:: 6/2014

Entwicklung der Treibhausgasemissionen vor dem Hintergrund politischer Zielsetzungen

Die Treibhausgasemissionen in Baden-Württemberg haben seit 1990, dem Referenzjahr für internationale Minderungsziele, um gut 15 % abgenommen, knapp 13 % davon allein in den letzten Jahren seit 2005. Grund dafür war vor allem der Rückgang des Ausstoßes des gewichtigsten aller Treibhausgase, Kohlendioxid (CO2), das vorwiegend durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Die übrigen wesentlichen Treibhausgase Methan und Lachgas haben insgesamt einen Anteil von knapp 10 % an den Gesamtemissionen im Land. In den letzten Jahren haben sie, wie auch das durch chemische Umwandlungen bei Industrieprozessen entstehende prozessbedingte CO2, nur unwesentlich zur Gesamtreduktion beigetragen. Das Ziel der Landesregierung, die Emissionen bis 2020 um 25 % zu reduzieren, scheint aufgrund der Entwicklung innerhalb der letzten Jahre erreichbar.

In den letzten Jahren rückläufige Tendenz der Treibhausgasemissionen

Im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg der Landesregierung vom Juli 2013 ist eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 25 % bis 2020 bzw. um 90 % bis 2050 festgeschrieben, jeweils bezogen auf 1990 (siehe auch i-Punkt »Klimaziele«). Die Treibhausgasemissionen lagen 2012 in Baden-Württemberg nach vorläufigen Berechnungen insgesamt bei knapp 76 Mill. Tonnen (t) CO2-Äquivalenten und damit unmerklich niedriger als im Jahr zuvor. Im Bundesdurchschnitt war 2012 gegenüber 2011 ein leichter Anstieg um 1,2 % zu verzeichnen. Das Jahr 2011 war geprägt durch eine extrem milde Witterung, die zu einem sehr niedrigen Emissionsausstoß durch Energieverbrauch für Raumwärme geführt hatte. Im weniger milden 2012 lagen daher die CO2-Emissionen der baden-württembergischen privaten Haushalte wieder etwas höher als im Jahr zuvor, der Wert aus dem Jahr 2010 wurde aber unterschritten. Ebenso erhöhte sich der Kraftwerksausstoß im Vergleich zum Vorjahr leicht. Diese Entwicklung hin zu höheren energiebedingten Emissionen wurde vom Industriesektor im Land, wo der Ausstoß gegenüber 2011 spürbar zurückging, wesentlich abgemildert. Zum Rückgang des Energieverbrauchs hinzu kamen hier Änderungen im Energieträgermix, die dazu führten, dass die energiebedingten CO2-Emissionen der Industrie sogar unter den Wert von 2009 sanken. Der im Rezessionsjahr 2009 sehr niedrige industrielle Energieverbrauch war stark von der Wirtschaftskrise geprägt. Im für die Bedeutung der energiebedingten Emissionen ebenfalls wichtigen Verkehrsbereich haben nur vergleichsweise kleine Änderungen stattgefunden1. Zur Gesamtminderung im Jahr 2012 trug außerdem ein leichter Rückgang der Methan- und der Lachgasemissionen sowie der prozessbedingten CO2-Emissionen bei.

Längerfristig lässt sich in den letzten Jahren eine abnehmende Tendenz der Treibhausgasemissionen feststellen. Seit 2005 ist der Emissionsrückgang um knapp 13 % in erster Linie bedingt durch Einsparungen beim Energieverbrauch und Änderungen im Energiemix, wodurch vor allem die energiebedingten CO2-Emissionen reduziert wurden. Diese machen aktuell knapp 66 Mill. t und damit 87 % der gesamten Treibhausgasemissionen aus. Weitere 3,6 % entfallen auf CO2-Emissionen, die durch industrielle Prozesse entstehen, sowie jeweils knapp 5 % auf Methan und Lachgas. Die Summe des Ausstoßes dieser drei weitgehend vom Energieverbrauch unabhängig entstehenden Gase ist mit insgesamt rund 10 Mill. t CO2-Äquivalenten seit 2005 nahezu gleich geblieben. Während beim Methan weiterhin eine abnehmende Tendenz zu beobachten ist, die vor allem auf das Ende der Deponierung organischer Abfälle zurückgeht, sind die Lachgasemissionen zwischen 2009 und 2011 wieder leicht angestiegen. Dies ist vor allem bedingt durch die vermehrte Anwendung von Stickstoffdüngern. 2012 war wieder ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Die übrigen Kyoto-Gase (teilhalogenierte und perfluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen sowie SF6) können auf Landesebene nicht bilanziert werden. Sie machen deutschlandweit aktuell rund 1,5 % der gesamten Treibhausgasemissionen aus.

Ziel der Landesregierung: 25 % Abnahme bis 2020 erreichbar

Seit 1990, dem Basisjahr für die internationalen Zielsetzungen, beträgt die Abnahme der gesamten Treibhausgasemissionen aktuell gut 15 %. Rund 8,5 % davon gehen auf die Reduktion der energiebedingten CO2-Emissionen zurück, weitere 6,5 % wurden durch andere Maßnahmen, vor allem durch das Ende der Deponierung organischer Abfälle, erreicht. Die Methanemissionen wurden um deutlich mehr als die Hälfte reduziert, die Lachgasemissionen um immerhin fast ein Fünftel.2 Aufgrund ihrer eher kleinen Anteile an den gesamten Treibhausgasemissionen fallen diese Einsparungen absolut gesehen weniger ins Gewicht.

Verglichen mit den Fortschritten in ganz Deutschland, wo mittlerweile fast ein Viertel weniger Treibhausgase emittiert werden als 1990, scheint die Reduktion im Land auf den ersten Blick vergleichsweise gering. Aufgrund der besonderen Effekte, die durch die Umstrukturierungen nach der Wiedervereinigung im Osten der Republik zu einem erheblichen Einbruch des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen geführt hatten, ist es für die Beurteilung der Klimaschutzmaßnahmen einzelner Länder eher angezeigt, ein späteres Basisjahr zu wählen. Zudem spiegelt der Ausstoß der Treibhausgase im Zeitverlauf auch konjunktur- und witterungsbedingte Schwankungen wider. Um dies zu berücksichtigen, kann die Betrachtung der Emissionen für Teilzeiträume hilfreich sein. Betrachtet man etwa bezogen auf den Zeitraum von 10 Jahren den Durchschnitt der Emissionsfracht (berechnet als CO2-Äquivalente) in den Jahren 1998 bis 2002 als Startwert und vergleicht diesen mit dem Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012 als Endwert, dann wurden in Baden-Württemberg jährlich im Durchschnitt knapp 1,4 % oder 1,2 Mill. t Minderung erreicht. In Deutschland waren es knapp 1,1 %, EU-weit 0,8 % (EU-27). Kann diese Entwicklung in gleicher Weise fortgeführt werden, so scheint das Landesziel einer Minderung um 25 % bis zum Jahr 2020 erreichbar. Für eine Reduktion der Emissionen um 90 % bis 2050 müsste die jährliche Abnahme ab sofort auf rund 1,8 Mill. t pro Jahr erhöht werden. Mit 7 t CO2-Äquivalenten je Einwohner lag die Emissionsfracht im Land 2012 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 11,5 t je Einwohner.

Aktuell kein weiterer Rückgang der CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung

Für den erreichten Rückgang der Treibhausgasemissionen seit 1990 waren vor allem vier Faktoren ausschlaggebend: erstens die oben erwähnte Minderung der Methanemissionen aus Deponien nach dem Ende der Ablagerung organischer Abfälle und zweitens die deutliche Abnahme der Tierzahlen in der Landwirtschaft in Baden-Württemberg, die in geringerem Ausmaß ebenfalls zu einer Verminderung der Methanfreisetzung führte. In der jüngeren Vergangenheit waren es als Drittes die Steigerung der Energieeffizienz im Raumwärmebereich sowie als vierter und gewichtiger Faktor die geringere CO2-Intensität des Energieverbrauchs. Diese wurde anfänglich vor allem durch den Umstieg von leichtem Heizöl und Steinkohle auf weniger CO2-intensives Erdgas erreicht.

In den letzten Jahren wurde die CO2-Intensität des Energieverbrauchs vor allem durch den Einsatz erneuerbarer Energieträger verringert. Ziel der Landesregierung ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 auf 80 % zu erhöhen. Innerhalb der letzten 10 Jahre ist der Anteil erneuerbarer Energieträger am Primärenergieverbrauch von rund 3 auf 12 % im Jahr 2012 angestiegen, ihr Anteil an der Stromerzeugung sogar von unter 10 auf knapp 24 %. Insgesamt hat vor allem der Einsatz von Biomasse (einschließlich biogener Abfälle) zugenommen. Bei der Stromerzeugung spielt nach wie vor die Wasserkraft eine entscheidende Rolle. Gleichwohl haben Biomasse und auch Fotovoltaik in den letzten Jahren so stark an Bedeutung gewonnen, dass die Stromerzeugung aus beiden mit jeweils gut 4 Mrd. Kilowattstunden (kWh) im Jahr 2012 beinahe so hoch lag wie die aus Wasserkraft (knapp 5 Mrd. kWh).

Positiv auf die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieverbrauch und an der Stromerzeugung wirkt nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern auch der aktuell zu verzeichnende Rückgang von Primärenergieverbrauch und Bruttostromerzeugung insgesamt. Letztere ging in Baden-Württemberg 2012 auf rund 58 Mrd. kWh zurück. Das entspricht einer Minderung um fast 20 % gegenüber 2005. Hauptsächlich ist dies auf die Stilllegung der Kernkraftwerksblöcke Neckarwestheim I und Philippsburg I im März 2011 zurückzuführen. Neben der Abnahme der CO2-neutralen Kernenergie wird verglichen mit dem Anfang des 21. Jahrhunderts auch weniger Strom in konventionellen Kraftwerken, vor allem in Steinkohlekraftwerken, erzeugt. Die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung im Land wurden daher noch deutlicher als die Stromerzeugung um knapp 24 % oder 5,5 Mill. t seit 2005 reduziert. Der Sektor Stromerzeugung trug damit erheblich zur Reduktion der gesamten CO2-Emissionen um rund 14 % oder 10,6 Mill. t im Vergleich zu 2005 bei. Seit 2009 ist allerdings kein weiterer Rückgang festzustellen. 2013 ist wieder mit einem Anstieg zu rechnen, da 20 % mehr Steinkohle zur Stromerzeugung eingesetzt wurden als 2012. Der Anteil des Sektors an den energiebedingten CO2-Emissionen beträgt aktuell knapp 22 % (gut 14 Mill. t). Die spezifischen CO2-Emissionen des Strommix sind zwar aufgrund des Rückgangs der Kernenergie seit einem Niedrigstand im Jahr 2009 auf 248 Gramm je Kilowattstunde (g/kWh) im Jahr 2012 kontinuierlich angestiegen, liegen damit aber immer noch deutlich niedriger als 2005 (263 g/kWh).

Nur langsamer Rückgang der durch Endverbraucher verursachten Emissionen

Parallel zum Rückgang der Stromerzeugung im Land um knapp 14 Megawattstunden (MWh) seit dem Jahr 2005 ging der Bruttostromverbrauch nur um knapp 6 MWh zurück. Die Strombezüge wurden gleichzeitig um rund 8 MWh erhöht. Der Importstrom geht in die Bilanzierung der quellenbezogenen CO2-Emissionen nicht ein. Dadurch verbessert sich die CO2-Bilanz des Landes allein durch die Verlagerung eigener Stromerzeugung hin zur Nutzung importiertem Stroms. Um dem Rechnung zu tragen, stellen die statistischen Ämter der Länder im Rahmen des Länderarbeitskreises Energiebilanzen den quellenbezogenen CO2-Emissionen die verursacherbezogene Darstellung gegenüber. Bei der Verursacherbilanz werden die CO2-Emissionen aus der Strom- und Wärmeerzeugung nicht den Kraftwerken zugeschlagen, sondern auf die Endverbraucher umgerechnet. Dafür wird der Stromverbrauch von Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten mit einem bundeseinheitlich durchschnittlichen Emissionsfaktor für CO2 aus der Stromerzeugung belegt. Dieser bundeseinheitlich spezifische CO2-Faktor für die Stromerzeugung lag 2012 bei rund 580 g/kWh und damit deutlich über dem CO2-Faktor des baden-württembergischen Strommix von 248 g/kWh. Dies ist in erster Linie der immer noch überdurchschnittlichen Bedeutung der Kernenergie im Land geschuldet.

Durch die Liberalisierung der Energiemärkte kann der im Land verbrauchte Strom theoretisch aus dem In- oder dem Ausland stammen. Da keine Informationen darüber vorliegen, welcher Strom tatsächlich im Land verbraucht wird und welcher ggf. auch exportiert wird, wird für die Berechnung der Verursacherbilanz für den gesamten Stromverbrauch der Endverbraucher im Land (nicht nur für den importierten Strom) der bundesdurchschnittliche CO2-Faktor angesetzt. Die Gesamtemissionen nach Verursacherprinzip fallen somit in der Summe deutlich höher aus als die der Quellenbilanz. Die Verursacherbilanz liefert nicht nur für den Vergleich des Verbraucherverhaltens zwischen den Bundesländern, sondern auch für die Beurteilung der Entwicklung des Verbrauchs wichtige Eckdaten. Da der gesamte Stromverbrauch (inklusive Importstrom) berücksichtigt wird, fällt der Rückgang der verursacherbezogenen Emissionen im betrachteten Zeitraum geringer aus. Dieser lag statt bei 14 % gemäß Quellenbilanz verursacherbezogen nur bei gut 8 %.

Bei der Betrachtung der Verursacherbilanz werden die durch den oben beschriebenen Einsatz erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung sowie durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung erzielten Fortschritte nicht landesspezifisch, sondern im Bundesdurschnitt berücksichtigt. Je nach Fragestellung ist daher entweder die Verursacherbilanz oder die Quellenbilanz des Landes für Analysen heranzuziehen.

Energieeffizienz privater Haushalte nimmt langsam zu

Neben dem Rückgang der Emissionen aus der Stromerzeugung hat der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren vor allem in den beiden stark vom Raumwärmebedarf dominierten Sektoren private Haushalte sowie Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und übrige Verbraucher abgenommen. Trotz des anhaltenden Bevölkerungswachstums im Land und dem noch nicht gebrochenen Trend hin zu größeren Wohnflächen lagen die CO2-Emissionen der privaten Haushalte für Wohnen (Raumwärme und Warmwasser) 2012 mit gut 3,2 Mill. t um fast ein Fünftel niedriger als 2005. Temperaturbereinigt waren es unwesentlich weniger.

Wie Schaubild 4 zeigt, hätten bei unveränderten Rahmenbedingungen die Bevölkerungsentwicklung im Land sowie die Entwicklung der Wohnflächen pro Person zu einem Anstieg der temperaturbereinigten CO2-Emissionen für Wohnen um knapp 700 000 t geführt. Dem entgegengewirkt hat zum einen die CO2-Intensität des Energieverbrauchs. Wie bei der Stromerzeugung hat auch hier in geringerem Ausmaß der vermehrte Einsatz erneuerbarer Energien zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um knapp 1,4 Mill. t geführt. Zum anderen leistete die gestiegene Energieintensität je Einheit Wohnfläche, die offenbar durch Dämmmaßnahmen und Aufklärung im Verbraucherverhalten erreicht wurde, mit rund 2,5 Mill. t den zweiten großen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen für Wohnen.