:: 5/2013

Volkskrankheit Krebs: Krankenhausbehandlungen und Sterbefälle in Baden-Württemberg

Bereits in der Antike wurden vereinzelt Krebserkrankungen beobachtet. Erstmalig soll Krebs vom ägyptischen Gelehrten Imhotep 2625 vor Christus beschrieben worden sein1. Auch wenn Krebs in dieser Zeit eher selten diagnostiziert wurde – heutzutage kennt fast jeder eine Person in seinem Bekannten- oder Verwandtenkreis, die an einer Krebserkrankung leidet.

In der amtlichen Statistik sind zwar keine Angaben zur Inzidenz, also zur Zahl der Neuerkrankungen, verfügbar. Es liegen aber Daten von Krebserkrankten vor, die sich in einem Krankenhaus einer vollstationären Behandlung unterzogen haben, sowie von Personen, die an einer solchen Erkrankung verstorben sind. In diesem Beitrag soll deshalb die Entwicklung der Krankenhausbehandlungen und Todesfälle in Baden-Württemberg, die auf eine Krebserkrankung zurückzuführen sind, untersucht werden. Der Fokus wird hierbei auf den Hautkrebs gerichtet, da bei dieser Krebsart der größte prozentuale Anstieg der Krankenhausbehandlungen zu beobachten ist.

Sterbefälle und Krankenhausbehandlungen aufgrund von Krebserkrankungen nehmen zu

Als Krebs werden alle bösartigen Erkrankungen, die durch eine unkontrollierte Vermehrung von veränderten Zellen gekennzeichnet sind, bezeichnet. Diese Zellen können streuen, also das umliegende Gewebe zerstören und Metastasen bilden, was – wenn die Krebserkrankung unbehandelt bleibt – unweigerlich zum Tod führt2.

Im Jahr 2011 war bereits jeder vierte Sterbefall eines Baden-Württembergers auf eine Krebserkrankung zurückzuführen. Damit rangiert Krebs nach Herz-/Kreislauferkrankungen auf Platz zwei der häufigsten Todesursachen. Gegenüber 2010 stieg die Zahl der Krebserkrankungen mit Todesfolge um 0,7 %, gegenüber 2000 sogar um 4,6 %. Die krebsbedingten Sterbefälle haben in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Sind 1952 noch 12 281 Personen aufgrund einer Krebserkrankung verstorben, hat sich diese Zahl im Jahr 2011 auf 24 781 mehr als verdoppelt. Da innerhalb der letzten 60 Jahre jedoch auch die Bevölkerungszahl angestiegen ist, muss diese Entwicklung entsprechend berücksichtigt werden, um über die Jahre hinweg vergleichbare Angaben zu erhalten. Im Jahr 1952 starben demnach 184 je 100 000 Einwohner in Baden-Württemberg an einer Krebserkrankung, im Jahr 2011 waren es 230 je 100 000. Der um die Bevölkerungsentwicklung bereinigte Anstieg fällt damit etwas moderater aus. Insgesamt zeigt sich aber, dass die Krebssterberate seit 1955 kontinuierlich angestiegen, zwischen 1990 und 2006 wieder gesunken, danach aber wieder angestiegen ist. Diese Entwicklung gilt für Männer wie für Frauen. Allerdings wird auch deutlich, dass im Laufe der letzten Jahrzehnte die Schere zwischen den an Krebs verstorbenen Männern und an Krebs verstorbenen Frauen immer größer geworden und bei Frauen tendenziell eine etwas bessere Entwicklung als bei den Männern zu beobachten ist. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass – obwohl es aktuell mehr ältere Frauen als Männer gibt – verhältnismäßig mehr Männer als Frauen in die älteren Altersgruppen gelangen (sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern daher angleicht) und Krebs bei älteren Personen sehr viel häufiger auftritt und zum Tode führt als bei jüngeren Personen.

Die meisten Menschen sterben an bösartigen Neubildungen der Verdauungsorgane

Bei einem Drittel aller an Krebs verstorbenen Personen war eine Krebserkrankung der Verdauungsorgane verantwortlich für den Tod, am zweithäufigsten hat eine Krebserkrankung der Atmungsorgane zum Tod geführt. Bei jedem elften krebsbedingten Todesfall war eine bösartige Neubildung des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes dafür verantwortlich.

Da Erkrankungen der Verdauungsorgane die häufigste Krebsart mit Todesfolge darstellen, lohnt sich eine nähere Betrachtung der diversen Verdauungsorgane. Zwar ist davon jeder dritte Sterbefall auf Darmkrebs zurückzuführen, in den letzten Jahren sind allerdings immer weniger Personen dieser Krebsart zum Opfer gefallen. Noch stärker ist die Sterblichkeit von Magenkrebs gesunken, wohingegen immer mehr Menschen an Leber-, Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen- und Dünndarmkrebs sterben.

Hautkrebs (malignes Melanom und sonstige bösartige Neubildungen der Haut, +34,1 %), bösartige Neubildungen des mesothelialen Gewebes und des Weichteilgewebes (unter anderem »Sarkom«, +33,6 %) sowie des lymphatischen, blutbildenden und verwandten Gewebes (unter anderem »Lymphdrüsenkrebs, Leukämie«, +27 %) haben prozentual gesehen in den vergangenen 11 Jahren als Todesursache am stärksten zugenommen.

Männer sterben am häufigsten an Lungenkrebs, Frauen an Brustkrebs

Während Frauen im Jahr 2011 am häufigsten an einer Brustkrebs- (Anteil von 17,9 % bzw. 2 056 Fälle), Luftröhren-, Bronchien- oder Lungenkrebs- (12,2 % bzw. 1 401 Fälle) und Darmkrebserkrankung (12 % bzw. 1 385 Fälle) starben, erlagen Männer am häufigsten bösartigen Neubildungen der Luftröhre, Bronchien oder Lunge (21,3 % bzw. 2 828 Fälle), des Darms (12,2 % bzw. 1 619 Fälle) und der Prostata (11,9 % bzw. 1 579 Fälle).

Hautkrebs ist die Krebsart mit der größten Zunahme der Krankenhausbehandlungen

Bei der Zahl der in den Krankenhäusern in Baden-Württemberg behandelten Krebspatienten hingegen ist ein – wenn auch moderater – Rückgang zu beobachten. 2011 wurden gegenüber 2000 1 % weniger Patienten aufgrund eines Krebsleidens vollstationär in einem Krankenhaus behandelt. Dieser Rückgang ist geringeren Behandlungsraten bei frauenspezifischen Krebsarten (der weiblichen Genitalorgane (−23,7 % im Jahr 2011 gegenüber 2000) und der Brustdrüse (−21,5 %)) sowie bei Krebserkrankungen der Verdauungsorgane (−21,6 %) geschuldet. Stark angestiegen hingegen sind Behandlungen aufgrund eines Melanoms und sonstiger bösartiger Neubildungen der Haut (+67,1 %) sowie aufgrund von bösartigen Neubildungen der Atmungsorgane und sonstiger intrathorakaler Organe (+33,5 %).

Hautkrebs »auf dem Vormarsch«

Unter dem Begriff »Hautkrebs« werden verschiedene bösartige Neubildungen der Haut zusammengefasst. Die bekannteste und auch gefährlichste Hautkrebsart ist das maligne (bösartige) Melanom, auch »schwarzer Hautkrebs« genannt. Sehr viel häufiger als der schwarze Hautkrebs ist jedoch der helle – oder auch weiße – Hautkrebs, zu dem das Basalzellkarzinom (auch Basaliom genannt) und das Plattenepithelkarzinom (auch Stachelzellkarzinom genannt) sowie dessen Vorstufe (aktinische Keratose) zählen3 (siehe i-Punkt »Hautkrebsarten«).

Bei den Krankenhausbehandlungen wie auch bei den Sterbefällen aufgrund von bösartigen Melanomen4 oder sonstigen bösartigen Neubildungen der Haut5 war in den vergangenen Jahren eine starke Zunahme zu beobachten (+67,1 % bzw. +34,1 % auf 12 408 Patienten bzw. 472 Sterbefälle).

Vor allem bei den sonstigen bösartigen Neubildungen der Haut – worunter auch der weiße Hautkrebs subsumiert wird – sind die Behandlungsfälle innerhalb der letzten 11 Jahre stark, nämlich um 77,7 % auf über 9 100, angestiegen. Ein deutlicher Zuwachs der Behandlungsfälle ist bei den 45- bis 54-Jährigen und vor allem bei der älteren Bevölkerung zu verzeichnen. So hat sich die Anzahl der in einem Krankenhaus behandelten 70-Jährigen und Älteren mehr als verdoppelt. In der Altersgruppe 80 bis 84 Jahre mussten im Jahr 2011 sogar dreimal so viele Hautkrebserkrankte in einem Krankenhaus behandelt werden wie noch im Jahr 2000. Selbst wenn man die positive Bevölkerungsentwicklung in den älteren Altersgruppen berücksichtigt, ist ein deutlicher Anstieg der Behandlungsfälle zu erkennen.

Ein Erklärungsansatz kann sein, dass zu dieser Entwicklung – neben besseren Diagnosemöglichkeiten und einem veränderten Freizeitverhalten – auch die immer dünner werdende Ozonschicht beigetragen hat, die unter anderem die aggressiven ultravioletten Strahlen von der Erde fernhält. Die UV-Belastung und damit das Sonnenbrand- und Erbgutschädigungsrisiko ist deutlich angestiegen.6 Die Folge davon kann sein, dass die intensivere Sonnenbelastung mittlerweile sehr viel schneller zum Ausbruch von Hautkrebs führen kann.

Aber auch beim malignen Melanom sind stark erhöhte Behandlungszahlen zu beobachten. Sie fallen zwar mit einem Anstieg von +43 % (knapp 1 000 Patienten mehr) auf 3 235 innerhalb der vergangenen 11 Jahre etwas weniger stark aus als die bei den sonstigen bösartigen Neubildungen der Haut, sind aber dennoch alarmierend angestiegen. Auch hier hat die Behandlungszahl der 70-Jährigen und Älteren stark zugenommen, aber auch sehr viel jüngere Personen wie die 20- bis 24-Jährigen sowie die 40- bis 54-Jährigen mussten im Jahr 2011 sehr viel häufiger in den Krankenhäusern behandelt werden als noch im Jahr 2000. Und wenn man beachtet, dass es im Jahr 2011 deutlich weniger 35- bis 39-Jährige gab als noch im Jahr 2000, traten sogar in dieser Altersgruppe – bezogen auf 100 000 – mehr Behandlungsfälle auf als vor 11 Jahren. Generell kann festgestellt werden, dass – vor allem aufgrund des gefährlichen schwarzen Hautkrebses – in den vergangenen Jahren deutlich mehr junge Patienten in den Krankenhäusern in Baden-Württemberg behandelt wurden.

Anteil der an Hautkrebs gestorbenen Männer steigt an

Auch bei den Sterbefällen musste in den vergangenen 11 Jahren ein Anstieg der an Hautkrebs verstorbenen Personen, und zwar um +34,1 % auf insgesamt 472 Gestorbene, festgestellt werden. Das bösartige Melanom verursachte dabei mehr als acht von zehn Hautkrebstodesfällen.

Vor allem bei den Männern ist innerhalb der vergangenen 11 Jahre eine um 55,9 % höhere Sterblichkeit zu beobachten, die der Frauen erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 12 %. Im Jahr 2011 waren sechs von zehn Hautkrebstodesfällen männlichen, vier von zehn weiblichen Geschlechts. Vor 11 Jahren starben noch fast genauso viele Frauen wie Männer an einer Hautkrebserkrankung. Berücksichtigt man die Bevölkerungsentwicklung, fällt der Geschlechterunterschied sogar noch deutlicher aus. Im Jahr 2011 erlag ein Mann mehr pro 100 000 seinem Hautkrebsleiden als im Jahr 2000, bei den Frauen fällt – auch bezogen auf 100 000 Personen – der Anstieg geringer aus.

Dem Trend entgegenwirken: Bewusstsein für Krebsrisiken

Aufgrund der Alterung der Bevölkerung und wahrscheinlich auch aufgrund von verbreiteten Lebensweisen, die Krebserkrankungen begünstigen, steigt die Krebssterberate seit Jahrzehnten an. Männer sind von dieser Entwicklung stärker betroffen. Auch wenn bei einigen Krebsarten bereits eine rückläufige Entwicklung zu beobachten ist, muss für die Zukunft insgesamt mit noch mehr Krebserkrankungen mit Todesfolge gerechnet werden.

Hautkrebs beispielsweise weist jetzt schon eine alarmierende Zunahme bei den Krankenhausbehandlungen und den daran verstorbenen Personen auf. Dabei ist Hautkrebs keine Krebserkrankung, die ausschließlich bei älteren Menschen auftritt. Vielmehr konnte in den vergangenen Jahren beobachtet werden, dass neben einem deutlichen Anstieg der Krankenhausbehandlungen bei älteren Personen auch immer mehr junge Menschen – gerade vom gefährlichen bösartigen Melanom – betroffen sind.

Für die Entstehung von Krebs spielen erbliche Veranlagungen sowie die persönliche Lebensführung (insbesondere Ernährungs-, Bewegungs- und Rauchgewohnheiten) eine entscheidende Rolle. Bereits mit einigen Änderungen in den Gewohnheiten kann der allgemeine Gesundheitszustand verbessert und eine Menge für die persönliche Vorsorge getan werden. So spricht die Europäische Union mit dem »Europäischen Kodex gegen Krebs« zehn Empfehlungen aus, die das Gesundheitsbewusstsein und das Bewusstsein für die Krebsrisiken schärfen sollen7. Darüber hinaus sollen gesetzlich verankerte Krebsfrüherkennungsuntersuchungen dazu dienen, Krebserkrankungen in einem frühen Stadium zu erkennen und damit die Heilungschancen zu erhöhen8.

Bei Hautkrebs allerdings spielen noch andere Risikofaktoren eine wichtige Rolle. So sind vor allem Personen mit hellem Hauttyp und hoher Sonnenempfindlichkeit sowie Personen mit vielen Muttermalen besonders gefährdet, an bösartigen Neubildungen der Haut zu erkranken. Da der bedeutendste und beeinflussbarste Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs die ultraviolette Strahlung ist, kann schon durch einen bewussteren Umgang mit Sonne und Solarium sehr viel für die persönliche Vorsorge getan werden. Und mit einer der oben genannten gesetzlichen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen – dem sogenannten Hautkrebsscreening – können alle gesetzlich Versicherten ab 35 Jahren alle 2 Jahre eine von den Krankenkassen bezahlte Untersuchung in Anspruch nehmen. Darüber hinaus ist es aber sicherlich empfehlenswert einen Arzt aufzusuchen, wenn zwischenzeitlich selber eine Veränderung der Haut festgestellt wird.