:: 6/2014

Umweltschutzinvestitionen im Produzierenden Gewerbe Baden-Württembergs

Ein wichtiger Indikator für die volkswirtschaftliche Relevanz des Umweltschutzes sind die jährlichen Investitionsausgaben für diesbezügliche Maßnahmen. Entsprechende Informationen liefert die amtliche Statistik auf der Grundlage des Umweltstatistikgesetzes bereits seit Mitte der 1970er-Jahre. Bei der danach jährlich durchgeführten Erhebung werden seit 2008 entsprechend der aktuell gültigen NACE-Wirtschaftszweigsystematik, der WZ 2008, außer den Bereichen des Verarbeitenden Gewerbes, des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden sowie der Energie- und Wasserversorgung auch die Unternehmen und Betriebe der Entsorgungswirtschaft zu ihren Umweltschutzinvestitionen befragt. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Umfang und Zusammensetzung der umweltschutzbezogenen Investitionen in ihrer Entwicklung seit dieser wichtigen Erweiterung des Erfassungsbereiches.

Gut 6 % der gesamten Investitionen für Umweltschutzmaßnahmen

Knapp 1 800 Betriebe des Produzierenden Gewerbes in Baden-Württemberg (ohne Baugewerbe) haben im Jahr 2012 in Maßnahmen zum Schutz der Umwelt investiert und dafür zusammen rund 816 Mill. Euro ausgegeben. Das entspricht rund 6,3 % der gesamten jährlichen Investitionen (12,9 Mrd. Euro) dieses Wirtschaftsbereichs. Dabei hat mehr als jeder fünfte Betrieb mit Investitionen zugleich auch in Umweltschutzmaßnahmen investiert. Das Volumen der jährlichen Umweltschutzinvestitionen lag um rund 20 Mill. oder 2,5 % niedriger als im Jahr 2011.

Die Entwicklung seit dem Jahr 2008, ab dem vergleichbare Zahlen über umweltschutzbezogene Investitionen für das Produzierende Gewerbe nach neuer WZ 2008 vorliegen, zeigt bei starken jährlichen Schwankungen keinen einheitlichen Trend. Dies liegt auch daran, dass in den zugehörigen Bereichen – dem Verarbeitenden Gewerbe, der Energie- und Wasserversorgung sowie der Entsorgungswirtschaft – aufgrund stark abweichender Produktionsverhältnisse erhebliche Unterschiede im Bedarf an Umweltschutzinvestitionen bestehen. Dies zeigt sich auch in der zwischen den genannten Bereichen sehr unterschiedlichen Aufteilung der Investitionen auf die verschiedenen Umweltschutzbereiche. Neben den klassischen Aufgaben der Abfallwirtschaft, des Gewässerschutzes, der Lärmbekämpfung und Luftreinhaltung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege haben in den letzten Jahren vor allem die Investitionen im Bereich Klimaschutz erheblich an Bedeutung gewonnen. Der letztgenannte Bereich des Klimaschutzes umfasst neben den Maßnahmen zur direkten Minderung von Treibhausgasemissionen vor allem auch die Investitionen zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung.

Gewässerschutz beansprucht größten Anteil der Umweltschutzinvestitionen

Trotz stark gestiegener Klimaschutzinvestitionen rangieren bezogen auf das gesamte Produzierende Gewerbe die Investitionen in den Gewässerschutz nach wie vor an erster Stelle. Nur im Jahr 2009 lag das Volumen der Klimaschutzmaßnahmen knapp höher als beim Gewässerschutz. Merklich angestiegen sind auch die auf die Abfallwirtschaft bezogenen Investitionen. Sie lagen in den beiden Jahren 2011 und 2012 sogar höher als die Investitionen in Luftreinhaltungsmaßnahmen. Deren Volumen fiel nach einem Hoch in den Jahren 2008 und 2009 aktuell wieder auf das Niveau der Jahre vor 2008 zurück.

Eher geringe Veränderungen sind bei den Investitionen zur Lärmbekämpfung festzustellen, während die Investitionen in Naturschutz- und Landschaftsschutzmaßnahmen, bei allerdings nach wie vor vergleichsweise geringem Umfang, eine deutlich steigende Tendenz aufweisen und 2012 einen Höchstwert erreichten. Wegen der bereits genannten stark unterschiedlichen Produktionsverhältnisse in den einzelnen Wirtschaftsbereichen und Branchen ist auch eine dementsprechend differenzierte Betrachtung der Entwicklung von Umfang und Zusammensetzung der Umweltschutzinvestitionen angezeigt.

Entsorgungswirtschaft: Investitionen dienen fast vollständig dem Umweltschutz

Eine Sonderposition hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen Produktion und Erfordernis von Umweltschutzmaßnahmen nimmt die Entsorgungswirtschaft ein. Die Investitionen der hier zusammengefassten Wirtschaftszweige der Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung und der Beseitigung von Umweltverschmutzungen sind entsprechend dem jeweiligen Produktionsschwerpunkt nahezu vollständig als Umweltschutzinvestitionen einzuordnen. Von den im Bereich der Entsorgungswirtschaft rund 400 investierenden Betrieben haben nahezu alle zugleich auch Umweltschutzinvestitionen durchgeführt. Dementsprechend liegt der Anteil der Umweltschutzinvestitionen (340 Mill. Euro im Jahr 2012) in diesen Bereichen bei über 95 %. Bei den übrigen nicht dem Umweltschutz zuzurechnenden Investitionen handelt es sich um allgemeine, das heißt nicht dem Produktions-, sondern dem Verwaltungsbereich zuzuordnende Anlagegüter.

Zur besseren Einordnung der Höhe der für die Entsorgungswirtschaft ausgewiesenen Investitionen ist zu berücksichtigen, dass hierbei nur die Betriebe von privaten und öffentlichen Unternehmen des Entsorgungsbereichs einbezogen sind, die im Fall der Abfallentsorgung einen Umsatz von mindestens 1 Mill. Euro und in der Abwasserentsorgung eine behandelte Abwassermenge von mindestens 200 000 Kubikmetern aufweisen. Außer den kleineren Einheiten auch generell nicht enthalten sind sogenannte Regiebetriebe der Kommunen im Land, die gleichfalls in erheblichem Umfang Leistungen der Abfall- und Abwasserentsorgung erbringen und dazu ebenfalls hohe Investitionen in entsprechende Einrichtungen tätigen.

Gemäß dem jeweiligen wirtschaftlichen Schwerpunkt konzentrieren sich die umweltschutzbezogenen Investitionen der Entsorgungswirtschaft auf die Bereiche Abfallwirtschaft bzw. Gewässerschutz. Bei den Betrieben der Abwasserentsorgung liegen die Gewässerschutzinvestitionen im Mittel der betrachteten 5 Jahre bei 96 % der gesamten Umweltschutzinvestitionen. Daneben wurde in abfallwirtschaftliche Maßnahmen und auch in die verschiedenen Teilbereiche des Klimaschutzes investiert. Entsprechendes gilt für die Abfallentsorgung, wo neben dem Schwerpunkt der Investitionen in die Abfallwirtschaft (90 %) auch in Maßnahmen des Gewässerschutzes (7 %) und des Klimaschutzes (2 %) investiert wurde.

Energie- und Wasserversorgung: Klimaschutz und Luftreinhaltung dominieren

Auf den Versorgungssektor in Baden-Württemberg, bestehend aus der Energie- und Wasserversorgung, entfielen im Mittel der betrachteten 5 Jahre gut 20 % der Umweltschutzinvestitionen des Produzierenden Gewerbes. Dabei streuten die jährlichen Investitionen sehr stark zwischen knapp 100 und über 260 Mill. Euro. Bestimmend für die Höhe und Zusammensetzung der Umweltschutzinvestitionen dieses Bereichs sind die Maßnahmen in der Energieversorgung. Auf die Wasserversorgung kamen mit durchschnittlich rund 15 Mill. Euro eher kleinere Investitionsbeträge, die sich in erster Linie auf Maßnahmen des Gewässer- und des Klimaschutzes konzentrieren.

Die umweltschutzbezogenen Investitionen der Energieversorgungsbetriebe im Land weisen keinen deutlichen Trend auf. Die Entwicklung seit 2008 ist vielmehr von jährlich stark schwankenden Beträgen sowohl in der Höhe als auch in ihrer Verteilung auf die verschiedenen Maßnahmenbereiche gekennzeichnet. Den durchweg höchsten Teilbetrag machen die klimaschutzbezogenen Investitionen aus. Dieser inzwischen mit Abstand wichtigste Maßnahmenbereich hat die Luftreinhaltung deutlich auf Rang 2 verdrängt, obwohl die Investitionen dieses klassischen Bereichs in den Jahren nach 2008 wieder auf ein deutlich erhöhtes Volumen angewachsen waren. In den 10 Jahren davor waren seitens der Energieversorger kaum Investitionen in die Luftreinhaltung getätigt worden. Die größten Anstrengungen in diesem Bereich fielen in die Jahre von 1982 bis 1997, als vor allem aufwändige Nachrüstungen zur Abgasreinigung das Investitionsgeschehen in der Energieversorgung dominierten. Ein erhöhtes Gewicht erlangten in den letzten Jahren die Investitionen in Maßnahmen der Abfallwirtschaft und des Gewässerschutzes.

Klimaschutz durch Investitionen in erneuerbare Energien

Der Löwenanteil der klimaschutzbezogenen Investitionen durch die baden-württembergischen Energieversorger in den 5 Jahren seit 2008 floss in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Von den insgesamt rund 600 Mill. Euro an Klimaschutzinvestitionen entfielen 392 Mill. (67 %) auf die Nutzung erneuerbarer Energien. Das entspricht etwa der Größenordnung der allein im Jahr 2012 über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Land geförderten Investitionen in erneuerbare Energien. Dieser Vergleich macht sichtbar, dass der weitaus überwiegende Teil der Investitionen zur Nutzung erneuerbarer Energien außerhalb der Energieversorgung herkömmlicher Abgrenzung erfolgt. Das gesamte Volumen der jährlichen Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien in Baden-Württemberg wird einer Studie des ZEW1 zufolge sogar auf mindestens das Doppelte der über die KfW geförderten Vorhaben beziffert.

Außer in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien investierten die Energieversorger im Land im Mittel jährlich 15 Mill. Euro in die direkte Verminderung oder Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Darüber hinaus gaben sie gut 20 Mill. Euro für Maßnahmen zur Energieeinsparung bzw. Energieeffizienzsteigerung aus. In beiden Teilbereichen streuten die jährlichen Investitionsbeträge recht deutlich um die genannten mittleren Beträge. Ein Trend ist dabei nicht zu erkennen.

Verarbeitendes Gewerbe: Umweltschutzquote bei knapp 3 %

Die Umweltschutzinvestitionen der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes einschließlich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden – im Folgenden auch kurz: der Industrie – sind 2012 wieder spürbar angestiegen. Offenbar auch infolge der massiven Finanz- und Wirtschaftskrise war die Investitionstätigkeit nach 2009 insgesamt deutlich eingebrochen. Trotz der aktuell registrierten Zunahme im Jahr 2012 lagen die Umweltschutzinvestitionen mit knapp 300 Mill. Euro weiterhin spürbar unter den 2008 und 2009 investierten Beträgen. Die Umweltschutzquote, definiert als Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den Gesamtinvestitionen, ist damit nach deutlich erhöhten Werten in den Jahren 2008 bis 2010 wieder auf das Niveau des Jahres 2007 bzw. 2006 zurückgegangen (2,7 %).

Ein längerfristiger Vergleich mit den Jahren davor ist nur bezogen auf die klassischen Umweltschutzbereiche möglich. Der zunehmend wichtige Maßnahmenbereich des Klimaschutzes einschließlich erneuerbarer Energien und Energieeffizienzmaßnahmen wurde erst ab dem Jahr 2006 in das Erhebungsprogramm aufgenommen. Allein bezogen auf die klassischen Umweltschutzbereiche ist die Investitionstätigkeit der Industriebetriebe in der Tendenz eher rückläufig. Bedingt durch einige besonders herausragende Maßnahmen in einzelnen Branchen waren die Umweltschutzinvestitionen in den Jahren 2008 und 2009 stark gestiegen. Diese betrafen vor allem den Bereich Luftreinhaltung, der in den 1980er-Jahren zusammen mit dem Gewässerschutz den Schwerpunkt der industriellen Umweltschutzinvestitionen gebildet hatte. Nach jeweils mehr als 110 Mill. Euro in den Jahren 2008 und 2009 gingen die Investitionen in die Luftreinhaltung in den Jahren 2011 und 2012 auf weniger als die Hälfte (54 Mill. Euro) zurück. Und auch das Investitionsvolumen im Gewässerschutz lag mit jeweils gut 40 Mill. Euro spürbar niedriger als in den Jahren davor. In den anderen klassischen Bereichen der Abfallwirtschaft, der Lärmbekämpfung sowie des Natur- und Landschaftsschutzes blieben die Investitionen, abgesehen von geringen Schwankungen, auf dem langjährigen Niveau oder stiegen geringfügig an.

Erhöhte Investitionen zur Energieeinsparung und Effizienzsteigerung

Insgesamt hat sich in den letzten Jahren, parallel zum Rückgang in den klassischen Bereichen der Luftreinhaltung und des Gewässerschutzes, der Schwerpunkt der industriellen Umweltschutzinvestitionen auf den Bereich Klimaschutz und Energieeinsparung verlagert. Die Investitionen stiegen hier fast kontinuierlich auf mehr als das Doppelte des Jahres 2006 an. Erhebliche Verschiebungen gab es auch in der Aufteilung auf die zugehörigen Teilbereiche. Während die Investitionen in die direkte Vermeidung oder Verminderung von Treibhausgasemissionen in der Tendenz eher rückläufig waren und die Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energien bei starken jährlichen Schwankungen nur wenig zugenommen haben, machen die Investitionen in Maßnahmen zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung einen deutlich gesteigerten Betrag aus. Wenngleich auch hier jährliche Schwankungen festzustellen sind, so wurde doch mit deutlich über 90 Mill. Euro im Jahr 2012 ein neuer Höchstwert bei diesen für das Gelingen der Energiewende sehr wichtigen Maßnahmen erreicht. Zusätzlich positiv ist in diesem Zusammenhang zu vermerken, dass die Steigerung der Investitionen im Bereich Energieeinsparung und Effizienzsteigerung für die Mehrzahl der Branchen des Verarbeitenden Gewerbes im Land zu beobachten ist. Auch die Zahl der Betriebe mit entsprechenden Maßnahmen hat sich erhöht.

1 Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW), Evaluierung der inländischen KfW-Programme zur Förderung erneuerbarer Energien im Jahr 2012, September 2013.