:: 3/2013

Alterssicherung von Frauen zwischen Eigenständigkeit und Witwenrente

Das Erwerbsverhalten und die Erwerbschancen von Frauen und Männern unterscheiden sich bis heute signifikant. Dies hat auch Folgen für die Alterssicherung. Das deutsche Rentenversicherungssystem1 ist durch das Äquivalenzprinzip und die Beitrags- bzw. Erwerbsbezogenheit gekennzeichnet. Daher unterscheiden sich die Alterssicherungssituationen von Frauen und Männern trotz verstärkter Anrechnung von Erziehungs- und Pflegeleistungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund unterschiedlicher Erwerbsstrukturen und Erwerbsbiografien weiterhin deutlich voneinander. Nicht allein das Alterssicherungsniveau, sondern ebenfalls die Unterscheidung zwischen eigenständigen und abgeleiteten Rentenansprüchen zeigt erhebliche Geschlechterdiskrepanzen auf.

Charakteristik und Entwicklung der ­gesetzlichen Frauenalterssicherung

Die starke Orientierung des deutschen Alterssicherungssystems an abhängiger Erwerbsarbeit und der Höhe personenbezogener Beitragsleistungen (Äquivalenzprinzip) führt dazu, dass im Alter das durchschnittliche Erwerbseinkommensniveau der Erwerbsbiografie reproduziert wird. Da das deutsche Rentenrecht keine Grundrente kennt, ist das Unterschreiten einer gewissen Rentenhöhe keineswegs ausgeschlossen. Die Vermeidung von Armut oder Bedürftigkeit im Alter ist also – gegebenenfalls trotz langjähriger Versicherung – nicht zwangs­läufig.

Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) in ihrer heutigen Form wurde stark durch die Rentenreform des Jahres 1957 geprägt. Aus dieser resultierte die Dynamisierung der Renten, das übergreifende Alterssicherungsziel der Lebensstandardsicherung – das mit der Rentenreform 2001 zugunsten der Beitragsstabilität aufgegeben wurde – sowie das Hinterbliebenenrentenrecht als eine Art Subsystem abgeleiteter Frauenalterssicherung.2 Für eine ausreichende und eigenständige Altersrente ist im deutschen Rentensystem idealtypisch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit (Normalbiografie) im Normalarbeitsverhältnis3 notwendig – also ein typisch männlicher Lebensentwurf. Ausgehend vom Leitbild des männlichen Familienernährers wurden und werden diskontinuierlich oder nicht erwerbstätige Hausfrauen über die lebenslange Ehe auch im Alter versorgt. Im Todesfall des Ernährers dient die abgeleitete Hinterbliebenenrente (bemessen am Rentenanspruch des Mannes) als Lebensunterhalt. Die GRV übernimmt also gewissermaßen die Unterhalts(ersatz)funktion des Ernährers nach seinem Tod. Damit wurde meist auch für verwitwete Frauen die Aufrechterhaltung des gewohnten Lebensstandards ermöglicht – eine lebenslange Ehe mit dem Familienernährer vorausgesetzt.

Seit Mitte der 1970er-Jahre und verstärkt seit Beginn der 1990er-Jahre wurde die GRV schrittweise reformiert und – hinsichtlich der Frauenalterssicherung – in Teilen modernisiert. Hierbei sind insbesondere die nachfolgenden Maßnahmenbereiche zu benennen:

  • Einführung, Ausweitung, Erhöhung und additive Bewertung von Kindererziehungszeiten4,
  • rentenrechtliche Anerkennung privater Pflege,5
  • Höherbewertung von Beitragszeiten aufgrund erziehungsbedingter Teilzeitarbeit und Nachteilsausgleich bei Mehrfacherziehung,
  • Neuregelung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsfall,
  • Einführung der Splittingoption als Alternative zur Hinterbliebenenversorgung,
  • Niveauabsenkung und verstärkte Einkommensanrechnung im Hinterbliebenenrecht.

Nichtsdestotrotz bestehen – im Detail der Ausgestaltung der Reformschritte6 und angesichts der fortbestehenden Relevanz des Hinterbliebenenrechts – viele Elemente der am traditionellen Familienleitbild ausgerichteten Rentenregelungen weiter.7 Durch die Verbindung der starken Erwerbs- und Beitragszentrierung des Rentenrechts mit geschlechtsspezifischen Erwerbsstrukturen und der fortbestehenden Familienverantwortung von Frauen erlangen Frauen nach wie vor seltener auskömmliche, eigenständige Rentenanwartschaften als Männer.

Haupteinkommensquelle im Alter ist die Gesetzliche Rentenversicherung – insbesondere für Frauen

Die Gesetzliche Rentenversicherung ist die wesentliche Einkommensquelle der älteren Bevölkerung (ab 65 Jahren) in Deutschland. Neun von zehn Älteren in den alten Bundesländern und 99 % der Älteren in den neuen Bundesländern beziehen der Untersuchung »Alterssicherung in Deutschland« (ASID 2007) zufolge eigenständige und/oder abgeleitete Rentenleistungen aus der GRV.8 Andere Alterssicherungssysteme9 sind verstärkt in den alten Bundesländern und dort insbesondere für Männer als Alterseinkommensquelle relevant. Daher machen die Renten der GRV insbesondere in Westdeutschland einen unterschiedlich großen Anteil am Alterseinkommen von Männern und Frauen aus. Vor allem westdeutsche Männer haben zwar im Durchschnitt hohe gesetzliche Rentenansprüche, aber häufig auch andere Alterssicherungsleistungen zu verzeichnen. Auch wenn die Einkommen älterer Männer und Frauen überwiegend aus Alterssicherungssystemen und insbesondere der Gesetzlichen Rentenversicherung entstammen, so gibt es markante Unterschiede bezüglich der Höhe der Alterseinkommen (insgesamt) und der gesetzlichen Renten. Außerdem sind innerhalb des Rentensystems ausgeprägte geschlechtsspezifische Diskrepanzen in Bezug auf die Verteilung und Relevanz eigenständiger und abgeleiteter Alterssicherungsleistungen zu konstatieren.10

Nachfolgend wird die gesetzliche Alterssicherungssituation von Frauen in den alten und neuen Bundesländern sowie in Baden-Württemberg im Vergleich zu jener der Männer skizziert.

Eigenständige und abgeleitete Renten bleiben für Frauen relevant

Während die große Mehrheit der Rentner in den alten (94,5 %) und neuen Bundesländern (89,6 %) am 31. Dezember 2011 ausschließlich eine gesetzliche Rente aus eigener Versicherung bezog, traf dies lediglich auf 61,9 % der ostdeutschen und 58,7 % der westdeutschen Rentnerinnen zu. Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Rentnerinnen zeigen sich deutlich im Bezug von ausschließlich abgeleiteten Hinterbliebenenrenten. Immerhin 11,9 % der westdeutschen und 4,6 % der ostdeutschen Rentnerinnen bezogen ausschließlich eine Witwenrente. Die Kombination einer eigenständigen und einer abgeleiteten Rentenleistung spielt für Rentnerinnen in Ost- (33,5 %) und Westdeutschland (29,4 %) also auch heute noch eine große Rolle zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Alter.

Eigenständige Altersrenten von Frauen in West- und Ostdeutschland

Die eigenständigen Altersrenten von Rentnerinnen, die bereits vor 2011 eine Rentenleistung bezogen (Rentenbestand), betrugen zum Jahresende 2011 im Durchschnitt 495 Euro in den alten und 711 Euro in den neuen Bundesländern. Damit war die eigenständige Altersrente von westdeutschen Frauen durchschnittlich halb so hoch wie jene westdeutscher Männer (987 Euro). In den neuen Bundesländern entsprachen die Altersrenten der Frauen immerhin etwa zwei Drittel der dortigen Altersrenten von Männern (1 058 Euro) – die Unterschiede in der Frauenerwerbsbeteiligung und den typischen Frauenbiografien zwischen Ost und West kommen hier in aller Deutlichkeit zum Ausdruck.

Die Schichtung der Rentenzahlungen verdeutlicht den erheblichen Gender-Pension-Gap in der Alterssicherungssituation sowie die regionalen Unterschiede zwischen Ost und West. Bei 77,3 % der Rentnerinnen in den alten Bundesländern beträgt die Rente weniger als 750 Euro. Dies trifft lediglich auf 32,3 % der westdeutschen Rentner zu. Jede zweite westdeutsche Versichertenrentnerin11 (des Rentenbestands am 31. Dezember 2011) erhält monatlich weniger als 450 Euro eigenständige Rente. Bei jeder dritten westdeutschen Frau beträgt die Rente weniger als 300 Euro, gleichzeitig liegt dieser Anteil unter den Männern bei 13,1 %. Und 13,4 % der westdeutschen Versichertenrentnerinnen erhalten sogar eine Rente von weniger als 150 Euro im Monat (Männer: 7,1 %). Während die Hälfte (50,9 %) der Versichertenrentner in Westdeutschland über 900 Euro monatlich erhalten, ist dies lediglich bei 12 % der Rentnerinnen der Fall.

In den neuen Bundesländern erhalten 62,6 % der Rentnerinnen eine Versichertenrente von weniger als 750 Euro, hingegen ist dies nur bei 19,1 % der ostdeutschen Versichertenrentner der Fall. Eine eigenständige Rente von weniger als 300 Euro erhalten 4,6 % der Frauen im Osten. Auch der Anteil der Versichertenrentnerinnen mit bis zu 150 Euro monatlichem Rentenanspruch liegt hier mit 0,7 % deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. Besonders niedrige Renten (bis 300 Euro) sind bei ostdeutschen Männern noch seltener (1,5 %) als im alten Bundesgebiet.

Neurentner/-innen sind schlechter gestellt als Bestandsrentner/-innen

Die Veränderungen der Erwerbs- und Einkommensstrukturen, hohe Arbeitslosigkeit (insbesondere in den neuen Bundesländern) sowie rentenrechtliche Abschläge durch vorzeitigen Renteneintritt (häufig in Anspruch genommen aufgrund schlechter Arbeitsmarktchancen) machen sich in den nachrückenden Jahrgängen bereits finanziell bemerkbar. Die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge der Rentenzugänge des Jahres 2011 fallen sichtlich niedriger aus als jene des Rentenbestandes.

Während die Altersrenten westdeutscher Frauen, die im Jahr 2011 verrentet wurden (Rentenzugang), durchschnittlich 487 Euro betragen und damit nur geringfügig unter dem durchschnittlichen Zahlbetrag des Rentenbestands liegen, zeigen sich bei Männern in Ost und West sowie ostdeutschen Frauen gravierende Unterschiede zwischen Bestands- und Neurentner/-innen.

Mit einer durchschnittlichen Altersrente von 681 Euro haben ostdeutsche Frauen, die 2011 verrentet wurden, eine um 30 Euro niedrigere monatliche Altersrente als Frauen, die bereits zuvor Rentnerinnen waren (711 Euro). Vor allem unter den Männern zeigen sich zwischen Neurentnern und Bestandsrentnern deutliche Unterschiede in der Rentenhöhe. Männliche Neurentner in den neuen Bundesländern erhalten durchschnittlich monatlich 191 Euro weniger als Bestandsrentner. In den alten Bundesländern ist die Altersrente von neuverrenteten Männern im statistischen Mittel um 119 Euro niedriger als jene von Bestandsrentnern.

Es ist anzunehmen, dass sich die Zunahme der Frauen- und insbesondere Müttererwerbstätigkeit sowie die rentenrechtliche Anerkennung von Sorgearbeit in Erziehung und Pflege für westdeutsche Frauen bereits positiv auswirken und daher kaum Diskrepanzen zwischen Neu- und Bestandsrentnerinnen zu konstatieren sind. Ausgehend von einem hohen Ausmaß der Erwerbsintegration und einer weiten Verbreitung kontinuierlicher Erwerbsbiografien von Männern in Ost- und Westdeutschland sowie insbesondere ostdeutschen Frauen, drücken sich bei diesen Gruppen jedoch die Effekte schwieriger Arbeitsmarktbedingungen in den Rentenzahlungen an neue Rentner/-innen aus.

Rentenabschläge aufgrund vorzeitiger Verrentung: weit verbreitet und für die Rentenhöhe folgenschwer

Zunehmende Bedeutung für die Höhe der Rentenzahlungen hat in der jüngeren Vergangenheit neben veränderten Arbeitsmarktbedingungen und Erwerbsstrukturen das Rentenzugangsalter gewonnen. Insbesondere im Hinblick auf die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre bleibt die heute schon große Bedeutung von Rentenabschlägen zu beachten. 2011 gingen in den neuen Bundesländern 62,7 % der Männer und die große Mehrheit der Frauen (82 %) vor Erreichen der Regelaltersgrenze mit rentenversicherungsmathematischen Abschlägen12 in Altersrente. Dabei ist in Ostdeutschland nicht nur die Verbreitung von Rentenabschlägen besonders ausgeprägt, auch die Anzahl der Abschlagsmonate – nach der sich die Abschlagshöhe mit je 0,3 % bemisst – ist vor allem bei Frauen besonders hoch. Im Durchschnitt gingen ostdeutsche Frauen im Jahr 2011 bereits 44,7 Monate vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters in Altersrente. Unter den Männern waren es durchschnittlich 29,9 Monate. Hierdurch verminderte sich der Betrag der Altersrenten in den neuen Bundesländern um durchschnittlich 115 Euro (Frauen) bzw. etwa 93 Euro (Männer) pro Monat – und das für die gesamte Rentenbezugsdauer.

In Westdeutschland nahmen 2011 fast die Hälfte der Frauen (45,4 %) und 40,9 % der Männer Rentenabschläge in Kauf. Die vorzeitige Verrentung ist damit zwar nicht gleichermaßen verbreitet wie in den neuen Bundesländern (was mit der unterschiedliche Arbeitsmarktlage in Verbindung stehen dürfte), allerdings zeigt sich auch hier ein höherer Anteil betroffener Frauen. Die durchschnittliche Anzahl der Abschlagsmonate differiert in Westdeutschland wie auch im neuen Bundesgebiet erheblich zwischen den Geschlechtern. Westdeutsche Frauen weisen durchschnittlich 40,8 Abschlagsmonate auf, westdeutsche Männer hingegen 28,2. Dies mindert die Altersrente von westdeutschen Männern um durchschnittlich 111 Euro pro Monat. Bei westdeutschen Frauen wirken sich die Rentenabschläge mit durchschnittlich 98 Euro negativ auf die Altersrente aus.

Hinterbliebenenrenten weiterhin relevant für die Einkommenssituation von Frauen im Alter

Wie bereits skizziert wurde, spielen abgeleitete Rentenansprüche für die Einkommenssituation älterer Frauen, insbesondere in den alten Bundesländern, eine große Rolle. Witwenrentnerinnen des Rentenbestands erhielten am 31. Dezember 2011 im Durchschnitt 593 Euro in den neuen Bundesländern und 565 Euro im alten Bundesgebiet. Die Witwerrentner in den alten Bundesländern erhielten durchschnittlich 240 Euro und in den neuen Bundesländern wurden an Witwer mit Anspruch auf eine abgeleitete Rente in der GRV durchschnittlich 294 Euro gezahlt. Die erheblichen Niveauunterschiede der Hinterbliebenenrentenansprüche von Witwen und Witwern erklären sich aus unterschiedlichen Faktoren. Aufgrund der höheren Lebenserwartung sowie empirischer Altersunterschiede der Ehegatten verwitwen mehr Frauen als Männer. Da Männer aufgrund geschlechtsspezifischer Erwerbsverläufe höhere Rentenansprüche aufweisen, ergeben sich für Witwen in der Regel höhere Hinterbliebenenrentenansprüche als für Witwer. Aus dem gleichen Grund fällt die Einkommensanrechnung bei Witwen geringer aus als bei Witwern, sodass sich schließlich erhebliche Unterschiede im Niveau der durchschnittlich geleisteten Hinterbliebenenrenten ergeben.

Die Schichtung der abgeleiteten Renten (Rentenbestand am 31. Dezember 2011) zeigt – insbesondere in Westdeutschland – ein gänzlich anderes Bild als bei den eigenständigen Renten. Bei 56,7 % der westdeutschen Witwen mit Anspruch auf eine abgeleitete Rente beträgt diese zwischen 450 und 900 Euro – eine Versichertenrente in dieser Höhe erhalten nur 39,5 % der Frauen.

In den neuen Bundesländern fällt der Anteil der Witwenrenten in einer Höhe zwischen 450 und 900 Euro mit 73,5 % sogar noch höher aus. Allerdings ist der Anteil der Frauen mit einer Versichertenrente in diesem Segment mit 71,3 % vergleichbar hoch, worin sich der wesentliche Unterschied zu den westdeutschen Rentnerinnen zeigt. Wenn hinterbliebene Männer eine Witwerrente erhalten, so liegt diese überwiegend unter 450 Euro (West: 88,3 %, Ost: 86,7 %).

Die zum Teil deutlichen Unterschiede der durchschnittlichen Altersrentenansprüche zwischen Rentenzugang und Rentenbestand sind hinsichtlich der abgeleiteten Rentenleistungen nur in marginalem Umfang und eher unter den Witwern als unter den Witwen zu beobachten.

Die Unterscheidung zwischen kleiner und großer Witwen- bzw. Witwerrente ist wesentlich, da die Dauer der Leistung und insbesondere das Niveau der Rente variiert. Die kleine Witwenrente in Höhe von 25 % des Rentenanspruchs der/des Verstorbenen wird (befristet auf 2 Jahre) geleistet, wenn die Altersgrenze der großen Witwen-/Witwerrente (ab Januar 2012 schrittweise Erhöhung vom 45. auf das 47. Lebensjahr) nicht erreicht ist bzw. kein unterhaltspflichtiges Kind vorhanden ist bzw. keine Erwerbsminderung vorliegt. Die große Witwen- und Witwerrente – von welcher bei der abgeleiteten Alterssicherung (von Frauen) im eigentlichen Sinne die Rede ist – wird dann geleistet, wenn Kinder zu versorgen sind, eine Erwerbsminderung vorliegt oder die genannte Altersgrenze erreicht ist. Da große Witwen-/Witwerrenten 55 % des Rentenanspruchs der/des Verstorbenen betragen, fallen diese in der Regel deutlich höher aus.

Im Durchschnitt betrug die kleine Witwenrente (für Rentenzugänge 2011) in den alten Bundesländern 174 Euro und im neuen Bundesgebiet 153 Euro. Verwitwete Männer ohne Kinder (oder Erwerbsminderung) unterhalb der genannten Altersgrenze erhalten im Osten mit durchschnittlich 162 Euro höhere kleine Witwerrenten als Männer im Westen (152 Euro).

Die großen Witwenrenten sind in den alten Ländern mit 563 Euro pro Monat etwa 2,5 Mal und in den neuen Bundesländern mit 596 Euro pro Monat gut doppelt so hoch wie die jeweiligen großen Witwerrenten. Die erheblichen Unterschiede in der Höhe der kleinen und großen Hinterbliebenenrenten erklären sich durch die unterschiedlichen Bemessungsverfahren. Die Geschlechterunterschiede zwischen Bezieherinnen und Beziehern von großen Hinterbliebenenrenten sind auf die bereits skizzierten Gründe – unterschiedlich hohe Rentenansprüche in Verbindung mit einem unterschiedlichen Verwitwungsrisiko und die Wirksamkeit von Einkommensanrechnungsregelungen – zurückzuführen.

Alterssicherung von Frauen in Baden-Württemberg

Die Altersrenten des weiblichen Rentenbestands in Baden-Württemberg fielen mit durchschnittlich 541 Euro höher aus als jene aller westdeutscher Frauen (495 Euro) und entsprachen dem bundesdeutschen Durchschnitt. Die gesetzlichen Altersrenten der Männer in Baden-Württemberg lagen mit 1 087 Euro monatlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt (1 000 Euro). Trotz vergleichsweise hoher Altersrentenansprüche von Männern und Frauen in Baden-Württemberg zeigt sich auch hier ein erheblicher Gender-Pension-Gap. In Baden-Württemberg erhalten Männer im Durchschnitt doppelt so viel monatliche Altersrente wie Frauen.

Die durchschnittliche Witwen-/Witwerrente des Rentenbestands am 31. Dezember 2011 betrug in Baden-Württemberg monatlich 534 Euro und war damit etwas höher als im gesamtdeutschen Durchschnitt (513 Euro).

Baden-württembergische Männer, die 2011 in Altersrente gingen, erhalten durchschnittlich 996 Euro im Monat und damit 61 Euro weniger als Altersbestandsrentner. Ein konträres Bild zeigt sich für baden-württembergische Frauen, die 2011 neuverrentet wurden. Diese erhalten im Durchschnitt 546 Euro pro Monat und damit im Durchschnitt 5 Euro pro Monat mehr als Bestandsrentnerinnen. Mit dem zwar moderaten, aber immerhin feststellbaren Anstieg entwickelt sich die eigenständige Alterssicherungssituation baden-württembergischer Frauen entgegen des bundesweiten Trends (Frauen 21 Euro pro Monat und Männer 132 Euro pro Monat niedrigerer Altersrentenanspruch des Rentenzugangs gegenüber dem Rentenbestand 2011).

Entwicklungstrends der Frauenalterssicherung in Deutschland

Berechnungen im Rahmen der Studie »Altersvorsorge in Deutschland« zeigen eine positive Entwicklungstendenz der Rentenanwartschaften von Frauen in Westdeutschland für die nachfolgenden Jahrgänge. Allerdings gibt es Hinweise auf eine zunehmende Polarisierung der Renteneinkünfte von Frauen mit und ohne Kinder(n). In den neuen Bundesländern ist unter den jüngeren Jahrgängen ein Trend zu verringerten Rentenansprüchen zu erkennen.13

Die Rentenniveauabsenkung durch die letzten Reformen erfordern für ein ausreichendes Alterseinkommen in Zukunft einen Ausbau eigenständiger Alterssicherungsansprüche über die betrieblichen (zweite Alterssicherungssäule) oder privaten (dritte Säule) Vorsorgestrukturen. Frauen haben wesentlich seltener Ansprüche und dann auch niedrigere Einkünfte aus betrieblichen Alterssicherungssystemen. Dies ist auf die branchenspezifischen und betrieblichen Unterschiede der Erwerbsbereiche von Männern und Frauen zurück zu führen. Weiterhin spielen hier die (bereits von 10 auf 5 Jahre reduzierten) Wartezeitenregelungen sowie fehlende Elemente des sozialen Ausgleichs und die gänzliche Erwerbszentriertheit in betrieblichen Alterssicherungssystemen eine Rolle. Wenngleich Frauen die staatlich geförderte private Altersvorsorge (Riester-Rente) bislang relativ häufig nutzen14, ist bislang nicht absehbar, dass die Rentenniveauabsenkungen der GRV von Frauen durch Anwartschaften der zweiten und dritten Säule ausgeglichen werden können. Da sich die Rentenniveaukürzungen der jüngeren Rentenreformen sowohl in den Versichertenrenten als auch in den Hinterbliebenenleistungen und den durch Sorgearbeit entstehenden Rentenansprüchen auswirken und Frauen seltener Ansprüche der betrieblichen und privaten Vorsorge haben, ist davon auszugehen, dass die Frage der Frauenalterssicherung aktuell bleibt.

Zusammenfassung

Durch die Erwerbs- und Äquivalenzorientierung des Rentensystems ist die GRV auf typisch männliche Erwerbsverläufe und Erwerbsverhalten ausgerichtet, womit die Alterssicherung für Frauen strukturell erschwert wird. Die Erwerbsbiografien von Frauen sind häufig durch erziehungsbedingte Unterbrechungen und reduzierte Arbeitsvolumina sowie strukturell schlechtere Einkommens- und Karrierechancen geprägt. Die Normalfamilie und insbesondere die lebenslange Ehe hat an Bedeutung verloren, weshalb auch die abgeleitete, ehebasierte Alterssicherung deutlich erschwert wird. Diese entspricht zwar ohnehin nicht dem Wunsch der meisten Frauen nach Selbstbestimmtheit, macht sich aber umso mehr in der Einkommenssituation von ledigen und insbesondere geschiedenen Frauen im Alter bemerkbar.

Der Gesetzgeber hat auf die sozialen Veränderungen der Lebensentwürfe und -realitäten von Frauen reagiert, indem die Anerkennung von Sorgearbeit stärker als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und rentenrechtlich umgesetzt wurde. Die Einführung und der Ausbau sowie der Wandel der Ausgestaltung von rentenrechtlich anerkannten Erziehungs- und Pflegeleistungen sind für die eigenständige Frauenalterssicherung von erheblicher Bedeutung, wirken sich aber aufgrund der Langfristigkeit rentenpolitischer Maßnahmen bislang noch nicht oder nur bedingt aus. Trotz in vergleichsweise kurzer Zeit erfolgter Modernisierung des Rentenrechts durch Einführung und Ausbau der eigenständigen Alterssicherung von Familienarbeit leistenden Personen bleibt die Orientierung am männlichen Ernährermodell im Rentenrecht zumindest in Teilen beständig. Die Hinterbliebenenversorgung wird wie heute auch in Zukunft empirisch noch eine wesentliche Rolle für die Alterssicherung von Frauen spielen – gleichzeitig waren die vorgenommenen Veränderungen des Hinterbliebenenrechts bislang eher zurückhaltend.

Durch die im Zuge der vergangenen Reformen initiierte Rentenniveauabsenkung wird die Chance, ein ausreichendes Alterseinkommen aus der ersten Alterssicherungssäule zu erhalten, erheblich erschwert. Es lassen sich leichte positive Entwicklungstendenzen der Alterssicherungsansprüche von Frauen in Westdeutschland erkennen – in Ostdeutschland ist hingegen von einer Verschärfung der Alterssicherungsproblematik von Frauen auszugehen. Die Bilanz der Rentenpolitik zur eigenständigen Frauenalterssicherung der vergangenen Jahre ist überwiegend positiv einzuschätzen, doch die Systemkonzeption der Gesetzlichen Rentenversicherung reproduziert viele der typisch weiblichen Nachteile des Erwerbslebens weiterhin.

1 Im Rahmen des Beitrags wird die Betrachtung auf die Gesetzliche Rentenversicherung beschränkt, andere Systeme wie die Beamtenversorgung sowie betriebliche und private Altersvorsorge bleiben unberücksichtigt, wenngleich der zweiten (betrieblichen) und dritten (privaten) Alterssicherungssäule angesichts der Rentenniveauabsenkung zunehmende Bedeutung zukommt.

2 Die Einführung der Witwenrente geht auf das Jahr 1911 zurück, war jedoch deutlich restriktiver ausgestaltet und ist hinsichtlich des Sicherungsniveaus nur bedingt mit den Regelungen seit der Nachkriegszeit zu vergleichen.

3 Als (männliches) Normalarbeitsverhältnis wird im Kern eine kontinuierliche, abhängige Vollzeitbeschäftigung mit voller Integration in die Sozialversicherungen bei ausreichendem, meist tariflich geregeltem, Familienlohn und der Identität von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis verstanden.

4 Mittlerweile werden je Kind drei Entgeltpunkte – auch bei Zusammentreffen der Kindererziehung mit Erwerbstätigkeit – gewährt. Für Geburten vor 1992 wird je Kind lediglich ein Entgeltpunkt gewährt.

5 Die rentenrechtliche Anerkennung privater Pflege variiert nach Umfang und Pflegestufe, ist jedoch geringer als die rentenrechtliche Anerkennung von Kindererziehung.

6 Schmähl/Michaelis (Hrsg.): Alterssicherung von Frauen. Leitbilder, gesellschaftlicher Wandel und Reformen, Wiesbaden 2000.

7 Dies zeigt sich beispielsweise in der Ausgestaltung der parallel eingeführten kinderbezogenen Höherbewertung von Beitragszeiten sowie des rentenrechtlichen Nachteilsausgleichs für Mehrfacherziehung.

8 Deutsche Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zahlen 2012, Berlin.

9 Beispielsweise die Beamtenversorgung, berufsständische Versorgungswerke, die Alterssicherung der Landwirte, betriebliche Altersversorgungssysteme oder die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst.

10 Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2012.

11 Versichertenrenten fassen Alters- und Erwerbsminderungsrenten zusammen, nicht jedoch Witwen-/Witwerrenten.

12 Die Verbreitung von versicherungsmathematischen Abschlägen ist deutlich höher, wenn Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in die Analyse mit einbezogen werden.

13 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf. Erster Gleichstellungsbericht, Berlin, 2012.

14 Riedmüller/Schmalreck: Eigenständige Alterssicherung von Frauen. Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf, in: Friedrich-Ebert-Stiftung: Wiso-Diskurs April 2011.