:: 11/2013

Aktuelle Entwicklung des Gesamtabfallaufkommens in Baden‑Württemberg

Infolge von Produktion und Konsum entstehen Abfälle in sehr breiter Vielfalt und sehr unterschiedlichen Mengen. In der Summe resultiert daraus in Baden‑Württemberg ein Gesamtaufkommen an Abfällen von aktuell rund 45 Mill. Tonnen (t). Im vorliegenden Beitrag wird die aktuelle Entwicklung des Gesamtaufkommens auch in der Differenzierung nach seinen Hauptabfallkategorien betrachtet. Neben der Darstellung des erreichten Standes bei der Verwertung der angefallenen Abfallmengen wird durch Gegenüberstellung mit volkswirtschaftlichen Kenngrößen auch der Frage nachgegangen, inwieweit durch eine Reduzierung der Abfallintensität von Produktion und Konsum ein Beitrag zur erhöhten Ressourceneffizienz der Volkswirtschaft im Land erkennbar wird.

Anstieg des Gesamtaufkommens auf 45 Mill. Tonnen

Das Gesamtaufkommen an Abfällen in Baden‑Württemberg summierte sich im Jahr 2012 auf wenig unter 45 Mill. t. Das waren knapp 4,3 Mill. t mehr als im Jahr zuvor. Mit diesem Anstieg um mehr als 10 % hat sich die bereits im Jahr 2011 beobachtete Zunahme weiter fortgesetzt und sogar beschleunigt. Das Gesamtabfallaufkommen im Land hat damit fast wieder den Stand von 1996 erreicht, jenes Jahres, für das erstmals vergleichbare Zahlen vorliegen. Allerdings lag das Aufkommen an Abfällen um die Jahrtausendwende in den Jahren 1999 bis 2001 noch auf jeweils deutlich höherem Niveau.

Der Anstieg des Gesamtabfallaufkommens im Jahr 2012 ist jedoch allein auf die kräftige Zunahme der Mengen an Bau- und Abbruchabfällen zurückzuführen. Bei den anderen Abfallkategorien, aus denen sich das Gesamtaufkommen zusammensetzt, errechnet sich für 2012 eine teils deutliche Abnahme der zu entsorgenden Mengen. Insofern ist für die Erklärung der Gesamtentwicklung auch eine differenzierte Betrachtung nach Abfallkategorien erforderlich (Schaubild 1).

Abfallintensität: Langfristig spürbar verringert …

Bezogen auf die gesamte Volkswirtschaft des Landes steht dem zuletzt wieder angestiegenen Gesamtaufkommen von Abfällen eine ebenfalls fortgesetzte Steigerung der gesamten Wirtschaftsleistung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), gegenüber. Allerdings war das Wirtschaftswachstum schwächer ausgeprägt als die Zunahme des Abfallaufkommens. Dadurch ist die gesamtwirtschaftliche Abfallintensität, errechnet aus dem Quotienten von Abfallaufkommen und Bruttoinlandsprodukt, wieder etwas angestiegen, nachdem 2010 der seit 1996 niedrigste Intensitätswert erreicht worden war. Mit über 115 Kilogramm (kg) je 1 000 Euro BIP liegt die volkswirtschaftliche Abfallintensität im Land jedoch weiter erheblich unter dem Niveau des Jahres 1996. Aus dem Vergleich der Indexreihen von Abfallaufkommen und preisbereinigtem BIP errechnet sich gemessen am Jahr 1996 ein Rückgang der Abfallintensität bis 2012 um knapp 24 %. Demnach ist trotz der zuletzt spürbar erhöhten Abfallintensität langfristig eine deutliche Entkoppelung des Abfallaufkommens von der wirtschaftlichen Entwicklung im Land festzustellen (Schaubild 2).

… und niedriger als im Bundesdurchschnitt

Die gesamtwirtschaftliche Abfallintensität liegt in Baden‑Württemberg aufgrund der hier vergleichsweise schwach vertretenen Grundstoffindustrien und damit vergleichsweise wenig abfallintensiven Produktionsstrukturen auch weiterhin spürbar unter dem Bundesdurchschnitt (138 kg je 1 000 Euro BIP). Dies wird auch darin sichtbar, dass der Anteil Baden‑Württembergs am bundesweiten Abfallaufkommen, Bezugsjahr 2011, bei 10,5 % lag, während der Anteil des Landes am BIP in Deutschland knapp 15 % ausmachte. Auch der Bevölkerungsanteil Baden-Württembergs liegt mit gut 13 % höher als der am Abfallaufkommen. Dennoch verdeckt diese Durchschnittsbetrachtung teilweise die im Land deutlich weniger abfallintensive Struktur des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe). Denn der Anteil des Landes an den bundesweit anfallenden Abfällen aus Produktion und Gewerbe wie auch an gefährlichen Abfällen liegt mit nur 3,8 % bzw. 6,5 % noch deutlich niedriger. Umgekehrt machen die Bau- und Abbruchabfälle des Landes weit über 18,5 % des entsprechenden bundesweiten Aufkommens an Bauabfällen aus. Der Anteil Baden‑Württembergs am für Deutschland insgesamt ermittelten Siedlungsabfallaufkommen bewegt sich mit 11,8 % erkennbar über dem Durchschnittswert des Gesamtaufkommens (10,5 %).

Starke Zunahme des Aufkommens an Bauabfällen

Den mit Abstand größten Abfallstrom stellen die Bau- und Abbruchabfälle, die 2012 mit 35,5 Mill. t allein fast 80 % des gesamten Abfallaufkommens ausmachten. Durch diese Dominanz bestimmen die Bauabfälle auch sehr stark die Entwicklung des Gesamtaufkommens im Land. Ihre Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Mill. t lässt sich nicht allein auf die verbesserte Baukonjunktur zurückführen. Der im Vergleich zum Vorjahr 2011 nochmals beschleunigte Anstieg resultiert offenbar auch aus verschiedenen größeren Bauvorhaben, die vor allem in der Region Stuttgart zu einem deutlich erhöhten Aufkommen an zu entsorgenden Bauabfällen geführt haben.

Mit einem Plus von über 20 % gegenüber dem Vorjahr besonders stark zugenommen haben die Mengen an Bauschutt, Straßenaufbruch und anderen Bau- und Abbruchabfällen. Ihre Menge stieg um 2,1 Mill. t auf jetzt fast 12 Mill. t. Prozentual fiel die Steigerung bei diesen Abbruchabfällen fast doppelt so stark aus wie beim Bodenaushub (Boden und Steine), dessen Menge gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Mill. t auf jetzt 23,5 Mill. t zugenommen hat.

Anhaltend hohe Recyclingquote bei Bau- und Abbruchabfällen

Trotz der starken Aufkommenssteigerung konnte sowohl bei der Teilmenge, bestehend aus Bauschutt, Straßenaufbruch sowie anderen Bau- und Abbruchabfällen, als auch beim Bodenaushub der Anteil der Verwertung nicht nur gehalten, sondern in der Summe sogar weiter gesteigert werden. Von den insgesamt fast 12 Mill. t an Bau- und Abbruchabfällen ohne Bodenaushub wurden 2012 rund 11,3 Mill. t (95 %) einer stofflichen Verwertung zugeführt. Der weitaus größte Teil davon wurde in den 206 Bauschuttrecyclinganlagen im Land behandelt und überwiegend für den Straßen- und Wegebau eingesetzt. Auf Deponien abgelagert wurden im vergangenen Jahr noch gut 600 000 t (5 %) der Bau- und Abbruchabfälle (ohne Boden und Steine). Die 2012 zu entsorgende Menge an Bodenaushub (Boden und Steine), die mit 23,5 Mill. t doppelt so hoch wie die der übrigen Bau- und Abbruchabfälle lag, wurde zu 83 % verwertet. Hier liegt der Hauptverwendungszweck nach wie vor in der Verfüllung übertägiger Abbaustätten. Auf Deponien gelangten knapp 4 Mill. t (rund 17 %) der 2012 entsorgten Bodenaushubmenge (Schaubild 3).

Aufkommen an Siedlungsabfällen weiter bei 5,9 Mill. Tonnen

Das Aufkommen an Siedlungsabfällen lag 2012 wie schon in den 4 vorausgegangenen Jahren bei 5,9 Mill. t. Den weitaus überwiegenden Teil der Siedlungsabfälle stellten mit knapp 4,8 Mill. t die Abfälle aus privaten Haushalten. Die übrigen knapp 1,1 Mill. t setzten sich überwiegend aus gewerblichen Siedlungsabfällen, insbesondere aus Transportverpackungen und aus anderen hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen zusammen. Die in der Summe in den zurückliegenden Jahren nahezu unveränderte Menge an Siedlungsabfällen ist das Ergebnis einer leicht gegenläufigen Entwicklung bei den Abfällen aus privaten Haushalten einerseits und den gewerblichen Siedlungsabfällen andererseits. Dabei hat die Menge an Haushaltsabfällen in den letzten Jahren auch durch die verstärkten Anstrengungen zur getrennten Erfassung von Abfällen aus der Biotonne und Grünabfällen sowie von anderen Wertstoffen, einschließlich Elektro- und Elektronikaltgeräten, leicht zugenommen. Im Gegensatz dazu ist die Menge der gewerblichen Siedlungsabfälle eher rückläufig. Darin kommt auch zum Ausdruck, dass gewerbliche Siedlungsabfälle zum größten Teil nicht über die öffentlich‑rechtlichen Entsorgungsträger entsorgt werden, sondern oftmals direkt den überregional gewerblichen Verwertungsanlagen zugeführt und damit nicht vollständig im Aufkommen des Landes statistisch erfasst werden.

Recyclingquote der Siedlungsabfälle bei über 64 %

Die im Land aktuell zu entsorgenden Siedlungsabfälle werden nahezu vollständig einer stofflichen oder energetischen Verwertung zugeführt. Überwiegend vorbereitet durch die getrennte Erfassung stofflich verwertbarer Fraktionen gelangten 2012 auf der ersten Entsorgungsstufe1 gut 64 % der häuslichen und gewerblichen Siedlungsabfälle in Anlagen zur stofflichen Verwertung. Dieser als Recyclingquote bezeichnete Anteil lag damit etwas höher als in den Jahren 2010 und 2011. Allerdings hatte sich für 2009 bereits eine Recyclingquote von gut 68 % errechnet. In dieser Entwicklung wird auch die verstärkte Attraktivität der energetischen Verwertung von Siedlungsabfällen sichtbar. Die Erklärung dafür, dass die Quote der thermischen Verwertung auf über 35 % stieg und somit für die Siedlungsabfälle insgesamt eine praktisch hundertprozentige Verwertung erreicht wurde, liegt darin, dass mit Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes alle Hausmüllverbrennungsanlagen im Land als Anlagen zur thermischen Verwertung eingestuft sind. Dadurch werden nicht nur die über Stoffstromanlagen für die energetische Verwertung aufbereiteten Siedlungsabfälle sowie die getrennt erfassten und thermisch verwerteten holzigen Grünabfälle der entsprechenden Verwertungsquote zugerechnet, sondern auch die als Restabfälle erfassten und direkt in Hausmüllverbrennungsanlagen zur Energiegewinnung genutzten Mengen an Haus- und Sperrmüll (Schaubild 4).

Geringe Erfolge bei der Vermeidung häuslicher Siedlungsabfälle

Im Hinblick auf die angestrebte Steigerung der Ressourceneffizienz verlangt die Europäische Abfallrahmenrichtlinie, dass den verbesserten Maßnahmen zur möglichst hochwertigen Wiederverwendung auch Abfallvermeidungsprogramme vorangestellt werden, um damit bereits die Entstehung von Abfällen und somit auch das Aufkommen von vornherein zu begrenzen. Ein erster geeigneter Indikator zur Identifikation diesbezüglicher Erfolge im Bereich der Siedlungsabfälle resultiert aus der Gegenüberstellung der Entwicklung der Abfallmenge aus privaten Haushalten und der preisbereinigten jährlichen privaten Konsumausgaben. Die so berechnete Abfallintensität des privaten Konsums hat im Vergleich zu 1996 in Baden‑Württemberg um 5 Prozentpunkte abgenommen. Ob daraus bereits eine Entkopplung von privatem Konsum und häuslichen Abfällen abzuleiten ist, muss offen bleiben. Denn in den zurückliegenden fast 10 Jahren wurden gemessen an dieser Kenngröße kaum weitere Vermeidungserfolge erzielt. Zumindest jedoch ist langfristig betrachtet bei erhöhten Konsumausgaben eine Stagnation beim Aufkommen häuslicher Abfälle festzustellen.

Weniger Abfälle aus Produktion und Gewerbe …

Im Gegensatz zu den Bau- und Abbruchabfällen war die Menge der Abfälle aus Produktion und Gewerbe im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr rückläufig. Mit knapp 1,9 Mill. t machten diese überwiegend produktionsspezifischen Abfälle lediglich rund 4,1 % des Gesamtaufkommens aus. Die Entsorgung der Abfälle aus Produktion und Gewerbe erfolgt überwiegend über Behandlungsanlagen zur stofflichen Verwertung (60 %). Weitere gut 30 % dieser Abfälle wurden 2012 einer energetischen Verwertung zugeführt. Die übrigen knapp 10 % gelangten größtenteils auf Deponien.

… und Abnahme des Aufkommens gefährlicher Abfälle

Auch die 2012 zu entsorgende Menge an gefährlichen Abfällen aus Baden‑Württemberg ging gegenüber dem Vorjahr spürbar zurück. Mit 1,5 Mill. t, das sind lediglich 3,3 % des Gesamtaufkommens, lag die Menge der gefährlichen Abfälle wieder etwa auf dem Niveau des Jahres 2010. Rund zwei Drittel der gefährlichen Abfälle wurden 2012 in Anlagen zur Verwertung behandelt. Längerfristig betrachtet scheint beim Aufkommen gefährlicher Abfälle der bis 2008 deutlich steigende Trend gestoppt. Inwieweit darin bereits eine anhaltend rückläufige Entwicklung zu sehen ist, kann jedoch vorerst noch nicht beurteilt werden. Dies liegt auch daran, dass die gefährlichen Abfälle zu rund der Hälfte aus verunreinigten Böden und verunreinigtem Bauschutt bestehen, deren Aufkommen, oft bedingt durch wenige Großanfallstellen, starken jährlichen Schwankungen unterliegt. Nur bei gut der Hälfte der gefährlichen Abfälle handelt es sich um Mengen, die durch Produktions- und Entsorgungsaktivitäten entstehen. Diese gefährlichen Abfälle aus Produktion und Entsorgung gingen in den letzten 3 Jahren deutlich zurück, sodass zumindest in diesem Bereich von einer rückläufigen Sonderabfallintensität der Produktion im Land gesprochen werden kann.

1 Abfälle werden oft nacheinander in mehreren verschiedenen Entsorgungsanlagen behandelt bevor eine abschließende Verwertung oder Beseitigung erfolgt. Der Verbleib des Aufkommens kann nur auf der ersten Entsorgungsstufe dargestellt werden.