:: 10/2013

Die Entwicklung der kommunalen Finanzen 2012

Die Umstellung auf das neue kommunale Rechnungswesen, die Doppik, erfolgt in Baden-Württemberg nur nach und nach. Allerdings verbleiben den Kommunen bis zum Ablauf der von der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) gewährten Frist noch 6 Jahre.1 Seit Beginn der Umstellung im Jahr 2007 haben erst 78 kreisangehörige Gemeinden, allerdings bereits 7 Stadtkreise und 28 Landkreise die doppische Rechnungslegung eingeführt. Durchaus positiv ist auch der Blick auf die bereinigten Ausgaben der Kommunen, denn im 1. Quartal 2013 wurde immerhin knapp die Hälfte davon doppisch verbucht.

Im Jahr 2012 führte vor allem die fast stürmische Entwicklung der kommunalen Steuereinnahmen in Kombination mit noch moderaten Zuwächsen auf der Seite der Auszahlungen zu einem deutlich positiven Finanzierungssaldo. Gleichwohl konnten diese Spielräume offenbar noch nicht zu einem entsprechenden Abbau der Schulden genutzt werden.

Steuereinnahmen der Kommunen erreichten mit 12,4 Mrd. Euro neuen Höchststand

Im vergangenen Jahr betrugen die bereinigten Einnahmen der Gemeinden und Landkreise rund 29,9 Mrd. Euro. Das waren 1,6 Mrd. bzw. 5,7 % mehr als 2011. Die Einnahmen der laufenden Rechnung (27,8 Mrd. Euro) lagen um 2,3 Mrd. Euro (8,9 %) wieder deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Darin enthalten sind die Steuern und steuerähnlichen Abgaben (nach Abzug der Gewerbesteuerumlage), die sich mit einer Steigerung um 9,5 % auf 12,4 Mrd. Euro für die Kommunen sehr positiv entwickelten. Damit wurde der bisherige Höchststand der kommunalen Steuereinnahmen von 11,6 Mrd. Euro im Jahr 2008 um 0,8 Mrd. Euro übertroffen (i-Punkt).

Zu dieser Entwicklung trugen die Nettoeinnahmen aus der Gewerbesteuer (also nach Abzug der an den Bund und das Land abzuführenden Gewerbesteuerumlage) erheblich bei, die um 10,6 % auf 5,4 Mrd. Euro anwuchsen. Die Gewerbesteuer konnte somit ihre Stellung als ertragreichste kommunale Steuerquelle behaupten. Ihr Volumen an allen kommunalen Steuereinnahmen betrug 43,4 %. Die Steuereinnahmen durch die Anteile der Kommunen an Einkommen- und Umsatzsteuer stiegen 2012 ebenfalls, und zwar um 11,6 % auf 4,7 Mrd. Euro (Einkommensteuer) sowie um 2,7 % auf 0,5 Mrd. Euro (Umsatzsteuer). Die Grundsteuern A und B erwiesen sich weiterhin als stetige kommunale Einnahmequelle. Ihre Aufkommen wuchsen 2012 um 1,5 % auf zusammen 1,6 Mrd. Euro. Da die Bemessungsgrundlage für diese Steuern im Zeitablauf mit Ausnahme geringer Verschiebungen von Grundsteuer A zu Grundsteuer B konstant bleibt, wurden diese Steigerungen durch Erhöhungen der Hebesätze erzielt.

Vom kräftigen Wachstum der Steuereinnahmen profitierten auch die Landkreise. Über die Kreisumlage werden die Landkreise an den Steuereinnahmen ihrer kreisangehörigen Gemeinden beteiligt. Sie stellen das wichtigste Einnahmeinstrument für die Landkreise zur Finanzierung ihrer Aufgaben dar. 2012 erbrachte die Kreisumlage mit 3,1 Mrd. Euro gut 40 % der gesamten Einnahmen der Landkreise.

Finanzierungsüberschuss erreichte 2,2 Mrd. Euro

Bei der Betrachtung der bereinigten Einnahmen der kommunalen Haushalte kommen neben den Steuern als wichtigster kommunaler Einnahmequelle den Zuweisungen von Land (und Bund) als zweitgrößtem Block eine besondere Bedeutung zu. Darin sind die Finanzmittel zusammengefasst, die den Kommunalhaushalten vom Land und vom Bund zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung gestellt werden und die die originären Einnahmen ergänzen. Dazu zählen neben den Leistungen des kommunalen Finanzausgleichs (im Schaubild: Schlüsselzuweisungen) auch Zuweisungen für laufende Zwecke, Investitionszuweisungen und Schuldendiensthilfen. Diese Einnahmen sind 2012 um 12,4 % auf 10,4 Mrd. Euro gestiegen.

Neben diesen Einnahmearten haben auch die Einnahmen aus Gebühren und zweckgebundenen Abgaben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. 1,9 Mrd. Euro entfielen 2012 darauf – das waren 3,8 % mehr als 2011, als die Steigerung zum Vorjahr mit 4,7 % sogar noch höher lag. Deutliche Einbußen verzeichneten die kommunalen Haushalte in der Kapitalrechnung. Im Jahr 2012 wurden hier Einnahmen in Höhe von 2,1 Mrd. Euro ausgewiesen, das heißt mit 23,9 % fast ein Viertel weniger als 2011. Negativ war die Entwicklung auch für die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen vom Land für Investitionen. Diese sanken um 0,3 Mrd. Euro auf 0,5 Mrd. Euro.

Die bereinigten Ausgaben, die 27,7 Mrd. Euro betrugen, erhöhten sich zwar auch, aber mit 4,1 % nicht so stark wie die Einnahmen. Daraus resultierte ein gegenüber 2011 nochmals um 0,5 Mrd. Euro höherer kassenmäßiger Finanzierungsüberschuss von 2,2 Mrd. Euro.

Moderates Wachstum der Ausgaben

Die bereinigten Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände wuchsen 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 % oder 1,1 Mrd. Euro auf 27,7 Mrd. Euro. Die Ausgaben der laufenden Rechnung, und zwar 23,7 Mrd. Euro, übertrafen das Niveau des Vorjahres um 6,0 %. Auf die Ausgaben der laufenden Rechnung entfielen im vergangenen Jahr damit 85,6 % der bereinigten Gesamtausgaben. Das Verhältnis zwischen konsumtiven und vermögenswirksamen Ausgaben hatte sich in den Jahren 2008 und 2009 im Zuge der Bewältigung der Finanzkrise etwas zugunsten der Investitionen verschoben. Seit dem Jahr 2010 steigt der Anteil der Ausgaben der laufenden Rechnung an den Gesamtausgaben jedoch wieder an – 2010 um 4,1, 2011 um 0,9 und 2012 um 1,6 Prozentpunkte.

Unter den konsumtiven Ausgaben stellten die Personalausgaben mit 7,4 Mrd. Euro den bedeutendsten Block dar. Sie lagen um 4,4 % über dem Vorjahr. Damit musste über ein Viertel der Ausgaben für das Personal aufgewandt werden. Etwas schwächer war der Anstieg mit 3,7 % bei den Ausgaben für den laufenden Sachaufwand, mit 5,3 Mrd. Euro der zweitgrößte Ausgabenblock.

Ein gewichtiger Teil der Ausgaben entfiel mit rund 5 Mrd. Euro auf die sozialen Leistungen. Dieser Block wuchs allein im Jahr 2012 mit 9,3 % sehr stark an. Darunter fallen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, die Jugendhilfe, Leistungen an Kriegsopfer, die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) und andere Leistungen nach Sozialgesetzbuch SGB XII.

Bezüglich der Ausgaben im Sozialbereich ist zu beachten, dass das in der Kassenstatistik ausgewiesene Ausgabenvolumen nicht die tatsächliche Belastung der Kommunen zeigt. Leistungen, die im Auftrag des Bundes oder des Landes erbracht und von diesen erstattet werden, können nicht periodenscharf abgesetzt werden. Da sich in der vierteljährlichen Kassenstatistik die Ausgaben und Einnahmen generell nicht aufgabenscharf zuordnen lassen, sind daher differenzierte Aussagen über die Belastung der Kommunalhaushalte nicht möglich.

Ausgaben für Sachinvestitionen wurden weiter reduziert

Während die Ausgaben der laufenden Rechnung überwiegend aus festen Größen bestehen und nur wenig Raum für gestalterisches Handeln zulassen, bietet die Kapitalrechnung besonders in Vorbereitung auf die Zeit der Schuldenbremse durchaus noch Ansatzpunkte für Einsparungen. Diese nutzten die baden-württembergischen Kommunen in den vergangenen Jahren durchaus. Im Jahr 2012 schrumpften die kommunalen Ausgaben für Sachinvestitionen um 5,3 % auf 3,4 Mrd. Euro. 2011 hatte der Rückgang sogar 7,2 % betragen.

Schulden der kommunalen Kernhaushalte gehen um 2 % zurück

Die Schulden der Kommunen (Gemeinden und Landkreise) beim nicht-öffentlichen Bereich beliefen sich Ende 2012 in ihren Kernhaushalten auf insgesamt 6,1 Mrd. Euro. Dies waren allerdings nur 114 Mill. Euro bzw. 2,0 % weniger als 2011. Der Finanzierungssaldo von 2,2 Mrd. Euro hätte hier mehr Spielraum geboten. Die rechtlich unselbstständigen Eigenbetriebe der Gemeinden und Landkreise waren ebenfalls mit insgesamt 6,1 Mrd. Euro beim nicht-öffentlichen Bereich verschuldet und damit um 0,4 % mehr als ein Jahr zuvor.

1 Die Umstellung in den Kommunen sollte laut Beschluss der ständigen Innenministerkonferenz der Länder vom 21. November 2003 bis spätestens 2012 abgeschlossen sein. Allerdings handhaben die Länder dies sehr uneinheitlich; nach § 64 Abs. 2 und 3 GemHVO Baden-Württemberg sind die kommunalen Haushalte erst bis zum Haushaltsjahr 2020 auf die doppische Buchführung umzustellen (GBl. S. 55, 57 vom 16. April 2013).