:: 12/2013

Deutlicher Beschäftigungsaufbau im Gesundheitswesen

Im Gesundheitswesen sind während der vergangenen Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 begonnen hatte, gegen den Trend eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze entstanden. Damit hat dieser Wirtschaftsbereich maßgeblich zur günstigen Beschäftigungsentwicklung im Land beigetragen. Dabei ist es ist nicht zuletzt die Vielfalt dieses Sektors, die den stabilen Beschäftigungsaufbau möglich macht. Denn neben den Dienstleistungen der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung zählen in der hier verwendeten Abgrenzung des Gesundheitswesens auch Branchen wie die Pflege, Apotheken sowie der gesundheitsbezogene Handel und die medizinischen Vorleistungsindustrien zum Gesundheitswesen.

Knapp 43 000 neue Stellen wurden zwischen 2008 und 2011 geschaffen

Nach Berechnungen der Arbeitsgruppe »Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen der Länder« sind zwischen 2008 und 2011 im Baden‑Württembergischen Gesundheitswesen 42 600 neue Stellen entstanden. Das entspricht einem Beschäftigungsanstieg um 6,6 %. Damit liegen erstmals für ausgewählte Bundesländer vergleichbare Ergebnisse zur Beschäftigung im Gesundheitswesen nach international gebräuchlicher Abgrenzung vor.1 Das Gesundheitswesen umfasst dabei alle Einrichtungen, die zur Gesundheit der Bevölkerung beitragen. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei den 693 700 Beschäftigten, die im Jahr 2011 im Baden‑Württembergischen Gesundheitswesen tätig waren, um Beschäftigungsverhältnisse und nicht um beschäftigte Personen handelt.2

Den im Hinblick auf die Beschäftigung größten Umfang erreicht das Gesundheitswesen in Nordrhein‑Westfalen mit 1 098 900 Beschäftigten. Bezogen auf die jeweilige Bevölkerungszahl liegt dennoch Baden‑Württemberg an der Spitze der sechs untersuchten Länder. Im Jahr 2011 kamen in Baden‑Württemberg 64,3 Beschäftigungsverhältnisse mit Gesundheitsbezug auf 1 000 Einwohner, in Nordrhein‑Westfalen waren es 61,6. Am niedrigsten war der Wert mit 57,2 in Thüringen.

Starke Nachfrage nach Pflegekräften

Das Gesundheitswesen ist ein Garant für steigende Beschäftigung. Allein in Baden‑Württemberg erhöhte sich die Zahl der Stellen 2011 um 10 400 gegenüber dem Vorjahr. Im gesamten Untersuchungszeitraum von 2008 bis 2011 verlief der Beschäftigungsaufbau wesentlich dynamischer als in der gesamten Wirtschaft. Dem Plus von 6,6 % im Gesundheitswesen steht eine Veränderung der Gesamtzahl der erwerbstätigen Personen in diesem Zeitraum, in den auch die Wirtschaftskrise fiel, von lediglich 1 % gegenüber. Auch im Vergleich mit dem gesamten Dienstleistungssektor, in dem die Erwerbstätigenzahl um 2,8 % stieg, zeigte die Beschäftigungsentwicklung im Gesundheitswesen deutlich mehr Dynamik. Lediglich in den Bereichen »Erziehung und Unterricht« und »Unternehmensdienstleistungen« erreichte der Beschäftigungsaufbau mit einer Steigerungsrate von 6,7 und 6,1 % eine vergleichbare Stärke wie im Gesundheitswesen.

Vor allem die starke Nachfrage nach Pflegekräften trug beträchtlich zum Beschäftigungsanstieg im Gesundheitswesen bei. Die Zahl der Beschäftigten in ambulanten Pflegediensten sowie in stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen erhöhte sich zwischen 2008 und 2011 um 13 600, das entsprach einer Zunahme um 13,4 %. Insbesondere die ambulante Pflege verzeichnete mit einem Plus von 16,6 % einen sehr starken Beschäftigungsaufbau. Allerdings erhöhte sich die absolute Zahl der Arbeitsplätze in ambulanten Pflegediensten lediglich um 4 100. In den stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen entstanden mit 9 500 Stellen mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze. Auch in dieser Sparte stieg die Beschäftigung mit einem Plus von 12,3 % erheblich stärker als die gesamte Beschäftigung im Baden‑Württembergischen Gesundheitswesen.

In den gesundheitsbezogenen Vorleistungsindustrien Baden‑Württembergs nahm die Beschäftigung zwischen 2008 und 2011 dagegen nur um 1 200 Stellen zu. Mit einem Plus von lediglich 1,6 % wuchs die Beschäftigtenzahl in dieser Sparte deutlich schwächer als die Gesamtbeschäftigung im Gesundheitswesen des Landes. Auf die pharmazeutische, medizintechnische und augenoptische Industrie sowie auf medizinische und zahntechnische Labors und den gesundheitsbezogenen Großhandel entfielen im Jahr 2011 zwar noch 10,6 % der gesundheitsbezogenen Beschäftigungsverhältnisse im Land. Gegenüber 2008 sank der Beschäftigungsanteil jedoch um 0,6 Prozentpunkte.

Teilzeitbeschäftigung und Minijobs sind im Pflegebereich besonders häufig

Teilzeitbeschäftigung und Minijobs spielen im Gesundheitswesen eine große Rolle. Das zeigt sich darin, dass nach Berechnungen der Arbeitsgruppe »Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen der Länder« die in Vollzeitstellen umgerechnete Beschäftigung erheblich unter der Gesamtbeschäftigtenzahl liegt. So belief sich im Baden‑Württembergischen Gesundheitswesen die Zahl der Vollzeitäquivalente im Jahr 2011 auf 520 200. Damit entfielen 75 Vollzeitäquivalente auf 100 Beschäftigungsverhältnisse. Diese Relation entspricht dem Mittelwert der sechs untersuchten Bundesländer. Nur Sachsen und Thüringen übertrafen mit jeweils knapp 80 Vollzeitäquivalenten auf 100 Beschäftigte den Durchschnittswert in Höhe von 75,2 deutlich.

Innerhalb des Gesundheitswesens unterscheiden sich die Teilbereiche im Hinblick auf die zeitliche Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse erheblich. Gerade im Pflegebereich sind Beschäftigungsverhältnisse mit reduziertem zeitlichem Umfang häufiger als im Branchenmittel. Im Jahr 2011 entsprachen in Baden‑Württemberg 100 Beschäftigungsverhältnisse in den Einrichtungen der stationären und teilstationären Pflege lediglich 69,2 Vollzeitäquivalenten. In der ambulanten Pflege belief sich die Relation sogar nur auf 59,1. Dagegen sind die verschiedenen Formen der Teilzeitbeschäftigung in den Vorleistungsindustrien sehr viel weniger verbreitet. Das wird darin deutlich, dass dort auf 100 Beschäftigungsverhältnisse 81,8 Vollzeitäquivalente entfielen. Im Gesundheitshandwerk/-einzelhandel betrug der entsprechende Wert sogar 85,2.

Das Gesundheitswesen ist eine Frauendomäne

Ende 2011 waren in den sechs Bundesländern drei Viertel aller Arbeitsplätze im Gesundheitswesen mit Frauen besetzt. Der Anteil variierte zwischen 72,2 % in Hessen und 76,3 % in Thüringen und Sachsen. In Baden‑Württemberg entsprachen die 512 100 Beschäftigungsverhältnisse, die auf Frauen entfielen, einem Anteil von 73,8 % an der Gesamtzahl der Beschäftigungsverhältnisse in diesem Sektor. Den höchsten Anteil der von Frauen gehaltenen Beschäftigungsverhältnisse weist neben den Arzt- und Zahnarztpraxen mit 84,7 und 86,7 % der Pflegebereich auf. In den Einrichtungen der stationären und teilstationären Pflege entfallen 85,1 % der Beschäftigungsverhältnisse auf Frauen. Der höchste Wert wird bei den Einrichtungen der ambulanten Pflege mit 89,6 % erreicht. Dagegen war in den Vorleistungsindustrien der Beschäftigungsanteil der Frauen mit nur 47,1 % erheblich geringer. Im Gesundheitshandwerk/-einzelhandel lag er sogar bei nur 43,3 %.

Weiterhin starke Beschäftigungsimpulse aus der Pflege

Die Ergebnisse der Gesundheitspersonalrechnung der Länder machen deutlich, dass in den letzten Jahren wichtige Impulse zur Ausweitung der Beschäftigung im Gesundheitswesen aus dem Pflegebereich gekommen sind. Modellrechnungen des Statistischen Landesamtes Baden‑Württemberg deuten darauf hin, dass sich diese Tendenz aufgrund der demografischen Alterung auch mittel- und langfristig fortsetzten wird.3 Ein zusätzlicher Bedarf von über 50 000 Pflegekräften bis zum Jahr 2030 und sogar von deutlich über 100 000 Pflegekräften bis zum Jahr 2050 scheint dabei im Bereich des Möglichen zu liegen. Die Bedeutung des Gesundheitswesens als wichtigem Beschäftigungs- aber auch Wachstumssegment der Baden‑Württembergischen Wirtschaft dürfte damit weiter steigen.