 mit Heizung (inklusive Passivhäuser). Die öffentliche Hand hat einen Anteil von rund 0,2 % am Wohnbau und gut 9,2 % am Nichtwohnbau (183 Nichtwohngebäude).

Den größten Anteil bei Wohngebäuden mit Heizung in den Jahren 2010 und 2011 erbringen erwartungsgemäß die privaten Haushalte, mit jeweils rund 79,2 %. Der größte Bauherr bei den Nichtwohngebäuden mit Heizung ist in beiden Jahren die Gruppe der Unternehmen, mit jeweils über 60 %.

Wie öffentliche Neubauten primär beheizt werden

Im Weiteren wird nur der Neubau von beheizten Nichtwohngebäuden betrachtet inklusive Passivhäuser. Von den 1 805 im Jahr 2010 genehmigten Nichtwohngebäuden, die mit einer Heizung ausgestattet sein werden, wurden 229 von der öffentlichen Hand beantragt. Darunter wurde für rund 20 % der Gebäude als vorwiegende Heizenergie eine Energieart gewählt, die das EEWärmeG erfüllt. Über 35 % sollen mit Fernwärme beheizt werden und annähernd 45 % mit anderen Energiearten. Im Vergleich zu den anderen Bauherren weist die öffentliche Hand den niedrigsten Wert bei der Beheizung mit erneuerbaren Energien auf; allerdings ist hierbei die Nutzung von erneuerbaren Energien bei der Fernwärme noch nicht berücksichtigt. Bei den privaten Haushalten ist der Anteil von Nichtwohngebäuden mit Energiearten, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen, mit nahezu 39 % am höchsten gegenüber den anderen Bauherren. Die Unternehmen bauen Gebäude überwiegend mit der Nutzung anderer Energiearten; dort liegt der Anteil bei annähernd 64 %.

Die Fernwärme hat bei den öffentlichen Neubauten im Vergleich zu den anderen Bauherren mit über 35 % die größte Bedeutung. Aber aufgrund der Tatsache, dass die Art der Erfüllung des EEWärmeG erst ab dem Berichtsjahr 2012 statistisch erfasst wird, kann aktuell keine konkrete Aussage getroffen werden, inwieweit Fernwärme zu den Energiearten, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen, dazugerechnet werden kann. Gestützt auf eine Untersuchung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg im Rahmen der Evaluierung des EWärmeG Baden-Württemberg4, wird angenommen, dass etwa 55 % der Bauherren, die mit Fernwärme heizen, diese auch als Erfüllungsart des EEWärmeG angeben. Erste vorläufige Daten aus der Statistik der Baugenehmigungen im 1. Halbjahr 2012 bestätigen diesen Anteil. Unter Einbezug dieser Annahme werden rund 40 % der Nichtwohngebäude von der öffentlichen Hand mit Energiearten, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen beheizt. Dies wird nur geringfügig von den privaten Haushalten übertroffen (über 41 %).

2011 hat sich das Bild im Nichtwohnbau der öffentlichen Hand deutlich hin zu erneuerbaren Energien und zu Fernwärme verschoben. Von den 183 Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand, die zum Bau freigegeben wurden, lag der Anteil der Gebäude, die mit Energiearten beheizt werden, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen, mit 24 % um 4 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Der Anteil der Fernwärme stieg um 5 Prozentpunkte auf fast 40 %. Demgegenüber sank der Anteil der Nichtwohngebäude, die mit anderen Energiearten beheizt werden um 9 Prozentpunkte auf gut 36 %. Bei der Betrachtung der anderen Bauherren zeigte sich, dass sich im Bereich der Nutzung von Energiearten, die zur Erfüllung des EEWärmeG beitragen, im Gegensatz zur öffentlichen Hand gegenüber 2010 wenig verändert hat. Auch bei der Nutzung von Fernwärme gab es nur geringe Veränderungen. Bei den privaten Haushalten ist sie sogar nahezu konstant geblieben. Für die Nutzung anderer Energiearten konnte in diesem Bereich eine Reduzierung um rund 2 Prozentpunkte festgestellt werden. Bei den Unternehmen stieg dagegen die Verwendung anderer Energiearten um fast 1,3 Prozentpunkte auf rund 65 %.

Vorbildprojekte der öffentlichen Hand

Bei den Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden werden durch die Amtliche Statistik keine Daten zur verwendeten Heizenergie erhoben. Es kann aber festgehalten werden, dass die öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion auch in diesem Bereich versucht gerecht zu werden. Ein Beispiel dafür ist die energetische Sanierung der Universität Konstanz, die im Rahmen des Sonderprogramms zur energetischen Sanierung von Landesgebäuden Baden-Württemberg mit einem Blockheizkraftwerk und einer Wärmeübergabestation ausgestattet werden soll5. Diese Maßnahme markiert den Start des 50 Mill. Euro-Sonderprogramms »Energie-Intracting« für die energetische Sanierung von Landesgebäuden. Insgesamt wurden allein im Jahr 2011 über 130 energetische Sanierungsmaßnahmen an Landesgebäuden in Baden-Württemberg umgesetzt, durch die rund 7 500 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden6.

Auch bei Neubauten werden viele Projekte im Rahmen der Energiewende realisiert. Erst im August 2012 wurde ein Passivhaus für die Universität Offenburg beauftragt7. Als weiteres Beispiel kann das 2011 fertig gestellte Polizeirevier in Achern genannt werden, welches durch einen Holzpelletkessel eine CO2-neutrale Energieversorgung aufweist8. Der Neubau eines Gebäudes des Waldschulheims Burg Hornberg wird ebenfalls durch Holzpellets mit Wärme versorgt, wobei die Versorgung durch die Holzpelletheizung bei der energetischen Sanierung auch auf die bestehenden Gebäude ausgeweitet wurde9.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend betrachtet, nimmt die öffentliche Hand in Baden-Württemberg ihre Vorbildrolle ernst. Auch wenn der Anteil an der Anzahl der Neubauten nur verhältnismäßig gering ist, stehen ihre Gebäude doch im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Zahlreiche Pressemitteilungen informieren über interessante Projekte des Landes und der Kommunen. Erst kürzlich erschien in der Ausgabe des Staatsanzeigers vom 29.  Juni 2012 eine Sonderbeilage »Bauen im Land«, die über Vorhaben im Rahmen der energetischen Sanierung und des Neubaus berichtet.

Ab 2013 werden erste Ergebnisse der neuen Merkmalsauswertungen zur Erfüllung des EEWärmeG vorliegen. Dadurch wird es möglich werden, genauere Aussagen über den Fortschritt der Energiewende und der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung zu treffen.

1 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) vom 7.  August 2008 (BGBl.  I S.  1658), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 68 des Gesetzes vom 22.  Dezember 2011 (BGBl.  I S. 3044) geändert worden ist.

2 Gebäude, die aufgrund ihrer guten Wärmedämmung nicht über ein klassisches Heizsystem, sondern nur über Lüftungsanlagen verfügen, werden in der Erhebung als »Passivhäuser« gezählt.

3 Bauantrag gestellt oder Kenntnisgabeverfahren erstmalig eingereicht.

4 de la Croix, Madeleine/Macek, Marko/Schmauz, Sabine: »Klimaschutz in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 9/2011«,  S.  40 – 47.

5 Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg: Sonderprogramm Energie-Intracting gestartet, Pressemitteilung vom 24. August 2012.

6 Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg: Land baut erstes Passivhaus, Pressemitteilung vom 14.  August 2012.

7 Siehe Fußnote 6.

8 Neubau für rund 4,4 Mill. Euro in Achern bezogen, in: Staatsanzeiger vom 29.  Juni 2012.

9 Waldschulheim wurde saniert und erhielt einen Neubau, in: Staatsanzeiger vom 29.  Juni 2012.