:: 10/2013

Säuglingssterblichkeit in Baden-Württemberg

Die Säuglingssterblichkeit in Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahrzehnt ein stabil niedriges Niveau erreicht. Besonders stark gesunken ist die Sterblichkeit in den ersten 7 Lebenstagen. Gleichwohl ereignet sich rund die Hälfte der Säuglingssterbefälle in der ersten Lebenswoche. Nach wie vor ist eine »Übersterblichkeit« der männlichen gegenüber den weiblichen Neugeborenen zu beobachten. Auch ist ein niedriges Geburtsgewicht ein bedeutsamer Risikofaktor geblieben, aber das Sterberisiko der »Frühchen« konnte enorm reduziert werden. Regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern wie auch im europäischen Vergleich deuten auf Perspektiven zur weiteren Senkung der Säuglingssterblichkeit hin.

Der Säuglingssterblichkeit kommt auch heute noch besondere Bedeutung als Indikator für den Entwicklungsstand des Gesundheitswesens in den Bereichen Schwangerenbetreuung, Geburtshilfe und auch des Mutterschutzes zu. In demografischer Hinsicht beeinflusst die Höhe der Säuglingssterblichkeit die durchschnittliche Lebenserwartung beträchtlich. So zeigen die Sterbetafelberechnungen für das frühere Bundesgebiet, dass erst im Übergang zu den 1980er-Jahren die Säuglingssterblichkeit – zunächst bei den Mädchen, einige Jahre später auch bei den Jungen – soweit gesunken war, dass nicht die 1-Jährigen, sondern die Neugeborenen die höchste durchschnittliche Lebenserwartung aufwiesen.

Säuglingssterblichkeit auf stabil niedrigem Niveau

Die Zahl der im ersten Lebensjahr gestorbenen Säuglinge hat sich seit Bestehen des Landes nahezu kontinuierlich rückläufig entwickelt. In Zeiten hoher Geborenenzahlen etwa der 1960er-Jahre fiel dieser Rückgang noch verhalten aus. Starben seinerzeit im Jahresdurchschnitt noch zwischen 3 000 und 4 000 Säuglinge, waren es in den 1980er-Jahren rund 700 bis 1 000 pro Jahr. Im vergangenen Jahrzehnt lag die Zahl gestorbener Säuglinge jahresdurchschnittlich bei etwa 300.

Im Vergleich zu den seit vielen Jahren sinkenden Geborenenzahlen hat die Zahl der im ersten Lebensjahr Gestorbenen deutlich stärker abgenommen. Von 1 000 Lebendgeborenen starben Anfang der 1970er-Jahre rund 20 Kinder in ihren ersten 12 Lebensmonaten. Bis zur Mitte der 1990er-Jahre hat sich die Säuglingssterblichkeit auf etwa ein Viertel dessen verringert. Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts liegt sie bei jährlich rund drei gestorbenen Säuglingen auf 1 000 Lebendgeborene und hat damit ein stabil niedriges Niveau erreicht.

Starker Rückgang der Frühsterblichkeit

Zwischen Anfang der 1970er- und 1990er-Jahre ist die Sterblichkeit der Säuglinge innerhalb der ersten 7 Lebenstage um etwas mehr als 80 % gesunken. Dabei vollzog sich der Rückgang besonders stark ausgeprägt und rasch während der 1970er-Jahre. Bereits hier war es gelungen, die Frühsterblichkeit um etwa zwei Drittel zu senken. In den vergangenen 2 Jahrzehnten hat sich die rückläufige Entwicklung der Sterblichkeit in den ersten 7 Lebenstagen deutlich verlangsamt. Gleichwohl lag sie Mitte der 1990er-Jahre mit jahresdurchschnittlich rund zwei früh verstorbenen Säuglingen je 1 000 Lebendgeborene schon auf einem sehr niedrigen Niveau, das bis heute auf etwa 1,6 gesunken ist. Im Vergleich der vergangenen 4 Jahrzehnte bedeutet dies einen Rückgang um fast 90 %.

Schaubild 2 zeigt, dass die rückläufige Entwicklung der Frühsterblichkeit – zeitlich und im Ausmaß – nahezu parallel sowohl bei den bereits in den ersten 24 Stunden gestorbenen Säuglingen wie auch bei den nach 24 Stunden bis zum 7. Lebenstag gestorbenen Kindern stattfand. Etwas verhaltener verlief die Abnahme der Sterblichkeit nach dem 7. Lebenstag bis zum 12. Lebensmonat. Bis Anfang der 1990er-Jahre war hier eine Absenkung um nahezu 40 % gegenüber 1970/72 zu verzeichnen. Einen weiteren rückläufigen Schub gab es in den vergangenen 2 Jahrzehnten, sodass die sogenannte »Spät- und Nachsterblichkeit« heute um rund drei Viertel niedriger liegt als Anfang der 1970er-Jahre. Ein Grund für die unterschiedlich stark ausgeprägte Verringerung von Früh- und Spät-/Nachsterblichkeit mag auch damit zusammenhängen, dass es zunächst erfolgreich gelungen ist, zwar das Überleben in den ersten Lebenstagen zu sichern, im Verlaufe des weiteren ersten Lebensjahres dann aber Bedingungen wirksam wurden, die schließlich doch zum Tod geführt haben. Zumindest für das vergangene Jahrzehnt zeigen die Entwicklungen der gesamten Säuglingssterblichkeit jedoch, dass es deutlich sichtbar gelungen ist, auch das Sterberisiko von Säuglingen nach dem 7. Lebenstag zu senken.

Hohe Bedeutung der Sterbefälle in den ersten 24 Lebensstunden

Das Risiko von Lebendgeborenen, innerhalb der ersten 24 Lebensstunden zu sterben, lag 2009/11 etwa um 86 % niedriger als zu Beginn der 1970er-Jahre. Dennoch kommt der Sterblichkeit in den ersten 24 Stunden nach der Geburt auch heute noch besondere Bedeutung zu. Trotz des sehr deutlichen und nachhaltigen Sterblichkeitsrückgangs weist nach wie vor keine spätere gleich lange Zeitspanne ein so hohes Sterberisiko auf. Bis Mitte der 1970er-Jahre war das Sterberisiko in den ersten 24 Stunden sogar höher als das, während der ungleich längeren Dauer zwischen dem 8. Lebenstag und dem 12. Lebensmonat zu sterben. Für 2009/11 ergab sich eine Sterbeziffer von knapp 1,3 während der ersten 24 Lebensstunden Gestorbenen je 1 000 Lebendgeborene. Sie war damit mehr als dreimal so hoch wie die Sterbeziffer für die nachfolgende Lebensdauer bis zum 7. Lebenstag. Allerdings ist in der Entwicklung der Sterblichkeit während der ersten 24 Stunden seit Anfang der 2000er-Jahre eine Stagnation eingetreten, die möglicherweise auch auf Grenzen medizinischer Hilfe hinweist.

Die unterschiedliche Intensität der Absenkung der frühen Sterblichkeit (in den ersten 24 Stunden sowie bis zum 7. Lebenstag) und der Spät- und Nachsterblichkeit während der vergangenen 4 Jahrzehnte hat sich auch in der Lebensdauer der gestorbenen Säuglinge niedergeschlagen. Der Anteil der innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt gestorbenen Säuglinge an allen Säuglingssterbefällen lag im Durchschnitt der Jahre 1970/72 bei rund 45 %. Weitere 25 % starben danach bis zum 7. Lebenstag und die übrigen 31 % wiesen eine Lebensdauer vom 8. Lebenstag bis zum 12. Lebensmonat auf. Im Zuge der raschen Abnahme der Frühsterblichkeit zwischen Beginn der 1970er- und Anfang der 1990er-Jahre sank der Anteil der während der ersten 24 Stunden verstorbenen Säuglinge um etwa die Hälfte – von 45 % (1970/72) auf 21 % (1990/92). Dementsprechend nahm der Anteil unter den gestorbenen Säuglingen, die den 1. Tag und die 1. Lebenswoche überlebt hatten, deutlich zu. So ereigneten sich 1990/92 rund 60 % der Säuglingssterbefälle während der Zeitspanne vom 8. Lebenstag bis zum 12. Lebensmonat. Ein deutlicher Wiederanstieg des Anteils sehr früh gestorbener Säuglinge vollzog sich seit Beginn der 2000er-Jahre. Im Durchschnitt der Jahre 2009/11 entfielen rund 39 % der Säuglingssterbefälle auf die ersten 24 Lebensstunden, weitere 12 % traten bis zum 7. Lebenstag und die übrigen 49 % vom 8. Lebenstag bis zum 12. Lebensmonat ein.

Zusammengefasst lassen sich diese Veränderungen durch die Entwicklung der mittleren Lebensdauer (Median) der gestorbenen Säuglinge veranschaulichen. Danach trat 19070/72 die Hälfte der Säuglingssterbefälle bis zum 2. Lebenstag ein, die andere Hälfte danach bis zum 12. Lebensmonat. Zu Beginn der 1990er-Jahre lag die mittlere Lebensdauer der gestorbenen Säuglinge bei rund 19 Tagen, sank bis Anfang der 2000er-Jahre auf den 7. Lebenstag. Seither ist es bei dieser mittleren Lebensdauer geblieben.

»Übersterblichkeit« der männlichen Säuglinge

Regelmäßig werden jährlich mehr Jungen als Mädchen geboren. Das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis der Lebendgeborenen beträgt im langjährigen Durchschnitt rund 105 Jungen je 100 Mädchen. Zugleich sterben auch mehr männliche Säuglinge vor Vollendung des 1. Lebensjahres als weibliche. Rechnet man die unterschiedliche Zahl von Jungen- und Mädchengeburten heraus, so lag die Sterblichkeit der Jungen im Säuglingsalter im vergangenen Jahrzehnt um etwa ein Viertel über der der Mädchen. Zwar treten hier auf Grund der relativ kleinen Fallzahlen beträchtliche Schwankungen von Jahr zu Jahr auf, das Phänomen »Übersterblichkeit« der Jungen ist jedoch rückblickend stets zu beobachten. Der Rückgang der Säuglingssterblichkeit fiel bei beiden Geschlechtern in den vergangenen 4 Jahrzehnten nahezu gleich stark aus. Im Durchschnitt der Jahre 2009/11 starben von 1 000 lebendgeborenen Jungen rund 3,6 in den ersten 12 Lebensmonaten, bei den Mädchen waren es 2,9 je 1 000 Lebendgeborene. Anfang der 1970er-Jahre war ihre Sterblichkeit jeweils noch mehr als sechsmal höher.

Deutlich gesunken ist auch die Sterblichkeit im 1. Lebensjahr der Lebendgeborenen nicht miteinander verheirateter Eltern. Um 1970/72 starben fast 39 je 1 000 Lebendgeborene von nichtehelichen Eltern im 1. Lebensjahr. Knapp 40 Jahre später waren es fünf Sterbefälle je 1 000 Lebendgeborene von nicht verheirateten Eltern. In relativ gleichem Maße ist auch die Sterblichkeit der Säuglinge von miteinander verheirateten Eltern zurückgegangen. Von 1 000 ehelich geborenen Kindern erlebten 1970/72 etwa 19 ihren ersten Geburtstag nicht. Diese Häufigkeit hat bis 2009/11 auf 2,7 Gestorbene je 1 000 Lebendgeborene abgenommen. Zwischenzeitlich – von Ende der 1990er-Jahre bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts – lag die Säuglingssterblichkeit von Lebendgeborenen nicht verheirateter Eltern sogar niedriger als die von Geborenen verheirateter Eltern.

Die starke Annäherung der Sterblichkeit von Lebendgeborenen verheirateter und nicht verheirateter Eltern dürfte eng damit zusammenhängen, dass mit der gestiegenen Verbreitung nichtehelicher Lebensgemeinschaften und ihrer gewachsenen gesellschaftlichen Akzeptanz Geborene von nicht verheirateten Eltern überwiegend in stabile und abgesicherte Lebensverhältnisse hineingeboren werden.1

Niedriges Geburtsgewicht als Risikofaktor

Als Indikator für die »Frühgeburtlichkeit« bzw. »Untergewichtigkeit« und auch als Risikofaktor für die Sterblichkeit im Säuglingsalter spielt das Geburtsgewicht eine wichtige Rolle. Weitere Merkmale – außer der Körperlänge bei der Geburt und der Todesursache der gestorbenen Säuglinge2 – erhebt die Amtliche Statistik in diesem Zusammenhang nicht. Dies sehen die bisherigen gesetzlichen Grundlagen nicht vor.3

Seit Beginn der 1970er-Jahre hat sich der Anteil der mit einem Geburtsgewicht von weniger als 2 500 Gramm zur Welt gekommenen Kinder an allen Geburten eines Jahres von etwas mehr als 5 % auf rund 7 % (2011) erhöht. Das Gros der Kinder – rund zwei Drittel der Lebendgeborenen – kommt heute wie früher jedoch mit einem Geburtsgewicht zwischen 3 000 und 4 000 Gramm zur Welt. Gleichwohl liegt die absolute Zahl der »Frühchen« (unter 2 500 Gramm) im Jahresdurchschnitt des vergangenen Jahrzehnts mit rund 6 300 Lebendgeborenen sogar etwas höher als im Jahresdurchschnitt der 1970er- und 1980er-Jahre (rund 5 600), obwohl seinerzeit insgesamt mehr Kinder zur Welt kamen als heute. Insofern ist die Risikogruppe »niedriges Geburtsgewicht« größer geworden.

Das größte Sterberisiko tragen nach wie vor die Lebendgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1 000 Gramm.4 Aber dieses Risiko ist in den vergangenen 30 Jahre drastisch verringert worden. Starben 1980/81 etwa drei Viertel dieser Kinder im Laufe ihres 1. Lebensjahres, so traf dieses Schicksal 2005/06 noch ein Viertel von ihnen und 2010/11 war es etwa ein Siebtel. In der Relation noch stärker gesunken ist die Sterblichkeit von Lebendgeborenen mit einem Geburtsgewicht von 1 000 bis unter 1 500 Gramm. Sie nahm seit Beginn der 1980er-Jahre bis heute von knapp einem Drittel auf fast ein Fünfzigstel ab.

Die insgesamt stark gesunkene Säuglingssterblichkeit schlägt sich aber nicht nur bei den »untergewichtig«, sondern auch bei den »normalgewichtig« Lebendgeborenen nieder. Auch wenn die Fortschritte bei den Lebendgeborenen mit einem Geburtsgewicht von 2 500 Gramm und mehr dem ersten Anschein nach klein ausgefallen sein mögen, so kommt mit Blick auf die Absolutzahl der pro Jahr gestorbenen Säuglinge gerade auch dieser rückläufigen Entwicklung hohe Bedeutung zu. Darüber hinaus ist es ebenso gelungen, die Sterblichkeit besonderer Risikogruppen wie etwa den »untergewichtig« Lebendgeborenen deutlich zu reduzieren.

Landkreis Calw 2009/11 mit der niedrigsten Säuglingssterblichkeit

Nach wie vor ergeben sich sichtbare Unterschiede zwischen den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs trotz der überall deutlich gesunkenen Sterblichkeit der Säuglinge.5 Der Landkreis Calw wies 2009/11 zusammen mit dem Stadtkreis Karlsruhe landesweit die niedrigste Säuglingssterblichkeit auf. Hier starben im Durchschnitt weniger als zwei Säuglinge von 1 000 Lebendgeborenen. Die höchste Säuglingssterblichkeit verzeichneten die Landkreise Neckar-Odenwald-Kreis und Tuttlingen mit 5,8 bzw. 5,3 gestorbenen Säuglingen je 1 000 Lebendgeborene. Insgesamt lagen jeweils 22 der 44 Stadt- und Landkreise unter bzw. über dem Landesdurchschnitt von 3,2 im 1. Lebensjahr Gestorbenen je 1 000 Lebendgeborene.

Auch im Zeitverlauf hat sich die Säuglingssterblichkeit in den Kreisen recht unterschiedlich verändert. So lag der heutige Spitzenreiter Landkreis Calw 1993/95 noch im letzten Viertel, das heißt bei den elf Kreisen mit der höchsten Säuglingssterblichkeit. Das traf auch auf die Landkreise Main-Tauber-Kreis und Rhein-Neckar-Kreis zu, die bis 2009/11 in die Spitzengruppe mit den elf niedrigsten Werten »aufgestiegen« sind. Umgekehrt verhält es sich beispielsweise bei den Landkreisen Konstanz, Hohenlohekreis und Ortenaukreis. Sie befanden sich 1993/95 noch im oberen Mittelfeld und gehörten 2009/11 zu den elf Kreisen mit der höchsten Säuglingssterblichkeit. Die jeweils fünf Kreise, die sich nach oben und nach unten um den Landesdurchschnitt gruppierten, waren bis auf die Landkreise Rastatt und Reutlingen 1993/95 und 2009/11 völlig andere.

Allerdings sind diese – mit den Daten der Amtlichen Statistik inhaltlich nur unzureichend erklärbaren – Rangverschiebungen nicht überzubewerten. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund kleiner Absolutzahlen, die selbst bei Zusammenfassung zu 3-Jahresdurchschnitten größere Schwankungen in sich bergen. Darüber hinaus hat sich im Zuge des allgemein rückläufigen Niveaus der Säuglingssterblichkeit die Spanne zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Wert merklich verringert. Sie lag 2009/11 zwischen 1,4 im 1. Lebensjahr Gestorbene je 1 000 Lebendgeborene und 5,8. Demgegenüber reichte sie 1993/95 von 2,5 (Landkreis Tübingen) bis 8,2 (Stadtkreis Baden-Baden) und 1973/75 von 10,1 (Landkreis Lörrach) bis 26,8 (Landkreis Main-Tauber-Kreis).

Ein klares regionales Muster in der Höhe der Säuglingssterblichkeit – etwa eine sichtbare Verteilung nach ländlichen und verdichteten Kreisen6 – lässt sich nicht feststellen. Zwar befanden sich 2009/11 unter den elf Kreisen mit der höchsten Säuglingssterblichkeit sieben Landkreise, die vollständig oder überwiegend dem Ländlichen Raum zuzuordnen sind, jedoch fielen auch mit Mannheim und Pforzheim zwei Stadtkreise in diese Gruppe. Auf der anderen Seite gehörten zu den elf Kreisen mit der niedrigsten Säuglingssterblichkeit neben den Stadtkreisen Karlsruhe, Ulm und Freiburg auch fünf vollständig oder mehrheitlich ländlich geprägte Landkreise. Ähnlich heterogene Strukturen finden sich auch in früheren Zeiträumen.

Eine Verbindung zum Vorhandensein von Kliniken zu ziehen, die eine Versorgung in der Kinderheilkunde oder speziell in der Neonatologie anbieten, fällt außerordentlich schwer. Dies hängt auch damit zusammen, dass die regionale Zuordnung von lebendgeborenen und gestorbenen Säuglingen statistisch nach den Hauptwohnort der Mutter geschieht, der nicht mit dem Ereignisort der Geburt bzw. des Sterbefalls – dem Standort der Klinik – übereinstimmen muss.

Ostdeutsche Länder mit bundesweit niedrigster Säuglingssterblichkeit

Im bundesdeutschen Vergleich lag Baden-Württemberg 2011 mit 3,2 gestorbenen Säuglingen auf 1 000 Lebendgeborene niedriger als der Bundesdurchschnitt von 3,6. Unter den Bundesländern wiesen Sachsen und Thüringen (jeweils 2,3) die geringste Säuglingssterblichkeit auf. Es folgten Mecklenburg-Vorpommern (2,5) und Sachsen-Anhalt (3). Am anderen Ende der Skala lagen Bremen mit 6,5 gestorbenen Säuglingen je 1 000 Lebendgeborene, Niedersachsen (5) sowie das Saarland und Nordrhein-Westfalen (jeweils 4,2).

Fast alle Bundesländer (Ausnahmen Bremen und Brandenburg) verzeichneten 2011 eine deutlich niedrigere Säuglingssterblichkeit als zu Beginn der 2000er-Jahre. Besonders stark fiel der Rückgang in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Schleswig-Holstein und Bayern aus. Auch das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wiesen eine überdurchschnittliche Senkung der Säuglingssterblichkeit auf.

Im Vergleich mit den größeren Ländern Europas lag Baden-Württemberg im oberen Mittelfeld der Bestenliste. An der Spitze hatten vor allem Länder wie Norwegen, Schweden und Estland7 mit Säuglingssterbeziffern von 2,1 bis 2,5 je 1 000 Lebendgeborene einen deutlichen Vorsprung. Etwa gleichauf mit Baden-Württemberg befanden sich Italien, Spanien und Portugal. Weltweit verzeichneten außer den genannten europäischen Ländern nur Japan (2,3), Singapur (2,6) und die Republik Korea (Südkorea) (3) eine geringere Säuglingssterblichkeit als Baden-Württemberg.

Ausblick

Die Gründe für die deutlich reduzierte Säuglingssterblichkeit finden sich sicherlich auch in der Umsetzung gesetzlich geregelter Maßnahmen im Bereich des Gesundheitsschutzes. Hinzu kommen beispielsweise die verstärkte Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen, eine Intensivierung der perinatologischen Forschung, der Einsatz moderner Technik und Methoden in der Geburtshilfe sowie die besondere Beachtung von Risikoschwangerschaften und der damit verbundenen Lebenssituationen der Schwangeren.8 Perspektiven für eine weitere Senkung der Säuglingssterblichkeit lassen sich möglicherweise aus den Verhältnissen der Länder ableiten, in denen die Sterblichkeit während des 1. Lebensjahres bereits seit geraumer Zeit noch niedriger ausfällt. Finnland, Norwegen und Schweden wiesen um 2004 etwa das Niveau der Säuglingssterblichkeit auf wie Baden-Württemberg heute. Bis 2011 gelang in diesen Ländern eine Reduzierung der Sterblichkeit im 1. Lebensjahr um etwa ein Viertel bis ein Drittel.

1 Zur Entwicklung der Formen des Zusammenlebens vergleiche Hin, Monika: Lebensformen der Bevölkerung in Baden-Württemberg gestern und heute, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, 2/1997, S. 56–64; Krentz, Ariane: »Lebensformen in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 9/2011«, S. 3–10.

2 Zu den durch die Todesursachen der gestorbenen Säuglinge beschriebenen Risiken vergleiche Baumann, Lothar: »Säuglingssterblichkeit 2004 auf niedrigstem Stand«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 1/2006«, S. 14–18.

3 Mit der Novellierung des Bevölkerungsstatistischen Gesetzes werden ab dem Berichtsjahr 2014 die beiden Merkmale »Körpergewicht und -länge« aus dem Erhebungsprogramm gestrichen.

4 Bei den Auswertungen der Säuglingssterbefälle nach dem Geburtsgewicht ist zu berücksichtigen, dass durch Antwortausfälle zum Geburtsgewicht leichte Unschärfen vorhanden sind. Bis 2009 lag in etwa 5 bis 12 % der Fälle keine Angabe zum Geburtsgewicht vor oder eine Klärung dazu war nicht möglich. Seit 2010 hat sich der Anteil der Antwortausfälle deutlich erhöht.

5 Eine lange Reihe dieser Kreisdaten findet sich in der Publikationsreihe »Statistische Daten« unter dem Titel »Die Bevölkerung in Baden-Württemberg«, die jährlich als Daten-CD-ROM erscheint.

6 Vergleiche zu dieser Kategorisierung Schwarck, Cornelia: »Der typisch ländliche Kreis?«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2012«, S. 43–47.

7 Im Falle Estlands sind allerdings größere Schwankungen von Jahr zu Jahr zu berücksichtigen. Für 2012 verzeichnet EUROSTAT einen Anstieg auf 3,6 gestorbene Säuglinge auf 1 000 Lebendgeborene.

8 Vergleiche Gesundheitsbericht 1998, Statistisches Bundesamt (Hrsg.):; Gesundheit in Deutschland, Stuttgart, 1998; Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt (Hrsg.): Berlin, 2006; Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Themenheft 52, Sterblichkeit, Todesursachen und regionale Unterschiede, Robert Koch-Institut, Berlin, 2011; Wauer, Roland R., Säuglingssterblichkeit in Deutschland und Berlin, Unterschiede in Ost und West, 10. Interdisziplinärer SGA-Workshop 2012. http://bg.convdocs.org/docs/index-73045.html?page=8 [Stand: 08.07.2013].