:: 3/2013

Baden-Württemberg: Steigender Trend zum Nebenjob

Unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist der Anteil der Arbeitnehmer mit Nebenjob in Baden-Württemberg so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Seit der gesetzlichen Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung im Jahr 2003 hat sich die Zahl der Personen, die neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Zweitjob ausüben, mehr als verdoppelt. Die meisten Nebenbeschäftigungen waren 2012 im Handel, im Bereich der Gebäudebetreuung oder Gebäudereinigung, in der Industrie oder im Gastgewerbe zu finden. Deutlich mehr Frauen als Männer haben neben ihrer regulären Arbeitsstelle noch einen Minijob.

Gut jeder neunte Beschäftigte im Südwesten hat einen Zweitjob

Zur Jahresmitte 2012 übten in Baden-Württemberg 458 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit einen Minijob1 aus. Gemessen an den fast 4,1 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Südwesten waren dies 11,2 % oder gut jeder neunte Beschäftigte. Damit war in Baden-Württemberg der Anteil der Beschäftigten mit Nebenjob so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Auf den Plätzen folgten Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bayern mit Anteilen von 10,5 bis 10,1 %. Am unteren Ende der Skala standen Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen (jeweils 4,8 %) sowie Sachsen-Anhalt mit dem bundesweit kleinsten Anteil an Beschäftigten mit Nebenjobs von 4 %. Insgesamt hatten die sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in Westdeutschland fast doppelt so häufig zusätzlich einen Minijob wie in Ostdeutschland (9,8 bzw. 5 %). Bundesweit übten 8,9 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit einen Minijob als Nebentätigkeit aus.

Seit 2003 Zahl der Beschäftigten mit Nebenjob mehr als verdoppelt

Seit der gesetzlichen Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungen im Jahr 2003 hat sich bis 2012 die Zahl der Beschäftigten mit Nebenjob von 220 000 auf 458 000 mehr als verdoppelt (+ 108 % bzw. + 238 000 Beschäftigte). Dabei ist allein im Jahr 2004 gegenüber dem Vorjahr ihre Zahl um über 81 000 Personen (+ 37 %) gestiegen. Zu diesem starken Zuwachs hat wesentlich beigetragen, dass seit April 2003 der erste Minijob, der neben einer Hauptbeschäftigung ausgeübt wird, für den Arbeitnehmer nunmehr wieder sozialversicherungsfrei bleibt. Des Weiteren wurde die Verdienstgrenze bei den Minijobs von 325 auf 400 Euro angehoben. Bis 2012 nahm die Zahl der Beschäftigten mit geringfügiger Nebentätigkeit mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 von Jahr zu Jahr weiter zu. Dabei fiel der Zuwachs der Beschäftigten mit Nebenjob stets dynamischer aus als der bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt. 2012 stieg die Zahl der Beschäftigten, die neben ihrer Haupttätigkeit noch einem Minijob nachgehen, gegenüber 2011 um 3,2 %, während die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im entsprechenden Zeitraum lediglich um 2,2 % zunahm. Zum 1. Januar 2013 wurde die Verdienstgrenze der Minijobs auf monatlich 450 Euro angehoben. Es bleibt abzuwarten, ob und wie stark sich dies auf die Zahl der Beschäftigten in Minijobs auswirken wird.

Frauen haben häufiger Nebenjobs als Männer

Von den im Jahr 2012 insgesamt 458 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Nebenjob waren 200 000 Männer und 258 000 Frauen. Gemessen an den jeweils sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hatten 14 % der Frauen, aber lediglich 9 % der Männer zusätzlich zu ihrer Hauptbeschäftigung einen Minijob. Ein Grund hierfür dürfte darin zu finden sein, dass Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit beschäftigt sind als ihre männlichen Kollegen und damit schon allein aus zeitlichen Gründen eher in der Lage sind, noch eine zusätzliche Tätigkeit auszuüben. Vor allem bei den 182 000 ausländischen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen waren Arbeitnehmerinnen mit Zweitjob noch häufiger anzutreffen als bei ihren deutschen Kolleginnen. 19 %, also fast jede fünfte ausländische Arbeitnehmerin, hatten neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Minijob. Bei den 1,64 Mill. deutschen Frauen lag der entsprechende Anteil bei knapp 14 %, das war jede siebte angestellte Frau. Zur Jahresmitte 2012 hatten insgesamt 223 000 oder 87 % der Frauen mit zusätzlichem Minijob die deutsche Staatsangehörigkeit, 34 000 oder 13 % der Nebenjobberinnen hatten dagegen einen ausländischen Pass.

Vor allem jüngere Arbeitnehmer haben Zweitjob

Nebenjobs werden häufiger von jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als von älteren Beschäftigten ausgeübt. Betrachtet man allerdings die Beschäftigtenentwicklung in den vergangenen Jahren, so ist der demografische Wandel der Gesellschaft auch in dieser Berufsgruppe zu beobachten. Allein seit 2003 hat sich das Durchschnittsalter der Beschäftigten in Nebenjobs von 38 auf aktuell 40,5 Jahre deutlich erhöht und lag damit nur noch knapp unter dem Durchschnittsalter aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 41,1 Jahren (2003: 39,1 Jahre). Insgesamt nahm im Zeitraum von 2003 bis 2012 die Zahl der Nebenjobber in allen Altersklassen zu. Am stärksten war der Zuwachs in der Altersgruppe der 45- bis unter 55-Jährigen, wo sich die Zahl der im Nebenjob Beschäftigten mit einem Plus von gut 85 000 mehr als verdreifachte (+ 204 %). Mit einem Anstieg um rund 37 000 Nebenjobber war der Beschäftigungszuwachs in der Altersgruppe der 55-Jährigen und Älteren zwar absolut betrachtet deutlich geringer. Gemessen an der Gesamtzahl der Nebenjobber in dieser Altersgruppe hat sich ihre Zahl aber auch hier weit mehr als verdoppelt (+ 166 %).

Insgesamt erhöhte sich damit die Quote der 45- bis unter 55-jährigen Nebenjobber um 9 Prozentpunkte auf 28 %. In der Altersgruppe der mindestens 55-Jährigen stieg der Anteil um 3 Prozentpunkte. Im Jahr 2012 hatten somit rund 13 % der Beschäftigten im Alter von 55 und mehr Jahren neben ihrer Hauptbeschäftigung noch zusätzlich einen Minijob. Umgekehrt ist der Anteil der unter 35-jährigen Nebenjobber von 42 % im Jahr 2003 auf 34 % im Jahr 2012 besonders kräftig zurückgegangen. Auch in der Altersgruppe der 35- bis unter 45-Jährigen nahm der Anteil der im Nebenjob geringfügig entlohnt Beschäftigten von 29 auf 25 % ab. Waren also im Jahr 2003 noch insgesamt 71 % der Nebenjobber unter 45 Jahre alt, so ging der Anteil der jüngeren Beschäftigten mit Nebentätigkeit binnen 9 Jahren auf 59 % zurück.

Das höhere Alter bei Beschäftigten mit Nebenjobs ist allerdings kein Phänomen, das ausschließlich in dieser Berufsgruppe zu beobachten ist, sondern das Bild der demografischen Entwicklung, das sich auch in der Beschäftigtenentwicklung aller angestellten Arbeitnehmer im Land abzeichnet. So ging im Zeitraum von 2003 bis 2012 insgesamt der Anteil der jüngeren sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter 45 Jahren von 67 auf 56 % zurück, während entsprechend die Quote der Beschäftigten im Alter von 45 und mehr Jahren von 33 auf 44 % anstieg. Vergleicht man die Altersstrukturen aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit der der Nebenjobber, so wird deutlich, dass sich die Altersstrukturen tendenziell angleichen. Aktuell aber gehen immer noch eher jüngere Beschäftigte zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit einer weiteren Nebentätigkeit nach, und Beschäftigte im Alter von 45 und mehr Jahren üben vergleichsweise seltener einen Zweitjob aus.

Die meisten Zweitjobs im Handel

Gut 70 000 und damit die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Nebenjob arbeiteten 2012 in ihrem Zweitjob im Handel, gefolgt von dem Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, wo rund 64 000 Nebenjobber vor allem in der Gebäudereinigung tätig waren. Auch im Verarbeitenden Gewerbe, dem Gastgewerbe und dem Gesundheits- und Sozialwesen übten jeweils mehr als 42 000 Arbeitnehmer zusätzlich zu ihrer Hauptbeschäftigung noch mindestens einen Minijob aus.

Insgesamt arbeiteten 82 % und damit die überwiegende Mehrzahl der Nebenjobber im Dienstleistungssektor. Lediglich 17 % der Zweitjobs wurden im Produzierenden Gewerbe ausgeübt und 1 % in der Land- und Forstwirtschaft. Dagegen lag bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern insgesamt die Quote der im Hauptjob im Dienstleistungsbereich Tätigen mit 62 % deutlich niedriger, der Anteil der Industriebeschäftigten mit 38 % hingegen mehr als doppelt so hoch als bei den Nebenjobbern. In der Land- und Forstwirtschaft hatten lediglich 0,5 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ihren Hauptarbeitsplatz.

In den einzelnen Wirtschaftsbereichen kommt den Nebenjobbern im Vergleich zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt eine ganz unterschiedliche Bedeutung zu. Während im landesweit beschäftigungsreichsten Wirtschaftsabschnitt, dem Verarbeitenden Gewerbe, knapp 1,3 Mill. Arbeitnehmer ihre Hauptbeschäftigung hatten, arbeiteten dort lediglich knapp 53 000 Personen im Nebenjob. Anders ausgedrückt kamen auf je 1 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit einer Hauptbeschäftigung in der Industrie 42 Angestellte, die lediglich in ihrem Nebenjob in diesem Wirtschaftszweig tätig waren. Gänzlich anders fällt das Verhältnis in den Bereichen Grundstücks- und Wohnungswesen sowie den Privaten Haushalten aus. Hier kamen auf jeweils 1 000 angestellte Arbeitnehmer, die in einem der Bereiche ihrer Hauptbeschäftigung nachgingen, mit 1 149 bzw. 1 506 landesweit die meisten Nebenjobber. Folglich gab es in diesen Bereichen deutlich mehr im Nebenjob geringfügig entlohnt Beschäftigte als hauptberuflich angestellte Arbeitnehmer.

Im Alb-Donau-Kreis und im Landkreis Emmendingen Beschäftigte mit Nebenjob am stärksten vertreten

Die regionale Auswertung zeigt, dass es im Zeitraum von 2003 bis 2012 in allen Stadt- und Landkreisen des Landes einen kräftigen Beschäftigungsanstieg bei Arbeitnehmern mit Nebenjob gab. Die Spannweite der prozentualen Zuwächse reichte von + 164 % im Alb-Donau-Kreis bis + 81 % im Schwarzwald-Baar-Kreis. In absoluten Größen betrachtet hatte der Stadtkreis Stuttgart mit über 13 000 zusätzlichen Nebenjobbern den höchsten zahlenmäßigen Beschäftigungsanstieg, gefolgt von den Landkreisen Karlsruhe und Esslingen mit einem Plus von jeweils über 10 000 Nebenjobbern. Am häufigsten hatten die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer im Alb-Donau-Kreis sowie in den Landkreisen Emmendingen und Karlsruhe einen Minijob als Nebentätigkeit. Bezogen auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den genannten drei Kreisen waren dies jeweils rund 15 % oder jeder siebte sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer. Landesweit am geringsten waren mit jeweils 8 % die Quoten in den Stadtkreisen Stuttgart und Mannheim.

1 In der Analyse werden ausschließlich die im Nebenjob geringfügig entlohnt Beschäftigte betrachtet. Kurzfristig Beschäftigte im Nebenjob bleiben unberücksichtigt.