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Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in Baden-Württemberg

Die Entwicklung des stationären Versorgungsangebots

Neben der ambulanten Behandlung durch einen niedergelassenen (Fach-)Arzt und der (stationären) Versorgung im Krankenhaus spielt die Vorsorge und Rehabilitation eine wichtige Rolle bei der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage war das Gesundheitswesen in den vergangenen Jahrzehnten mehreren Veränderungen ausgesetzt, die sich in diversen Gesundheitsreformen und Gesetzesänderungen niedergeschlagen und zu teilweise starken Umgestaltungen geführt haben. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, der älter werdenden Gesellschaft, der immer längeren Teilnahme am Arbeitsleben und den wachsenden Anforderungen im Beruf gewinnen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen immer mehr an Bedeutung. Mit diesem Beitrag wird ein Blick auf die aktuelle Situation geworfen und die Entwicklung in den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in den vergangenen rund 20 Jahren beschrieben.

Während eine Behandlung durch einen Arzt oder ein Krankenhausaufenthalt primär dazu dient, Krankheiten zu identifizieren sowie Menschen mit akuten Verletzungen und körperlichen Beschwerden zu heilen oder zumindest die Beschwerden zu lindern, setzen Vorsorgeeinrichtungen zu einem früheren Zeitpunkt und Rehabilitationseinrichtungen zu einem späteren Zeitpunkt an: Vorsorgeeinrichtungen verfolgen das Ziel, eine Schwächung der Gesundheit zu beseitigen und dadurch eine drohende Krankheit oder einen Krankenhausaufenthalt zu verhindern. Rehabilitationseinrichtungen hingegen werden von Personen nach einem Krankenhausaufenthalt (zum Beispiel nach einer Operation) oder bei Vorliegen von Suchterkrankungen oder chronischen Erkrankungen, die zu einer dauerhaften Einschränkung im Alltag führen können oder schon geführt haben, aufgesucht. Sie dienen primär dazu, Krankheiten zu heilen, Beschwerden zu lindern, erzielte Behandlungserfolge zu bewahren oder eine drohende Pflegebedürftigkeit oder Behinderung zu verhindern.

Zahl der Einrichtungen auf Tiefststand

In Baden-Württemberg waren im Jahr 2011 mit insgesamt 208 Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen fünf stationäre Einrichtungen weniger als noch im Vorjahr in Betrieb, so wenig wie seit Einführung der bundeseinheitlichen Krankenhausstatistik in den Jahren 1990/91 nicht. 1991 gab es mit 239 Einrichtungen rund 13 % mehr Einrichtungen als heutzutage. Auch die Anzahl der aufgestellten Betten hat sich im Vergleich zum Vorjahr verringert, und zwar um ca. 1,5 % auf nunmehr rund 26 600 Betten. Ähnlich rückläufig hat sich auch die Anzahl der Patienten, die das vollstationäre Angebot dieser Einrichtungen der medizinischen Vor- und Nachsorge wahrgenommen haben, entwickelt. Diese sank um 1,2 % oder um etwa 3 600 auf gut 302 000 Patienten und setzt damit den bereits im letzten Jahr zu beobachteten Abwärtstrend fort.

Den größten Rückgang im Vergleich zum Jahr 2010 gab es jedoch bei der Anzahl der Pflegetage, die sich um gut 182 000 auf 7,45 Mill. verringert hat. Dies kann mit der rückläufigen Patientenanzahl und der, das 2.  Jahr in Folge, ebenfalls zurückgegangenen durchschnittlichen Dauer einer stationären Behandlung auf aktuell 24,7 Tage erklärt werden. Die Bettenauslastung lag im Jahr 2011 mit 76,8 % etwas niedriger als im Jahr zuvor.

Mehr Ärzte und Pflegepersonal als noch 1991...

Die Personalausstattung stellt sich bei den baden-württembergischen Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen wie folgt dar: Im Jahr 2011 waren 1 527 Ärzte, 4 220 Pflegekräfte und weitere 13 358 Personen im nichtärztlichen Dienst beschäftigt. Zu Letzteren zählen unter anderem der medizinisch-technische Dienst, der Verwaltungsdienst und das klinische Hauspersonal. Trotz der Schließungen oder Zusammenlegungen von Einrichtungen waren damit im vergangenen Jahr insgesamt gut 1 300 Personen oder 7,6 % mehr beschäftigt als noch 1991.

Die Zahl der hauptamtlich beschäftigten Ärzte lag zuletzt nur geringfügig unter dem bisherigen Höchststand des Jahres 2001 (1 547), aber immerhin um 16,3 % höher als noch 1991. Knapp 17 600 Personen waren im Jahr 2011 insgesamt als nichtärztliches Personal in den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen beschäftigt. Während die Beschäftigtenzahl beim nichtärztlichen Personal insgesamt in den vergangenen 20 Jahren um knapp 7 % gestiegen ist, sind beim Pflegepersonal mittlerweile gut 60 % mehr beschäftigt und damit so viele Personen wie seit Einführung der bundeseinheitlichen Krankenhausstatistik in den Jahren 1990/91 nicht. Dieser Anstieg der Beschäftigten im Pflegedienst macht sich auch im entsprechenden Anteil an nichtärztlichem Personal bemerkbar. Waren 1991 noch 16 % des nichtärztlichen Personals im Pflegebereich tätig, sind es 2011 bereits 24 % gewesen.

Der Rückgang bei der Zahl der Einrichtungen, die Leistungen der stationären Vorsorge oder Rehabilitation anbieten, ist hauptsächlich zu Lasten der kleineren und mittelgroßen Einrichtungen gegangen. Gab es im Jahr 1991 noch 170 Einrichtungen mit weniger als 150 Betten, ist die Anzahl im Jahr 2011 auf 131 Einrichtungen zurückgegangen und ihr Anteil damit von 71,1 % auf 63 % gesunken. Im Gegenzug dazu verfügten 69 Einrichtungen (was einem Anteil von 28,9 % entspricht) im Jahr 1991 über 150 und mehr Betten, wohingegen die Zahl der Einrichtungen im Jahr 2011 auf 77 (das heißt 37 %) angestiegen ist. Dieser Trend hin zu großen Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen kann als eine Erklärung für die Aufstockung des Einrichtungspersonals herangezogen werden.

... aber weniger Patienten

In Baden-Württemberg waren einige Indikatoren für den Bereich der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen – insbesondere die Patientenzahl, die Zahl der Behandlungstage sowie die durchschnittliche Bettenauslastung – innerhalb der vergangenen 20 Jahre zum Teil deutlichen Schwankungen ausgesetzt und weisen heute allesamt ein niedrigeres Niveau auf als noch 1991. Der stärkste Einbruch der Fallzahlen überhaupt seit 1990/91 ist im Jahr 1997 zu beobachten. Dies ist unter anderem auf zwei Gesetze1 zurückzuführen, in denen unter anderem Leistungskürzungen und Zuzahlungserhöhungen bei Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen festgelegt wurden.

Die Zahl der Patienten, die damit verbundenen Behandlungstage sowie die durchschnittliche Bettenauslastung haben sich in den Jahren 1998 bis 2001 deutlich erholt, brechen dann aber – allerdings in einem weitaus geringeren Umfang als noch im Jahr 1997 – in den folgenden 5 Jahren wieder ein. Ab dem Jahr 2007 ist erneut ein kleiner Anstieg der Fallzahlen zu beobachten, der möglicherweise einem im Jahr 2007 in Kraft getretenen Gesetz2, in dem Rehabilitationsmaßnahmen als Pflichtleistung verankert wurden, zum Teil zugeschrieben werden kann. Dieser Aufwärtstrend ist allerdings in den vergangenen 2 Jahren wieder in eine Abwärtsbewegung übergegangen.

Dagegen ist die durchschnittliche Verweildauer seit dem Einbruch 1997 – wohl hauptsächlich wegen der in den Gesetzen verankerten grundsätzlichen maximalen Dauer eines Aufenthalts in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung – vergleichsweise konstant geblieben. Relativ unabhängig von den gesetzlichen Änderungen haben sich die Anzahl der Einrichtungen und die der aufgestellten Betten in diesen Einrichtungen entwickelt. Beide Fallzahlen lagen bis zum Jahr 2003 über dem Niveau von 1991, haben dann aber relativ kontinuierlich abgenommen.

Um die Personalentwicklung aussagekräftig darstellen zu können – da es sich bei den gut 19 000 Beschäftigten sowohl um Voll- als auch um Teilzeitbeschäftigte handelt – ist eine Vereinheitlichung der Angaben erforderlich. Dazu werden die Teilzeitbeschäftigte in sogenannte »Vollkräfte« umgerechnet.3 Die Anzahl dieser Vollkräfte insgesamt sank zwischen 1991 und 2011 von ursprünglich 15 395 um gut 1 300 auf 14 086 (– 8,5 %). Die Entwicklung der Vollkräfte wie auch die Entwicklung der bereits betrachteten Indikatoren (Zahl der Patienten, Behandlungstage, durchschnittliche Bettenauslastung) weisen einen ähnlichen Verlauf auf, wobei der Verlauf bei den Vollkräften deutlich abgemildert ist. Bei den Vollkräften im ärztlichen Dienst und im Pflegedienst konnte ein Plus von 6,1 % bzw. 34,8 % verbucht werden, was – wenn auch in einem geringeren Maße – der Entwicklung bei der Anzahl der Beschäftigten in diesen beiden Personalgruppen entspricht. Dagegen ist die Zahl der Vollkräfte im nichtärztlichen Dienst 2011 gegenüber 1991 um 9,8 % zurückgegangen, was dazu geführt hat, dass sich die Anzahl der Vollkräfte insgesamt leicht rückläufig entwickelt hat.

Somit sind im Jahr 2011 zwar mehr Personen in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen beschäftigt gewesen, umgerechnet auf Vollzeitäquivalente hat sich die Zahl jedoch reduziert. Als ein Grund für die unterschiedliche Entwicklung bei der Anzahl der beschäftigten Personen im Vergleich zu den Vollkräften kann eine hohe Inanspruchnahme von Teilzeitmodellen und sonstigen flexibleren Beschäftigungsmodellen genannt werden.

Wer betreut wie viele Patienten?

Setzt man die Anzahl und die Arbeitszeit der Vollkräfte mit den Pflegetagen in Verbindung, kann die Zahl der durchschnittlich je Vollkraft zu versorgenden Betten ermittelt werden. Diese lag für die Ärzte und für den Pflegedienst im Jahr 2011 deutlich niedriger als noch 1991, wobei der Pflegedienst prozentual gesehen eine stärkere Entlastung erfahren hat als das ärztliche Personal.4 Eine ärztliche Vollkraft hatte im Jahr 2011 demnach durchschnittlich 79 Betten je Arbeitstag zu versorgen, eine Pflegekraft hingegen 33,7 Betten. Auch bei der Personalbelastung haben die gesetzlichen Änderungen im Jahr 1997 ihre Spuren hinterlassen. Insgesamt ist die Belastung innerhalb der vergangenen 20 Jahre rechnerisch zurückgegangen. Hier muss allerdings die Frage erlaubt sein, ob 33,7 bzw.  79 zu versorgende Betten mit einer ausreichend qualifizierten Betreuung einhergehen kann, oder ob – um eine optimale Versorgung der Patienten gewährleisten zu können – mehr Zeit für die Patienten und damit einhergehend eine geringere Personalbelastung angestrebt werden sollte.

Baden-Württemberg entwickelt sich entgegen dem Bundestrend

Für das gesamte Bundesgebiet hingegen ist bei einigen Indikatoren ein gegenläufiger Trend zu erkennen. Für Gesamtdeutschland liegen die Zahlen der Einrichtungen, die der aufgestellten Betten, der Patienten und der Behandlungstage im Jahr 2011 über denen von 1991. Im Jahr 2011 waren 52 Einrichtungen mehr als 1991 in Betrieb, was einem Plus von 4,4 % entspricht; die Zahl der aufgestellten Betten ist sogar um 18,3 % gestiegen. Bei den Pflegetagen wurde ein Plus von 7,1 % verzeichnet und die Anzahl der zu behandelnden Personen ist sogar um 30,7 % angewachsen. Dieser Anstieg ist vor allem auf die nord- und ostdeutschen Bundesländer zurückzuführen, in denen in den vergangenen Jahren das Versorgungsangebot bezüglich Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen deutlich zugenommen hat. Es kann daher vermutet werden, dass durch das in diesen Regionen Deutschlands gestiegene Versorgungsangebot Patienten, die sonst Einrichtungen in Baden-Württemberg aufgesucht haben, durch das verbesserte Angebot auf wohnortnähere oder teilweise auf spezialisierte Einrichtungen umgestiegen sind und die Fallzahlen in Baden-Württemberg daher eher rückläufig sind.

Vergleicht man das in den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen in Baden-Württemberg beschäftigte Personal mit den bundesweit in diesen Einrichtungen tätigen Personen, kann man auch hier einen gegenläufigen Trend erkennen. Hauptsächlich aufgrund der in den neuen Bundesländern und in den Stadtstaaten erfolgten Vergrößerung des Versorgungsangebots und der damit verbundenen Neu-Einstellung von Personal gibt es bundesweit einen deutlichen Zuwachs bei den Beschäftigten (Deutschland: + 34 %, Baden-Württemberg: + 7,6 %) wie auch bei den Vollkräften (Deutschland: + 16,2 %, Baden-Württemberg: – 8,5 %). Der Anstieg zog sich durch alle Personalgruppen, wobei bundesweit der größte Zuwachs im Pflegedienst zu beobachten war (Deutschland: + 59,9 %, Baden-Württemberg: + 34,8 %). Die Entwicklung der durchschnittlich je Vollkraft zu versorgenden Betten hingegen stellt sich für Deutschland und für Baden-Württemberg sehr ähnlich dar. Musste der Pflegedienst in Baden-Württemberg im Jahr 1991 noch knapp zehn Betten mehr versorgen als sonst in Deutschland üblich, waren es im Jahr 2011 »nur« noch zwei Betten mehr als der Durchschnitt. Das ärztliche Personal hingegen war 1991 in Baden-Württemberg und in Deutschland für die Versorgung von gleich vielen Betten zuständig. Im Jahr 2011 sind in Baden-Württemberg sogar zwei Betten weniger als sonst in Deutschland üblich zu versorgen gewesen. Die Beschäftigten haben also nach der Anzahl der zu versorgenden Betten in Baden-Württemberg eine stärkere »Entlastung« erfahren als im Bundesdurchschnitt.

Fazit

Im Gesundheitswesen im Allgemeinen, aber auch bei den in diesem Beitrag vorgestellten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen hat es in den letzten Jahren einen deutlichen Umbruch gegeben. Durch gesetzliche Modifikationen wurden die Rahmenbedingungen geändert, auf die sich die Einrichtungen in relativ kurzer Zeit ein- und umstellen mussten. Um eine fachgerechte Versorgung gewährleisten zu können, müssen aber alle Faktoren vom Leistungsangebot bis hin zum Personal berücksichtigt werden. Die Gesundheitserhaltung der Bevölkerung gewinnt immer mehr an Bedeutung: Vor dem Hintergrund der immer längeren (Lebens-)Arbeitszeit gilt es, die Erwerbsfähigkeit auch gesundheitlich abzusichern. Zudem können bei nicht rechtzeitiger und sachgemäßer Behandlung langwierige, möglicherweise chronische und kostenintensive Erkrankungen und dadurch sehr hohe Belastungen der Krankenkassen entstehen. Daher sollte es Ziel sein, all den Personen die Inanspruchnahme von Leistungen in der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungslandschaft zu ermöglichen, die diese benötigen. Gleichzeitig muss jedoch darauf geachtet werden, dass nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip entschieden und gehandelt wird, um das Gesundheitswesen vor einer erneuten Kostenexplosion zu bewahren. Das Erreichen dieses Gleichklangs wird in Zukunft eine der maßgeblichen Aufgaben sein, die von den Beteiligten zu bewältigen ist.

1 Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG) vom 25. September 1996, Gesetz zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz – BeitrEntlG) vom 1. November 1996.

2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26. März 2007.

3 Die Umrechnung der Anzahl der Beschäftigten auf Vollzeitäquivalente/Vollkräfte im Jahresdurchschnitt wird durch die Einrichtungen ohne vorgegebenes Berechnungsverfahren selber durchgeführt. Da davon auszugehen ist, dass diese Berechnung in den Einrichtungen unterschiedlich gehandhabt wird, kann daher keine uneingeschränkte Vergleichbarkeit bei den Vollkräften und bei den hieraus gebildeten Kennzahlen (zu versorgende Betten je Vollkraft) angenommen werden. Dies sollte bei der Interpretation der Ergebnisse entsprechend berücksichtigt werden.

4 Die Ermittlung der zu versorgenden Betten für das nichtärztliche Personal erscheint nicht sinnvoll, da unter dem nichtärztlichen Personal auch Personen geführt werden, die nicht (primär) die Versorgung der Patienten und damit die zu versorgenden belegten Betten zur Aufgabe haben.