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Trink- und Abwasserpreise in Baden-Württemberg 2013

Die Entwicklung der Abwasserentgelte in Baden-Württemberg ist in den letzten Jahren geprägt von der Umstellung der Einheitsgebühren auf die gesplitteten Abwassergebühren. Eine besondere Aufgabe für die Städte und Gemeinden war hierbei die Bestimmung der versiegelten Grundstücksflächen. Diese für die Berechnung der Niederschlagswassergebühr notwendige Größe musste vom Großteil der Kommunen erst zum Beispiel durch Luftbilder ermittelt werden. Aktuell rechnen rund 94 % der Städte und Gemeinden ihre Kosten für die Abwasserentsorgung über eine gesplittete Abwassergebühr ab. Damit haben 67 Gemeinden ihr Gebührenmodell noch nicht umgestellt bzw. rückwirkend eingeführt. Der Preis für die Entsorgung und Behandlung von Abwasser lag in Gemeinden mit gesplitteter Abwassergebühr bei durchschnittlich 1,90 Euro pro Kubikmeter (m3) Abwasser und 0,45 Euro pro Quadratmeter (m2) versiegelter Fläche (i-Punkt).

2 Cent für 10 Liter Leitungswasser

Der Preis für die Bereitstellung und Lieferung eines m3 Trinkwasser in Baden-Württemberg liegt im Jahr 2013 bei durchschnittlich 2,01 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 4 Cent mehr für den m3. Seit dem Jahr 2003 hat sich der Trinkwasserpreis um 36 Cent erhöht, was einer Preissteigerung von knapp 22 % entspricht. Die größten Preiserhöhungen gab es in den 1990er-Jahren. In dieser Zeit wurden verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Trinkwasserqualität durchgeführt. Zwischen den Jahren 1991 und 2000 hat sich der Preis für einen m3 Tinkwasser um 47 Cent erhöht, das entspricht einer Preissteigerung von fast 44 %.

Ein m3 entspricht einer Menge, die für beispielsweise sieben Bäder (Annahme: Badewanne mit 150 Litern (l)) oder 4 000 Wassergläser (0,25 l) ausreicht. Umgerechnet auf 10 l liegt der Trinkwasserpreis bei durchschnittlich 0,02 Euro. Über einen längeren Zeitraum betrachtet bezahlt ein Verbraucher in Baden-Württemberg seit 1998 durchschnittlich 2 Cent für 10 l Trinkwasser.

Die Abwassergebührenmodelle im Land

Durch die Abwassergebühren werden in der Regel die Kosten für die Sammlung, den Transport und die Reinigung von Schmutz- und Niederschlagswasser gedeckt. Schmutzwasser ist dabei definiert als durch Gebrauch verändertes Wasser. Darunter fällt zum Beispiel Wasser, das zum Duschen, Spülen oder Waschen verwendet wurde. Nach Gebrauch wird Schmutzwasser über die öffentliche Sammelkanalisation zur Reinigung in eine Kläranlage eingeleitet. Niederschlagswasser gelangt über versiegelte Flächen wie zum Beispiel Straßen, Dächer, Parkplätze und Einfahrten in die Kanalisation bzw. Kläranlage. Wieviel Abwasser anfällt, hängt also sowohl vom Wasserverbrauch unter anderem der Bevölkerung als auch von der Größe der versiegelten Flächen einer Stadt oder Gemeinde ab. Bei dem Gebührenmodell einer Einheitsgebühr werden die gesamten Kosten für die Sammlung, den Transport und die Reinigung von Schmutz- und Niederschlagswasser auf einen Kubikmeterpreis umgelegt. Das Gebührenmodell der gesplitteten Abwassergebühr verfolgt dagegen das Prinzip der verursachergerechten Verteilung der Abwasserentsorgungskosten.

Die beiden Komponenten Schmutz- und Niederschlagswasser werden getrennt betrachtet. Schmutzwasser wird weiterhin als verbrauchsabhängige Gebühr über den m3 Frischwasser abgerechnet und Niederschlagswasser über die m2 versiegelter Fläche eines Grundstücks. Dahinter steht der Gedanke, dass durch große versiegelte Flächen wie zum Beispiel der Parkplatz eines Einkaufszentrums viel mehr Niederschlagswasser in die Kanalisation eingeleitet wird als beispielsweise durch die in der Regel geringer versiegelten Flächen eines Einfamilienhauses mit Garten. Wünschenswert hierbei ist eine zunehmende Entsiegelung der Flächen in Städten und Gemeinden. Niederschlagswasser muss damit nicht erst aufwendig gereinigt werden, sondern versickert und trägt zur Grundwasserneubildung und zum Hochwasserschutz bei.

Wenn eine Gemeinde ihr Gebührenmodell von einer Einheitsgebühr auf eine gesplittete Gebühr umstellt, ist zu erwarten, dass der Preis für einen m3 Abwasser sinkt, da die Kosten für die Entsorgung des Niederschlagwassers gesondert erhoben werden. Trifft dies nicht zu, liegt die Erklärung häufig in einer ohnehin anstehenden Gebührenerhöhung aufgrund von zum Beispiel erhöhten Investitions-, Sanierungs- oder Instandhaltungskosten.

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim

Der Frischwassermaßstab als Bemessungsgrundlage für eine Einheitsgebühr von Schmutz- und Niederschlagswasser ist seit 2010 grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ausschlaggebend hierfür ist das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Mannheim vom 11. März 2010. Bis dahin galt in Baden-Württemberg das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2004, welches eine Einführung der gesplitteten Abwassergebühr bei homogenen Siedlungsstrukturen als nicht notwendig beurteilte. Dabei wurde angenommen, dass im Regelfall bei einer Einwohnerzahl von 60 000 bis 80 000 homogene Siedlungsverhältnisse vorliegen.

Zum 1. Januar 2013 haben knapp 94 % der Gemeinden, die 96 % der Bevölkerung repräsentieren, ihre Kosten für die Abwasserentsorgung über eine gesplittete Abwassergebühr mit dem Verbraucher abgerechnet. Die Gebühr für einen m3 Schmutzwasser lag Anfang 2013 bei durchschnittlich 1,90 Euro und für die Entsorgung von Niederschlagswasser bei 0,45 Euro pro m2 versiegelter Fläche und Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Steigerung von 3 Cent bei der Kubikmetergebühr und 1 Cent bei der Quadratmetergebühr. Im Vergleich zu 2009 ist der Anteil der Gemeinden mit einer gesplitteten Abwassergebühr von knapp 3 %, die 16 % der Bevölkerung entsprechen, auf rund 94 % (96 % der Bevölkerung) angestiegen.

Deutliche Preisspannen bei den Abwassergebühren der Gemeinden

In den einzelnen Gemeinden in Baden-Württemberg sind die Abwassergebühren1 sehr unterschiedlich und weichen zum Teil erheblich vom Landesdurchschnitt ab. So bezahlt ein Einwohner in Buchheim im Landkreis Tuttlingen (5,49 Euro pro m3) eine fast 10-fach höhere Kubikmetergebühr als in Hartheim im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (0,57 Euro pro m3). Die Niederschlagswassergebühr dagegen ist in Buchheim mit 0,26 Euro pro m2 42 Cent geringer als in Hartheim (0,68 Euro pro m2). Beide Gemeinden erheben keine Grundgebühr.

Alleine über den Vergleich der Kubikmetergebühr kann jedoch keine Aussage über die Gesamtkosten der Abwasserentsorgung für einen Haushalt getroffen werden. So ist die Höhe der Gesamtgebühr auch vom individuellen Wasserverbrauch abhängig. Die Spanne des durchschnittlichen Wasserverbrauchs2 liegt in den 1 101 baden-württembergischen Gemeinden bei 54 bis 220 l pro Einwohner und Tag. Im Jahr 2010 lag der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Kopf in Buchheim bei rund 98 l pro Tag und in Hartheim bei 92 l pro Tag. Unter Berücksichtigung dieser Größen errechnet sich eine verbrauchsabhängige Gebühr von rund 196 bzw. 19 Euro je Einwohner und Jahr. Die Niederschlagswassergebühr wird über die Größe der versiegelten Fläche eines Grundstücks in Euro pro m2 berechnet. Hier zeigen sich sehr unterschiedliche Siedlungsstrukturen in den Gemeinden. Buchheim hat mit 667 Einwohner deutlich weniger Einwohner als Hartheim (4 565 Einwohner)3 und fällt nach LEP4 unter die Kategorie »Ländlicher Raum im engeren Sinne«. Hartheim entspricht der Zuordnung »Randzone um die Verdichtungsräume«. Die durchschnittliche versiegelte Fläche je Einwohner beträgt in Buchheim 95 m2 und in Hartheim 54 m2. Dies ergibt eine Niederschlagswassergebühr von rund 25 bzw. 37 Euro pro Jahr. Aus all diesen Informationen lassen sich in den beiden Gemeinden durchschnittliche Kosten für die Abwasserentsorgung von 221 bzw. 56 Euro je Einwohner berechnen. Es bleiben auch in der Aggregation der Gebührenkomponenten erhebliche Unterschiede zwischen den Gemeinden.

Für die Preisunterschiede in den Städten und Gemeinden gibt es vielfältige Gründe und Ursachen, die beim Preisvergleich der Gemeinden untereinander berücksichtigt werden müssen. Sowohl die topografischen, geologischen und hydrologischen Gegebenheiten in den jeweiligen Naturräumen als auch die Siedlungsstruktur des Versorgungsgebietes beeinflussen beispielsweise die anfallenden Bau-, Sanierungs- und Ausbaukosten der Infrastruktur.

Fazit

Die Kosten für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung können von den Gemeinden durch verschiedene Gebührenmodelle gedeckt werden. In der Regel werden die verbrauchsabhängigen Kosten über den Frischwasserverbrauch abgerechnet. Zusätzlich hat die Gemeinde die Möglichkeit, eine verbrauchsunabhängige Gebühr, in der Regel eine Grundgebühr, zu erheben, die fixe und damit besser planbare Einnahmen erlaubt. Während eine Grundgebühr bei der Trinkwasserversorgung häufig erhoben wird, ist diese im Abwasserbereich weniger weit verbreitet. Bei der Preisgestaltung fordert die Europäische Wasserrahmenrichtlinie die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips.

1 Vergleich zwischen Gemeinden, die eine gesplittete Gebühr erheben.

2 Wasserabgabe an Haushalte ohne gewerbliche und sonstige Kleinverbraucher (geschätzter Anteil von 85 %).

3 Stand: 30. Juni 2010.

4 Raumkategorien gemäß Landesentwicklungsplan 2002.