:: 3/2014

2013 – Das Jahr der Baustellen?

»Man kommt ja gar nicht mehr durch!« Sowohl Autofahrer als auch Fußgänger klagen über die vielen Baustellen mit Umleitungen, Straßensperrungen, über Staus und größere Umwege. Überall in Stadt und Land sieht man Baustellen – oder ist das nur »gefühlt«? Profitieren von diesem Bauboom wenigstens die einheimischen Betriebe? Hängt alles mit wenigen spektakulären Großprojekten zusammen? Antworten darauf liefert die Amtliche Statistik mit ihren Erhebungen im Bauhauptgewerbe. Sie bestätigt: Das baden-württembergische Baugewerbe verzeichnete für 2013 Zuwächse und die Zukunftsaussichten sind auch sehr gut.

Mehr Beschäftigte und wieder mehr Lehrlinge im Bau

Für das Bauhauptgewerbe liegen in der Amtlichen Statistik Strukturdaten über die Betriebe und die Beschäftigten aus der jährlich stattfindenden Ergänzungserhebung vor.1 Sie wird für den repräsentativen Monat Juni durchgeführt (siehe i-Punkt).

Für das Jahr 2013 zeigt sich ein positives Bild. Der leichte Wachstumstrend der vergangenen 4 Jahre setzte sich fort. In Baden-Württemberg gab es 2013 rund 7 200 Betriebe, die überwiegend Bauleistungen im Bauhauptgewerbe erbringen. Das bedeutet einen leichten Zuwachs von 0,5 % gegenüber dem Jahr 2012, als die Zahl der Betriebe noch bei gut 7 100 lag.2

Neben der Anzahl der Baubetriebe erhöhte sich zur Jahresmitte 2013 auch die Anzahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe auf rund 90 000 tätige Personen. Damit verbesserte sich im 4. Jahr in Folge die Beschäftigungslage im Baubereich. Positiv hervorzuheben sind die fast 5 000 Auszubildenden, die im Jahr 2013 gemeldet wurden. Das sind 6 % mehr als im Jahr davor, in dem noch ein Rückgang der Zahl der Lehrlinge beklagt wurde.

Steigerungen beim Umsatz und bei den geleisteten Arbeitsstunden

Die Ergänzungserhebung wirft ein Schlaglicht auf die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und den Umsatz im Juni des jeweiligen Berichtsjahres.3 Im Hinblick auf den baugewerblichen Umsatz nach Art der Bauten und Auftraggeber fällt der Vorjahresvergleich im Monat Juni 2013 positiv aus. Insgesamt wurde ein Gesamtumsatz von über 1 Mrd. Euro abgerechnet. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber Juni 2012 von 5,7 %. Am meisten hat der Tiefbau zugelegt. Mit über 360 Mill. Euro lag der Umsatz dort 11,3 % über dem Vorjahreswert. Dazu trugen sowohl der Straßenbau, der Wirtschaftstiefbau und der sogenannte Öffentliche Tiefbau bei. Zum Wirtschaftstiefbau gehört auch der Umsatz, der für die Deutsche Bahn AG und die Postfolgeunternehmen abgerechnet wird.4 Unter der Rubrik Öffentlicher Tiefbau wird der Umsatz zusammengefasst, der im Tiefbau für öffentliche Auftraggeber, also Körperschaften des öffentlichen Rechts, sowie für Organisationen ohne Erwerbszweck geleistet wird (ohne den Straßenbau); dazu zählen zum Beispiel Sportplätze und Freibäder.

Auch im Hochbau mit einem Umsatz von rund 750 000 Euro gab es eine Zunahme gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Sie betrug 2,8 % und wurde getragen vom Wohnungsbau mit einem Plus von 4 %. Der Umsatz im Hochbau für Auftraggeber der öffentlichen Hand verzeichnete auch ein hohes Plus von 6,3 %, trug aber mit einem Anteil von rund 5 % wesentlich weniger zum Gesamtumsatz bei.

In allen Regionen wurde mehr gebaut

Beschränkt sich der Bauboom nur auf die Region Stuttgart mit dem Großprojekt Stuttgart 21 und einer Vielzahl weiterer Projekte innerhalb der Stadt?5 Die Antwort lautet: In allen Regionen Baden-Württembergs wurde mehr geleistet. Vergleicht man die im Juni 2013 gemeldeten Arbeitsstunden, die auf Baustellen erbracht wurden, so sind zwar die meisten auf die Region Stuttgart entfallen, Steigerungen gegenüber dem Vorjahr sind aber überall in Baden-Württemberg zu verzeichnen. Die höchste prozentuale Steigerung von fast 10 % hat die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg gemeldet. Betrachtet man die Anzahl der geleisteten Stunden, so belegt diese Region mit rund 600 000 Stunden im Juni 2013 den Platz 9. In der Region Stuttgart wurden zwar mit 1,8 Mill. die meisten Arbeitsstunden geleistet, diese Zahl ist aber gegenüber 2012 nahezu gleich geblieben.

Höherer Auftragseingang und Auftragsbestand

Neben der Ergänzungserhebung, die Strukturdaten liefert, weist die Monatsberichterstattung unterjährige Konjunkturdaten aus, unter anderem für die Entwicklung der Auftragseingänge. Die hier berichtspflichtigen Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr tätigen Personen melden zusätzlich vierteljährlich den Auftragsbestand.

Die nominalen Auftragseingänge, die diese Betriebe für die ersten 3 Quartale 2013 gemeldet haben, lagen mit einem Gesamtwert von rund 5,6 Mrd. Euro um 3,2 % höher als im gleichen Zeitraum des Jahres 2012.6 Die Steigerung bei Aufträgen für Tiefbauvorhaben betrug 19,2 % und glich den Rückgang der Auftragseingänge von 6,7 % im Hochbau mehr als aus. Betrachtet man den preisbereinigten Volumenindex des Auftragseingangs7, so ergab sich immer noch ein Plus von insgesamt 1,7 %, darunter ein Plus von 16,9 % im Tiefbau und ein Minus von 7,8 % im Hochbau.

Das Auftragspolster, mit dem die Betriebe mit 20 und mehr Mitarbeitern ins 4. Quartal 2013 gingen, kann sich ebenfalls sehen lassen. Gegenüber dem Vorjahr war der nominale Auftragsbestand im gesamten Bauhauptgewerbe mit 3,9 Mrd. Euro um 23,4 % höher als Ende September 2012. Auch hier dominierten die fest akquirierten Aufträge im Tiefbau mit einem satten Plus von 48,6 %. Im Hochbau ergab sich nominal ein Plus von 11,6 %. Preisbereinigt bedeutet das eine Steigerung von 10,1 % im Hochbau und 45,6 % im Tiefbau.

War 2013 das »Jahr der Baustellen«?

Das Jahr 2013 war in vielen Aspekten ein sehr gutes Jahr für das baden-württembergische Bauhauptgewerbe und das nicht nur rund um die Landeshauptstadt. In jeder Region Baden-Württembergs haben die Unternehmen und Betriebe insgesamt bis zum 3. Quartal mehr Stunden an Leistungen auf Baustellen erbracht als im Vorjahreszeitraum, haben ihren Umsatz gesteigert und können mit gut gefüllten Auftragsbüchern in die Zukunft blicken. Da die Steigerungsraten in erheblichem Maße vom Bereich Tiefbau getragen wurden, trügt das Gefühl nicht, dass es viele Baustellen gibt, denn gerade Straßenbauarbeiten sind im öffentlichen Raum besonders augenfällig.

1 Betriebe einschließlich Arbeitsgemeinschaften.

2 Detaillierte Zahlen finden sich im regelmäßig erscheinenden Statistischen Bericht Bauhauptgewerbe, der kostenfrei im Internetangebot des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg verfügbar ist.

3 Umsatz ohne Mehrwertsteuer. Da es sich um die steuerlich abgerechneten Umsätze handelt, müssen Leistungsperiode und Umsatzmeldung nicht unbedingt zeitlich zusammenfallen. Der Kalendermonat Juni 2013 hatte genauso viele Arbeitstage wie der Juni 2012.

4 Siehe Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008).

5 Die Stadt Stuttgart informiert über aktuelle Bauprojekte in ihrem Internetauftritt www.stuttgart.de unter der Rubrik Stadtentwicklung.

6 Bei Redaktionsschluss lagen noch keine Daten für das 4. Quartal 2013 vor.

7 Zum Basisjahr 2010.