:: 8/2013

Gemüseanbau im Trend

Der Anbau von Gemüse in Baden-Württemberg hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Innerhalb von zwei Jahrzehnten vergrößerte sich die Anbaufläche im Freiland um beinahe vier Zehntel von weniger als 8 000 auf über 10 000 Hektar, mit manch bemerkenswerter Verschiebung im Anbausortiment. Weniger erfolgreich entwickelte sich die Zahl der Betriebe mit Gemüsebau, die sich deutlich verringerte. Im bundesweiten Vergleich ist Baden-Württemberg eines der wichtigen Länder, das sich vor allem durch seine Stellung im Unter-Glas-Anbau auszeichnet.

Im Jahr 2012 wurde in den landwirtschaftlichen Betrieben eine allgemeine Gemüseerhebung durchgeführt. Die Erhebung 2012 setzt damit den Zyklus der in 4-jährigem Abstand durchgeführten allgemeinen Anbauerhebungen fort. Sie unterscheidet sich allerdings in mehrfacher Hinsicht von ihren Vorerhebungen. So wurde für 2012 erstmals die gemeinsame Erhebung von Anbau und Ernte vom Gesetzgeber angeordnet. Die Erhebung liefert also nicht nur Informationen zum Anbau, sondern auch zur Erntemenge der einzelnen Gemüsearten. Für 2012 wurde aber auch erstmals eine neu definierte Erfassungsgrenze wirksam: In diese Spezialerhebung waren nur noch Betriebe mit mindestens 50 Ar Anbau von Gemüse (oder Erdbeeren) im Freiland oder 10 Ar unter Glas einzubeziehen.

Anbaufläche entwickelt sich dynamisch

Durch die neuen Erfassungsgrenzen wurden nur die kleineren Betriebe aus der Erhebung ausgeschlossen. Daher bleibt die wichtigste Entwicklungslinie des Anbaus von Gemüse in den vergangenen Jahren klar erkennbar: die kontinuierliche Ausweitung. Im Jahr 1992 bezifferte sich die Anbaufläche für Gemüse im Freiland noch auf 7 600 Hektar (ha). Zwei Jahrzehnte später waren es bereits 10 600 ha, das heißt eine Ausweitung um fast 40 % innerhalb von nur 20 Jahren.

Während die Anhebung der Erfassungsgrenzen keine großen Auswirkungen auf den Flächennachweis hat, ist es deutlich schwieriger, die Entwicklung der Gemüse anbauenden Betriebe zutreffend zu beschreiben. Von 1992 bis 2008 hat sich die Zahl der Gemüse (und Erdbeeren1) anbauenden Betriebe von über 5 600 auf weniger als die Hälfte (2 650 Betriebe) verringert. Im Jahr 2012 waren nur noch knapp 1 700 Betriebe zu verzeichnen, wobei der rechnerische Rückgang um 36 % allerdings in erheblichem Umfang auf die veränderten Erfassungsgrenzen zurückzuführen ist.

Die Gemüsebaubetriebe werden weniger

Um die Entwicklung der Betriebe in den letzten 4 Jahren sachgerecht zu beschreiben, sind die Wirkungen der Anhebung der Erfassungsgrenze so weit wie möglich zu neutralisieren. Das ist allerdings nur näherungsweise möglich, da die Gemüseerhebung nicht die Merkmale der Erfassungsgrenze der Agrarstrukturerhebung und die Angaben der Agrarstrukturerhebung nicht die differenzierten Unterscheidungen der Gemüseerhebung enthalten. Durch Zusammenführung der Erhebungen lässt sich jedoch für das Jahr 20072 näherungsweise die Zahl der Betriebe bestimmen, die mit der Angabe von 2012 verglichen werden kann: Danach waren im Jahr 2007 etwa 1 840 Betriebe in vergleichbarer Abgrenzung zu 2012 zu verzeichnen. Der Rückgang der Gemüse anbauenden Betriebe bis 2012 beziffert sich demnach nicht auf 36 %, sondern auf nur rund 8 %. Damit setzt sich zwar der rückläufige Trend fort, aber mit kleiner werdenden Abnahmeraten.

Salate und Spargel dominieren im Anbau

Die beiden wichtigsten Gemüsearten in Baden-Württemberg sind Spargel und die verschiedenen Salate. Auf Spargel entfällt eine Gesamtfläche von 2 480 ha, davon sind 2 034 ha bereits im Ertrag. Weitere 446 ha sind zwar mit Jungpflanzen angelegt, aber noch nicht im Ertrag. Die Spargelfläche setzt damit einen neuen Spitzenwert im Land, denn ihr Anteil an der Gemüsefläche beträgt 23 %. Fast genauso hoch ist der Anteil der Salate an der Gemüsefläche im Freiland: auf 2 319 ha (22 %) werden Salate gepflanzt. Während Spargel die Anbaufläche ganzjährig belegt und daher Grundfläche und Anbaufläche identisch sind, werden Salate in Sätzen kultiviert. Sie können sich innerhalb eines Jahres untereinander oder mit anderen Gemüsearten auf der gleichen Fläche abwechseln. Durch die Mehrfachnutzung fallen Grund- und Anbaufläche auseinander.

»Da haben wir den Salat«

Im Gegensatz zu Spargel bildet Salat keine homogene Gruppe, sondern besteht aus vielen verschiedene Arten und Varietäten. Die anbaustärkste Salatart ist der Feldsalat, der mit 685 ha mehr als ein Viertel der gesamten Salatfläche bedeckt. Auf Platz zwei folgt Eissalat mit einer Anbaufläche von 467 ha, Platz drei wird vom traditionellsten Salat, dem Kopfsalat, mit 285 ha eingenommen. Das Anbausortiment wird durch weitere Salatarten wie Eichblatt (201 ha), Endivie (119 ha), Lollo (194 ha) oder Romana (84 ha) abgerundet. Da Salate frisch und nah am Verbraucher produziert werden, reagiert der Anbau vergleichsweise rasch auf Veränderungen in der Nachfrage. Die Zusammensetzung und die Anteile der Salatarten unterliegen daher einem steten Wandel. Die bedeutende Stellung des Feld- (oder Acker-)salats hat sich dabei über viele Jahre herausgebildet. Auf den Wunsch des Verbrauchers nach Abwechslung auf dem Salatteller ist auch der Aufschwung von Eissalat oder den rot- und grünblättrigen Eichblatt- oder Lollosalaten zurückzuführen, während Kopfsalat über die Jahre deutlich weniger angebaut wurde. Ein »Aufsteiger« im Salatsortiment ist Rucola, auf den 2012 bereits 135 ha, das sind knapp 6 % der Salatfläche, entfielen.

Karotten und Zuckermais zunehmend beliebt

Nach Spargel und Salaten sind Karotten die Gemüseart mit der größten Anbaufläche in Baden-Württemberg. Auf 858 ha werden Karotten (Möhren) angebaut. Das Verwendungsspektrum ist vielfältig und reicht von der Bundware für den Frischverzehr über die Einlagerung als Wintergemüse bis zum Anbau für die Saftindustrie. Der Anbau von Karotten hat in der Vergangenheit deutlich zugenommen. Gegenüber 1992 (316 ha) hat sich die Fläche um mehr als das Zweieinhalbfache erhöht. Eine noch steilere Karriere hat der Anbau der Gemüseart Nummer 4 im Land, der Zuckermais, erfahren. Die Anbaufläche hat sich innerhalb von 2 Jahrzehnten vervielfacht: von 111 ha im Jahr 1992 auf fast 800 ha im Jahr 2012. Bei üblichen Pflanzdichten von mehreren Zehntausend Pflanzen je Hektar dürfte sich die Gesamtproduktion der Kolben mit den süßen Maiskörnern auf ein Mehrfaches der Einwohnerzahl des Landes belaufen.

Eine Erfolgsgeschichte ist auch der Anbau von Speisekürbissen. Innerhalb weniger Jahre hat sich dieses Gemüse so etabliert, dass es den Bereich der kleinen, nicht im Einzelnen erfassten Gemüsearten verlassen konnte und mittlerweile mit 567 ha auf Platz 6 unter den Gemüsearten im Land rangiert.

Weißkohl und Zwiebeln halten sich

Weißkohl ist die Nummer 5 im Land und mit 623 ha im Jahr 2012 zugleich die wichtigste unter den Kohlgemüsearten. Weißkohl findet sich sowohl als Frischgemüse (zum Beispiel als Krautsalat) wie auch verarbeitet als Sauerkraut auf dem Speiseplan. Die Anbaufläche, mit zwischenzeitlichen Schwankungen nach unten und oben, liegt aktuell in etwa auf dem gleichen Niveau wie vor 20 Jahren. Im noch langfristigeren Vergleich ist dagegen eine sichtliche Abkehr vom Weißkohl zu verzeichnen.

Bei Zwiebeln war der Anbauumfang im Jahr 2012 mit 442 ha fast genauso hoch wie 2 Jahrzehnte zuvor. Im Jahr 1992 wurde der Anbau von 439 ha Speisezwiebeln vermerkt. Dazwischen lag allerdings ein Höhenflug, in dessen Spitzenjahr (2000) die Anbaufläche 643 ha betrug.

Viele weitere Gemüsearten im Anbau

Neben den verbreiteten und im einzelnen genannten Gemüsearten zeichnet sich der Gemüseanbau im Land durch eine große Vielfalt an weiteren Gemüsearten aus. Der Fragebogen unterscheidet insgesamt über 40 Gemüsearten, von denen manche wie Rote Beete mit 252 ha oder Zucchini mit 203 ha in größerem Umfang angebaut werden. Andere Gemüsearten wie Grünkohl oder Dicke Bohnen sind dagegen nur Randnotizen im baden-württembergischen Anbau.

Neben den vorgegebenen Gemüsearten haben die Anbauer die Möglichkeit, auch sonstige Gemüsearten im Klartext anzugeben. Es zeigt sich, wie experimentierfreudig mancher Gemüsebauer im Land ist. Da finden sich beispielsweise Artischocken, Peperoni, Topinambur oder auch Melonen.

Anbau: Sortimentsabrundung versus Spezialisierung

Häufigkeit und Verteilung des Anbaus scheinen bei den einzelnen Gemüsearten gewissen Gesetzmäßigkeiten zu folgen. Es gibt Gemüsearten, die überwiegend im kleinflächigen Anbau und zusammen mit anderen Gemüsearten angebaut werden. Typische Vertreter dieser Art scheinen Grünkohl, Wirsing oder Staudensellerie zu sein. Die durchschnittliche Anbaufläche im Einzelbetrieb beträgt bei Grünkohl 4 Ar, bei Wirsing 19 Ar und bei Staudensellerie 7 Ar. Der Betrieb, der Grünkohl im Anbau hat, baut im Durchschnitt 25 weitere Gemüsearten an, der Wirsingbauer hat 22 und der Staudensellerieproduzent im Mittel 27 weitere Gemüsearten im Sortiment. Für diese und einige weitere Gemüsearten scheint der kleinflächige Anbau in einem breiten Sortiment mit anderen Gemüsearten zahlenmäßig zu überwiegen. Es kommt zu keiner deutlichen betrieblichen Konzentration der Anbaufläche in wenigen Betrieben.

Die vielfältigen Produzenten haben in der Regel auch Standardgemüsearten wie Karotten oder – bereits seltener – Einlegegurken in ihrer Anbaupalette. Die Gesamtanbaufläche wird bei diesen Arten jedoch nicht von den vielen kleinen Anbauern, sondern von den vergleichsweise wenigen Betrieben mit großflächigem Anbau bestimmt. Werden die Betriebe nach ihrer Anbaufläche aufsteigend sortiert, entfallen bei Karotten 76 % der Anbaufläche auf die oberen 10 % der Betriebe, bei Einlegegurken bewirtschaften die oberen 10 % sogar deutlich über 90 % der gesamten Anbaufläche. In den größeren Betrieben ist die Spezialisierung größer und die Anbauvielfalt in der Regel deutlich geringer. Die oberen 10 % der Karotten- wie Gurkenanbauer haben im Mittel lediglich drei Gemüsearten im Programm. Passend dazu beträgt die durchschnittliche Anbaufläche je Betrieb ein Vielfaches der Anbaufläche von Wirsing oder Grünkohl. Bei Karotten wie bei Einlegegurken sind es 195 Ar.

Im Bundesvergleich im Freiland auf Rang 5 …

Im Vergleich der Bundesländer ist Baden-Württemberg beim Gemüseanbau eines der wichtigen, aber nicht das wichtigste Bundesland. Das Bundesland mit dem umfangreichsten Anbau von Gemüse im Freiland ist Nordrhein-Westfalen, in dem mit über 21 000 ha rund doppelt so viel Gemüsefläche wie in Baden-Württemberg bepflanzt wird. Auf Platz 2 liegt unser Nachbarland Rheinland-Pfalz, wo zwischen Rhein und Pfälzer Wald auf insgesamt gut 19 000 ha intensiver Gemüsebau betrieben wird. Auf Platz Nummer 3 liegt Niedersachsen mit 18 800 ha, gefolgt von Bayern mit 14 100 ha. In den beiden letztgenannten Bundesländern ist zwar die absolute Anbaufläche für Gemüse höher als in Baden-Württemberg, bezogen auf die jeweils vorhandene landwirtschaftlich genutzte Fläche ist jedoch die Bedeutung des Gemüsebaus im Land die größere.

… und im Unter-Glas-Anbau die Nummer 1

Die höchste Intensität der Gemüseerzeugung wird im Anbau unter Glas erreicht, im geschützten – teilweise auch kontrollierten – Anbau in Gewächshäusern, begehbaren Folientunneln und Ähnlichem. Bei dieser Form des Gemüseanbaus hält Baden-Württemberg die Spitzenposition im Bundesvergleich inne. Auf 263 ha Grundfläche werden im Jahresverlauf insgesamt rund 444 ha Gemüse gepflanzt und geerntet. Damit entfallen auf Baden-Württemberg rund drei Zehntel des witterungsgeschützten Anbaus in Deutschland. Projekte, wie das der Reichenauer Gärtnersiedlung am Bodensee3, wo in einer gemeinsamen Anstrengung mehrerer Gärtner eine 11 ha große Unterglasanlage errichtet wurde, unterstreichen diese Stellung.

1 Der Anbau von Erdbeeren ist hier einbezogen, weil in der Agrarstrukturerhebung 2007, die dazu verwendet wird, einen näherungsweisen Vergleichswert zu ermitteln, nicht zwischen dem Anbau von Gemüse und Erdbeeren unterschieden werden kann.

2 Durch die Zusammenführung können sowohl die allgemeine Anhebung der Erfassungsgrenze 2010 wie die Einführung der speziellen Gemüseerfassungsgrenze 2012 nachgebildet werden.

3 Südkurier vom 23. April 2012, »Drei Millionen Kilo Paprika pro Jahr«.