:: 7/2013

Zum Saisoneinfluss im Tourismus

Begriffe wie »Tourismus« oder »Urlaub« werden bereits im gängigen Sprachgebrauch häufig mit bestimmten Jahreszeiten oder kalendarischen Ereignissen wie Sommer, Ostern, Pfingsten oder Weihnachten assoziiert oder kombiniert. Insofern kann es kaum überraschen, dass die Nachfrage nach touristischen Leistungen im Jahresverlauf größeren Schwankungen unterliegt. Dies kollidiert mit dem Wunsch der Anbieter nach einer möglichst gleichmäßigen und hohen Auslastung, zumal sie sich in Zeiten erhöhter Mobilität zunehmend dem Wettbewerb mit anderen nationalen und internationalen Zielen ausgesetzt sehen. Nach einem Überblick über die zeitliche Entwicklung untersucht der nachfolgende Beitrag die Stärke der saisonalen Einflüsse bei den verschiedenen Nachweismerkmalen im heimischen Beherbergungsbereich. Die vergleichende Analyse zum Umfang und Verlauf der saisonalen Komponente kommt zu dem Ergebnis, dass bei allen Ähnlichkeiten deutliche Unterschiede sowohl zwischen den verschiedenen Marktsegmenten als auch regional innerhalb des Landes existieren.

Schwankender Saisoneinfluss zwischen den Jahren

Die Untersuchung zum Saisoneinfluss umfasst auf Landesebene die Beherbergungsbetriebe (Beherbergungsstätten und Reiseverkehrscamping) im Zeitraum von 1996 bis 2012.1 Bevor auf die Verläufe innerhalb eines Jahres eingegangen wird, soll zunächst die Stärke der saisonalen Schwankungen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Als Maßstab wird dabei der Saisonalitätskoeffizient (kurz SK) verwendet, bei dem der monatliche Maximalwert innerhalb eines Kalenderjahres in Relation zum Minimalwert gesetzt wird. Ein SK von 2 bedeutet also, dass ein Wert im Spitzenmonat doppelt so hoch ist wie im schwächsten Monat.

Die Saisoneinflüsse im Beherbergungsbereich beruhen insbesondere auf jahreszeitlichen Schwankungen der Nachfrage nach Übernachtungsleistungen. Wie ein Blick auf die Entwicklung im Betrachtungszeitraum zeigt, variiert die Stärke dieser Schwankungen zwischen den Jahren. So bewegte sich der SK bei den Übernachtungen auf Landesebene im Zeitraum von 1996 bis 2012 in einer doch recht breiten Spanne von 2,09 bis 2,63, wobei sich jeweils Phasen mit relativ hohen und niedrigen Werten abwechselten. Bis 2008 schien zunächst ein Trend zu einer größeren Stetigkeit innerhalb des Jahres vorzuherrschen, 2010 und 2011 verstärkte sich die Saisonalität jedoch zwischenzeitlich wieder auf das gleiche Niveau wie bereits im Jahr 1996. Auch wenn sich damit über den gesamten Betrachtungszeitraum zumindest kein klarer Trend erkennen lässt, war der Saisoneinfluss bei den Übernachtungen in den letzten Jahren durchweg geringer als Ende der 1990er-Jahre.

Verglichen mit den Übernachtungen wiesen die Gästeankünfte im gesamten Zeitraum eine geringere Saisonalität auf. Die Unterschiede zwischen beiden Größen waren dabei in den Jahren um die Jahrtausendwende am größten, in denen die Übernachtungen besonders stark saisonal beeinflusst waren. Gerade in diesen Jahren hat also die Variation der Aufenthaltsdauer die saisonale Schwankung der Gästezahl bei den Übernachtungen noch deutlich verstärkt. Dieser Effekt hat sich jedoch in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt, so dass sich die Stärke der saisonalen Schwankungen zwischen der Gästezahl und den Übernachtungen zunehmend angenähert hat.

Starke Saisonschwankungen bei Auslandsgästen

Zur Differenzierung dieses Zusammenhangs lassen sich die saisonalen Variationen der verschiedenen Nachfrage- und Angebotskomponenten im Vergleich darstellen. Um den Einfluss eventueller einmaliger Effekte abzumildern, wird zur Darstellung der aktuellen Situation der Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2012 verwendet. Demnach weist die Nachfrage von Auslandsgästen weit überdurchschnittliche Saisoneinflüsse auf. Dies betrifft sowohl die Gästezahl als auch die Übernachtungen, die mit gut 3,3 einen nahezu identischen SK aufweisen. Die im Jahresverlauf insgesamt relativ stabile Aufenthaltsdauer wirkt bei den internationalen Reisenden damit weitgehend neutral auf den Umfang der Saisonalität. Da vier von fünf Übernachtungen in Baden-Württemberg auf deutsche Gäste zurückgehen, liegen ihre Saisonalitätsergebnisse bei den Ankünften und Übernachtungen deutlich näher unter dem jeweiligen Gesamtdurchschnitt. Bei der Aufenthaltsdauer ist die Saisonalität bei den Inlandsgästen mit einer SK von 1,3 stärker ausgeprägt. Im Gegensatz zu den Auslandsgästen verstärkt zudem die Aufenthaltsdauer die Saisonalität der Übernachtungen, denn der SK der Übernachtungen betrug in den Jahren 2010 bis 2012 durchschnittlich über 2, während er bei der Gästezahl darunter lag.

Allerdings schlagen sich die saisonalen Schwankungen der Nachfrage nicht in vollem Umfang in der Auslastung2 nieder, denn mit 1,8 lag der SK der Auslastung der angebotenen Schlafgelegenheiten im Zeitraum von 2010 bis 2012 deutlich unter dem der Übernachtungen von gut 2,4. Damit wird also zumindest ein Teil der nachfragebedingten Schwankungen im Jahresverlauf durch gleichgerichtete Anpassungen auf der Anbieterseite kompensiert. Diese können in Form von saisonalen Schließungen kompletter Betriebe und/oder saisonalen Variationen der angebotenen Schlafgelegenheiten in geöffneten Betrieben erfolgen. Saisonalitätskoeffizienten von 1,1 bei den geöffneten Betrieben und von über 1,2 bei den angebotenen Schlafgelegenheiten belegen, dass beide Varianten in der Praxis eine Rolle spielen.3 Mit gut 1,3 ist der SK bei den angebotenen Schlafgelegenheitentagen nochmals höher. Dies beruht aber im Wesentlichen auf der unterschiedlichen Länge der Kalendermonate und führt dazu, dass innerhalb eines Jahres regelmäßig im Februar am wenigsten Übernachtungsmöglichkeiten angeboten werden.

Extremfall Campingplätze

Bei einem Vergleich der Saisonalität der Übernachtungen nach Betriebsarten fällt die Sonderstellung der Campingplätze unmittelbar ins Auge. Bei dieser »Schönwetter-Betriebsart« beträgt die Relation zwischen den Übernachtungen im stärksten zum schwächsten Monat 39:1. Damit bewegt sich der SK in völlig anderen Dimensionen als bei allen anderen Betriebsarten. Am nächsten kommen den Campingplätzen noch die Ferienhäuser und Ferienwohnungen (einschließlich Ferienzentren) mit einem durchschnittlichen SK von 5,3 in den Jahren 2010 bis 2012. Mit Werten in einer Spanne von 3,2 bis 2,5 ist die Übernachtungsnachfrage noch in weiteren vier Betriebsarten (Hütten und Jugendherbergen, Erholungs- und Ferienheime, Pensionen sowie Gasthöfe) überdurchschnittlich stark saisonal beeinflusst. Bereits klar unter dem Durchschnitt von 2,2 angesiedelt ist der SK mit knapp 2 bzw. 1,9 in den Hotels garnis sowie in den Hotels. Noch gleichmäßiger über das Jahr verteilt ist die Nachfrage nach Übernachtungen in Schulungsheimen (SK = 1,6) sowie insbesondere in Vorsorge- und Reha-Kliniken (SK = 1,3). Insgesamt lässt sich diese Abstufung der verschiedenen Betriebsarten nach der Stärke der saisonalen Prägung auch als Indiz dafür interpretieren, in welchem Umfang die Einrichtungen von klassischen Erholungsurlaubern genutzt werden.

Wie sehen nun die Verläufe der Übernachtungen innerhalb des Kalenderjahres aus? Darüber gibt Schaubild 4 Auskunft, in dem die Übernachtungen der einzelnen Monate in Relation zu einem fiktiven jährlichen Durchschnittsmonat dargestellt sind, und in denen aus Gründen der Übersichtlichkeit Betriebsarten mit ähnlicher Stärke und ähnlichen Verläufen der Saisonalität zusammengefasst wurden. Beim Extremfall Campingplätze liegen die Übernachtungen lediglich in den 5 üblicherweise wärmeren Monaten Mai bis September über dem Durchschnittsmonat. Dabei ragen die beiden Hauptferienmonate Juli und vor allem August deutlich heraus, auf die mit zusammen 48 % fast die Hälfte aller Übernachtungen des Jahres entfällt. In den kälteren Monaten November bis Februar werden Campingübernachtungen nur noch von wenigen Hartgesottenen nachgefragt, sofern die Betriebe zu dieser Zeit überhaupt geöffnet haben. In deutlich abgeschwächter Form lässt sich ein ähnlicher Verlauf bei den Ferienimmobilien erkennen, allerdings mit zwei Modifikationen: Im Oktober liegen die Übernachtungen noch klar über dem Durchschnitt, und im Dezember – vermutlich vor allem um die Weihnachtsfeiertage herum – lässt sich nach dem Jahrestief im November eine kleine Zwischenspitze auf allerdings niedrigem Niveau erkennen.

Die vier Betriebsarten mit ebenfalls noch relativ starker Saisonalität, also die Hütten und Jugendherbergen, die Erholungs- und Ferienheime, die Pensionen und die Gasthöfe weisen anlog zu Ferienimmobilien in der gesamten Spanne von Mai bis Oktober überdurchschnittliche Übernachtungen mit einer Spitze im August auf. Auch in den Hotels und Hotels garnis zeichnen sich zwar ebenfalls alle Monate von Mai bis Oktober durch relativ hohe Übernachtungen aus. Abweichend von allen zuvor genannten Betriebsarten lässt sich jedoch im Hauptferienmonat August eine leichte Delle erkennen. Übernachtungsstärkste Monate sind in diesen Betrieben auf nahezu gleichem Niveau die Nachbarmonate September und Juli. Für die etwas niedrigeren Werte im August kommen zwei Erklärungsansätze in Betracht: Einerseits fällt hier ein Teil eines wesentlichen Kundenkreises aus, nämlich der Geschäftsreisenden, weil in der Hauptferienzeit häufig nur ein eingeschränkter Geschäftsbetrieb vorherrscht. Andererseits wählen die Urlauber häufiger eine andere Betriebsart.

Noch deutlich ausgeprägter zeigt sich dieser Rückgang im August bei den Schulungsheimen. Daneben weisen bei diesen Betrieben auch der April und der Dezember auffällig niedrige Übernachtungen auf. Damit sind im Schulungsbereich gerade die Monate relativ schwach ausgeprägt, in denen Erwerbstätige häufiger in Urlaub gehen. Auf der anderen Seite sind diese Betriebe in einer breiten zeitlichen Spanne von März bis November mit einem späten Höhepunkt im Oktober relativ stark nachgefragt. Dies haben sie mit den Vorsorge- und Reha-Kliniken gemeinsam, bei denen der SK nur deshalb nochmals niedriger ausfällt, weil bei diesen Gesundheitseinrichtungen der Dezember deutlich weniger abfällt.

Luftkur- und Erholungsorte stark saisonal geprägt

Als Einstieg in die regionale Darstellung kann die Gliederung nach Gemeindegruppen dienen, also nach dem Vorhandensein und der Höhe eines touristischen Prädikats.4 Innerhalb der prädikatisierten Gemeinden, auf die die Hälfte der Übernachtungen im Land entfällt, lässt sich eine annähernd umgekehrt proportionale Abstufung der Saisonalität nach der Höhe des Prädikats erkennen. Je höher das Prädikat ist, umso niedriger fallen also die saisonalen Schwankungen aus. Für die Jahre 2010 bis 2012 lag der SK mit 1,7 allein in den Mineral- und Moorbädern unter dem Durchschnitt. Über die Heilklimatischen Kurorte und die Kneippkurorte mit leicht überdurchschnittlichen Werten und knapp 3 in den Luftkurorten reichte die Spanne bis zum relativ hohen Wert von 4,5 in den Erholungsorten. Die sonstigen Gemeinden, das heißt Gemeinden ohne ein touristisches Prädikat, unterliegen bei einem SK von 2 dagegen relativ geringen saisonalen Einflüssen.

Bei den Verläufen innerhalb des Jahres lassen sich teilweise deutliche Ähnlichkeiten zu den bereits bei den Betriebsarten auftretenden Mustern erkennen. So weisen alle Arten von prädikatisierten Gemeinden in mehr oder weniger ausgeprägter Form ihren Saisonhöhepunkt im August sowie unterdurchschnittliche Werte in den Monaten November bis März auf. Die Mineral- und Moorbäder, in denen die Vorsorge- und Reha-Kliniken mit einem Übernachtungsanteil von mehr als der Hälfte eine besondere Rolle spielen, weisen dabei die breiteste Saison auf, in der lediglich der Januar und der Februar deutlicher abfallen. Bei den Erholungsorten als Gegenpol ragt demgegenüber die Spitze im August deutlich heraus, und die Schwächephase im Winter ist hier besonders ausgeprägt. Dies hängt unter anderem auch damit zusammen, dass in diesem Gemeindetyp die Campingplätze mit jeder siebten Übernachtung relativ stark vertreten sind. Abweichend von allen bisher betrachteten Verläufen liegt der übernachtungsstärkste Monat in den sonstigen Gemeinden im Juli. Wie bei den Hotels erfolgt danach ein leichter Abfall im August, an den sich aber kein Wiederanstieg anschließt. Ansonsten zeichnen sich auch die Gemeinden ohne Prädikat durch eine relativ breite Saison mit einem eindeutigen Tiefpunkt im Januar aus.

Starke regionale Unterschiede beim Saisoneinfluss

Nach den bisherigen Ergebnissen hängt der Umfang und der Jahresverlauf saisonaler Schwankungen von mehreren Faktoren ab, die wiederum eng miteinander zusammenhängen. Zu nennen sind insbesondere der Reisezweck, die Art der gewählten Unterkunft und die spezielle Charakteristik des Reiseziels. Vor diesem Hintergrund liegt es unmittelbar auf der Hand, dass sich dies auch in der regionalen Verteilung innerhalb des Landes niederschlägt. Bei der Betrachtung der SK nach Stadt- und Landkreisen schälen sich zwei größere Gebiete mit relativ starkem Saisoneinfluss heraus, nämlich drei Landkreise um den Bodensee sowie ein Bereich entlang der mittleren bis südlichen Rheinebene (einschließlich Stadtkreis Freiburg) mit Ausläufern in Teile des Schwarzwalds. Damit scheinen also insbesondere die räumliche Nähe zu größeren Gewässern und zu höheren Bergen eine stärkere saisonale Prägung zu befördern. Lediglich der Neckar-Odenwald-Kreis fällt aus diesem regionalen Muster. Den Gegenpol mit schwachem Saisoneinfluss bildet neben den fünf Stadtkreisen Stuttgart, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim und Pforzheim ein Gebiet aus Landkreisen im Umkreis und nördlich der Landeshauptstadt sowie um Karlsruhe. Mit dem Landkreis Biberach ist auch hier nur eine »Insel« deutlich außerhalb angesiedelt. Die bisher noch nicht genannten Kreise gehören den beiden Kategorien mit mittlerer Saisonalität an, wobei sich leicht überdurchschnittliche Werte bevorzugt entlang der Rheinschiene, in der südlichen Mitte sowie in den östlichen Landesteilen finden.

In den Jahresverläufen der vier nach der Höhe des SK gebildeten Kreistypen lassen sich überwiegend bereits aus anderen Gliederungen bekannte Muster erkennen. So korrespondiert die monatliche Nachfrageentwicklung in den Kreisen mit starkem Saisoneinfluss in leicht gedämpfter Form zu der der Erholungsorte. Bei den beiden mittleren Kategorien ähneln sich die Verläufe untereinander sehr. Der Unterschied besteht lediglich im Umfang der Abweichungen zwischen den starken Sommer- und den schwachen Wintermonaten. Als Gemeinsamkeit konzentriert sich der Saisonhöhepunkt innerhalb beider Gruppen nicht eindeutig auf den August, denn der Juli und der August bewegen sich jeweils auf nahezu identischem Niveau. Der Jahresverlauf in den Kreisen mit niedriger Saisonalität lässt sich als neue Kombination verschiedener Phänomene umschreiben, die bereits in anderen Mustern erkennbar waren. So sind ähnlich wie bei den Schulungsheimen innerhalb einer insgesamt sehr bereiten Saison der Juni, auf den in den Jahren 2010 bis 2012 der Schwerpunkt der Pfingstferien im Land entfiel, und insbesondere der Hauptferienmonat August relativ schwach ausgeprägt. Zudem liegt der Saisonhöhepunkt mit dem Oktober relativ spät im Jahr, und selbst im November liegt die Übernachtungsnachfrage noch über dem Jahresdurchschnitt. All dies deutet darauf hin, dass der Tourismus in diesen Kreisen stark von den Formen geprägt ist, die im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit stehen, also insbesondere von Geschäftsreisen, Messebesuchen oder Schulungsteilnahmen.

Noch deutlicher als auf Kreisebene wird die räumliche Konzentration von Gebieten mit hoher Saisonalität unter Berücksichtigung der Tourismusgemeinden mit starkem Saisoneinfluss5. So sticht die Ballung stark saisonal geprägter Orte entlang des Bodenseeufers und des benachbarten Hinterlandes optisch besonders hervor. Auch der Bereich des südlichen und mittleren Schwarzwalds einschließlich des angrenzenden Oberrheins ist mit mehreren Gemeinden stark repräsentiert. Daneben gibt es auch in den Kreisen mit mittlerer Saisonalität einzelne Orte mit ausgeprägten jahreszeitlichen Nachfrageschwankungen, die jedoch keinem klaren regionalen Muster folgen. Gleichwohl gibt es innerhalb Baden-Württembergs auch größere Gebiete vor allem im mittleren und östlichen Landesteil, in denen keine Tourismusgemeinde mit starken Saisoneinflüssen anzutreffen ist. Dieses Bild ändert sich allerdings etwas, wenn auch Gemeinden mit geringeren Übernachtungszahlen berücksichtigt werden. So nimmt die Zahl der außerhalb der stark saisonabhängigen Kreise angesiedelten Gemeinden mit hoher Saisonalität bei einer Grenze von 50 000 Übernachtungen bereits deutlich zu. Auch in dieser Abgrenzung ist jedoch keine Gemeinde aus der Region Stuttgart enthalten.

Der Einfluss örtlicher Besonderheiten

Die in den touristisch relevanten Gemeinden anzutreffenden Jahresverläufe der Übernachtungen lassen sich im Regelfall relativ klar einem der bei überregionalen Zusammenfassungen anzutreffenden Typus zuordnen. Dies kann in mehr oder weniger ausgeprägter Form der Fall sein. Auch bei den Gemeinden, deren eigene Saisonalität die des Kreises übersteigt, gibt es dafür plausible Erklärungen, die meist mit örtlichen Besonderheiten vor allem in der Art des touristischen Angebots zusammenhängen. So verfügt zum Beispiel die Stadt Löwenstein im ansonsten unterdurchschnittlich saisonal geprägten Landkreis Heilbronn über einen im Sommer besonders attraktiven Badesee mit unmittelbar angrenzendem Campingplatz. Auch in anderen Fällen spielen oft Campingplätze oder andere örtliche Einrichtungen wie größere Ferienanlagen eine entscheidende Rolle für eine örtlich stärkere saisonale Prägung.

Allerdings gibt es unter den Gemeinden – unabhängig von der Stärke des Saisoneinflusses – auch Beispiele, in denen die Jahresverläufe aufgrund örtlicher Besonderheiten zumindest in einzelnen Monaten von den gängigen Mustern abweichen. In Schaubild 8 finden sich neben zwei Zusammenfassungen von Gemeinden mit besonders ausgeprägten Verläufen eines Typs auch zwei Beispiele für solche Abweichungen. In den Erholungsorten am Bodensee, der Zusammenfassung von insgesamt 19 Gemeinden im Reisegebiet Bodensee, spiegelt sich der Verlauf der Erholungsorte insgesamt in noch extremerer Form wider. Der SK erreicht mit über 17 zwar nicht die Dimension der Campingplätze, der Jahresverlauf kommt aber in dessen Nähe. Der Gegenpol zu diesen besonders stark saisonal geprägten Gemeinden bilden die räumlich nicht allzu weit entfernten Mineral- und Moorbäder Bad Buchau, Bad Saulgau, Bad Waldsee und Bad Wurzach, in denen der Tourismus sehr deutlich durch stationäre Kureinrichtungen und deren Umfeld geprägt ist. Mit unter 1,4 liegt der SK nur knapp oberhalb der Betriebsart der Vorsorge- und Reha-Kliniken, und auch deren Jahresverlauf findet sich nahezu in Reinform wieder.

Ein deutlich von den sonstigen Mustern abweichender Verlauf zeigt sich dagegen in den drei im Südschwarzwald gelegenen Wintersportgemeinden Bernau, Todtnau und Feldberg.6 Neben dem Sommergipfel gibt es hier auf etwas niedrigerem Niveau eine zweite Spitze im Januar und vor allem im Februar, den beiden Monaten also, in denen am ehesten Skisport möglich ist. Die Universitätsstadt Mannheim, in deren Jahresverlauf sich bei einer niedrigen SK von 1,5 ansonsten die aus den Kreisen mit niedriger Saisonalität bekannten Muster zeigen, weist als Besonderheit den Jahreshöhepunkt bereits im Mai auf. Verantwortlich dafür dürfte insbesondere der Mannheimer Maimarkt sein, eine auch überörtlich bekannte Publikumsmesse.

1 In einem früheren Beitrag wurde eine ähnliche Untersuchung für den Zeitraum von 1984 bis 1996 vorgestellt. Vgl.: Kössler, Richard: Die Bedeutung der Saisonkomponente im Fremdenverkehr, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl 9/1997, S. 418–428. Da dort abweichend von der aktuellen Untersuchung das Reiseverkehrscamping nicht einbezogen war, das die Ergebnisse deutlich mit beeinflusst, sind die Ergebnisse beider Studien jedoch nur bedingt vergleichbar. Auf der gleichen inhaltlichen Abgrenzung wie die vorliegende Untersuchung basiert dagegen eine Darstellung auf Bundesebene für den Zeitraum von 1992 bis 2008, die auch einige Ergebnisse auf Landesebene enthält. Vgl.: Veldhues, Bernhard: Saisonale Schwankungen im Inlandstourismus, in: Statistisches Bundesamt: Wirtschaft und Statistik 6/2009, S. 561–567.

2 Die Auslastung wird in der Tourismusstatistik üblicherweise an der Relation zwischen den Übernachtungen und den angebotenen Schlafgelegenheitentagen gemessen. Diese wiederum ergeben sich aus der Multiplikation der in einem Monat angebotenen Schlafgelegenheiten mit den Öffnungstagen.

3 Neben saisonal bedingten Veränderungen kann das Angebot noch aus einer Vielzahl anderer Gründe variieren, etwa durch (dauerhafte) Betriebsgründungen, -aufgaben, -erweiterungen oder -einschränkungen oder wegen vorübergehender Betriebsschließungen aufgrund von Pächterwechsel oder baulichen Maßnahmen. Da der Jahresverlauf der geöffneten Betriebe und der angebotenen Schlafgelegenheiten in abgeschwächter Form jedoch dem der Nachfrage stark ähnelt, dürften saisonale Gründe überwiegen.

4 Zugrunde gelegt wurde der Prädikatsstand 2012, nach dem insgesamt 286 Gemeinden als prädikatisiert geführt wurden. In Baden-Württemberg werden generell nur komplette Gemeinden einem Prädikat zugerechnet. Beim Vorliegen mehrerer Prädikate erfolgt die Zuordnung beim höheren Prädikat. Wenn sich ein Prädikat nur auf einen Ortsteil bezieht, der gemessen an den Übernachtungen der gesamten Gemeinde nur untergeordnete Bedeutung hat, erfolgt keine Zuordnung zu einem Prädikat.

5 Aus Gründen der Übersichtlichkeit beschränkt sich die Darstellung auf Gemeinden mit einem SK ab 2,5, die in einem der Jahre 2010 bis 2012 mindestens 100 000 Übernachtungen ohne Geheimhaltung aufwiesen.

6 Zu den Wintersportgemeinden in Baden-Württemberg können gemessen an den Möglichkeiten noch weitere Gemeinden vor allem im nördlichen und südlichen Schwarzwald gezählt werden. Allerdings beeinflusst der Wintersport den Jahresverlauf der Übernachtungen nur in den drei genannten Gemeinden nachhaltig.