:: 2/2013

Gesundheitswirtschaft: mit insgesamt 606 000 Arbeitsplätzen die größte Branche in Baden-Württemberg

In der Broschüre »Gesundheitsökonomische Indikatoren für Baden-Württemberg« gibt das Statistische Landesamt Baden-Württemberg alljährlich einen Gesamtüberblick über die Entwicklung der Gesundheitsausgaben und der Beschäftigung im Gesundheitssektor in Baden-Württemberg. In der aktuellen Ausgabe, die im Oktober 2012 erschienen ist, wird der Zeitraum von 2000 bis 2010 betrachtet. Der längerfristige Vergleich zeigt, dass in Baden-Württemberg die Gesundheitsausgaben seit 2000 nur wenig stärker zugelegt haben als die Wirtschaftsleistung insgesamt. Die Gesundheitsausgaben sind damit, zumindest in Bezug auf das Gesamtvolumen der im Land erwirtschafteten Ressourcen, weitgehend konstant geblieben. Allerdings darf der Gesundheitssektor nicht nur unter dem Kostenaspekt betrachtet werden. Er ist vielmehr ein bedeutender Wirtschaftsbereich, der dazu beiträgt, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren und die Beschäftigtenzahl im Land zu erhöhen.

Moderate Zunahme der Gesundheitsausgaben im Land

Die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg beliefen sich 2010 auf knapp 37 Mrd. Euro. Dazu gehören alle Ausgaben, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der Bevölkerung getätigt werden. Die Ausgaben waren 2010 um knapp 900 Mill. Euro oder 2,4 % höher als 2009. Die prozentuale Zunahme fiel damit geringer aus als im Bundesdurchschnitt. Die Gesundheitsausgaben für ganz Deutschland stiegen um 3,2 % auf über 287 Mrd. Euro. Vor allem bei den gesetzlichen Krankenkassen sind die Ausgaben im Land weniger stark gestiegen als im Bund. Stellt man den Anstieg der Verbraucherpreise in Baden-Württemberg 2010 mit einer Rate von 1,1 % in Rechnung, dann ergibt sich eine preisbereinigte Zunahme der Gesundheitsausgaben von rund 1 %. Der Anstieg der Gesundheitsausgaben dürfte dabei vor allem auf die Alterung der Bevölkerung, aber auch auf Faktoren wie den medizinischen Fortschritt und ein steigendes Gesundheitsbewusstsein zurückzuführen sein.

Die Gesundheitsausgaben je Einwohner im Land waren 2010 mit 3 410 Euro um 100 Euro niedriger als der Durchschnittswert für Deutschland in Höhe von 3 510 Euro. Die etwas geringeren Pro-Kopf-Ausgaben in Baden-Württemberg dürften vor allem auf die günstigere demografische Entwicklung und den überdurchschnittlichen Gesundheitszustand der Bevölkerung in Baden-Württemberg zurückzuführen sein. Im internationalen Vergleich zeigen sich dagegen beträchtliche Unterschiede bei den bevölkerungsbezogenen Gesundheitsausgaben. Vor allem in den USA, wo sich die Gesundheitsausgaben pro Kopf in Kaufkraftparitäten also unter Ausschaltung wechselkursbedingter Kaufkraftunterschiede auf 8 230 US-Dollar belaufen, aber auch in der Schweiz mit 5 270 US-Dollar wird je Einwohner erheblich mehr für Gesundheit ausgegeben als in Baden-Württemberg oder Deutschland. Dabei ist die Gesundheitsversorgung in diesen Ländern nicht generell besser. Gerade in den USA dürften starke Wettbewerbsdefizite auf den Märkten für Gesundheitsleistungen und bei den Krankenversicherungen dazu führen, dass die Leistungen häufig überteuert sind.

Vergleichsweise niedrige Gesundheitsausgabenquote

Sind die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg hoch oder niedrig? Am besten lässt sich diese Frage anhand der Gesundheitsausgabenquote, das ist die Relation zwischen dem Gesamtvolumen der Gesundheitsausgaben und der Wirtschaftsleistung, beurteilen. Sie gibt an, welcher Teil der finanziellen Ressourcen eines Landes für Gesundheit ausgegeben wird – vergleichbar dem Teil des Einkommens, den ein Haushalt für Gesundheit aufwendet. Auch bezogen auf die Wirtschaftsleistung liegen die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg unter dem Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2010 hatte die Wirtschaftsleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen, eine Höhe von 362 Mrd. Euro erreicht. Bezogen auf diese Größe beliefen sich die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg auf 10,1 %. Für Deutschland liegt der Vergleichswert bei 11,6 %, ist damit deutlich höher.

Im Vergleich zu anderen Industrieländern steht Baden-Württemberg beim Aufwand für die Gesundheitsversorgung ebenfalls gut da. In den USA beträgt die Gesundheitsausgabenquote 17,6 %. Aber auch in den Niederlanden muss mit einer Quote von 12 % ein erheblich größerer Teil des gesamtwirtschaftlichen Einkommens für die Gesundheitsversorgung aufgebracht werden.

Jede neunte Stelle ist in der Gesundheitswirtschaft zu finden

Der Gesundheitssektor hat eine herausgehobene Bedeutung für die Beschäftigung. In Baden-Württemberg belief sich 2010 die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft auf 606 000, darunter rund 80 % im Bereich der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung. Bezogen auf die gesamtwirtschaftliche Erwerbstätigenzahl in Höhe von 5,6 Mill. Personen ist näherungsweise damit fast jedes neunte Beschäftigungsverhältnis im Land in der Gesundheitswirtschaft angesiedelt. Allerdings reicht dieser Wert nicht ganz an den Bundesdurchschnitt heran, bei dem beinahe jeder achte Arbeitsplatz dem Gesundheitssektor zugerechnet werden kann.

Betrachtet man lediglich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, dann liegt der Anteil der Gesundheitswirtschaft bei 11,9 %. Das entspricht einer Gesamtzahl von 474 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im baden-württembergischen Gesundheitssektor. Er ist damit die größte Branche im Land – deutlich vor dem Maschinenbau mit 260 000 Beschäftigten und einem Beschäftigungsanteil von 6,5 % sowie dem Einzelhandel (ohne Apotheken und gesundheitsbezogenen Einzelhandel) mit 251 000 Beschäftigten und einem Anteil von 6,3 %. Anders als bei den meisten Industriebranchen ist die räumliche Ballung der Arbeitsplätze vergleichsweise gering. So ist der Gesundheitssektor in zwei Dritteln der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg wie auch im Landesdurchschnitt bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung anteilsmäßig der größte Wirtschaftszweig. Allerdings fällt der Umfang der gesundheitsbezogenen Beschäftigung in den Kreisen sehr unterschiedlich aus. Spitzenreiter ist die Stadt Stuttgart mit über 28 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, am unteren Ende der Skala steht der Hohenlohekreis mit lediglich 2 700 Beschäftigten.

Kontinuierliches Beschäftigungswachstum in der Gesundheitswirtschaft

2010 wurden über 15 000 Beschäftigungsverhältnisse mehr im baden-württembergischen Gesundheitssektor gezählt als 2009. Das war ein Plus von 2,6 %. Die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Baden-Württemberg ist im gleichen Zeitraum dagegen nur geringfügig gestiegen. Die hohe Beschäftigungsdynamik der Gesundheitswirtschaft zeigt sich besonders im längerfristigen Vergleich. Gegenüber dem Jahr 2000 hat die Zahl der gesundheitsbezogenen Stellen um 74 000 – das entspricht einem Plus von 13,9 % – zugenommen. Dabei sind rund 32 000 neue Arbeitsplätze in der stationären Versorgung, 28 000 im ambulanten Bereich und 8 000 in den Vorleistungsindustrien (einschließlich gesundheitsbezogener Großhandel) entstanden. Bei Rettungsdiensten, Gesundheitsämtern, Forschungseinrichtungen, Ausbildungsstätten und in privaten Haushalten ist die Zahl der gesundheitsbezogenen Stellen um 8 000 gestiegen. Lediglich bei den Kranken- und Pflegeversicherungen sowie bei den Standesorganisationen – also den Einrichtungen, die in der Kategorie »Verwaltung« zusammengefasst werden – ist die Zahl der Arbeitsplätze um 2 000 gegenüber dem Jahr 2000 gesunken.