:: 4/2014

Südwestindustrie begegnet Konjunkturschwäche im Jahr 2012 mit dynamischem Investitionswachstum

Trotz der schwierigen konjunkturellen Situation legten die Investitionen der Südwestindustrie im Jahr 2012 kräftig zu. Mit der Wachstumsrate von 10,1 % wurde nicht nur der krisenbedingte Einbruch des Jahres 2009 annähernd kompensiert, sondern auch ein Anstieg der Indikatoren Investitionsintensität und -quote erzielt. Besonders stark im Plus waren erneut die Immobilienausgaben, die sich über die letzten beiden Jahre um sieben Zehntel erhöhten. Im Vergleich zum noch dynamischeren Vorjahr verlor das Wachstum insgesamt aber ein wenig an Breite. Dennoch steigerten etwa zwei Drittel der Industriebranchen ihre Investitionsausgaben und trugen zum positiven Gesamtbild bei. Darunter waren mit der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und dem »Maschinenbau« die zwei bedeutendsten Industriebranchen des Landes, die jeweils zweistellige Wachstumsraten verzeichneten. Während die »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« erstmals wieder das Investitionsvolumen von 2008 überbot, lagen die Maschinenbauer indes noch deutlich unter dem Niveau von vor der Krise. Regional gesehen stellte die Region Stuttgart wie üblich das Zentrum der Investitionstätigkeit dar. Im Gegensatz zum Vorjahr war sie diesmal aber nicht Schlusslicht, sondern Anführer in puncto Wachstumsrate. Eine ähnliche Dynamik entwickelte auch die Region Ostwürttemberg, die in den letzten beiden Jahren mit beachtlichen Investitionssteigerungen aufwartete. Die Mietinvestitionen nahmen 2012 nur moderat zu, sodass sich der seit Mitte des letzten Jahrzehnts anhaltende Trend eines sinkenden Anteils gemieteter Produktionsmittel an den Gesamtinvestitionen weiter fortsetzt.

Konjunkturschwäche im Jahr 2012 …

Das Jahr 2012 war von einem konjunkturellen Umschwung gekennzeichnet, der auch vor den baden-württembergischen Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes (siehe i-Punkt für Begriffsdefinitionen und Erhebungsdetails) nicht Halt machte. Nachdem die 2 vorangegangenen Jahre einen überraschend kräftigen Aufschwung gebracht hatten und der Südwestindustrie über die Rekord-Einbrüche der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 hinweghalfen, konnte das Jahr 2012 daran nicht weiter anknüpfen. Beeinflusst von einer sich abkühlenden Weltwirtschaft und der Euroschuldenkrise gingen die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe preisbereinigt um 3,6 % zurück. Dieses spürbare Minus fand seine Entsprechungen in einer rückläufigen realen Produktionsleistung (−1,6 %) und einem gesunkenen realen Umsatz (−0,5 %).1 Dagegen zeigten sich die nominalen Umsätze2 mit einem Plus von 1,4 % und dem Erreichen der neuen Rekordmarke von 309 Mrd. Euro leicht aufwärts gerichtet. Auch der Personalbestand legte um 1,4 % zu. Das Vorkrisenniveau wurde bei den Beschäftigten aber noch nicht wieder erreicht. Alles in allem prägte somit ein recht verhaltenes konjunkturelles Umfeld die investiven Aktivitäten des Jahres 2012.

… aber dynamisches Investitionswachstum

Der Konjunkturschwäche zum Trotz verzeichnete die Südwestindustrie im Jahr 2012 einen kräftigen Investitionsanstieg. Mit einem nominalen Plus von 1 Mrd. Euro oder 10,1 % (real: 8,8 %)3 auf 10,9 Mrd. Euro übertrafen die nach dem Handelsgesetzbuch zu aktivierenden, neu erworbenen bzw. selbsterstellten Sachanlagen erstmals seit 2008 und zum insgesamt dritten Male die Marke von 10 Mrd. Euro. Nimmt man das noch schwungvollere Wachstum des Vorjahres hinzu (1,3 Mrd. Euro/14,8 %), hat die Südwestindustrie ihr Investitionsvolumen in den letzten beiden Jahren um über 25 % erhöht und damit den krisenbedingten Einbruch des Jahres 2009 und die beinahe Stagnation des Jahres 2010 inzwischen annähernd kompensiert. Das Jahr 2012 dürfte aber ähnlich wie das Vorjahr noch von einem Nachholbedarf geprägt gewesen sein. Neben dem Investitionsstau, der dem nach der Krise verständlicherweise bestehenden Attentismus zuzuschreiben ist, dürften auch die relativ günstigen Finanzierungsbedingungen dazu beigetragen haben, dass der Investitionsanstieg in Anbetracht der konjunkturellen Schwierigkeiten vergleichsweise schwungvoll ausfiel. So unterstützten die niedrigen langfristigen Kapitalmarktzinsen und eine gegenüber den Krisenjahren deutlich entspanntere Kreditaufnahmemöglichkeit4 die investiven Entscheidungen der Unternehmen. Verbunden mit einer bei vielen mittelständischen Unternehmen vorherrschenden hohen Eigenkapitalquote5 erzeugten die Finanzierungsmöglichkeiten in konjunkturell angespannter Umgebung ein doch relativ investitionsfreundliches Umfeld.

Anstieg von Investitionsintensität und -quote

Das bei schwieriger Konjunkturlage erzielte kräftige Investitionsplus von 10,1 % ließ auch den Indikator Investitionsintensität im Jahr 2012 deutlich steigen. Mit einem Zuwachs von 717 Euro auf 9 074 Euro stieg die Investitionssumme je Beschäftigten auf den zweithöchsten Wert nach 2008. Auch der Anstieg dieser Kennziffer ist bemerkenswert, fällt er doch nur wenig schwächer aus als im noch dynamischeren Vorjahr (834 Euro). In der längeren Entwicklung seit 1995 zeigt sich damit eine weiterhin anhaltende Aufwärtstendenz bei der Kapitalintensivierung der Produktionsprozesse. Dieser Trend tritt auch preisbereinigt in markanter Weise zutage und dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass viele arbeitsintensive Produktionsschritte infolge des technischen Fortschritts entweder entfielen oder globalisierungsbedingt in andere Länder verlagert wurden. Dazu kommt, dass Standortentscheidungen auch von der Nähe zu Absatzmärkten beeinflusst werden, was in Zeiten einer zunehmenden Exportorientierung baden-württembergischer Industrieprodukte zu gewissen Verschiebungen im Herstellungsprozess führt.

Zur gestiegenen Auslandsorientierung passt, dass die Investitionsquote, definiert als der reinvestierte Umsatzanteil, in Baden-Württemberg in den letzten 20 Jahren deutlich zurückging. Vielfach wurde zuletzt auch darauf hingewiesen, dass die langfristige Wettbewerbsfähigkeit deutscher Standorte gefährdet sei und der bestehende Kapitalstock infolge der geringen Reinvestitionssumme zu veralten droht. 6 Insofern mag es wie eine gewisse Beruhigung wirken, dass die Investitionsquote der Südwestindustrie in den letzten Jahren nicht mehr weiter abgesunken ist, sondern sich seit ihrem Tiefpunkt im Jahre 2005 zu stabilisieren scheint und inzwischen sogar leichte Aufwärtstendenzen aufweist. Dies fällt insbesondere im aktuellen Jahr 2012 auf, in dem die Investitionsquote um 0,2 Prozentpunkte auf 3,5 % anstieg und damit einen Wert erreichte, der abgesehen von den von der Finanz- und Wirtschaftskrise beeinflussten Werten der Jahre 2008/2009 zuletzt 2004 erreicht wurde (damals 3,6 %). Die Frage der Attraktivität hiesiger Produktionsbedingungen, die sich hinter der Kennziffer Investitionsquote verbirgt, ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des baden-württembergischen Industriestandortes und es bleibt abzuwarten, ob die Industriebetriebe in Zeiten eines weiter steigenden, globalen Wettbewerbsdrucks dauerhaft höhere Umsatzanteile hierzulande investieren werden.

Industrie investiert überproportional in Immobilien

Inwieweit mit den Investitionen eine Erweiterung der Produktionsmöglichkeiten einhergeht, kann annäherungsweise an den Ausgaben für Grundstücke und Bauten abgelesen werden. Die als typische Erweiterungsinvestitionen anzusehenden Immobilienausgaben betrugen im Jahr 2012 nominal 1,4 Mrd. Euro und übertrafen damit das Vorjahrergebnis um 232 Mill. Euro oder 19,8 % (real: 16,8 %). Der Zuwachs fiel damit zwar schwächer aus als im Vorjahr, in dem noch eine Steigerung um 346 Mill. Euro oder 42,1 % (real: 37 %) erreicht wurde. Er war aber gemessen an den letzten 2 Jahrzehnten weiterhin beachtlich und prozentual gesehen wie 2011 stärker als bei den quantitativ bedeutenderen Ausrüstungsinvestitionen. Insgesamt erhöhten sich die Immobilienausgaben gegenüber 2010 um 70,2 %. Die Investitionen in Maschinen, maschinelle Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattungen legten im Gegensatz dazu im Jahr 2012 um nominal 8,8 % (real: 7,7 %) zu (2011: nominal 11,9 %, real 10,6 %), sodass bei einem Plus von 772 Mill. Euro hier insgesamt 9,5 Mrd. Euro investiert wurden. Damit gingen im Jahr 2012 ungefähr drei Viertel des Investitionswachstums der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes auf die Ausrüstungsgüter zurück.

Der überproportionale Anstieg der Immobilienausgaben in den Jahren 2011 und 2012 dürfte auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurückgehen und der Tatsache geschuldet sein, dass die Investitionen in Grundstücke und Bauten nicht nur 2009, sondern auch 2010 massiv zurückgingen. Insgesamt betrug das Investitionsvolumen in Immobilien im Jahr 2010 nur noch 56,3 % des Niveaus von 2008, sodass es hier binnen 2 Jahren beinahe zu einer Halbierung der Ausgaben kam. Dieser Prozentsatz lag noch deutlich unter dem entsprechenden Niveau der Ausrüstungsinvestitionen, die 2009 zwar ähnlich stark einbrachen, sich 2010 jedoch bereits erholten (Anstieg um 5,4 %) und 80 % des Niveaus von 2008 erreichten. Folglich zeigt der Anteil der Immobilienausgaben an den Investitionen im Jahr 2010 einen kräftigen Abwärtsknick. Die Diskrepanz in der Entwicklung zwischen den Anlageformen im Jahr 2010, die auf die schwierige Finanzierung großer Investitionstätigkeiten direkt nach der Krise und die sicherheitsbedingte Konzentration auf unaufschiebbare Ersatzinvestitionen zurückgehen dürfte, legt nahe, dass sich bei den Grundstücken und Bauten in den Jahren 2011 und 2012 ein immenser Nachholbedarf ergeben hat.

Mit dem überproportionalen Wachstum der Jahre 2011 und 2012 stieg der Anteil der Immobilienausgaben an den aktivierten Sachanlagen auf 12,8 %. Dieser Wert entspricht in etwa dem Niveau von vor der Krise, sodass nach der vorherrschenden Unterrepräsentanz von Investitionen in immobile Sachanlagen im Nachkrisenjahr 2010 hier eine gewisse Normalisierung eingetreten ist. Dies unterstützt die These, dass Erweiterungsinvestitionen in den letzten beiden Jahren verstärkt im Fokus gestanden haben, was auch von Umfragen unter den Industrieunternehmen bestätigt wird. <aFt/

»Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und »Maschinenbau« mit zweistelligem Wachstum

Unter den Industriebranchen des Landes sticht traditionell die »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« mit Investitionssummen heraus, die in etwa ein Drittel des Gesamtvolumens der Südwestindustrie ausmachen. So entfielen im Jahr 2012 insgesamt 3,9 Mrd. Euro auf diese Schlüsselindustrie und damit 35,7 % der Landessumme. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich das Investitionsvolumen in der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« um 428 Mill. Euro oder 12,3 %, sodass der Wirtschaftszweig gegen den Landestrend7 eine höhere Zuwachsrate verzeichnete als im Vorjahr (2011: 6,3 %). Aufgrund des starken Anstiegs, der hier bereits im Jahr 2010 erzielt wurde, konnte die von Großbetrieben geprägte Branche8 den Einbruch aus dem Jahre 2009 inzwischen vollständig kompensieren und ein um knapp 280 Mill. Euro (7,6 %) höheres Investitionsvolumen aufweisen als im hervorragenden Jahr 2008. Die »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« scheint damit die mit der Finanz- und Wirtschaftskrise einhergehende Investitionsschwäche endgültig überwunden zu haben.

Der hinsichtlich des Investitionsvolumens zweitbedeutendste Wirtschaftszweig der Südwestindustrie ist der »Maschinenbau«. Die beschäftigungsstärkste und nach der Anzahl der Betriebe größte Branche des Verarbeitenden Gewerbes steigerte ihre Investitionen im Jahr 2012 um 236 Mill. Euro oder 13,5 % (2011: 24,4 %) auf knapp 2 Mrd. Euro und investierte damit erneut ungefähr halb so viel wie die »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen«. Der »Maschinenbau«-Anteil an den Investitionen betrug 18,1 %, sodass die beiden dominierenden Wirtschaftszweige des Südwestens zusammen wie in den vergangenen Jahren über die Hälfte der Investitionssumme auf sich vereinten (53,8 %). Das Niveau von 2008 verfehlten die Maschinenbauer aber noch um knapp 400 Mill. Euro oder 16,8 %.

Insgesamt war das Investitionswachstum bei den Wirtschaftsbranchen des Verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2012 etwas weniger breit angelegt als im Vorjahr. Trotzdem verzeichneten noch etwa zwei Drittel der Branchen Investitionssteigerungen. Darunter war mit der »Herstellung von Metallerzeugnissen« auch die gemessen am Investitionsvolumen drittbedeutendste Branche der Südwestindustrie (Steigerung um 6,9 %). Zweistellige Wachstumsraten ergaben sich dabei nicht nur in der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« und dem »Maschinenbau«. Ein sehr dynamisches Wachstum fand beispielsweise auch in der »Herstellung von elektrischen Ausrüstungen« (15,2 %) und der »Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen« (32,1 %) statt, beides Branchen, die ebenfalls zu den fünf investitionsstärksten des Jahres gehörten. Beiden Branchen ist zudem gemein, dass die von der Finanz- und Wirtschaftskrise verursachte Investitionsschwäche der Jahre 2009/2010 hier wie in der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« bereits vollständig überwunden wurde. Demgegenüber scheint bei der Mehrzahl der Branchen bezogen auf das Investitionsvolumen von 2008 noch Steigerungspotential vorhanden zu sein. Wie schnell sich eine Branche vom Schock der Finanz- und Wirtschaftskrise erholt, hängt neben ihrem Produktangebot indes auch davon ab, inwieweit sie grundlegenden, strukturellen Anpassungsprozessen unterworfen ist.

Stärkster Anstieg in den Regionen Stuttgart und Ostwürttemberg

Die Regionen Baden-Württembergs sind unterschiedlich stark industriell geprägt. Traditionell liegt der Schwerpunkt des Verarbeitenden Gewerbes in der Region Stuttgart und damit in der wirtschaftsstärksten Region des Landes. Hier sind insbesondere große Teile der Automobilbranche beheimatet. Folglich fließt auch das Gros der Industrieinvestitionen regelmäßig in dieses Zentrum des Landes. Im Jahr 2012 waren das 3,7 Mrd. Euro und damit mehr als jeder dritte investierte Euro der Südwestindustrie. Bemerkenswert ist dabei das ausgesprochen kräftige Wachstum von 23,2 %, mit dem die Region das beinahe Nullwachstum des Vorjahres (0,1 %) wettmachte. Nachdem die Region Stuttgart im Jahr 2011 noch Schlusslicht bei der Wachstumsrate war, übertraf sie 2012 als einzige die Marke von 20 %. Demzufolge erhöhte sich auch ihr Strukturanteil, das heißt ihr Anteil an den Investitionen im Land, deutlich um 3,6 Prozentpunkte und erreichte mit 34 % fast wieder das Niveau des Jahres 2010. Großen Anteil am Wachstum hatte der Landkreis Böblingen, der seine Investitionen nach dem Rückgang im Vorjahr (−22,1 %) mit einem Plus von 402 Mill. Euro um mehr als die Hälfte aufstockte (55 %) und so seine Position als zweitinvestitionsstärkster Kreis hinter der ebenfalls einen Anstieg verzeichnenden Landeshauptstadt (151 Mill. Euro/12,6 %) bestätigte. Dazu kamen teils deutliche Zuwächse in den Landkreisen Esslingen, Göppingen und Ludwigsburg, sodass selbst ein minimaler Investitionsrückgang im Rems-Murr-Kreis nichts am markanten Gesamtergebnis der Region Stuttgart ändern konnte.

Eine ähnliche Wachstumsrate wie die Region Stuttgart erzielte die Region Ostwürttemberg (19,5 %), die bereits im Vorjahr ein kräftiges Wachstum von 56,7 % vorweisen konnte. Mit einem Investitionsvolumen von 671 Mill. Euro und einem Strukturanteil von 6,1 % stieg Ostwürttemberg damit zur fünftstärksten Region hinter Stuttgart, Heilbronn-Franken (1 033 Mill. Euro/9,4 %), Mittlerer Oberrhein (943 Mill. Euro/8,6 %) und Rhein-Neckar (789 Mill. Euro/7,2 %) auf. Diese Entwicklung ist beachtlich, bedenkt man, dass Ostwürttemberg im vergangenen Jahrzehnt stets zu den investitionsschwächeren Regionen gehörte und in den Jahren 2000 und 2006 sogar Schlusslicht im regionalen Investitionsvergleich war. Dabei entwickelten sich die beiden Kreise Ostwürttembergs äußerst unterschiedlich. Während der Landkreis Heidenheim im Strukturanteil keinen Bedeutungsgewinn erkennen ließ und 2012 einen Investitionsrückgang von 18,1 % erlitt, nahmen die Investitionen im Ostalbkreis vor allem in den letzten beiden Jahren spürbar zu. Das Wachstum wurde insbesondere von renommierten Weltfirmen in den Wirtschaftszweigen »Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen« und »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« getragen, die kräftig in Erweiterungsbauten und die Modernisierung von Produktionsprozessen investierten. Im Jahr 2012 steigerten die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes ihre Investitionen im Ostalbkreis um 29,4 % (131 Mill. Euro), sodass der Ostalbkreis sowohl prozentual gesehen hinter dem Landkreis Böblingen und dem Neckar-Odenwald-Kreis als auch absolut gesehen hinter dem Landkreis Böblingen und dem Stadtkreis Stuttgart die drittgrößte Investitionssteigerung verzeichnete. Der Ostalbkreis avancierte dadurch zum investitionsstärksten Kreis außerhalb der Region Stuttgart und überholte die Landkreise Rastatt und Heilbronn sowie den Stadtkreis Mannheim.

Insgesamt stiegen die Investitionen im Jahr 2012 in fast allen Landesregionen an. Im Vergleich zum Vorjahr waren mit den Regionen Mittlerer Oberrhein und Rhein-Neckar aber auch zwei Regionen von Investitionsrückgängen betroffen, wenngleich diese moderat ausfielen. Auch auf Kreisebene fällt auf, dass sich gegenüber dem noch dynamischeren Vorjahr in etwas mehr Kreisen rückläufige Investitionen ergaben. Dennoch waren 70 % der Kreise am Investitionswachstum beteiligt, darunter Kreise aus allen Regionen des Landes.

Moderates Wachstum der Mietinvestitionen

In Ergänzung zu den bisher betrachteten, bilanziell zu aktivierenden Sachanlagen (sogenannte Kaufinvestitionen) erfasst die Investitionserhebung auch Investitionen in Sachanlagen, die gemietet bzw. geleast wurden. Bei diesen Produktionsmitteln verbleibt üblicherweise das Aktivierungsgebot beim vermietenden Eigentümer, der wirtschaftszweigsystematisch häufig aber nicht dem Verarbeitenden Gewerbe zugeordnet ist. Daher würde eine alleinige Konzentration in der Betrachtung auf zu aktivierende Sachanlagen einen nicht unbedeutenden Teil der Industrieinvestitionen vernachlässigen. Aus diesem Grund gibt es seit dem Berichtsjahr 1988 in der Investitionserhebung eine Erweiterung um das Nutzerkonzept, mit dem die gemieteten Produktionsmittel explizit berücksichtigt werden (sogenannte Mietinvestitionen).

Im Jahr 2012 investierten die baden-württembergischen Betriebe insgesamt 1,3 Mrd. Euro in neu gemietete (oder gepachtete) neue Sachanlagen, was einer Steigerung um 43 Mill. Euro oder 3,3 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Damit trugen die Mietinvestitionen zum positiven Gesamtbild des Jahres bei, auch wenn das Plus hier trotz der größten Steigerung der Nachkrisenjahre deutlich geringer ausfiel als bei den oben beschriebenen Kaufinvestitionen (zur Erinnerung: 10,1 %). Insgesamt legten die sich aus Kauf- und Mietinvestitionen zusammensetzenden Gesamtinvestitionen damit um etwas mehr als 1 Mrd. Euro auf 12,3 Mrd. Euro zu, sodass nur noch gut 700 Mill. Euro zum Rekordergebnis von 2008 fehlten.

Dass das Wachstum der gemieteten Produktionsmittel deutlich hinter dem Wachstum der Kaufinvestitionen zurückblieb, ist kein Novum des Jahres 2012. In den letzten Jahren ging der Anteil der Mietinvestitionen an den Gesamtausgaben seit dem Allzeithoch von 15,7 % im Jahr 2005 immer weiter zurück. 2012 lag der Mietanteil bei nur noch 10,9 % und damit so niedrig wie seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr. Zur rückläufigen Entwicklung dürften die niedrigen Kapitalmarktzinsen und damit günstigen Finanzierungsmöglichkeiten beigetragen haben, welche den sofortigen Erwerb neuer Sachanlagen begünstigen. Auch ist es nicht untypisch, dass sich Unternehmen nach einer Krise zunächst schwerpunktmäßig auf Kaufinvestitionen konzentrieren, um in späteren Aufschwungjahren mit zunehmender Kapazitätsauslastung bzw. -überschreitung dann vermehrt auf gemietete Produktionsmittel umzuschwenken. Insofern dürfte die Finanz- und Wirtschaftskrise den anteiligen Rückgang der Mietinvestitionen mit beeinflusst haben.

Zu beachten ist zudem die traditionell stark unterschiedliche Verbreitung der Mietinvestitionen in den einzelnen Wirtschaftszweigen. Insbesondere die baden-württembergische Schlüsselbranche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« drückte mit einem Anteil von lediglich 2,2 % das Ergebnis von 2012 in maßgeblichem Umfang. Rechnet man diese Branche aus dem Gesamtergebnis heraus, lag der Anteil der Mietinvestitionen an den Gesamtausgaben bei 15,2 %. Einzelne Wirtschaftszweige kamen sogar auf Werte von über 20 % oder wie im Falle der »Metallerzeugung und -bearbeitung« auf einen Anteil von beinahe einem Drittel (31,2 %). Folglich sagt ein niedriger Gesamtanteil nur wenig über die Bedeutung der Mietinvestitionen in den einzelnen Wirtschaftszweigen aus.

2013 in stärkerem Maße konjunkturgefärbt?

Die Investitionen der Südwestindustrie legten im Jahr 2012 trotz der Konjunkturschwäche kräftig zu, sodass sich zum zweiten Mal in Folge eine zweistellige Wachstumsrate einstellte. Das Umfeld war dabei wohl noch von den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise und einem entsprechend abzuarbeitenden Investitionsstau geprägt. Dieser sollte mit dem Jahr 2012 und dem beinahen Erreichen der Vorkrisenwerte größtenteils überwunden sein. Folglich dürfte sich die Wachstumsrate im Jahr 2013 vor dem Hintergrund der lange Zeit angespannten Konjunkturlage weiter reduziert haben. Inwieweit die günstigen Finanzierungsbedingungen verbunden mit einer sich im Jahresverlauf aufhellenden Stimmungslage dennoch spürbare Wachstumsimpulse bei den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes erzeugten, wird im Herbst 2014 offenbar werden, wenn die Ergebnisse der Investitionserhebung 2013 vorliegen.

1 Obige Veränderungsraten beziehen sich auf die Konjunkturindizes im Verarbeitenden Gewerbe (Basisjahr 2010 = 100). Zugrunde gelegt ist der Berichtskreis 50+, das heißt Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten.

2 Von hier ab konzentriert sich der Artikel auf den Berichtskreis 20+. Die Umsatzermittlung folgt der institutionellen Betrachtung nach Betrieben, das heißt einer Zuordnung nach dem betrieblichen Schwerpunkt, und nicht einer Betrachtung nach fachlichen Betriebsteilen.

3 Die realen Werte sind geschätzt unter Heranziehung des Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (Inlandsabsatz) – Erzeugnisse der Investitionsgüterproduzenten – und des Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude in Baden-Württemberg (Basisjahr jeweils 2010 = 100).

4 »Kredithürde sinkt auf historischen Tiefststand – Ergebnisse des ifo Konjunkturtests im Dezember 2013«, Pressemitteilung des ifo Instituts, 20.12.2013.

5 »Diagnose Mittelstand 2013«, Deutscher Sparkassen- und Giroverband.

6 Siehe zum Beispiel Heise, Michael: Die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion in Deutschland ist gefährdet, in: VDI nachrichten, 31.05.2013 oder Strobel, Thomas/Städtler, Arno: Investitionsrückgang noch nicht gestoppt – Leasing gewinnt Marktanteile, in: ifo Schnelldienst, Heft 14/2013, 66. Jahrgang, S. 51–54.

7 Weichselberger, Annette: Deutsche Industrie: Für 2013 erneutes Investitionsplus geplant, in: ifo Schnelldienst, Heft 15/2013, 66. Jahrgang, S. 53–57.

8 Zur Erinnerung: Die Investitionen der Südwestindustrie stiegen im Jahr 2012 um 10,1 % und im Jahr 2011 um 14,8 %.

9 Auf einen Betrieb in der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« kamen im Jahr 2012 durchschnittlich 709 Beschäftigte (zum Vergleich: Verarbeitendes Gewerbe insgesamt 149 Beschäftigte).