:: 7/2014

Wald: Mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen

Wald ist nicht gleich Wald! So gibt es gravierende Unterschiede etwa im Waldaufbau, in der Baumartenverteilung, in der Alterszusammensetzung. Das ist aber nicht weiter verwunderlich, denn wir stellen hohe, mitunter im Zielkonflikt stehende Ansprüche an den Wald. Auf der einen Seite wollen die Waldbesitzer das Holz wirtschaftlich nutzen. Auf der anderen Seite soll der Wald Heimat für Tiere und Pflanzen sein, für saubere Luft, frisches Wasser und ausgeglichenes Klima sorgen oder beispielsweise den Boden vor Erosion schützen. Als Erholungsraum gewinnt er für lärm- und abgasgeplagte Städter zunehmend an Bedeutung. Viele Gründe also, den Wald einmal in der Welt der Zahlen zu betrachten.

Waldreiches Baden‑Württemberg

Der Wald wächst und wächst, und zwar nicht nur jeder einzelne Baum in Höhe und Breite, sondern der Wald in seiner gesamten Ausdehnung. Seit Beginn das 21. Jahrhunderts ist die Waldfläche in Baden‑Württemberg nach den Ergebnissen der Flächenerhebung1 um rund 12 000 Hektar (ha) angestiegen. Mit 1,37 Mill. ha besitzt Baden‑Württemberg nach Bayern mit 2,47 Mill. ha die ausgedehntesten Wälder in Deutschland. Die Wälder bedecken nahezu zwei Fünftel (38 %) der Bodenfläche Baden‑Württembergs. Einen höheren Waldflächenanteil haben nur Rheinland-Pfalz (42 %) und Hessen (40 %).

Die räumliche Verteilung des Walds in Baden‑Württemberg orientiert sich an den Höhenzügen im Land. Der Schwarzwald ist ausgehend von Pforzheim im Norden bis zum Hotzenwald nahe der Grenze zur Schweiz ein geschlossenes Waldgebiet, unterbrochen nur durch die offenen Tallagen. Ausgedehnte Waldflächen finden sich weiter auf der Schwäbischen Alb, im Schwäbischen Wald und im Odenwald (Schaubild 1).

Die Gemeinden mit den größten Waldflächen sind Baiersbronn mit 16 125 ha, Forbach (11 943 ha) und Bad Wildbad (9 465 ha). In der »Wald-Hitliste« vertreten sind auch Städte wie Baden-Baden, Villingen-Schwenningen, Gernsbach, Freiburg im Breisgau und Heidenheim, die man hier nicht unbedingt erwartet hätte, die aber in diesem Zusammenhang von ihrer Ausdehnung im Raum profitieren. Hinsichtlich des Waldflächenanteils ragen besonders Bad Rippoldsau-Schapbach und Forbach mit Werten über 90 % heraus, dicht gefolgt von Bad Wildbad und Enzklösterle (Tabelle 1). Auf der anderen Seite gibt es im Land vier Gemeinden, in denen man vergeblich nach Wald sucht. Drei davon, nämlich Eppelheim, Ilvesheim und Plankstadt, liegen im Rhein-Neckar-Kreis zwischen Heidelberg und Mannheim, die vierte, Moosburg, im Landkreis Biberach in der Nähe des Federsees.

Staatsforsten, Körperschafts- und Privatwald

Die Landesforstverwaltung beziffert die forstliche Betriebsfläche im Forstwirtschaftsjahr 2011 auf 1,40 Mill. ha.2 Fast ein Viertel der Flächen (338 150 ha, darunter knapp 6 200 ha Bundeswald) sind im Staatsbesitz. Sieht man von den nicht einer Besitzart zugeordneten Flächen (13 500 ha) ab, verteilt sich die übrige Waldfläche annähernd hälftig auf den Körperschafts-3 (545 100 ha) und den Privatwald (507 700 ha) (Schaubild 2).

Zu Letzterem zählen der Kirchenwald (14 900 ha) und der Gemeinschaftswald (13 800 ha). Der Privatwald im engeren Sinne (i. e. S.) erstreckt sich auf 479 000 ha. Damit befinden sich über ein Drittel der heimischen Waldflächen in der Hand von Privatpersonen. Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse spannt sich der Bogen ausgehend vom Kleinprivatwald bis zu Einheiten von mehreren 1 000 ha. In die Größenklasse von über 1 000 ha forstlicher Betriebsfläche entfallen rund 90 350 ha; das ist immerhin knapp ein Fünftel des baden‑württembergischen Privatwalds i. e. S.. Bei 330 000 ha Privatwald handelt es sich um kleinere Besitzeinheiten von bis zu 50 ha. Dabei dürfte es sich zumeist um die Waldflächen landwirtschaftlicher Betriebe handeln. Nur wenige Privatwälder sind zwischen 50 bis 200 ha (25 000 ha) bzw. 200 bis 1 000 ha (33 650 ha) groß.

58 % Nadel-, 42 % Laubbäume

Nach der letzten Waldinventur4 besteht der Gesamtwald im Südwesten zu 58 % aus Nadel- und zu 42 % aus Laubbäumen. Wichtigste Laubbaumarten sind die Buche (21 %) und die Gruppe der Hartlaubhölzer Esche, Ahorn, Hainbuche (zusammen 9 %). Eichen nehmen etwa 7 % der Waldfläche ein. Häufigste und wirtschaftlich bedeutendste Baumart ist die Fichte (knapp 38 %) bei allerdings rückläufiger Tendenz, nicht zuletzt infolge der Stürme von 1990 (Wiebke) und 1999 (Lothar) und deren Folgeschäden durch den Borkenkäfer. Kiefern (ebenfalls rückläufig) stehen auf rund 7 %, die Tanne, Charakterbaum des Schwarzwalds und prägnanter Baum des Bergwalds, steht auf 8 % der Waldfläche.

»Lothar« bestimmt den Holzeinschlag anfangs des 21. Jahrhunderts

Der Holzeinschlag in den baden‑württembergischen Wäldern beläuft sich in Jahren ohne ausgesprochen hohe Schäden auf durchschnittlich 8,4 Mill. Festmeter5 (fm) bei einer Bandbreite zwischen 7,5 und 9,1 Mill. fm in den letzten 10 Jahren. Der Holzeinschlag wird dabei deutlich vom Nadelholz mit einem Anteil von rund 70 % in Normaljahren geprägt, denn Laubholz braucht wesentlich länger zur Holzreife. Zum anderen ist die hohe Nadelholzquote auch der Baumartenverteilung geschuldet (Tabelle 2).

»Herausragend« in diesem Zusammenhang ist das Milleniumsjahr, als infolge des Orkans Lothar der Holzeinschlag auf nahezu das Dreifache eines üblichen Jahreseinschlags schnellte. Lothar ist der Name eines Orkantiefs, das sich über der Biskaya entwickelt hatte und am 2. Weihnachtsfeiertag des Jahres 1999 in nordöstlicher Richtung über West- und Mitteleuropa hinweg zog. Der Orkan richtete vor allem in Nordfrankreich, der Schweiz, Süddeutschland und Österreich die höchsten Sturmschäden der jüngeren europäischen Geschichte mit über 100 Toten an. Betroffen waren insbesondere Nadelholzbestände; Laubholz wurde fast nur im Mischwald geworfen. Um einer drohenden Invasion des Borkenkäfers zu begegnen, galt es, das geworfene Holz rasch aufzuarbeiten. Die Stämme wurden durch ständige Berieselung mit Wasser in Nasslagern ohne Qualitätsverlust konserviert und das Reisig häufig noch vor Ort verbrannt.

Um einem angesichts des Überangebots an Holz drohenden Preisverfall entgegenzuwirken und den Holzmarkt zu stabilisieren, wurde in den Folgejahren vor allem in den Staatsforsten der Holzeinschlag reduziert. Für die Forstwirtschaft selbst war der Orkan Anlass und Mahnung, die bereits zuvor eingeleitete naturnahe Bewirtschaftung zu forcieren mit dem Ziel eines arten- und strukturreichen Waldbestands. So stehen beispielsweise nach den Ergebnissen der Bundeswaldinventur 2001/2002 auf 28 % der Waldfläche junge Bäume von bis zu 4 Metern Höhe. Rund 80 % dieser jungen Wälder wachsen nicht auf Kahlflächen, sondern unter dem schützenden Kronendach alter Bäume. Dadurch entstehen stufige und strukturreiche Wälder – ein Plus für die vielfältigen ökologischen und sozialen Wirkungen des Waldes.

Holzeinschlag 2013 zu einem Zehntel durch Schäden verursacht

Im Kalenderjahr 2013 wurden in Baden‑Württemberg insgesamt 8,4 Mill fm Holz geerntet. Mit 934 000 fm war über ein Zehntel des Holzeinschlages durch Schäden bedingt. Schadursachen waren großteils Windwurf (42 %), Schnee (8 %) und Insekten (33 %). Neuartige Waldschäden waren mit 3 000 fm als Ursache nahezu vernachlässigbar. Bei 150 000 fm (16 %) wurden sonstige herkömmliche Ursachen des Schadholzeinschlags benannt.

Hauptbetroffene unter den Baumarten waren die Fichten (einschließlich Tanne und Douglasie): Obwohl zu weniger als der Hälfte am Waldaufbau im Land beteiligt, entfielen 78 % des durch Schäden verursachten Holzeinschlags auf diese Gruppe, gefolgt von Buchen mit 15 %.

1 Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung (FEtN). Hierbei handelt es sich um sekundärstatistische Auswertungen des Liegenschaftskatasters.

2 Jahresbericht 2011 des Landesforstbetriebes ForstBW [Abruf: 15. 5. 2014].

3 Bei einem Körperschaftswald handelt es sich gemäß § 3 Absatz 3 Bundeswaldgesetz um Wald im Alleineigentum von Körperschaften des öffentlichen Rechts wie Gemeinden und Städten oder auch Universitäten und sonstiger dort genannter Rechtsträger.

4 Waldinventuren liefern auf Stichprobenbasis verlässliche Informationen über den Zustand des Walds und die Dynamik seiner Veränder­ung. Die Bundeswaldinventur wurde erstmals 1986 bis 1988 und als Folgeinventur in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführt. Ergebnisse und Auswertungen des umfangreichen Datenmaterials der 3. Bundeswaldinventur werden für 2015 erwartet.

5 Raummaß für Rundholz; entspricht 1 m³ fester Holzmasse, das heißt ohne Zwischenräume in der Schichtung. Waldinventuren liefern auf Stichprobenbasis verlässliche Informationen über den Zustand des Walds und die Dynamik seiner Veränder­ung. Die Bundeswaldinventur wurde erstmals 1986 bis 1988 und als Folgeinventur in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführt. Ergebnisse und Auswertungen des umfangreichen Datenmaterials der 3. Bundeswaldinventur werden für 2015 erwartet.