:: 2/2013

Die kommunale Verschuldung in Baden-Württemberg im Jahr 2011

Die Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände (Gv.) Baden-Württembergs beim nicht-öffentlichen Bereich beliefen sich Ende 2011 in ihren Kernhaushalten insgesamt auf rund 6,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von 574 Euro. Die kommunalen Schulden im weiteren Sinne umfassen neben den Schulden der Kernhaushalte von Gemeinden, Stadt- und Landkreisen auch die Schulden der kommunalen Unternehmen und Zweckverbände. Diese lagen Ende 2011 mit insgesamt 28,8 Mrd. Euro um ein Vielfaches über den Schulden der Kernhaushalte. Die Verlagerung kommunaler Aktivitäten und damit auch der Verschuldung in ausgelagerte Einheiten hat in den letzten 2 Jahrzehnten zugenommen, und stellt die Schuldenstatistik vor neue Herausforderungen, die es zu überwinden gilt, um möglichst umfassende Schuldenvergleiche zwischen einzelnen Kommunen zu ermöglichen.

In diesem Beitrag werden zunächst die Ergebnisse der jährlichen Schuldenstatistik des Jahres 2011 für die kommunalen Kernhaushalte im Einzelnen betrachtet, bevor das Thema der kommunalen Auslagerungen aufgegriffen wird. Tabelle 1 zeigt die Verschuldung der Kernhaushalte von den Gemeinden und Gemeindeverbänden (Gv.) nach Bereichen und Schuldenarten zum 31. Dezember 2011. Die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände beim öffentlichen Bereich, das heißt, die Schulden die innerhalb der öffentlichen Hand verblieben, beliefen sich auf rund 526 Mill. Euro. Die Schulden beim öffentlichen Bereich fließen nicht in den Schuldenstand ein und werden im Folgenden nicht weiter betrachtet (siehe i-Punkt).

Kommunen verschuldeten sich größtenteils bei Kreditinstituten

Die Schulden der Gemeinden/Gv. Baden-Württembergs beim nicht-öffentlichen Bereich umfassen deren Schulden nach »außen«1 und beliefen sich Ende 2011 auf insgesamt rund 6,2 Mrd. Euro. Die baden-württembergischen Kommunen verschuldeten sich beim nicht-öffentlichen Bereich mit einem Anteil von 95 % überwiegend über Kredite bei Kreditinstituten, also dem klassischen Kommunalkredit. Anders als beispielsweise der Bund gaben die Kommunen in Baden-Württemberg im Jahr 2011 keine Wertpapiere heraus, um Schulden am Kapitalmarkt aufzunehmen. Auch Kassenkredite, die der kurzfristigen Liquiditätssicherung dienen, spielten mit 195 Mill. Euro zum Stichtag quantitativ nur eine untergeordnete Rolle.

Finanzierungsleasing und ÖPP-Projekte erhöhten die Verbindlichkeiten

Neben den Schulden werden in der jährlichen Schuldenstatistik auch andere Verbindlichkeiten bzw. potenzielle Verbindlichkeiten erfasst. Darunter fallen unter anderem die kreditähnlichen Rechtsgeschäfte, die sich Ende 2011 auf insgesamt 98 Mill. Euro beliefen und deren größter Posten das Finanzierungsleasing mit 50,7 Mill. Euro ausmachte. Dieses wird von den Kommunen beispielsweise dazu eingesetzt, den Fuhrpark zu finanzieren. Neben den kreditähnlichen Rechtsgeschäften führen auch Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) zu Zahlungsverpflichtungen in der Zukunft, die sich für die baden-württembergischen Gemeinden/Gv. Ende 2011 auf 113,3 Mill. Euro summierten.2 Bei Öffentlich-Privaten-Partnerschaften handelt es sich um langfristige Verträge, die oftmals zur Realisierung von Infrastrukturprojekten wie den Bau von Verkehrsinfrastruktur oder von öffentlichen Gebäuden abgeschlossen werden.3 Solche Verträge verpflichten den kommunalen Partner zur Zahlung regelmäßiger Raten an den privaten Partner. Kreditähnliche Rechtsgeschäfte und Verpflichtungen aus Öffentlich-Privaten-Partnerschaften werden zudem bei der Berechnung des Schuldenstandes nach der Maastricht-Abgrenzung zu den Schulden hinzuaddiert.4

Kommunale Bürgschaften beliefen sich auf rund 6 Mrd. Euro

Darüber hinaus weist die Schuldenstatistik nachrichtlich die Haftungssummen aus, die Kommunen im Rahmen von Bürgschaften übernommen haben. Diese Haftungssummen beliefen sich zum Stichtag 31. Dezember 2011 auf rund 6 Mrd. Euro und entsprachen damit in der Höhe fast den Schulden der Kommunen beim nicht-öffentlichen Bereich. Allerdings belasten Bürgschaften nur dann die Kernhaushalte der Kommunen, wenn der Hauptschuldner, für den eine Kommune bürgt, den Schuldendienst nicht mehr erbringen kann. Es handelt sich folglich um eine Eventualverbindlichkeit. Daher wäre es nicht sachgerecht, die Haftungssummen aus Bürgschaften dem kommunalen Schuldenstand hinzuzurechnen. Bürgschaften stellen aber durchaus ein Gefahrenpotenzial dar, weshalb sie nachrichtlich ausgewiesen werden.5

Schaubild 1 gibt die Entwicklung der Schulden der Gemeinden (ohne Gemeindeverbände) und ihrer Eigenbetriebe seit dem Jahr 2000 wieder. Das Schaubild macht deutlich, dass sich ein Wandel in der Verschuldungsstruktur vollzogen hat. Überwogen im Jahr 2000 mit 5,6 Mill. Euro noch die Schulden der Kernhaushalte deutlich im Vergleich zu den Schulden der Eigenbetriebe in Höhe von 3,8 Mrd. Euro, so wendete sich das Blatt bis zum Jahr 2011, in dem die Eigenbetriebe mit 5,9 Mrd. Euro Schulden einen um über 1 Mrd. Euro höheren Schuldenstand aufwiesen als die Gemeinden in ihren Kernhaushalten. Eine ähnliche Tendenz lässt sich bei den Landkreisen festmachen, allerdings legte bei den Landkreisen die Verschuldung in den Kernhaushalten Mitte des letzten Jahrzehnts kurzzeitig kräftig zu.

Verschuldung ausgelagerter Einheiten insgesamt bei 28,8 Mrd. Euro

Eigenbetriebe stellen nur eine Form der kommunalen Ausgliederungen dar. Eine Beschränkung auf ihre Schulden würde vor allem der zunehmenden Bedeutung kommunaler Unternehmen in privater Rechtsform nicht gerecht werden. Besitzt eine Kommune alle Anteile bzw. Stimmrechte an einem rechtlich selbstständigen Unternehmen, so spricht man von einer Eigengesellschaft. Die Schulden der Eigengesellschaften, die sich direkt, das heißt nicht über andere ausgelagerte Einheiten im Besitz von Kommunen befanden, beliefen sich Ende 2011 auf 7,2 Mrd. Euro. Ein Unternehmen, an dem eine Kommune zu weniger als 100 % beteiligt ist, die kommunale Ebene insgesamt aber die Mehrheit am Nennkapital bzw. der Stimmrechte hält, bezeichnet man als Beteiligungsgesellschaft. Die Beteiligungsgesellschaften wiesen zusammen mit den mittelbaren Eigengesellschaften nochmals Schulden in Höhe von 14 Mrd. Euro auf. Zu den Schulden der Eigenbetriebe und kommunalen Gesellschaften kommen noch die Schulden der kommunalen Zweckverbände hinzu, die Ende 2011 mit 1,6 Mrd. Euro verschuldet waren. Folglich betrug die Verschuldung aller kommunalen Unternehmen und Zweckverbände zum Stichtag 31. Dezember 2011 insgesamt 28,8 Mrd. Euro.

Schaubild 3 gibt die Schulden für die kommunalen Auslagerungen insgesamt wieder. Eine Zurechnung der Schulden zu einzelnen Kommunen erfolgt bislang nur für die rechtlich unselbstständigen Eigenbetriebe. Die Statistischen Landesämter arbeiten derzeit zusammen mit dem Statistischen Bundesamt intensiv daran, eine Zurechnung der Schulden sämtlicher ausgelagerter Einheiten auf die einzelnen Kommunen vorzunehmen. Gerade die zum Teil sehr komplexen Beteiligungsstrukturen öffentlicher Unternehmen erschweren allerdings die Aufteilung der Schulden unter den Kommunen erheblich. Eine weitgehende Aufteilung ist aber Voraussetzung für sachgerechte interkommunale Schuldenvergleiche und sollte daher möglichst in naher Zukunft von der Amtlichen Statistik vorgenommen werden.

1 Scharfe, S. (2012): Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts am 31. Dezember 2011, in: Wirtschaft und Statistik, Statistisches Bundesamt, S. 883.

2 Nur ÖPP-Projekte im Sinne des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG), was eine Übernahme wesentlicher Risiken durch die Kommune erfordert; vgl. zur genauen Abgrenzung Statistisches Bundesamt (2012): Qualitätsbericht zur Fachserie 14, Reihe 5.

3 Gatzke, N. (2010): Public Private Partnerships und öffentliche Verschuldung, Frankfurt am Main, S. 13–15.

4 Ebenda, S. 244–245.

5 Boettcher, F. et al. (2010): Kommunaler Schuldenreport NRW, Bertelsmannstiftung, Gütersloh, S. 81.