:: 12/2013

Die Umweltschutzbranche in Baden‑Württemberg im Jahr 2012

Die Umweltschutzbranche in Baden‑Württemberg, die sich als Querschnittsbranche über nahezu die gesamte Wirtschaft erstreckt, hatte nach anhaltender starker Expansion erstmals im zurückliegenden Jahr 2012 deutliche Umsatzeinbußen hinzunehmen. Hauptgrund war die Krise im Bereich der Erzeugnisse zur Nutzung von Solarenergie. Im vorliegenden Beitrag wird die Entwicklung von Umsatz und Beschäftigten in der Umweltbranche in der Differenzierung nach Umweltbereichen betrachtet. Dabei erfolgt auch eine Darstellung in der Gliederung nach Wirtschaftszweigen und für die Stadt- und Landkreise.

Um 11 % niedrigere Umsätze mit Umweltschutzgütern

Die seit 2006 beobachtete starke Expansion der Umweltschutzbranche in Baden‑Württemberg hat sich 2012 nicht weiter fortgesetzt. Erstmals seit 2005 sind die Umsätze Baden‑Württembergischer Betriebe mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz gegenüber dem Vorjahr nicht weiter angestiegen, sondern im Gegensatz dazu sogar spürbar zurückgegangen. Mit insgesamt etwas über 9 Mrd. Euro lagen die umweltschutzbezogenen Umsätze 2012 um 11 % niedriger als im Jahr 2011. Dieser relativ deutlich Rückgang ist fast ausschließlich auf die starken Einbußen beim Umsatz mit Waren für die Nutzung von Solarenergie zurückzuführen. Allein in diesem Teilsegment der Umweltbranche im Land haben die Umsätze um 43 % (1,1 Mrd. Euro) auf aktuell unter 1,5 Mrd. Euro abgenommen. Darin spiegeln sich vor allem die Auswirkungen der weltweiten Überkapazitäten in der Herstellung von Solarmodulen wider.

Die hier betrachteten Angaben beziehen sich auf Umsätze, die mit der Erzeugung von Technologien (Waren, Bau- und Dienstleistungen) für den Umweltschutz erzielt wurden. Nicht enthalten sind Umsätze aus Entsorgungsdienstleistungen1 sowie aus Gebrauchs- und Konsumgütern, die in erster Linie anderen Zwecken dienen, auch wenn bei ihrer Herstellung und/oder Nutzung geringere Umweltbelastungen entstehen als mit anderen, vergleichbaren Zwecken dienenden Gütern. Insbesondere nicht einbezogen sind Umsätze aus dem Absatz von Strom und Wärme, die aus erneuerbaren Energien gewonnen werden (i‑Punkt).

Zahl der Betriebe mit Umweltumsätzen weiter angestiegen

Im Gegensatz zur rückläufigen Umsatzentwicklung hat die Gesamtzahl der Betriebe im Land, die nach eigenen Angaben umweltschutzbezogene Umsätze in der beschriebenen Abgren­zung erzielt haben, auf 1 248 Einheiten weiter zugenommen (im Vorjahr 1 216 Betriebe).

In diesen Betrieben waren 2012 über 35 600 Beschäftigte (Vollzeitäquivalente) mit der Herstellung von Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz eingesetzt. Damit hat sich das Beschäftigungsvolumen der Umweltbranche zwar nicht weiter erhöht, konnte aber fast auf dem Niveau der Vorjahre gehalten werden (2011 gut 35 900 Beschäftigte). Die Umweltbranche hat damit ein höheres Beschäftigungsvolumen als beispielsweise die Herstellung chemischer oder pharmazeutischer Erzeugnisse und ihr Umsatz liegt im Land in einer mit diesen beiden Branchen des Verarbeitenden Gewerbes vergleichbaren Größenordnung.

Der Anteil der Baden‑Württembergischen Hersteller von Umweltschutzgütern an den bundesweit erzielten umweltschutzbezogenen Umsätzen war 2011 auf über 15 % angestiegen. Damit wurde durch die Umweltbranche der entsprechende Anteil Baden‑Württembergs an der gesamten Wirtschaftsleistung (14,8 %) – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – erstmals übertroffen. Bezogen auf das Verarbeitende Gewerbe allein lag der Landesanteil an den bundesweit erzielten Umweltumsätzen sogar bei 16,4 %. Auch der Anteil des Landes bezogen auf die bundesweit in der Umweltbranche Beschäftigten stieg 2011 über die Fünfzehnprozentmarke. Angaben für 2012 liegen bundesweit noch nicht vor.

Starke Einbußen im Solarsektor dominieren die Entwicklung

Die in den zurückliegenden Jahren beobachtete dynamische Expansion der Umweltbranche war auf entsprechend starke Zuwächse in der Herstellung von Waren für den Klimaschutz gegründet. Dazu zählen neben den Leistungen, die direkt der Verringerung und Vermeidung von Treibhausgasemissionen dienen, vor allem Güter zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Energieeinsparung. Der im Jahr 2012 festzustellende Rückgang ist praktisch allein auf die massiven Umsatzrückgänge in der Solarbranche zurückzuführen. Einbußen waren außer im Solarbereich auch bei Anlagen zur Nutzung von Bioenergie zu verzeichnen. Die anderen dem Klimaschutz zugeordneten Teilsektoren der Herstellung von Gütern zur Nutzung von Windenergie und vor allem die Waren, Bau- und Dienstleistungen für die Steigerung der Energieeffizienz und zur Energieeinsparung verzeichneten 2012 deutliche Zuwächse gegenüber dem Vorjahr. So konnten die Umsätze im Bereich der Gewinnung von Windenergie mehr als verdoppelt werden, und die Güter zur Verbesserung der Energieeffizienz erbrachten eine Umsatzsteigerung um rund 240 Mill. Euro auf jetzt über 1,2 Mrd. Euro.

Insgesamt konnte aber der Zuwachs im Wind- sowie im Energieeffizienzbereich die starken Einbußen der Solarbranche nicht kompensieren, sodass der Anteil des Sektors Klimaschutz an den gesamten umweltschutzbezogenen Umsätzen 2012 auf rund 45 % zurückging. Im Jahr 2011 lag der Anteil bei über 50 %.

Stagnation der Umsätze in den klassischen Umweltschutzbereichen

Die Umsätze in den klassischen Bereichen der Abfallwirtschaft, der Abwasserwirtschaft, der Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung sowie anderen Umweltschutzmaßnahmen hatten 2012 zusammen ein Volumen von gut 4,9 Mrd. Euro. Das waren rund 2 % weniger als im Jahr davor. Auch hier haben sich die Umsätze in den einzelnen Teilbereichen unterschiedlich entwickelt. Die insgesamt stagnierende Entwicklung der umweltschutzbezogenen Umsätze in den klassischen Bereichen resultiert aus dem jeweils überdurchschnittlichen Rückgang der Umsätze in den Bereichen Abfallwirtschaft, Lärmbekämpfung und den besonders spürbaren Einbußen bei den Gütern zur Luftreinhaltung. Hingegen konnten die Umsätze mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für die Abwasserwirtschaft deutlich gesteigert werden (+17,1 %). Und auch bei den umweltbereichsübergreifenden Maßnahmen2 war noch eine Zunahme der Umsätze um 6 % zu verzeichnen. Eine allgemein zutreffende Erklärung für die in der Summe leicht rückläufige, in den Teilbereichen aber recht unterschiedliche Entwicklung ist nicht erkennbar. In das Bild passt jedoch, dass im Verarbeitenden Gewerbe des Landes insgesamt im Jahr 2012 eine leicht rückläufige Produktion zu registrieren war.

Branchenentwicklung nicht einheitlich – Maschinenbau mit starken Einbußen

Von der rückläufigen Entwicklung des Umsatzes in der wirtschaftszweigübergreifenden Umweltbranche besonders stark betroffen war der mit Solarerzeugnissen befasste Teil des Maschinenbaus. Dort gingen im Jahr 2012 die umweltschutzbezogenen Umsätze im Land um 1,04 Mrd. Euro oder 30 % gegenüber dem Vorjahr zurück. Mit einem Minus von gut 16 % hatte auch die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen einen spürbaren Umsatzrückgang bei den Umweltschutzgütern zu verkraften. Im Fahrzeugbau konnte das Niveau der Umweltumsätze fast gehalten werden. In einer Reihe anderer Branchen des Verarbeitenden Gewerbes waren hingegen Zuwächse bei den umweltschutzbezogenen Umsätzen zu verzeichnen. Dies gilt insbesondere für die Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren und die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen. Aber auch die Herstellung chemischer Erzeugnisse und die Herstellung von Glas- und Keramikwaren einschließlich Verarbeitung von Steinen und Erden stehen mit einem spürbaren Plus bei den Umweltschutzumsätzen zu Buche. Deutliche Umsatzsteigerungen im Umweltschutzbereich sind außerdem im Baugewerbe und in den einschlägigen Wirtschaftszweigen des Dienstleistungsgewerbes erzielt worden.

Stärker noch als bei den Umsätzen sind die Unterschiede in der Betroffenheit der Branchen bei der Entwicklung der Beschäftigten, die mit der Herstellung von Umweltschutzgütern befasst sind. Der auffällig starke Rückgang (– 23 %) der Beschäftigtenzahl im Maschinenbau im Land konnte durch das Plus in einer Reihe anderer Branchen des Verarbeitenden Gewerbes nicht vollständig ausgeglichen werden. Daher ist für das Verarbeitende Gewerbe insgesamt noch ein Rückgang bei der mit der Herstellung von Umweltschutzgütern beschäftigten Personenzahl zu verzeichnen. Die Minderbeschäftigung dort wurde durch ein Mehr an Beschäftigung im Umweltschutzbereich des Baugewerbes fast vollständig kompensiert, sodass das Beschäftigungsniveau der Umweltschutzbranche im Land insgesamt nur wenig zurückging.

Schrumpfender Exportanteil

Die im Jahr 2012 insgesamt rückläufige Entwicklung der umweltschutzbezogenen Umsätze ging in erster Linie zu Lasten der Exporte. So haben die im Ausland erzielten umweltschutzbezogenen Umsätze um nahezu 1 Mrd. Euro und damit weit überdurchschnittlich auf knapp 3,5 Mrd. Euro abgenommen. Die Exportquote sank dadurch von fast 45 % im Jahr 2011 auf jetzt noch 39 %. Für die im Inland erzielten Umsätze errechnet sich hingegen ein vergleichsweise geringes Minus von 3 %. Der Rückgang der Exporte konzentriert sich fast vollständig auf Güter des Bereichs Klimaschutz, wobei wiederum in erster Linie die weniger nachgefragten Erzeugnisse zur Nutzung von Solarenergie mit einem Minus von 870 Mill. Euro den Ausschlag gegeben haben. In anderen Bereichen, wie der Erzeugnisse zur Luftreinhaltung oder auch Wind- und Bioenergieanlagen, konnte umgekehrt bei teils geringeren Umsatzbeträgen der Anteil des Exports am Gesamtumsatz mit Umweltschutzgütern gesteigert werden.

Regional abweichende Entwicklung bei Umsatz und Beschäftigten der Umweltbranche

Die rund 1 250 Betriebe im Land, die 2012 Umsätze mit Umweltschutzgütern erzielten, verteilen sich über alle Stadt- und Landkreise. Weiterhin bestehen sowohl bei den erzielten Umsätzen als auch bei der Zahl der mit der Produktion von Umweltschutzgütern beschäftigten Personen deutliche regionale Unterschiede. Der höchste Umsatzbetrag (965 Mill. Euro) entfällt nach wie vor auf den Landkreis Lörrach. Dort konnte entgegen dem Gesamttrend eine nochmalige Umsatzsteigerung erreicht werden. In weiteren drei Kreisen (Stuttgart, Mannheim und Landkreis Calw), in denen Einbußen in unterschiedlicher Größenordnung zu verzeichnen sind, summierten sich die Umweltschutzumsätze auf über 600 bis fast 800 Mill. Euro. Insgesamt war 2012 in je der Hälfte der Kreise im Land eine Zu- bzw. Abnahme der im Umweltbereich erzielten Umsätze zu registrieren.

Geringer als beim Umsatzvolumen ist die regionale Streubreite bei der Zahl der in der Umweltschutzbranche beschäftigten Personen (Vollzeitäquivalente). Weiter eindeutig an der Spitze rangiert hier Stuttgart mit über 4 200 Beschäftigten, obwohl dort ein vergleichsweise starker Rückgang gegenüber dem Vorjahr eingetreten ist. In weiteren 14 Kreisen ging das Beschäftigtenvolumen der Umweltbranche ebenfalls zurück. In der Mehrzahl der Stadt- und Landkreise des Landes (29) jedoch stieg die Zahl der Beschäftigten in der Umweltbranche gegenüber dem Vorjahr teils sogar kräftig an.

1 Hier nicht einbezogen sind die Entsorgungsdienstleistungen im Bereich der Abfallwirtschaft und der Abwasserentsorgung. Die Ermittlung von Umsätzen und Beschäftigten in diesen Bereichen erfolgt im Rahmen der Strukturerhebung bei Unternehmen der Entsorgungswirtschaft. Ergebnisse für 2012 liegen dazu noch nicht vor. 2011 wurden durch Baden‑Württembergische Unternehmen dieses Bereiches mit zusammen rund 11 300 Beschäftigten Umsätze in Höhe von knapp 2,8 Mrd. Euro erwirtschaftet.

2 Darunter zusammengefasst sind Güter, die nicht einem einzelnen Umweltbereich zugeordnet werden können.