:: 7/2013

Mit viel Schwung aus der Krise: Kräftiger Investitionsschub in der Südwestindustrie im Jahr 2011

Baden-Württembergs Industriebetriebe investierten 2011 insgesamt knapp 10 Mrd. Euro in bilanziell zu aktivierende Sachanlagen. Dies bedeutete ein Investitionsschub von 14,8 % gegenüber dem Vorjahr und führte dazu, dass das Investitionsvolumen den von der Finanz- und Wirtschaftskrise verursachten Einbruch des Jahres 2009 zur Hälfte kompensiert hat. Verglichen mit dem Vorjahr zogen dabei speziell die Ausgaben für Grundstücke und Bauten massiv an. Im längerfristigen Trend wurden zwei gegenläufige Entwicklungen bestätigt: Auf der einen Seite stieg die Investitionssumme pro Beschäftigtem, auf der anderen Seite wurde relativ zum Umsatz erneut verhältnismäßig wenig investiert. Eine detailliertere Analyse zeigt, dass sich das nichts­destotrotz kräftige Jahresplus in fast allen Indus­triebranchen und regional breit verteilt niederschlug. Den größten Anteil an der Investitionssumme hatten traditionell die »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« sowie die Region Stuttgart, das Jahr 2011 war aber insbesondere von einem Aufholprozess der anderen Branchen und Regio­nen geprägt.

Das schwungvolle Wachstum übertrug sich 2011 jedoch erst moderat auf die Mietinvestitionen, die nach dem rapiden Rückgang im Jahr 2009 immer noch auf ähnlich niedri­gem Niveau verharren. Folglich ist auch ihr Anteil an den Gesamtausgaben, der bis in die Mitte des letzten Jahrzehnts merklich angestiegen war, weiterhin rückläufig.

Investitionen mit stattlichem Plus …

Das Jahr 2011 war bei den baden-württembergischen Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes (siehe i-Punkt für Begriffsdefinitionen und methodische Erläuterungen) von einem kräftigen Investitionsschub geprägt. Ausgelöst von der guten konjunkturellen Lage – im Vergleich zum äußerst dynamischen Vorjahr nahmen die preisbereinigten Indizes des Auftragseingangs (6 %), der Produktion (8,5 %) und des Umsatzes (8,1 %) noch einmal deutlich zu – stiegen die im Geschäftsjahr bilanziell aktivierten Bruttoanlageinvestitionen um nominal knapp 1,3 Mrd. Euro oder 14,8 % auf insgesamt 9,9 Mrd. Euro (real: Plus von 12,8 %).1 Der Anstieg war damit so stark wie zuletzt 2006 und der zweitkräftigste seit Umstellung der Statistiken auf die europaweit gültige Klassifikation der Wirtschaftszweige NACE Rev. 12 im Jahr 1995. Insgesamt haben 6 863 der 7 900 in die Erhebung einbezogenen Betriebe investiert (86,9 %).

Neben den guten konjunkturellen Voraussetzungen und den historisch niedrigen Kapitalmarktzinsen dürfte vor allem der Investitionsstau aus den beiden vorangegangenen Jahren für den Investitionsschub verantwortlich sein. Nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2009 und dem damit verbundenen Einbruch der heimischen Investitionen um 24,1 % erbrachte das Jahr 2010 mit einem verhaltenen Plus von 1,3 % noch keine größere Belebung. Trotz der anziehenden Konjunktur und den um beinahe 40 Mrd. Euro gestiegenen nominalen Umsätzen reagierten die Unternehmen und Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes so kurz nach der Krise äußerst zurückhaltend in ihrem Investitionsverhalten. Zum zögerlichen Vorgehen dürfte nicht nur die bestehende Unterauslastung im Produktionsprozess beigetragen haben, sondern auch die unerwartete Dynamik des Aufschwungs und das mangelnde Vertrauen in seine Nachhaltigkeit, wodurch die benötigte Vorlaufzeit für investive Entscheidungen vielfach nicht gegeben war.

Daher konnte erst das Jahr 2011 diese »Schockstarre« aufbrechen und aufgrund der rapide angestiegenen Kapazitätsauslastung und der abermaligen massiven Umsatzausweitung für eine kräftige Steigerung der investiven Ausgaben sorgen. Mit dem absoluten Volumen von 9,9 Mrd. Euro wurde in etwa die Hälfte (51,3 %) des krisenbedingten Investitionseinbruchs von 2009 ausgeglichen. Zudem stockte die Südwestindustrie ihren Personalbestand um 38 000 Personen auf, sodass im Verlauf des Jahres 2011 auch ungefähr die Hälfte der krisenbedingt abgebauten Industriearbeitsplätze wieder neu geschaffen wurde.3 Insgesamt lässt das mit viel Schwung einsetzende Investitionswachstum auf eine Überwindung der Krisenjahre schließen und trägt dazu bei, dass der industrielle Sektor seine Rolle als tragendes Fundament der wirtschaftlichen Entwicklung Baden-Württembergs untermauert.4

… insbesondere im Immobilienbereich

Im Vergleich zu 2010 stiegen sowohl die Ausgaben für Grundstücke und Bauten als auch die Ausrüstungsinvestitionen deutlich an. Während der Zuwachs bei den aktivierten Produktionsmitteln wie Maschinen, maschinellen Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattungen mit 11,9 % (real: 10,6 %) bereits kräftig ausfiel, war 2011 mit 42,1 % (real: 37 %) ein noch deutlich stärkerer Anstieg der Investitionen in Grundstücke und Bauten festzustellen. Diese markante prozentuale Steigerung ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Immobilienausgaben insgesamt geringer sind und im Gegensatz zu den Ausrüstungsgütern nach 2009 auch 2010 nochmals spürbar zurückgingen. Folglich hatte sich wohl gerade in diesem Bereich ein enormer Nachholbedarf aufgestaut. Mit dem überproportionalen Anstieg der Ausgaben für Grundstücke und Bauten verschob sich auch die Aufteilung der Investitionen auf die beiden Anlageformen im Vergleich zum vorhergehenden Geschäftsjahr zugunsten der Immobilien. Ihr Anteil von 11,8 % entsprach damit wieder ungefähr dem Durchschnittswert der Jahre seit 1995.

Ein relativer Anstieg der Immobilienausgaben kann als Indiz für eine gesteigerte Bedeutung von Erweiterungsinvestitionen gesehen werden, welche besonders in Zeiten konjunktureller Wachstumsphasen getätigt werden. Nachdem 2010 und 2011 die Nachfrage nach industriellen Produkten aus dem Südwesten stark anstieg und neben einer erhöhten Auslastung der bestehenden Kapazitäten auch zu einer deutlichen Verbesserung der Ertragslage führte, dürfte daher 2011 der Zeitpunkt zur Ausweitung des Produktionspotentials vorgelegen haben. Auf diese Tatsache deutet auch eine Umfrage des Ifo-Instituts hin, nach der 68 % der befragten westdeutschen Industrieunternehmen und damit deutlich mehr als im Vorjahr angaben, in diesem Jahr schwerpunktmäßig in Erweiterungsinvestitionen investiert zu haben.5 Eine große Rolle spielte demzufolge vor allem die Änderung bzw. Ausweitung der Produktpalette, wohingegen andere Investitionsmotive wie Ersatzbeschaffungen oder Rationalisierungsmaßnahmen merklich an Einfluss verloren.

Seit 1995: Investitionsintensität im Trend steigend …

In der längerfristigen Entwicklung seit 1995 wird die zyklische Schwankung der Investitionen ersichtlich. So begann 1995 eine Phase mit stetig steigenden Investitionsausgaben, die bis zum Boomjahr 2001 anhielt. Insgesamt erhöhten sich die aktivierten Bruttoanlageinvestitionen in diesem Zeitraum um knapp 3 Mrd. Euro oder 41 % des Ausgangsvolumens. Danach sanken sie innerhalb von 4 Jahren wieder um 2 Mrd. Euro ab.6 Im Jahr 2006 startete dann ein neuer Aufschwung mit deutlich kräftigeren Anstiegen der Investitionssumme. Dieser wurde jedoch abrupt von der einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2009 ausgebremst und schlug in den oben beschriebenen erdrutschartigen Einbruch um. Mit der zaghaften Belebung des Jahres 2010 und der kräftigen Erholung 2011 expandierte dann wieder die Investitionstätigkeit in der Südwestindustrie.

Unter Berücksichtigung der Beschäftigtenentwicklung in den Jahren seit 1995 ergibt sich ein präziseres Bild vom Wachstums- und Innovationspotential der heimischen Industriebetriebe. Die sogenannte Investitionsintensität, die die Investitionen je Beschäftigten abbildet, zeichnet zwar auch die zyklischen Schwankungen des Investitionsverlaufs nach, zeigt aber darüber hinaus im längeren Trend eine seit 1995 deutlich zunehmende Kapitalintensivierung des Produktionsprozesses an. Exemplarisch sei darauf hingewiesen, dass der Sockelwert der Jahre 2005 und 2009 jeweils deutlich über dem entsprechenden vorangegangenen Minimum lag.7 Im Jahr 2011 entfielen 8 357 Euro Investitionsleistung auf einen einzigen Beschäftigten in der baden-württembergischen Industrie, ein Wert, der nur von den Boomjahren 2007 und 2008 übertroffen wurde und um markante 800 Euro über dem noch von der Finanz- und Wirtschaftskrise beeinflussten Wert des Jahres 2010 lag. Die im Trend steigende Kapitalintensivierung der letzten eineinhalb Jahrzehnte war wohl nicht zuletzt eine Folge des verstärkten Kosten- und Effizienzdrucks in einer zunehmend globalisierten Welt und stellte damit ein entscheidendes Merkmal für die Wettbewerbsfähigkeit der Südwestindustrie dar.

… aber Investitionsquote abwärts gerichtet

Im Gegensatz zu den Investitionen je Beschäftigten war die Entwicklung der Investitionen im Verhältnis zum Umsatz im betrachteten Zeithorizont rückläufig. Diese als Investitionsquote bezeichnete Kennziffer fiel seit Ende der 1990er-Jahre von Werten um 4 % auf inzwischen 3,2 bzw. 3,3 % in den Jahren 2010 und 2011, was einer über 15-prozentigen Absenkung entsprach. Geht man noch weiter in die Vergangenheit zurück und nimmt Unschärfen in der Vergleichbarkeit der Ergebnisse infolge der klassifikatorischen Umstellung auf die WZ 1993 in Kauf,8 so wird der negative Trend noch offensichtlicher. Beispielsweise finden sich Ende der 1980er-Jahre und Anfang der 1990er-Jahre noch Werte für die Investitionsquote von deutlich über der Fünfprozentmarke, sodass die Investitionsquote seit ihrem Höchstwert von 5,6 % in den Jahren 1990 und 1991 um über 40 % zurückging.

Der Abwärtstrend kam dadurch zustande, dass die Umsätze deutlich schneller anwuchsen als die Investitionen. Anders ausgedrückt investierten die Unternehmen einen immer geringeren Anteil ihres Umsatzes in die heimischen Produktionsprozesse, sodass eine spürbare Zurückhaltung in der Investitionsbereitschaft vorlag. Unterstellt man für das erfolgreiche Jahr 2011 beispielsweise nur eine fiktive Quote von 4 %, so würde das einer nominalen Investitionssumme von über 12 Mrd. Euro entsprechen und damit über 2 Mrd. Euro mehr als tatsächlich investiert wurde. Insofern hatte die abgeschwächte Investitionsdynamik der Jahre seit 1995 auch eine durchaus markante quantitative Größenordnung. Im Vergleich zu 2010 hingegen konnte die Investitionsquote im Jahr 2011 marginal steigen, sodass inzwischen – auch im Hinblick auf bereits ähnliche Werte in den Jahren 2005 bis 2007 – eine gewisse Stabilisierung auf diesem niedrigen Niveau eingetreten ist. Die deutlich höheren Werte der Jahre 2008 und 2009 dürften hingegen der Finanz- und Wirtschaftskrise geschuldet sein, welche durch ihre unerwartet starken Umsatzeinbrüche die Investitionsquote nach oben drückte, weil viele Investitionen kurzfristig nicht mehr gestoppt werden konnten.

Als eine Ursache für die zurückgehende Investitionsquote der letzten 2 Jahrzehnte wird häufig auf Standortverlagerungen der Unternehmen ins Ausland verwiesen, welche durch die zunehmende Exportorientierung der heimischen Wirtschaft und die so entstehende Nähe zu den Absatzmärkten sowie durch niedrigere Arbeitskosten begünstigt wurden. Insoweit kann die Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2009 aber auch eine Chance für den Standort Baden-Württemberg beinhalten, wenn sich infolge der entstandenen Unsicherheiten zum Beispiel das anlagesuchende Kapital wieder vermehrt in Deutschland binden lässt und relativ günstige Refinanzierungsmöglichkeiten für die ansässigen Unternehmen erzeugt.9 Ob dadurch die Investitionen im Verarbeitenden Gewerbe in den nächsten Jahren wieder einen dynamischeren Wachstumspfad einschlagen als zuletzt, bleibt jedoch abzuwarten.

Deutliche Zuwächse 2011 in nahezu allen Branchen …

Die Verteilung der Investitionen nach Wirtschaftszweigen offenbart, dass von den knapp 10 Mrd. Euro, die 2011 insgesamt investiert wurden, rund 3,5 Mrd. Euro auf die »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« entfielen. Die »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« ist die umsatzstärkste Industriebranche Baden-Württembergs und dominiert bereits traditionell das Investitionsverhalten im Verarbeitenden Gewerbe.10 Sie war auch 2011 erneut das Zugpferd für die gesamte Entwicklung des industriellen Sektors. Nach dem überaus starken Wachstum des Vorjahres (18,4 %), in dem die Branche noch fast im Alleingang für das verhaltene Jahresplus sorgte, konnte die heimische Schlüsselbranche 2011 aber nur um 6,3 % und damit unterdurchschnittlich zulegen (zur Erinnerung: das durchschnittliche Wachstum betrug 14,8 %). Folglich kam es im Branchenvergleich zu einem moderaten Rückgang des Strukturanteils der »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« an den Investitionsausgaben (− 2,8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr), der sich aber mit 35 % nach wie vor auf sehr hohem Niveau bewegt.

Im Gegensatz zu den »Herstellern von Kraftwagen und -teilen« dehnte der »Maschinenbau«, der zweite große Wirtschaftszweig der heimischen Industrie und größte industrielle Arbeitgeber im Südwesten, seine Investitionen im Jahr 2011 überproportional aus. Die Betriebe dieser Branche investierten 24,4 % mehr als im Vorjahr und kamen insgesamt auf eine Investitionssumme von 1,7 Mrd. Euro, was ungefähr der Hälfte des Volumens der »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« entsprach. Sie hatten zudem absolut gesehen die größte Ausgabensteigerung aller Branchen zu verzeichnen und überboten den Kraftfahrzeugbau und seine Zulieferer um beachtliche 130 Mill. Euro. Da die Maschinenbaubetriebe aber nicht nur 2009, sondern auch noch 2010 ihre Investitionen massiv einschränkten, dürfte der Nachholbedarf hier besonders groß gewesen sein.

Insgesamt zeigt sich, dass im Jahr 2011 in fast allen Branchen deutlich mehr investiert wurde als im Vorjahr. Viele Wirtschaftszweige kamen dabei auf Werte von über 20 % Wachstum. So konnten beispielsweise die gemessen an der Beschäftigtenzahl zwei nächst bedeutenden Bereiche, die »Herstellung von Metallerzeugnissen« und die »Herstellung von elektrischen Ausrüstungen«, um 33,8 % auf 891 Mill. Euro bzw. um 24,2 % auf 639 Mill. Euro zulegen und ihre Strukturanteile ebenfalls vergrößern. Die vier beschäftigungsstärksten Branchen waren damit ähnlich wie 2010 zusammen für gut zwei Drittel der gesamten Investitionsausgaben verantwortlich, lediglich die Strukturanteile haben sich leicht verschoben. Unter den übrigen Branchen fallen die starken proportionalen Anstiege im »Sonstigen Fahrzeugbau« mit 59,9 % und in der »Herstellung von Möbeln« mit 40,1 % ins Auge. Nur wenige Wirtschaftszweige nutzten hingegen die gute konjunkturelle Lage nicht für Investitionssteigerungen. Ein solches Beispiel stellt die »Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen« dar, die ihr Investitionsbudget im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 % reduzierte. Weitere Branchen mit Investitionseinbußen waren die »Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren« und die »Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen«. Alles in allem lässt sich jedoch eine beachtliche sektorale Breitenwirkung beim Investitionsanstieg feststellen.

… und Regionen des Landes

Bei regionaler Aufgliederung der Investitionsausgaben des Jahres 2011 wird ersichtlich, dass der geografische Schwerpunkt der investiven Tätigkeiten in der Region Stuttgart lag. Die Betriebe investierten hier absolut gesehen gut 3 Mrd. Euro (30,4 % der Landessumme) und jeweils mehr als dreimal so viel wie die Betriebe der im Ranking nachfolgenden Regionen Mittlerer Oberrhein, Heilbronn-Franken und Rhein-Neckar. Damit stellte der industrielle Kernraum Baden-Württembergs einmal mehr seine Vormachtstellung im Land eindrucksvoll unter Beweis.

Bemerkenswert ist darüber hinaus die Tatsache, dass das Volumen von 3 Mrd. Euro ziemlich genau dem Vorjahreswert entsprach (+ 0,1 %). Demzufolge wurde der kräftige Investitionsanstieg des Jahres 2011 insgesamt nicht in der Region Stuttgart erzielt. Dies wird auch im Strukturanteil der Region deutlich, der im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozentpunkte gesunken ist. Zum stagnierenden Investitionsvolumen haben der bereits relativ hohe Vorjahreswert (die Region verbuchte 2010 beachtliche 13,3 % Investitionssteigerung) und speziell die rückläufige Entwicklung in der »Herstellung von Kraftwagen und -teilen« beigetragen, da die Region sehr stark vom Kraftwagensektor geprägt ist. Dieser war hier in den letzten Jahren für teilweise weit mehr als die Hälfte der gesamten Industrieinvestitionen verantwortlich, einen Einfluss, den sonst keine Branche auf eine Region ausübt. Eine genauere Betrachtung zeigt zudem, dass sich die einzelnen Kreise der Region Stuttgart äußerst heterogen entwickelten und beispielsweise die Landkreise Esslingen, Göppingen und der Rems-Murr-Kreis zweistellige Zuwachsraten verzeichneten, wohingegen insbesondere der traditionell investitionsstarke Landkreis Böblingen seine Ausgaben deutlich reduzierte.

Im Gegensatz zur Region Stuttgart konnten die anderen elf Regionen des Landes ihre Investitionen 2011 erhöhen. Aufgrund ihres 18-prozentigen Wachstums zog dabei die Region Mittlerer Oberrhein wieder knapp an der sich zuletzt äußerst dynamisch entwickelnden Region Heilbronn-Franken (10,8 %) vorbei und stellte mit beinahe 1 Mrd. Euro die zweithöchste Investitionssumme im Land. Hinter diesen beiden Regionen folgte mit etwas Abstand die Region Rhein-Neckar, in der ebenfalls noch über 750 Mill. Euro investiert wurden (+ 5,3 %). Mit den Landkreisen Rastatt und Heilbronn sowie dem Stadtkreis Mannheim (in dieser Reihenfolge) stellten diese drei Regionen darüber hinaus die investitionsstärksten Kreise außerhalb der Region Stuttgart.

Spitzenreiter im Wachstum, prozentual gesehen, waren 2011 die industrieschwächeren Regionen Ostwürttemberg und Nordschwarzwald, die ihr Investitionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr mit 56,7 % bzw. 51,8 % um mehr als die Hälfte aufstockten. Besonders der Ostalbkreis in Ostwürttemberg sowie die Kreise Pforzheim und Calw im Nordschwarzwald trugen hier zu der sehr positiven Entwicklung bei. Insgesamt gab es in Baden-Württemberg nur wenige Stadt- und Landkreise (6 von 44), in denen weniger investiert wurde als im Vorjahr. Das Investitionswachstum des Jahres 2011 hatte somit eine auffallend breite regionale Ausdehnung.

… aber ein verhaltener Anstieg der Mietinvestitionen

Zur Erzielung eines umfassenderen Gesamtbildes der investiven Tätigkeiten der Betriebe werden neben den aktivierten Bruttoanlageinvestitionen (Kaufinvestitionen) auch »neu gemietete und gepachtete neue Sachanlagen« in die Investitionserhebung mit einbezogen, die nicht vom Nutzer in der Bilanz zu aktivieren sind. Im Gegensatz zu den Kaufinvestitionen konnten diese besonders konjunkturanfälligen Mietinvestitionen 2011 jedoch nicht nennenswert anziehen. Gegenüber dem Vorjahr ergab sich lediglich ein verhaltenes Plus von nominal 21 Mill. Euro (1,7 %) auf insgesamt knapp 1,3 Mrd. Euro. Unter Berücksichtigung des starken Rückgangs im Jahr 2009 (− 25,2 %) und dem nochmaligen Rückgang 2010 (− 2,1 %) ist dieser geringe Anstieg bemerkenswert. Auch im Jahr 2011 lagen die investiven Ausgaben für gemietete Sachanlagen folglich noch leicht unter dem Niveau des Krisenjahres 2009. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass die Mietinvestitionen häufig erst mit einer gewissen Verzögerung an einem Aufschwung partizipierten. Dies war beispielsweise zuletzt 2006 der Fall, als die Mietinvestitionen im ersten Aufschwungjahr noch um 3,9 % zurückgingen. Damals zogen sie dann aber 1 Jahr später mit einem Zuwachs von 26,2 % umso stärker an. Auch 1996 lag der prozentuale Anstieg der gemieteten Sachanlagen unterhalb des Anstiegs der Kaufinvestitionen, ein Fakt, der sich in den darauffolgenden Aufschwungjahren umkehrte. Folglich ist das verhaltene Wachstum des Jahres 2011 nicht ungewöhnlich und lässt einen verstärkten Anstieg der Mietinvestitionen in zukünftigen Jahren erwarten. Insofern Kauf- und Mietinvestitionen als Substitut zueinander fungieren, dürfte ein vermehrter Rückgriff auf gemietete Anlagegüter auch insbesondere in konjunkturellen Boomjahren erfolgen, wenn Unternehmen mit einer zukünftig sinkenden Kapazitätsauslastung rechnen. Die zeitlich versetzte Entwicklung von Kauf- und Mietinvestitionen führte im letzten Jahrzehnt des Öfteren dazu, dass sich die beiden Investitionsarten sogar in ihrem Vorzeichen unterschieden.

Zusammengenommen bilden Kauf- und Mietinvestitionen die Gesamtheit der investiven Ausgaben in Sachanlagen. Diese konnten 2011 aufgrund des kräftigen Anstiegs der Kaufinvestitionen ebenfalls stark zulegen. Insgesamt ergab sich bei den Gesamtinvestitionen ein Plus von 1,3 Mrd. Euro oder 13,1 % gegenüber dem vorherigen Geschäftsjahr. Der Anstieg entsprach damit in etwa dem absoluten Niveau der Mietinvestitionen. Im Vergleich zum Vorjahr sank der Anteil der gemieteten Sachanlagen an den Gesamtausgaben von 12,9 % auf 11,6 % nochmals ab. Die sogenannte »Leasingquote« war damit so niedrig wie zuletzt 1996. Ihre Entwicklung über die letzten 15 Jahre hinweg kann näherungsweise durch eine Parabel beschrieben werden, die ihr Maximum in der Mitte des letzten Jahrzehnts hat (2005 erzielte die Leasingquote mit 15,7 % ihr Allzeithoch). Nach Jahren des Bedeutungsgewinns der Mietinvestitionen haben Leasingaktivitäten für die baden-württembergischen Industriebetriebe folglich zuletzt an Attraktivität verloren. Dies ist aufgrund ihrer starken Konjunkturabhängigkeit insbesondere auch dem von der Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelösten Abschwung der letzten Jahre geschuldet.

2012: Weiteres Wachstum nach dem Investitionsschub?

2011 war aufgrund der günstigen konjunkturellen Situation, den historisch niedrigen Kapitalmarktzinsen und dem infolge der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise über 2 Jahre aufgestauten Nachholbedarf an Investitionen ein Jahr mit außergewöhnlich schwungvollem Investitionswachstum. Da ein Großteil der zurückgehaltenen Investitionen im Verlauf des Jahres realisiert worden sein dürfte, ist 2012 nicht mit einem ähnlich kräftigen Investitionsschub zu rechnen. Nichtsdestotrotz dürften die Unternehmen und Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes vor allem zu Jahresbeginn infolge der stabilen Produktions- und Umsatzentwicklung ein günstiges Investitionsklima vorgefunden haben. Im weiteren Verlauf des Jahres bremsten dann die Euro-Schuldenkrise und eine abgekühlte Weltwirtschaft zunehmend die Industrieentwicklung. Inwieweit sich dies negativ auf die Investitionstätigkeiten ausgewirkt hat, bleibt abzuwarten. Daten aus der Amtlichen Statistik über das Ausmaß der Investitionsaktivitäten des Jahres 2012 liegen im Herbst 2013 vor.

1 Aufgrund gestiegener Preise für Ausrüstungen und insbesondere Bauten fiel das reale Plus geringer aus. Die realen Investitionsdaten wurden geschätzt unter Verwendung des Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte in Deutschland (Inlandsabsatz) und des Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude in Baden-Württemberg (jeweils 2005 = 100).

2 Daraus abgeleitet ergab sich die nationale Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993 (WZ 1993), die später mit der NACE Rev. 1.1 von der WZ 2003 und mit der NACE Rev. 2 von der WZ 2008 abgelöst wurde.

3 Die Daten zu Umsätzen und Personalbestand entstammen dem »Monats-« bzw. »Jahresbericht für Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden« und werden unter Berücksichtigung einiger methodischer Besonderheiten bei der Berichtskreisabgrenzung in die Investitionserhebung übernommen (weichen daher geringfügig von den Veröffentlichungen zum Berichtskreis 20+ ab).

4 Die Betriebe der Südwestindustrie erwirtschafteten 2011 einen Anteil von 32 % an der baden-württembergischen Bruttowertschöpfung und hatten damit maßgeblichen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Land. Der hohe Anteil ist auch unter dem Gesichtspunkt der von der Europäischen Kommission angestoßenen »Re-Industrialisierungsdebatte« bemerkenswert, als die Kommission bis zum Jahr 2020 eine Steigerung des Industriebeitrags in den Mitgliedsstaaten auf 20 % als erstrebenswertes Ziel deklariert. Diese Zielgröße ist in Baden-Württemberg bereits traditionell mehr als erfüllt.

5 Weichselberger, Annette: Westdeutsche Industrie: Für 2012 weiterer Investitionsanstieg geplant, in: Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): ifo Schnelldienst, Heft 15/2012, 65. Jahrgang, S. 46–50.

6 Für eine ausführlichere Beschreibung dieses Investitionszyklus siehe frühere Monatsheftbeiträge, zum Beispiel Lauer, Thomas: »Verarbeitendes Gewerbe: Investitionszyklus hat seinen Zenit überschritten«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2004«, S. 32–36 oder Kotter, Jürgen: Moderates Investitionswachstum der Südwestindustrie im Boom-Konjunkturjahr 2000, in: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 7/2002, S. 313–322.

7 Dies gilt nicht nur bei nominaler Betrachtung, sondern auch unter Heranziehung preisbereinigter Daten.

8 Vorher: Systematik der Wirtschaftszweige im Produzierenden Gewerbe (SYPRO).

9 Siehe hierzu Heilmann, Dirk et al.: Krisengewinner Deutschland, noch, in: Handelsblatt Nr. 179, 15. September 2011, S. 6 und Sinn, Hans-Werner: Die Politiker belohnen die Schulden-Sünder in Europa, in: Handelsblatt Nr. 98, 25. Mai 2010, S. 5.

10 In den letzten 10 Jahren wurden regelmäßig Anteile am Investitionsvolumen von 30 % und mehr erzielt.