:: 5/2013

Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen in Baden-Württemberg 2011

Wassergefährdende Stoffe sind laut Wasserhaushaltsgesetz (WHG) feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind, nachhaltig die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers nachteilig zu verändern. Im Jahr 2011 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 304 Unfälle beim Transport und Umgang mit wassergefährdenden Stoffen registriert. Dabei gelangten gut 663 m3 Wasserschadstoffe in die Natur, wovon rund drei Viertel Jauche, Gülle und Silagesickersäfte sowie Gärsubstrate waren. In der Regel werden bei dieser Stoffart sehr große Mengen pro Unfall freigesetzt.

2011 gelangten 663 m³ wassergefährdender Stoffe in die Umwelt

Beim Transport von wassergefährdenden Stoffen und auch beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen besteht die Gefahr, dass diese durch einen Unfall in die Umwelt gelangen und Oberflächengewässer, Grundwasser oder Böden nachhaltig schädigen. Wenn bei einem Unfall eine nicht unerhebliche Menge wassergefährdender Stoffe in die Umwelt gelangt, müssen unverzüglich die zuständigen Behörden informiert werden (siehe i-Punkt »Konkretisierung des Begriffs nicht unerhebliche Menge«). Ihnen obliegt unter anderem die Überwachung der einzuleitenden Maßnahmen zur Schadensbegrenzung. Im Jahr 2011 haben die unteren Verwaltungsbehörden insgesamt 304 Unfälle in Baden-Württemberg registriert, bei denen rund 663 m3 wassergefährdender Stoffe ausgetreten sind. Davon konnten rund 71 % wiedergewonnen werden. Hinzu kommen 71 Unfälle unbekannten Hergangs, bei denen weder der Verursacher noch die Schadensquelle bekannt war. Hier kann in der Regel keine freigesetzte Schadstoffmenge mehr bestimmt werden, da es sich um wild deponierte oder ausgekippte Stoffe handelt. Weitere derartige Schadensfälle, die bislang nicht entdeckt wurden, sind nicht auszuschließen.

In Deutschland wurden im Jahr 2011 insgesamt 2 253 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen gemeldet. Mit 304 Unfällen bei der Beförderung und beim Umgang wurde damit rund jeder siebte Unfall in Baden-Württemberg registriert. Kein anderes Bundesland hatte 2011 eine höhere Unfallzahl. Da die Unfallhäufigkeit von vielen Faktoren und Zufällen beeinflusst wird, unterliegt sie jedoch immer gewissen Schwankungen. Die wenigsten Unfälle (zehn Unfälle) wurden in Berlin gemeldet. Insgesamt gelangten bei den 2 253 Unfällen 7 451 m3 wassergefährdende Stoffe in die Natur, wovon knapp 47 % wiedergewonnen werden konnten. Über 50 % der freigesetzten Stoffe waren Jauche, Gülle und Silagesickersäfte sowie Gärsubstrate1.

Unfälle bei der Beförderung wassergefährdender Stoffe

Wassergefährdende Stoffe werden im Straßen-, Eisenbahn- und Schiffsverkehr sowie über Rohrfernleitungen transportiert. Bei einem Unfall können wassergefährdende Stoffe beispielsweise durch beschädigte Transportbehälter austreten. Aber auch Kraftstoffe sowie Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköle der Transportfahrzeuge können bei einem Unfall in die Natur gelangen. Des Weiteren sind wassergefährdende Stoffe, die bei einem Unfall zur Löschung eingesetzt wurden (zum Beispiel Schaummittel), hier mit einbezogen.

In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2011 insgesamt 193 Unfälle bei der Beförderung registriert, die niedrigste Unfallzahl seit 1996. Die Unfälle ereigneten sich zu knapp 93 % im Straßenverkehr mit LKW und PKW und nur zum kleinen Teil im Eisenbahn-, Luft- und Schiffsverkehr (7 %). Ein Unfall mit Rohrfernleitungen wurde den zuständigen Behörden nicht gemeldet.

Bei den 193 Beförderungsunfällen wurden rund 90 m3 wassergefährdende Stoffe freigesetzt. Die im Jahr 2011 im Durchschnitt pro Unfall freigesetzte Menge errechnet sich auf knapp 0,5 m3 (500 Liter), was in etwa dem Volumen einer großen Regentonne (Durchmesser 80 cm; Höhe 100 cm) entspricht. Von den rund 90 m3 freigesetzter Wasserschadstoffe konnten gut 77 m3 (86 %) wiedergewonnen werden. Die 0,5 m3 sind der höchste durchschnittliche Wert pro Unfall seit 1996. Im Vorjahr wurden bei 230 Unfällen mit knapp 35 m3 bzw. durchschnittlich rund 0,2 m3 (200 Liter) pro Unfall, also weniger als die Hälfte wassergefährdender Stoffe freigesetzt.

Die hohe Menge an freigesetzten Stoffen im Jahr 2011 erklärt sich durch drei Unfälle, bei denen allein rund 42 m3 in die Natur gelangten. Dies entspricht rund 47 % der im Jahr 2011 insgesamt bei Beförderungsunfällen freigesetzten Schadstoffmenge. Bei gut einem Drittel der Unfälle (64) sind höchstens 20 Liter wassergefährdender Stoffe ausgetreten. Bei sieben Unfällen waren es mehr als 1 000 Liter. Es handelt sich bei den Transportunfällen also in der Regel eher um kleinere Mengen. Dies erklärt sich dadurch, dass bei Unfällen häufig lediglich der Betriebsstofftank der LKWs zerstört wurde und die Transportbehälter, die ein größeres Volumen haben, intakt blieben.

Rund zwei Drittel der Umweltbelastungen entstanden unter anderem durch Beschädigung eines Betriebsstofftanks und die dadurch ausgetretenen Kraftstoffe, Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköle. Diese Stoffe fallen unter die Wassergefährdungsklasse 2 (siehe i-Punkt »Gefährdungspotenzial von wassergefährdenden Stoffen«), die mit rund 85 % der 2011 insgesamt ausgelaufenen Menge die Hauptbelastung der Umwelt bei Transportunfällen darstellen.

Bei den Unfällen gibt es bei der Anzahl der Transportunfälle keinen eindeutigen Entwicklungstrend. Die Zahlen schwanken in den Jahren von 1996 bis 2010 zwischen 193 (2011) und 330 (2000) Unfallereignissen bzw. zwischen 32 m3 (2002) und 124 m3 (2000) freigesetzter Wasserschadstoffe.

Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen erstreckt sich über zahlreiche Bereiche. Für die Weiterverarbeitung und ihren Einsatz zum Beispiel in Reinigungen, Werkstätten oder Tankstellen werden wassergefährdende Stoffe täglich abgefüllt, umgeschlagen und gelagert. Hinzu gehören auch die Heizöltanks in privaten Haushalten. Bei allen diesen Tätigkeiten besteht die potentielle Gefahr, dass die Lösemittel, Farben, Öle oder Mineralölprodukte (Heizöl, Benzin) durch unsachgemäßen Umgang oder Materialfehler in die Umwelt gelangen und diese nachhaltig schädigen. Im Jahr 2011 haben die unteren Verwaltungsbehörden insgesamt 111 solcher Unfälle registriert, bei denen wassergefährdende Stoffe ausgetreten sind.

Insgesamt gelangten bei diesen 111 Unfällen rund 573 m3 wassergefährdende Stoffe in die Natur, das sind im Durchschnitt 5 m3 pro Unfall, vergleichbar etwa mit dem Volumen eines Regenwassertanks (Zisterne). Mit Ausnahme der Jahre 2003 und 2005 ist dies der bisher höchste Wert seit 1996. Allerdings gehen knapp 79 % (450 m3) der freigesetzten Wasserschadstoffe auf nur drei Unfälle zurück, bei denen große Mengen an Jauche, Gülle, Silagesickersäfte, Gärsubstrate sowie vergleichbare in der Landwirtschaft anfallende Stoffe (JGS) ausgetreten sind .

Bei knapp 20 % der Unfälle beim Umgang waren JGS-Stoffe betroffen. Mit dieser relativ geringen Zahl an Unfallereignissen ist jedoch ein Großteil der freigesetzten Menge verbunden. Immerhin rund 88 % bzw. 507 m3 der im Jahr 2011 freigesetzten Stoffe gehörten dieser Stoffgruppe an. Die restlichen Stoffe waren – verteilt auf die Mehrzahl der Unfälle (68 %) – hauptsächlich Mineralölprodukte (51 m3).

Gut 42 % der Unfälle wurden in nicht gewerblichen Lageranlagen, das heißt im Bereich privater Haushalte oder öffentlicher Einrichtungen verursacht. Dies waren im Wesentlichen private Anlagen zur Lagerung von Heizöl oder anderer Mineralölprodukte, bei denen es beispielsweise durch defekte Grenzwertgeber (Übertanken), ausgelaufene Kanister, Rohrbrüche oder Überschwemmungen zu Verunreinigungen kam. Weitere knapp 40 % wurden in gewerblichen Lageranlagen verursacht.

Über ein Drittel der registrierten Unfälle geht auf menschliches Fehlverhalten zurück. Hier könnten möglicherweise Mitarbeiterschulungen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen helfen, Unfälle zu verhindern. Ein weiteres knappes Drittel der Unfälle war nicht funktionierenden Schutzeinrichtungen und maroden Anlagenteilen zuzuordnen. Bei dem restlichen Drittel blieb die Unfallursache unbekannt oder ungeklärt.

Insgesamt betrachtet ist die Zahl der Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen seit 1996 mit geringen Schwankungen zurückgegangen. Dabei wurde im Jahr 1998 mit 299 Unfällen die bislang höchste Zahl und 2010 mit 110 Unfällen die geringste Zahl gemeldet. Die Menge der freigesetzten Stoffe lag zwischen 107 m3 (2000) und 1 176 m3 (2005).

In fast allen Kreisen weniger Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Die im Zeitraum von 2001 bis 2011 in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs im Durchschnitt pro Jahr gemeldeten Unfälle beim Umgang und bei der Beförderung von wassergefährdenden Stoffen streuen sehr stark (Schaubild 4). Das langjährige Mittel an Unfällen bei der Beförderung liegt in gut jedem fünften Stadt- und Landkreis im zweistelligen Bereich. Die restlichen knapp 80 % liegen im einstelligen Bereich. In nicht ganz zwei Drittel der Kreise war die Zahl der Unfälle bei der Beförderung im gegenüber gestellten Jahr 2011 niedriger als im langjährigen Mittel. Die jeweiligen Unfallhäufigkeiten, insbesondere bei der Beförderung, sind natürlich sehr zufällig und hängen unter anderem von regionalen Faktoren wie zum Beispiel dem Autobahnnetz ab.

Die Häufigkeit der gemeldeten Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen liegt, mit Ausnahme von Rastatt, in allen Kreisen im einstelligen Bereich. In mehr als zwei Drittel der Stadt- und Landkreise wurden 2011 gemessen am langjährigen Mittel weniger Unfälle registriert. Es ist davon auszugehen, dass die Unfallzahlen sowohl durch verbesserte Sicherheitstechniken im Anlagenbereich wie beispielsweise doppelwandige Behälter, korrosionsbeständige Werkstoffe und Auffangräume als auch durch intensiver geschultes Personal verringert werden konnten.

Mineralölprodukte und Stoffart Jauche, Gülle, Sickersäfte

Bei der Erhebung der Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen werden drei Stoffarten unterschieden:

  • Mineralölprodukte
  • Jauche, Gülle, Silagesickersäfte, Gärsubstrate sowie vergleichbare in der Landwirtschaft anfallende Stoffe (JGS)
  • sonstige Stoffe

Seit 1996 liegt der Anteil der gemeldeten Unfälle bei der Beförderung wassergefährdender Stoffe, bei denen Mineralölprodukte freigesetzt wurden, bei über 90 %. Der Anteil der freigesetzten Menge lag dabei zwischen 72 % und 97 % der insgesamt ausgetretenen Menge. Im langjährigen Mittel wurden durchschnittlich 0,2 m3 (200 Liter) pro Unfall freigesetzt. Bei Unfällen beim Umgang mit wassergefährdenden Soffen streut der Anteil der Mineralölmengen an der insgesamt freigesetzten Menge sehr stark (2001 – 2011: min. 4 %, max. 68 %). Ausschlaggebend für deren Anteil ist die Zahl der Unfälle mit JGS-Stoffen2. Im Durchschnitt wurden hier im langjährigen Mittel mit 31 m3 pro Unfall große Mengen freigesetzt. Fast die Hälfte der JGS gelangten durch menschliches Fehlverhalten in die Natur. Gründe dafür sind beispielsweise nicht geschlossene Schieber an Güllebehältern, beschädigte Rohrverbindungen, bei der Befüllung übergelaufene Behälter oder die Gülleausbringung zu nah an Gewässern.

Fazit

In Baden-Württemberg wurden 2011 insgesamt 304 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen gemeldet. Im Vorjahr waren es 340 registrierte Unfälle. Ganz anders fällt der Vergleich der freigesetzten Menge aus. Während 2010 rund 146 m3 in die Umwelt gelangten, waren es 2011 gut 663 m3 wassergefährdende Stoffe, die durch Unfälle freigesetzt wurden. Ursache für die gegenüber 2010 deutlich erhöhte Menge waren drei Unfälle mit ausgelaufener Jauche, Gülle und Silagesickersäften mit insgesamt 450 m3. Die meisten Unfälle betrafen jedoch die Wassergefährdungsklasse 2, zu denen Mineralölprodukte wie Heizöl, Diesel, Motor-, Getriebe- und Hydrauliköl zählen. Bei den Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen wurden meist Böden, Gewässer und Grundwasser verunreinigt. Wie stark die Verschmutzung letztlich ausfällt, hängt unter anderem von der Art und der Menge des freigesetzten Schadstoffes, der Art des betroffenen Gebietes und vom Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ab. Insbesondere die freigesetzte Schadstoffmenge kann beträchtlich variieren, was von den speziellen Umständen des einzelnen Unfallgeschehens bestimmt wird.

1 www.destatis.de; Zahlen und Fakten »Umwelt«; Umweltstatistische Erhebungen, Wasserwirtschaft.

2 JGS-Stoffe wurden erstmals 2001 in der Erhebung der Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen erfasst.