:: 5/2014

Zensus 2011: Was uns der Zensus über die Religion in Baden-Württemberg verrät

Zum Stichtag des Zensus am 9. Mai 2011 bekannten sich rund 72 % der Bevölkerung in Baden-Württemberg zu einer der beiden großen christlichen Konfessionen: knapp 38 % zur römisch-katholischen Kirche und 34 % zur evangelischen Kirche. Neben der Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft wurde auch das Bekenntnis zu einer Religion bzw. Glaubensrichtung erhoben. Aufgrund der hohen Antwortausfälle bei dieser freiwilligen Frage liegen allerdings keine belastbaren Daten vor.

Die Mehrheit gehört den großen christlichen Konfessionen an

Die große Mehrheit der Menschen im Land, nämlich 78 %, gehörte im Mai 2011 einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft an (i-Punkt: Auswertung der Erhebungsmerkmale zur Religion), wobei sie hauptsächlich (72 %) mit einer der beiden großen christlichen Konfessionen verbunden sind: Rund 3,9 Mill. bzw. 38 % der Baden-Württemberger bekannten sich zur römisch-katholischen Kirche, annähernd 3,6 Mill. bzw. 34 % zur evangelischen Kirche. Es folgten mit deutlichem Abstand die orthodoxen Kirchen (2 %) und die evangelischen Freikirchen (1 %). Die jüdische Gemeinde stellte mit einem Anteil von 0,1 % die kleinste öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft in Baden-Württemberg. Weitere 3 % bekannten sich zu einer sonstigen1 öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft. 22 % der Auskunftspflichtigen in Baden-Württemberg ordneten sich hingegen keiner der vorgenannten öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften zu.

Während die Baden-Württemberger mit deutscher Staatsangehörigkeit zu annähernd gleichen Teilen (jeweils rund 38 %) den beiden großen christlichen Konfessionen angehörten, bekannten sich diejenigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit weitaus häufiger zur römisch-katholischen (32 %) als zur evangeli­schen Kirche (4 %). Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit zählten sich ebenfalls deut­lich häufiger zu einer anderen2 und sonstigen Religionsgesellschaft (27 %) bzw. zu keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft (37 %) als Personen mit deutschem Pass.

Religionszugehörigkeit spiegelt historisch gewachsene räumliche Strukturen wider

Die regionale Verteilung der überwiegenden Religionszugehörigkeit spiegelt die historisch gewachsenen räumlichen Strukturen wider. Während die Kreise des ehemaligen Württemberg auch heute noch in weiten Teilen evangelisch geprägt sind, bekennt sich die Bevölkerung im badischen Landesteil überwiegend zur katholischen Kirche. Die drei Kreise mit den höchsten Katholikenanteilen liegen jedoch im württembergischen Oberschwaben: 66 % waren es im Landkreis Biberach und im Landkreis Sigmaringen, 64 % im Landkreis Ravensburg. In den Landkreisen Calw, Schwäbisch Hall (jeweils 21 %) und im Enzkreis (22 %) bekannten sich anteilig die wenigsten Menschen zur katholischen Kirche. Dies sind, zusammen mit dem Hohenlohekreis, letztlich auch die Kreise, die über den höchsten Anteil evangelischer Bevölkerung verfügen: Im Landkreis Schwäbisch Hall zählten sich 58 % zur evangelischen Kirche, im Landkreis Calw waren es 53 %. Auch der Enzkreis und der Hohenlohekreis gehörten mit jeweils 50 % zu den »evangelischen Hochburgen« des Landes.

Keine überwiegende Religionszugehörigkeit zu einer der beiden großen christlichen Konfessionen kann hingegen in den meisten Großstädten festgestellt werden. So gehörten im Stadtkreis Stuttgart 44 % der Einwohner weder der römisch-katholischen noch der evangelischen Kirche an, im Stadtkreis Mannheim waren dies 40 % und im Stadtkreis Heilbronn 38 %. Hier lag der Anteil derer, die einer anderen, sonstigen oder keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft angehören, teilweise deutlich über dem Anteil einer der beiden großen christlichen Konfessionen. Diese Differenz lag in Stuttgart bei 13 Prozentpunkten (zur evangelischen Kirche) und in Mannheim bei 8 Prozentpunkten (zur katholischen Kirche). Damit kommt besonders in den Großstädten – bedingt durch einen tendenziell höheren Anteil ausländischer Bevölkerung – die bereits erwähnte Tatsache be­sonders zu tragen, dass sich die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit häufiger zu einer anderen, sonstigen oder keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft bekennt als die mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Ältere Baden-Württemberger häufiger evangelisch oder katholisch als jüngere

Altersspezifische Unterschiede bei der Zugehörigkeit zu einer der beiden großen christlichen öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften lassen sich zwar feststellen, eine eindeutige Tendenz ist allerdings nicht gegeben. Es zeigt sich, dass die 65-Jährigen und Älteren weitaus häufiger (85 %) einer der beiden großen christlichen Konfessionen angehörten als Jüngere. Der geringste Anteil an katholischen und evangelischen Gläubigen war mit 65 % bei den 30- bis 49-Jährigen festzustellen. Auch die unter 18-Jährigen bekannten sich seltener zur katholischen oder evangelischen Kirche (68 %) als es über alle Altersklassen hinweg (72 %) der Fall war.

Keine Aussagen über öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften hinaus möglich

Um die Vielfalt der in Deutschland praktizierten Religionen abbilden zu können, wurde im Rahmen der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011 zusätzlich – und nur für diejenigen, die keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft angehörten – das Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung (i-Punkt: Auswertung der Erhebungsmerkmale zur Region) erhoben. Dieses Merkmal war – als einziges beim Zensus 2011 – im Rahmen der Haushaltsstichprobe auf freiwilliger Basis anzugeben. Letztlich haben in Baden-Württemberg weniger als die Hälfte, nämlich nur rund 44 % der Auskunftspflichtigen diese Frage beantwortet. Aufgrund dieser hohen Antwortausfallquote sind Aussagen darüber, wie viele Christen und Juden3, Muslime, Buddhisten, Hindus und Menschen ohne Religionszugehörigkeit tatsächlich in Baden-Württemberg leben, nicht möglich.

Es können lediglich rechnerische Annahmen getroffen werden, wie diejenigen, die eine Antwort ablehnten, geantwortet haben könnten. So lässt sich aus den vorliegenden Erhebungsdaten zumindest ein »Korridor« errechnen, der die Spannbreite der möglichen Anteile der Bevölkerung mit einem bestimmten Religions- bzw. Glaubensbekenntnis wiedergibt. Demnach liegt der Anteil der Muslime in Baden-Württemberg rechnerisch zwischen 2 % (bei Annahme, dass sich unter den Antwortausfällen keine Muslime befinden) und 14 % (bei Annahme, dass unter den Antwortausfällen ausschließlich Muslime sind). Bei Annahme, dass die Verteilung unter den Antwortausfällen dieselbe ist wie bei den vorliegenden Antworten, würde sich rechnerisch ergeben, dass rund 5 % der Bevölkerung in Baden-Württemberg eine islamische Glaubensrichtung besitzen. Der große rechnerische Korridor zwischen 2 und 14 % am Beispiel der Muslime macht deutlich, dass Aussagen zur Religion und zur Glaubensrichtung, die über die Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft hinausgehen, zurzeit nur spekulativ sein können.

1 Nicht näher bestimmbar.

2 Hier: Evangelische Freikirchen, orthodoxe Kirchen, jüdische Gemeinden.

3 Jeweils mit Ausnahme derjenigen in einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.