:: 3/2014

Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg

Im Rahmen des Mikrozensus, der größten jährlich stattfindenden amtlichen Haushaltsbefragung in Deutschland, werden seit dem Jahr 2005 unter anderem auch Daten zu einem etwaigen Migrationshintergrund der Bevölkerung erhoben. Nach den aktuellsten Ergebnissen des Mikrozensus lebten im Jahr 2012 knapp 2,9 Mill. Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg. Damit zählte mehr als ein Viertel der Baden-Württemberger zur Gruppe der Migranten.

Ein gutes Bildungsniveau ist ein entscheidender Faktor für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft. Eine erfolgreiche schulische und berufliche Ausbildung stellt die Weichen für die Partizipation am Erwerbs- und somit am gesellschaftlichen Leben. Die nachfolgende Analyse zeigt, dass Migranten1 im Durchschnitt ein niedrigeres Bildungs- und Ausbildungsniveau haben als die Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund. Auch liegt die Erwerbsbeteiligung der Migranten deutlich unter der Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Migranten in Baden-Württemberg sind dementsprechend häufiger auf Unterhalt durch Angehörige und staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen.

Nach wie vor bestehen in vielen Bereichen des täglichen Lebens deutliche Unterschiede zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund. Der folgende Beitrag vergleicht die Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund anhand der sozioökonomischen Faktoren schulische und berufliche Qualifikation, Partizipation am Erwerbsleben und Lebensunterhalt. Zudem werden die Familienstrukturen vergleichend gegenübergestellt.

Jeder fünfte Einwohner Deutschlands hat einen Migrationshintergrund

Nach Angaben des Mikrozensus lebten im Jahr 2012 rund 16,3 Mill. Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung in Höhe von 20 %. Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen zugewanderte und in Deutschland geborene Ausländer sowie Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit wie beispielsweise Spätaussiedler, eingebürgerte Personen und deren Kinder sowie die Kinder ausländischer Eltern, die bei der Geburt zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben (nach der sogenannten »Ius-soli«-Regelung2).

Hinsichtlich des Bevölkerungsanteils der Menschen mit Migrationshintergrund zeigt sich in Deutschland ein deutliches West-Ost-Gefälle. So lag der durchschnittliche Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in den neuen Bundesländern im Jahr 2012 bei 4,8 %, wohingegen in den alten Bundesländern ein Migrantenanteil in Höhe von 22,8 % erreicht wurde.

Baden-Württemberg ist das Flächenland mit dem höchsten Migrantenanteil

Bundesweit die höchsten Migrantenanteile wiesen die Stadtstaaten Bremen (28,7 %) und Hamburg (27,5 %) auf. Dies bestätigt den tendenziell positiven Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdichte und Migrantenanteil, demzufolge Migranten in den Städten vergleichsweise häufiger anzutreffen sind als in ländlich geprägten Regionen. Im Bundesländervergleich lag Baden-Württemberg mit einem Migrantenanteil in Höhe von 26,7 % an dritter Stelle. Unter den deutschen Flächenländern wies Baden-Württemberg den höchsten Migrantenanteil auf und lag im Vergleich der Flächenländer noch vor Hessen (25,9 %), Nordrhein-Westfalen (24,7 %) und Bayern (20 %).

Mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg hat einen Migrationshintergrund

Im Jahr 2012 lebten in Baden-Württemberg rund 10,8 Mill. Menschen, davon knapp 2,9 Mill. mit Migrationshintergrund.3 Fast 1,6 Mill. Menschen bzw. 54,8 % der Personen mit Migrationshintergrund waren im Jahr 2012 im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft, rund 1,3 Mill. bzw. 45,2 % der Migranten waren Ausländer. Mit einem Anteil an der Gesamtbevölkerung in Höhe von rund 26,7 % zählte demnach im Jahr 2012 etwas mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg zur Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund.

Migranten zieht es nach Stuttgart

Im regionalen Vergleich zeigen sich in Baden-Württemberg beträchtliche Unterschiede hinsichtlich des Anteils der Migranten an der Gesamtbevölkerung. Im Jahr 2012 lebten rund 224 000 Menschen mit Migrationshintergrund im Stadtkreis Stuttgart. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung im Stadtkreis (knapp 614 000) lag der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund demnach bei 36,5 %. Unter den zwölf Regionen des Landes steht die Region Stuttgart (ohne Stadtkreis Stuttgart) mit einem Migrantenanteil in Höhe von 30,6 % an erster Stelle vor der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg (29,8 %). Im eher ländlich geprägten, weniger dicht besiedelten Raum leben weniger Migranten. So lag der Anteil der Migranten in der Region Südlicher Oberrhein gemessen an der Gesamtbevölkerung bei 21,1 %, in der Region Bodensee-Oberschwaben hatten 20,8 % der dort lebenden Menschen einen Migrationshintergrund. Die im Südosten gelegene Region Donau-Iller4 bildete das Schlusslicht im regionalen Vergleich (Migrantenanteil: 19,8 %).

Migranten sind im Durchschnitt etwa 9 Jahre jünger

Die Migranten in Baden-Württemberg sind deutlich jünger als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Das durchschnittliche Alter der Menschen mit Migrationshintergrund lag im Jahr 2012 bei knapp 36 Jahren. Die Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund waren im Durchschnitt rund 45 Jahre alt. Nach Angaben des Mikrozensus stammte im Jahr 2012 mehr als jeder dritte junge Mensch unter 20 Jahren aus einer Migrantenfamilie (38 %), 62 % der jungen Menschen unter 20 Jahre hatten keinen Migrationshintergrund.

Im Jahr 2012 lebten rund 793 000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg (Altersgruppe 0 bis unter 20 Jahre). Damit waren 27,5 % der Migranten in Baden-Württemberg jünger als 20 Jahre. Bei den Menschen ohne Migrationshintergrund waren dies lediglich 16,3 %. Der Anteil der 65-Jährigen und Älteren fiel bei den Menschen mit Migrationshintergrund (10,7 %) hingegen erheblich niedriger aus als bei den Menschen ohne Migrationshintergrund (23,2 %).

Migranten häufiger ohne Schulabschluss

Nach wie vor unterscheidet sich die schulische Qualifikationsstruktur von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund deutlich. Eine detaillierte Betrachtung der schulischen Bildungsabschlüsse der Baden-Württemberger zeigt, dass Personen mit Migrationshintergrund tendenziell ein niedrigeres Bildungsniveau haben.

Von den Migranten im Alter von 15 und mehr Jahren gaben 26,3 % an, als höchsten schulischen Bildungsabschluss die Fachhochschulreife bzw. das Abitur erreicht zu haben. Bei den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund hatten sich 29,9 % die Voraussetzung für eine akademische Laufbahn geschaffen. Rund 23 % der Migranten hatten einen Realschulabschluss in der Tasche, bei den Menschen ohne Migrationshintergrund lag dieser Anteil bei 27,1 %.

37,7 % der Migranten hatten als höchsten schulischen Bildungsabschluss den Hauptschulabschluss genannt. Mit einem Anteil von 41,5 % hatten von den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund anteilig mehr Menschen die Hauptschule abgeschlossen. Der Prozentsatz der Personen, die keinen allgemeinen Schulabschluss erreicht haben, lag bei den Migranten jedoch deutlich höher als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Während 12,9 % der Personen mit Migrationshintergrund keinen schulischen Abschluss vorweisen konnten, waren dies bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund nur 1,5 %.

Auch bei den jungen Menschen im Alter von 25 bis unter 35 Jahren bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich des erreichten Bildungsniveaus. Jugendliche mit Migrationshintergrund verlassen die Schule tendenziell mit niedrigeren Bildungsabschlüssen als einheimische Schulabgänger. Während sich 36 % der jungen Migranten im Alter von 25 bis unter 35 Jahren mit der Fachhochschulreife bzw. dem Abitur die Grundlage für eine Hochschulausbildung erarbeitet haben, gehörte von den jungen Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund sogar jeder zweite dieser Gruppe an. Etwa 5,6 % der jungen Migranten hatten im Jahr 2012 keinen allgemeinen Schulabschluss vorzuweisen, bei den jungen Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund waren dies hingegen nur 1,3 %.

Fast die Hälfte der Migranten im Land ist ohne beruflichen Abschluss

Ein wesentliches Kriterium für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft ist neben der schulischen Ausbildung die berufliche Qualifikation. Auch hier bestehen große Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Im Jahr 2012 hatten 11,7 % der Migranten im Alter von 15 und mehr Jahren einen Fachhoch- bzw. Hochschulabschluss erlangt. Bei den Menschen ohne Migrationshintergrund in der selben Altersgruppe waren dies hingegen 16 %. Rund 5,3 % der Migranten sowie 10,6 % der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund hatten eine Meister-/Technikerausbildung erfolgreich abgeschlossen. Eine Lehrausbildung hatten 36 % der Migranten sowie 49,2 % der Menschen ohne Migrationshintergrund absolviert. Fast die Hälfte der Migranten hatte (noch) keinen beruflichen bzw. Hochschulabschluss erworben (47 %), bei den Menschen ohne Migrationshintergrund waren 24,3 % beruflich (noch) nicht qualifiziert. Ursachen für die deutlich schlechtere berufliche Qualifikationsstruktur der Menschen mit Migrationshintergrund dürften zum einen in der schlechteren schulischen Qualifikation liegen. Eine gewisse Rolle spielt sicherlich auch, dass im Ausland erworbene berufliche Bildungsabschlüsse in Deutschland oftmals nicht als gleichwertig anerkannt werden, sodass Migranten tendenziell als schlechter qualifiziert eingestuft werden.

Von den jungen Migranten im Alter von 25 bis unter 35 Jahren verfügten 18 % über einen akademischen Abschluss (junge Menschen ohne Migrationshintergrund: 25,8 %). Eine Meister-/Technikerausbildung hatten 6,5 % der jungen Migranten und 12,9 % der Menschen ohne Migrationshintergrund, eine Lehrausbildung 44,3 % der Migranten und 48,5 % der jungen Menschen ohne Migrationshintergrund absolviert. Fast ein Drittel der jungen Migranten (31,1 %) hatte (noch) keinen beruflichen bzw. Hochschulabschluss erreicht, von den jungen Menschen ohne Migrationshintergrund konnten hingegen nur 12,8 % (noch) keinen Abschluss vorweisen.

Menschen mit Migrationshintergrund sind häufiger erwerbslos

Im Jahr 2012 gingen 77,9 % der Baden-Württemberger im Alter von 15 bis unter 65 Jahren ohne Migrationshintergrund einer Erwerbstätigkeit5 nach. Bei den Menschen mit Migrationshintergrund lag die Erwerbstätigenquote in dieser Altersgruppe bei 68,5 % und somit deutlich unter der Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.

Die Erwerbslosenquote, also der Anteil der Personen, die im Berichtszeitraum nicht erwerbstätig waren, aber in den letzten 4 Wochen aktiv nach einer Tätigkeit gesucht haben und die sofort, das heißt innerhalb von 2 Wochen, für die Aufnahme einer Tätigkeit zur Verfügung stehen, lag bei den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund bei 2,6 %. Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund betrug die Erwerbslosenquote im Jahr 2012 hingegen 5,9 %. Als Gründe für die höheren Erwerbslosenquoten bei den Menschen mit Migrationshintergrund sind unter anderem das tendenziell schlechtere schulische Bildungsniveau, die geringere berufliche Qualifikation sowie Sprachbarrieren zu nennen. Zudem verfügen Personen mit Migrationshintergrund teilweise über im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse und berufliche Qualifikationen, die oftmals in Deutschland nicht anerkannt werden, sodass Migranten häufig nicht ihrer Qualifikation entsprechend beschäftigt werden.

Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei einer Betrachtung der Erwerbsbeteiligung der jeweiligen Bevölkerungsgruppe nach Geschlecht. Während die Erwerbstätigenquote der Männer ohne Migrationshintergrund im Jahr 2012 bei 82,2 % lag, gingen nur 75,3 % der Männer mit Migrationshintergrund einer Erwerbstätigkeit nach. Bei den Frauen weichen die Erwerbstätigenquoten noch stärker ab. So beteiligten sich von den Frauen ohne Migrationshintergrund rund 73,5 % am Erwerbsleben, dagegen mit einer Quote in Höhe von 61,8 % deutlich weniger Migrantinnen. Der Grund für die niedrigere Erwerbsbeteiligung der Frauen mit Migrationshintergrund könnte unter anderem die Übernahme von Erwerbsverhaltensmustern aus dem Herkunftsland sein, wonach die Frau nach einer vergleichsweise kurzen Schul- und Ausbildungsphase häufig auf einen Eintritt in das Berufsleben zugunsten der Familienarbeit verzichtet.

Migranten sind häufiger auf Unterhalt durch Angehörige sowie staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen

Die Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund finanzieren ihren überwiegenden Lebensunterhalt zu 46,8 % aus eigener Erwerbstätigkeit, gefolgt von der Unterstützung durch Angehörige (24,8 %) und der Finanzierung aus ihrer Rente oder Pension (24,7 %). Nur 3,7 % sind auf staatliche Transferleistungen wie Arbeitslosengeld I, Hartz IV, laufende Hilfen zum Lebensunterhalt sowie sonstige Unterstützungszahlungen wie beispielsweise BAföG angewiesen. Bei den Migranten gaben 41,9 % an, den größten Teil ihres Einkommens aus der eigenen Erwerbstätigkeit zu beziehen. Immerhin 38,2 % der Bevölkerung mit Migrationshintergrund benötigen Unterstützung durch Angehörige, 7,5 % der Personen mit Migrationshintergrund erhielten im Jahr 2012 staatliche Transferleistungen. Die Ursache für den im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund höhe­ren Anteil an Personen, die auf Zahlungen von Angehörigen sowie Transferleistungen angewiesen sind, dürfte insbesondere in der geringeren Erwerbsbeteiligung der Menschen mit Migrationshintergrund liegen.

Fast ein Viertel der Migranten im Land gilt als armutsgefährdet

Unter Berücksichtigung der baden-württembergischen Einkommensverhältnisse, das heißt gemessen am Landesmedian, galten 2012 rund 14,7 % der Baden-Württemberger als armutsgefährdet6. Deutliche Unterschiede zeigen sich bei einer differenzierten Betrachtung der Armutsgefährdung nach Migrationshintergrund. Während von den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund 11,2 % von Armut bedroht waren, lag dieser Wert bei den Migranten im Land mit 24,1 % deutlich darüber.

Fast zwei Drittel der Bevölkerung mit Migrationshintergrund leben in einer Familie

Im Jahr 2012 lebten 52,7 % der baden-württembergischen Bevölkerung bzw. 5,6 Mill. Personen in der Lebensform7 der Familie zusammen. Die Familie umfasst im Mikrozensus alle Eltern-Kind-Gemeinschaften, das heißt Ehepaare, Lebensgemeinschaften sowie alleinerziehende Mütter und Väter mit ledigen Kindern im Haushalt. Etwa 26,7 % bzw. 2,9 Mill. Personen lebten in Paargemeinschaften ohne Kinder. Hierzu zählen Ehen sowie Lebensgemeinschaften ohne Trauschein. Die übrigen 20,5 % der Bevölkerung bzw. 2,2 Mill. Baden-Württemberger waren alleinstehend. Hierunter fallen ledige, verheiratet getrennt lebende, geschiedene und verwitwete Personen, die ohne Lebenspartner/-in und ohne ledige Kinder leben.

Eine differenzierte Betrachtung der Lebensformen nach Migrationsstatus zeigt deutliche Unterschiede. So kommt der Institution Familie bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ein weitaus größerer Stellenwert zu als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Rund 64 % der Migranten bzw. 2 Mill. lebten 2012 in der Lebensform der Familie. Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund war es hingegen nur knapp die Hälfte (48 % bzw. 3,6 Mill.).

Von den Migranten lebten 22,6 % in kinderlosen Paargemeinschaften, alleinstehend waren 13,4 % der Migranten im Land. Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund hingegen lebten deutlich mehr Menschen in kinderlosen Paargemeinschaften sowie als Alleinstehende: 28,5 % lebten in Paargemeinschaften ohne Kinder, immerhin fast ein Viertel der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund war alleinstehend (23,5 %).

Weniger Alleinerziehende bei Migranten

Im Jahr 2012 gab es in Baden-Württemberg rund 1,6 Mill. Familien. Von ihnen hatten knapp 1,1 Mill. bzw. 65,4 % keinen Migrationshintergrund. In 559 000 Familien – das waren 34,6 % aller Familien im Land – besaß mindestens eine Person in der Familie einen Migrationshintergrund (ausgenommen die ledigen Kinder).

Sowohl bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund als auch der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist die Ehe die am häufigsten gewählte Lebensform. So lebten 71,7 % der Familien ohne Migrationshintergrund 2012 in der Familienform der Ehe zusammen (756 000 Familien). Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund hat diese traditionelle Lebensform einen noch höheren Stellenwert. Rund 80,3 % bzw. fast 449 000 Familien mit Migrationshintergrund hatten diese Lebensform gewählt.

Im Jahr 2012 gab es knapp 243 000 Familien der Familienform »Alleinerziehende«, in denen der alleinerziehende Elternteil keinen Migrationshintergrund besaß. Dies entsprach einem Anteil an allen Familien ohne Migrationshintergrund in Höhe von 23 %. Von deutlich geringerer Bedeutung ist der Familientyp »Alleinerziehende« hingegen bei den Familien mit Migrationshintergrund. Zu dieser Bevölkerungsgruppe zählten knapp 87 000 bzw. 15,5 % der Familien.

Im Gegensatz zu den Familienformen der Ehe sowie der Alleinerziehenden fällt der Anteil der Familienform »Lebensgemeinschaften« unabhängig von einem eventuell vorhandenen Migrationshintergrund in der Familie vergleichsweise gering aus. Etwa 5,3 % der Familien ohne Migrationshintergrund lebten in dieser Lebensform, bei den Familien mit Migrationshintergrund waren dies 4,2 %.

Migranten-Ehe: häufig beide Partner mit Migrationshintergrund

Ein nicht unerheblicher Teil der Frauen und Männer mit Migrationshintergrund heiratet einen Partner, der ebenfalls einen Migrationshintergrund besitzt. In fast zwei Dritteln der Ehen mit Migrationshintergrund (66,4 %) hatten beide Partner einen Migrationshintergrund. Lediglich in rund einem Drittel der Ehen war nur ein Ehepartner Migrant (33,6 %).

Bei den Lebensgemeinschaften verhält es sich genau umgekehrt. In dieser Lebensform leben häufiger Paare zusammen, in denen nur ein Partner einen Migrationshintergrund hat. In 68,3 % der Lebensgemeinschaften war nur ein Partner Migrant. In 31,7 % der Lebensgemeinschaften hatten beide Partner einen Migrationshintergrund.

In Migranten-Familien leben mehr Kinder

In fast der Hälfte der Familien in Baden-Württemberg lebte im Jahr 2012 ein Kind (46,9 %). In 39,7 % der Familien lebten zwei Kinder, in 13,3 % der Familien drei und mehr Kinder.

In Familien mit Migrationshintergrund leben im Durchschnitt mehr Kinder. Während in 16,1 % der Familien mit Migrationshintergrund drei und mehr ledige Kinder lebten, fiel dieser Anteil bei den Familien ohne Migrationshintergrund mit einem Anteil von 11,9 % deutlich geringer aus. In 44,8 % der Familien mit Migrationshintergrund lebte ein Kind, in 39,1 % der Familien lebten zwei Kinder. Bei den Familien ohne Migrationshintergrund gab es hingegen mehr Familien mit nur einem Kind (48,1 %) und mit zwei Kindern (40,1 %).

1 Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird im Folgenden in der Regel auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Ausdrucksweisen verzichtet.

2 Ius Soli (lat: Recht des Bodens) bezeichnet das Prinzip, nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an alle Kinder verleiht, die auf seinem Staatsgebiet geboren werden. Seit der Einführung von Staatsbürgerschaftsgesetzen galt in Deutschland das Ius Sanguinis (Abstammungsprinzip, Staatsbürgerschaft an die der Eltern gebunden). Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 wurde mit dem sogenannten »Optionsmodell« für Kinder ausländischer Eltern, die bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllen, die Möglichkeit eröffnet, dass für sie bis zur Volljährigkeit eine doppelte Staatsbürgerschaft besteht und sie sich dann in der Regel bis zum 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen.

3 Bei den Daten des Mikrozensus 2012 (und früher) erfolgte die Hochrechnung anhand der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis der Volkszählung 1987.

4 Hier soweit Land Baden-Württemberg.

5 Nach dem Labour-Force-Konzept der ILO (International Labour Force Organization) gliedert sich die Bevölkerung gemäß ihrer Beteiligung am Erwerbsleben in Erwerbspersonen und Nichterwerbspersonen. Die Erwerbspersonen setzen sich aus den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen zusammen. Die Erwerbstätigenquote beschreibt den Anteil der Erwerbstätigen an der gleichaltrigen Gruppe in der Gesamtbevölkerung, die Erwerbslosenquote beschreibt den Anteil der Erwerbslosen an der gleichaltrigen Gruppe der Erwerbspersonen.

6 Die Armutsgefährdungsquote ist gemäß EU-Vorgabe definiert als der Anteil der Personen, die mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Bevölkerung auskommen müssen. Armutsgefährdungsquoten werden sowohl auf Basis des Bundesmedians als auch auf Basis des regionalen Medians berechnet. Durch die Betrachtung anhand des Landesmedians werden die regionalen Einkommensunterschiede, die zum Teil auch ein anderes regionales Preisniveau widerspiegeln, berücksichtigt.

7 Grundlage für die Darstellung von Ergebnissen des Mikrozensus nach dem Lebensformenkonzept ist die Bevölkerung in Familien/Lebensformen am Hauptwohnsitz. Sie wird von der Bevölkerung in Privathaushalten abgeleitet und ist zahlenmäßig geringer als diese. Die Bevölkerung in Gemeinschaftsunterkünften wird bei der Bevölkerung nach dem Lebensformenkonzept nicht berücksichtigt.