:: 5/2013

Gefährliche Abfälle in Baden-Württemberg

Mit knapp 4 % (rund 1,6 Mill. Tonnen) fällt der Anteil der gefährlichen Abfälle am gesamten Abfallaufkommen Baden-Württembergs zwar nicht sehr groß aus, dennoch wird auf diese Teilmenge ein besonderes Augenmerk gerichtet. Aufgrund ihres hohen Umweltgefährdungspotentials unterliegt die Entsorgung gefährlicher Abfälle einer strengen Überwachung. Sie erfolgt gemäß der Nachweisverordnung über Begleitscheine und Entsorgungsnachweise. Die Zusammensetzung und Entwicklung des auf diese Weise dokumentierten Aufkommens ­gefährlicher Abfälle im Land wird im folgenden Beitrag dargestellt.

Aufkommen gefährlicher Abfälle bei rund 1,6 Mill. Tonnen (t)

Im Jahr 2011 lag die über Begleitscheine nachgewiesene Menge1 gefährlicher Abfälle insgesamt bei über 1,6 Mill. t. Dabei handelte es sich allein um die Abfallmengen, die über das Begleitscheinverfahren im Rahmen der Überwachung gefährlicher Abfälle registriert wurden2. Nachdem das Aufkommen gefährlicher Abfälle im Jahr 2010 um rund 155 Tsd. t bzw. 10 % abgenommen hatte, lag die Menge 2011 wieder etwas über dem Wert von 2009. Die Abnahme zwischen den Jahren 2009 und 2010 war hauptsächlich auf den starken Rückgang der Mengen verunreinigter Böden und Bauschutt zurückzuführen. Die außerordentliche Abnahme dieser Mengen um knapp 230 Tsd. t lag vor allem in der rückläufigen Abfallintensität bei Großprojekten begründet3. Seit Einführung der Abfallverzeichnisverordnung im Jahr 2002 schwankte das Abfallaufkommen zwischen dem höchsten Wert von 1,7 Mill. t im Jahr 2008 und dem mit 1,3 Mill. t niedrigsten im Jahr 2004.

Die gefährlichen Abfälle setzen sich aus den verunreinigten Böden und Bauschutt (2011: gut 806 Tsd. t) sowie aus einer großen Anzahl sehr verschiedenartiger organischer und anorganischer Abfälle aus Produktionsprozessen und Abfallentsorgungsanlagen (2011: rund 819 Tsd. t) zusammen. Die Zunahme der gefährlichen Abfälle im Jahr 2011 um insgesamt rund 13 % gegenüber dem Vorjahr ist in erster Linie auf das wieder erhöhte Aufkommen (+190 Tsd. t bzw. knapp 31 %) an verunreinigten Böden und Bauschutt zurückzuführen. Die Menge der übrigen durch Produktion und Entsorgungsaktivitäten verursachten Abfälle stagnierte 2011 nahezu bei rund 819 Tsd. t.

Leichte Entkoppelung des Aufkommens gefährlicher Abfälle von der wirtschaftlichen Entwicklung im Land

Das Aufkommen der durch Produktions- oder Entsorgungsaktivitäten verursachten gefährlichen Abfälle nahm zwischen den Jahren 2002 und 2008 von rund 660 Tsd. t auf über 861 Tsd. t zu, seither ist die Menge leicht rückläufig (2011: 819 Tsd. t). Parallel stieg das Wirtschaftswachstum im Land – ausgedrückt durch das Bruttoinlandprodukt (BIP) – nahezu kontinuierlich an, seit 2008 um 2 Prozentpunkte. Die seit 2008 gegenläufige Entwicklung zeigt, dass das Aufkommen gefährlicher Abfälle aus Produktions- und Entsorgungsaktivitäten in den zurückliegenden Jahren von der wirtschaftlichen Entwicklung, wenn auch nur im geringen Ausmaß, abgekoppelt werden konnte.

Die volkswirtschaftliche Sonderabfallintensität, berechnet als Quotient aus der Menge der gefährlichen Abfälle (ohne verunreinigte Böden und Bauschutt) und dem BIP, zeigt in den vergangenen Jahren einen rückläufigen Trend. Zunächst stieg die Sonderabfallintensität stark an und erreichte ihren höchsten Wert im Jahr 2005. Seither nimmt sie ab, gegenüber 2005 um 14 Prozentpunkte.

Mehr Sonderabfälle werden außerhalb des Landes entsorgt

Von den insgesamt 1,6 Mill. t an gefährlichen Abfällen, die in Baden-Württemberg im Jahr 2011 primär4 angefallen sind, verblieben über 1 Mill. t bzw. rund 63 % zur Verwertung oder Beseitigung5 innerhalb des Landes. Weitere 583 Tsd. t bzw. 36 % wurden in andere Bundesländer und 12 Tsd. t bzw. 2 % ins Ausland verbracht. Parallel wurden rund 995 Tsd. t gefährlicher Abfälle nach Baden-Württemberg importiert, davon über 597 Tsd. t aus anderen Bundesländern und über 397 Tsd. t aus dem Ausland. Die Übersicht macht deutlich, dass im Land ein relativ großer Importüberschuss besteht. Die Menge der in baden-württembergischen Entsorgungsanlagen sekundär6 erzeugten gefährlichen Abfälle belief sich im Jahr 2011 auf 679 Tsd. t. Davon wurden 314 Tsd. t in andere Bundesländer oder ins Ausland exportiert.

Die verschiedenen Kategorien der in Baden-Württemberg erzeugten gefährlichen Abfälle sind vom Export in andere Bundesländer bzw. ins Ausland unterschiedlich stark betroffen. Mit rund 332 Tsd. t bzw. knapp 53 % weisen verunreinigte Böden und Bauschutt eine besonders hohe Exportmenge auf. Davon entfielen allein knapp 94 % auf kohlenteerhaltige Bitumengemische, auf Boden und Steine sowie auf Gleisschotter. Auch der Anteil der Altfahrzeuge und Elektrogeräte sowie deren Bestandteile (beispielsweise Bleibatterien, rund 14 Tsd. t), der außerhalb des Landes entsorgt wurde, war beträchtlich. Er betrug nahezu 46 % bzw. 21 Tsd. t. Ebenfalls große Exportmengen weisen flüssige anorganische Abfälle (knapp 43 Tsd. t bzw. 42 %) auf, wie beispielsweise flüssige Abfälle aus der Abgasbehandlung, saure Beizlösungen und Schwefelsäure. Dagegen gingen organische Abfälle sowie Altöle mit 73 bis 83 % überwiegend an Entsorgungsanlagen in Baden-Württemberg.

Beachtliche Zunahme primär erzeugter gefährlicher Abfälle aus thermischer Behandlung

Primär erzeugte gefährliche Abfälle aus Produktion und Entsorgung haben im Zeitraum von 2002 bis 2011 um rund 24 % zugenommen. Weit überdurchschnittlich nahmen dabei die festen anorganischen Abfälle um 73 % zu. Ein großer Teil davon entfiel auf Abfälle, die durch thermische Behandlungsmaßnahmen in Abfallentsorgungsanlagen erzeugt wurden. Die Menge dieser Abfälle hat sich bereits von 2002 bis zum Jahr 2005 mehr als verdoppelt. Und von 2005 bis heute ist sie erneut um über 90 % angestiegen. Diese Zunahme steht im Zusammenhang mit dem Ablagerungsverbot unbehandelter Siedlungsabfälle seit dem 1. Juni 2005. Infolge des Deponierungsverbotes wurden Siedlungsabfälle verstärkt zur thermischen Behandlung in Hausmüllverbrennungsanlagen eingebracht. Daraus resultiert die beachtliche Zunahme der aus thermischen Behandlungsmaßnahmen erzeugten Abfälle wie Rost- und Kesselaschen, Schlacken, Filterstäube und Kesselstäube seit dem Jahr 2005.

1 Die Mengenerfassung der gefährlichen Abfälle beruht auf Angaben in den Nachweiserklärungen sowie in den Begleitscheinen bei der Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH (SAA), die als Erzeuger- und Entsorgerbehörde hoheitliche Aufgaben im Sinne der Nachweisverordnung wahrnimmt.

2 Abweichungen zu früheren Darstellungen, insbesondere des Gesamtabfallaufkommens Baden-Württemberg, sind durch Mengen gefährlicher Abfälle, die ohne Begleitschein in betriebseigenen Anlagen entsorgt wurden, zu erklären.

3 Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH: SAA-Daten 2010. Gefährliche Abfälle – Aufkommen und Entsorgungswege, 2010, S. 49.

4 Abfälle vor einer Behandlung.

5 Erste Entsorgungsstufe.

6 Auf nachgeordneten Entsorgungsstufen entstanden (Output von Entsorgungsanlagen).