:: 6/2014

Tourismus 2013: Rekordergebnis dank Auslandsgästen gehalten

Nachdem im Jahr 2012 die Messlatte mit 47,7 Mill. Übernachtungen schon sehr hoch lag, standen die Vorzeichen für den heimischen Übernachtungstourismus angesichts der schwächeren konjunkturellen Entwicklung und des langen Winters bis weit in das Jahr 2013 nicht sehr günstig. Anlass zur Hoffnung gab allein der anhaltende Zuwachs bei den Auslandsgästen. Da sich ab Juli auch die Übernachtungen der Inlandsgäste wieder knapp über dem Vorjahresniveau stabilisierten, wurde 2013 insgesamt das Vorjahresergebnis mit 47,8 Mill. Übernachtungen doch noch knapp übertroffen. Zwar ging dabei mit 37,9 Mill. weiterhin der Löwenanteil der Übernachtungen auf das Konto von Gästen aus Deutschland. Jedoch zeugen die 9,9 Mill. Übernachtungen von Auslandsgästen davon, dass die ausländischen Quellmärkte für die heimischen Anbieter zunehmend an Bedeutung gewinnen. Im nachfolgenden Beitrag soll daher schwerpunktmäßig die Entwicklung bei dieser Gästegruppe betrachtet werden.

Weitgehender Gleichklang zwischen Bundes- und Landesentwicklung

Während die bundesweite Tourismusentwicklung in den 1990er-Jahren vor allem durch den Aufholprozess der damals noch neuen Bundesländer geprägt war, trat nach der Jahrtausendwende – insbesondere ab 2003 – ein neuer Trend in den Vordergrund, nämlich eine Expansion der Nachfrage von Auslandsgästen. Diese wurde zwar infolge der Finanzkrise 2009 kurzzeitig unterbrochen, setzte sich danach aber weiter fort. Auch wenn die Veränderungsraten in einzelnen Jahren voneinander abwichen, verlief die Entwicklung auf Bundes- und auf Landesebene weitgehend parallel. So lagen die Übernachtungen von Auslandsgästen 2013 deutschlandweit um 69 über dem Niveau von 2000.1 In Baden-Württemberg war der Zuwachs mit 74 % noch etwas ausgeprägter. Deutlich moderater entwickelten sich die Übernachtungen bei den Gästen aus Deutschland. Nach Rückgängen auf beiden regionalen Ebenen in den Jahren 2002 bis 2004 überwogen in den Folgejahren leichte Zuwächse. Während bundesweit in allen Jahren ab 2005 ein Plus verzeichnet wurde, verfehlte das Land das jeweilige Vorjahresergebnis in den Jahren 2006 und 2013 um jeweils 1 % und 2009 um mehr als 2 %. Angesichts dieser etwas labileren Entwicklung übertrafen in Baden-Württemberg die Übernachtungen von Inlandsgästen 2013 den Ausgangswert des Jahres 2000 lediglich um 5 %, während der Anstieg auf Bundesebene mit 12 doch stärker ausfiel. Durch die deutlich stärkeren Anstiege erhöhten sich die Übernachtungsanteile der internationalen Gäste von 2000 bis 2013 um jeweils etwa die Hälfte von 14 auf 21 % in Baden-Württemberg sowie von 12 auf gut 17 % bundesweit. Gleichwohl wird die Gesamtentwicklung der Übernachtungen nach wie vor von den deutschen Gästen dominiert. So lag der Übernachtungsanstieg 2013 gegenüber 2000 mit 14 % im Land bzw. 19 % in Deutschland deutlich näher beim Ergebnis der Inlandsgäste als bei dem der Auslandsgäste.

Berlin erobert bei Auslandsgästen Rang 2 unter den Bundesländern

Auch wenn die Entwicklungen in Baden-Württemberg und in Deutschland Ähnlichkeiten zeigen, gibt es doch deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So musste sich die Gesamtheit der Flächenländer im Zeitraum von 2000 bis 2013 mit einem Übernachtungsanstieg von 13 % zufriedengeben, während die Stadtstaaten ihr Ergebnis im gleichen Zeitraum mit einem Zuwachs um 128 % mehr als verdoppelt haben. Besonders augenfällig werden die geschilderten Tendenzen bei den Übernachtungen von Auslandsgästen in ihren wichtigsten Zielbundesländern. Bayern, das bei den Auslandsgästen im Jahr 2000 als erstes Bundesland die Schwelle von 10 Mill. Übernachtungen überschritt und sich inzwischen bereits der 16 Mill.-Marke nähert, war über den gesamten Betrachtungszeitraum unangefochten das bedeutendste deutsche Ziel von Reisenden aus dem Ausland. Nordrhein-Westfalen, zu Beginn des Jahrtausends mit 6 Mill. Übernachtungen noch auf Rang 2 platziert, verzeichnete bis 2013 mit 58 % zwar einen ähnlichen Zuwachs wie Bayern, findet sich aber inzwischen nur noch auf Platz 4 wieder. Dies ist insbesondere der Entwicklung in Berlin geschuldet, das sich binnen dieses guten Jahrzehnts von 3,2 Mill. Übernachtungen bzw. Rang 6 unter den Bundesländern auf inzwischen 11,6 Mill. und Platz 2 nahezu katapultierte. Der Übernachtungsanteil der Auslandsgäste erhöhte sich in Berlin damit auf 43 %, den mit Abstand höchsten Wert in einem Bundesland. Baden-Württemberg als ursprüngliche Nummer 3 musste zwar 2009 Berlin ziehen lassen, hat aber seinerseits 2012 Nordrhein-Westfalen überholt und damit seine ursprüngliche Position zurückerobert. Mit 9,9 Mill. Übernachtungen steht Baden-Württemberg kurz davor, als drittes Bundesland die 10 Mill.-Hürde zu nehmen. Eine deutlich geringere Dynamik zeigten die Übernachtungen von Auslandsgästen dagegen in den beiden nachfolgenden Ländern Hessen und vor allem Rheinland-Pfalz, das mit 12% den geringsten Zuwachs aller Bundesländer verzeichnete.

Auslandsgäste bevorzugen Hotellerie

Die von den deutschen Reisenden abweichenden Präferenzen der internationalen Gäste spiegeln sich auch innerhalb Baden-Württembergs in den verschiedenen Gliederungsebenen wider. So kamen 2013 die Betriebsarten Hotels und Hotels garnis, auf die bei den inländischen Gästen nur eine knappe Hälfte der Übernachtungen entfiel, bei den Auslandsgästen bereits auf einen Übernachtungsanteil von 71 %. Einschließlich der Gasthöfe und Pensionen verbrachten Reisende aus dem Ausland vier von fünf Nächte in einem Hotelleriebetrieb. Vor allem Niederländer und Schweizer sorgten dafür, dass auch Campingplätze im Betriebsarten-Mix der Auslandsgäste mit einem Anteil von 9% gut vertreten waren. Während Ferienhäuser, -wohnungen und -zentren mit 4%ähnlich häufig wie von Inländern gewählt wurden, kam bei den Auslandsgästen den anderen Betriebsarten der Parahotellerie (Erholungs- und Ferienheime, Jugendherbergen und Hütten, Schulungsheime) ebenso wie den Vorsorge- und Reha-Kliniken nur untergeordnete Bedeutung zu.

Präsenz der Auslandsgäste gewinnt an Breite

Wie aus Schaubild 4 erkennbar wird, bevorzugen Auslandsgäste bereits seit Längerem eine Unterkunft in der Hotellerie, denn die grundsätzliche Abstufung zwischen den verschiedenen Betriebskategorien hat sich bei einer allgemeinen Zunahme der Übernachtungsanteile von Auslandsgästen zwischen 2000 bis 2013 nicht wesentlich geändert. Dies gilt für die anderen Nachweiskategorien jedoch nur mit Einschränkungen. Für das Jahr 2000 hätte sich der »typische Auslandsgast« wie folgt charakterisieren lassen: Bevorzugtes Reiseziel ist eine größere Stadt – möglichst eine Großstadt ab 100 000 Einwohner – ohne touristisches Prädikat, die in der Region Stuttgart oder im Reisegebiet Nördliches Baden-Württemberg liegen sollte. Nur im Ausnahmefall kommt dagegen ein kleinerer Ort mit (höherem) touristischen Prädikat im Raum Bodensee-Oberschwaben in Frage.

Für 2013 muss jedoch ein deutlich differenzierteres Bild gezeichnet werden. Zwar behielten in allen Gliederungen die Kategorien mit dem jeweils höchsten Auslandsanteil an den Übernachtungen (Region Stuttgart, Gemeinden ohne Prädikat, Großstädte ab 100 000 Einwohner) ihre Spitzenposition aus dem Jahr 2000. Die Zuwächse waren aber gerade hier relativ schwach ausgeprägt. Die Abstände zu den nachfolgenden Positionen und teilweise gerade zu den ursprünglich seltener von Auslandsgästen frequentierten Gebieten bzw. Orten haben sich dadurch merklich abgeschwächt. Insgesamt sind die Auslandsgäste damit inzwischen deutlich breiter aufgestellt als noch zur Jahrtausendwende. Zudem hat sich teilweise die Reihenfolge der Kategorien hinter dem jeweiligen Spitzenreiter verschoben. So war der Übernachtungsanteil der Auslandsgäste in allen drei Teilen des Schwarzwalds sowie im Hegau 2013 höher als im Reisegebiet Nördliches Baden-Württemberg, wobei der Mittlere Schwarzwald zur Region Stuttgart aufgeschlossen hat. Unter den prädikatisierten Gemeinden weisen inzwischen die Heilklimatischen Kurorte klar den höchsten Wert noch über dem Landesdurchschnitt auf. Auf den ersten Blick besonders bemerkenswert scheint, dass sich die relativ kleinen Gemeinden mit 2 000 bis unter 5 000 Einwohner in der Gliederung nach Gemeindegrößenklassen klar auf Rang 3 ebenfalls oberhalb des Landeswertes positioniert haben.

In 16 Gemeinden mehr als 100 000 Übernachtungen von Auslandsgästen

Diese Ergebnisse werden teilweise von regionalen bzw. örtlichen Besonderheiten beeinflusst. Deshalb lohnt sich auch ein Blick auf die Gemeinden mit den meisten Übernachtungen von Auslandsgästen. 2013 übertraf dieser Wert in 16 baden-württembergischen Gemeinden die Schwelle von 100 000; das waren neun mehr als im Jahr 2000. Zu diesen 16 Gemeinden gehören die sieben Stadtkreise Stuttgart (930 000 Übernachtungen von Auslandsgästen), Heidelberg (490 000), Freiburg (474 000), Baden-Baden (328 000), Karlsruhe (268 000), Mannheim (260 000) und Ulm (144 000). Mit Ausnahme des Mineral- und Moorbads Baden-Baden handelt es sich bei allen Stadtkreisen um Großstädte sowie Gemeinden ohne Prädikat.

Ebenfalls über kein touristisches Prädikat verfügen vier weitere Gemeinden mit mehr als 100 000 Übernachtungen von Auslandsgästen, davon der Flughafen-Anrainer Leinfelden-Echterdingen (129 000) in der Größenklasse von 20 000 bis unter 50 000 Einwohner sowie Sindelfingen (168 000), Konstanz (139 000) und Friedrichshafen (114 000) mit 50 000 bis unter 100 000 Einwohner. Als einziger Erholungsort reiht sich die Gemeinde Rust – zugleich Sitz eines Freizeitparks – mit 475 000 Übernachtungen von Auslandsgästen im landesweiten Ranking auf Rang 3 noch knapp vor Freiburg ein. Diese Gemeinde, in der insbesondere dank der Besucher aus den Nachbarländern Schweiz und Frankreich über die Hälfte aller Übernachtungen auf Auslandsgäste zurückgeht, trägt zugleich maßgeblich zu den relativ hohen Anteilen von Auslandsgästen im Reisegebiet Mittlerer Schwarzwald sowie in der Gemeindegrößenklasse von 2 000 bis 5 000 Einwohner bei. Dies gilt analog auch für die drei im Südlichen Schwarzwald angesiedelten Heilklimatischen Kurorte Hinterzarten (158 000 Übernachtungen von Auslandsgästen), Titisee-Neustadt (147 000) und Schluchsee (130 000). Komplettiert wird die Liste durch den Kneippkurort Baiersbronn (140 000) im Nördlichen Schwarzwald.

Abweichende Präferenzen nach Herkunftsländern

Da sich die touristischen Präferenzen der verschiedenen Nationalitäten zum Teil deutlich voneinander unterscheiden, hängt die strukturelle Verteilung der Auslandsgäste nicht zuletzt auch mit dem Herkunftsland zusammen. Zwar blieb der Kreis der fünf wichtigsten Herkunftsländer für Baden-Württemberg mit den unmittelbaren Nachbarn Schweiz und Frankreich, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und den USA 2013 gegenüber 2000 unverändert, und auch ihr gemeinsamer Übernachtungsanteil an den Auslandsgästen bewegte sich in beiden Jahren in einer ähnlichen Größenordnung um 50 %.

Die Gewichte zwischen diesen Ländern haben sich jedoch zwischenzeitlich deutlich verschoben. So ist die Schweiz – im Jahr 2000 mit 637 000 Übernachtungen noch die Nummer 3 hinter den Niederlanden und den USA – 2013 mit 1,98 Mill. oder 20 % aller Ausländerübernachtungen einsamer Spitzenreiter. Davon profitierte vor allem der Schwarzwald und hier insbesondere der südliche und der mittlere Teil, in dem die Schweizer bevorzugt übernachten. Dies gilt in ähnlicher Form auch für die Franzosen, deren Übernachtungen sich im Betrachtungszeitraum auf 761 000 mehr als verdoppelt haben und die deshalb von Rang 5 auf 3 vorgerückt sind. Allerdings ist bei ihnen auch der Nördliche Schwarzwald stärker gefragt. Die Übernachtungen der Holländer haben sich 2013 gegenüber 2000 um unterdurchschnittliche 30 auf 1,14 Mill. erhöht, wodurch sie ihren ursprünglichen Spitzenplatz ab 2004 an die Schweiz abgegeben haben. Auch ihr Zuwachs kam schwerpunktmäßig dem Schwarzwald zugute. Da die Niederländer nahezu vier von zehn Nächten auf einem Campinglatz zubrachten, profitierte zudem diese Betriebsart. Bei den Besuchern aus den USA und dem Vereinigten Königreich haben dagegen die Übernachtungen gegenüber 2000 sogar um 11 bzw. 2 auf 622 000 bzw. 464 000 abgenommen. Dadurch sind sie auf die Ränge 4 (von 2) bzw. 5 (von 4) abgerutscht. Dass vor allem bei den Gästen aus den USA regionale Schwerpunkte eher in der Region Stuttgart und im Nördlichen Baden-Württemberg liegen, hat zu den dort doch gedämpfteren Entwicklungen beigetragen.

Konstant zu den TOP 10 bei den Übernachtungen von Auslandsgästen gehörten im Betrachtungszeitraum zudem Österreich, Italien und Belgien. 2013 komplettierten Besucher aus der Russischen Föderation und aus Polen diesen Kreis auf den Rängen 9 und 10. Gegenüber dem Jahr 2000 haben sich dabei die Übernachtungen russischer Gäste, die eine auffällige Präferenz für den Nördlichen Schwarzwald und hier vor allem für die Kurstadt Baden-Baden aufweisen, auf 283 000 nahezu vervierfacht. Zum Teil noch stärkere Zuwächse verzeichneten Reisende aus China (238 000 Übernachtungen 2013), aus Israel (200 000), aus den Arabischen Golfstaaten (198 000) sowie aus Indien (157 000). Auf der anderen Seite nahmen die Übernachtungen von Japanern, zu Beginn des Jahrhunderts noch fester Bestandteil der TOP 10, gegenüber 2000 um über ein Drittel auf 135 000 ab.

1 Die Angaben beziehen sich stets auf Beherbergungsbetriebe oberhalb der Abschneidegrenze der monatlichen Tourismusstatistik. Während bis 2011 Beherbergungsstätten ab neun Betten und Campingplätze ab drei Stellplätzen erfasst wurden, wurde die Grenze ab 2012 auf zehn Betten oder Stellplätze leicht angehoben. Die im längerfristigen Vergleich genannten Veränderungsraten enthalten damit eine leichte Unschärfe, die angesichts der geringen Auswirkungen der geänderten Abschneidegrenze auf die Übernachtungen aber vertretbar erscheint.