:: 8/2014

»Wo viel Licht ist, ist starker Schatten – doch war mir’s willkommen«1

Hautkrebs in Baden‑Württemberg

Kann zu viel Sonne auch Schattenseiten haben? Es ist allgemein bekannt, dass übermäßige UV-Strahlung ohne ausreichenden Schutz mit Abstand der größte Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs ist.2Gleichzeitig ist Hautkrebs diejenige Tumorerkrankung mit der größten Zunahme der Krankenhausbehandlungen in Baden‑Württemberg.3

Die Gesundheitsstatistiken der amtlichen Statistik versetzen uns in die Lage, vielfältige Erkenntnisse über den Gesundheitszustand der Bevölkerung abzuleiten. So können beispielsweise mithilfe der Krankenhausdiagnosestatistik Aussagen darüber getroffen werden, aufgrund welcher Erkrankung Patientinnen und Patienten in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Aus der Todesursachenstatistik hingegen wird ersichtlich, welche Krankheit zum Tod geführt hat. Da in den letzten Jahren hautkrebsbedingte Krankenhausbehandlungen wie auch Todesfälle, die auf eine Hautkrebserkrankung zurückzuführen sind, stark angestiegen sind, soll in diesem Beitrag mithilfe der beiden Statistiken die Entwicklung dieser Tumorerkrankung in Baden‑Württemberg näher untersucht werden.

Unter dem Begriff »Hautkrebs« werden verschiedene bösartige Neubildungen der Haut subsumiert. Zu den bekanntesten gehören der helle Hautkrebs und das gefährliche maligne (bösartige) Melanom, auch »schwarzer Hautkrebs« genannt.4 Die Auswertungen in diesem Aufsatz beinhalten in den meisten Fällen alle Hautkrebserkrankungen – unabhängig von der Art des Hautkrebses.

Gestiegene Hautkrebsmortalität vor allem bei Männern

Eine Hautkrebserkrankung nahm im Jahr 2012 bei 495 Baden‑Württembergern5 einen tödlichen Verlauf. Damit haben die Sterbefälle aufgrund einer Hautkrebserkrankung gegenüber 2011 insgesamt um knapp 5 % (23 Fälle) und gegenüber 2000 sogar um über 40 % (143 Fälle) zugenommen. Während sich die Anzahl der an Hautkrebs verstorbenen Frauen 2012 gegenüber 2000 um 28 % erhöht hat, ist die Anzahl der verstorbenen Männer im gleichen Zeitraum fast doppelt so stark gestiegen (53 %).

Um über die Jahre hinweg vergleichbare Angaben gewinnen zu können, muss die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt werden. Hierzu wird die Anzahl der durch Hautkrebs bedingten Sterbefälle auf die Gesamtbevölkerung des jeweiligen Jahres bezogen – im Jahr 2000 verstarben demnach 3,3 Personen je 100 000 Einwohner in Baden‑Württemberg an einer Hautkrebserkrankung, im Jahr 2012 kamen 4,7 Hautkrebstodesfälle auf 100 000 Einwohner. Insgesamt zeigt sich, dass die Hautkrebssterberate zwischen 2000 und 2008 nur leicht angestiegen, seit 2009 aber eine deutliche Zunahme zu beobachten ist. Dies ist vor allem einer höheren Hautkrebssterblichkeit der Männer geschuldet. Während im Jahr 2000 – bezogen auf 100 000 Einwohner – bei jeweils gleich vielen Männern wie Frauen eine Hautkrebserkrankung tödlich endete, erlag im Jahr 2012 pro 100 000 Einwohner ein Mann mehr seinem Hautkrebsleiden (5,2 Männer je 100 000 vs. 4,2 Frauen je 100 000)6 (Tabelle, Schaubilder 1 und 2).

Zunahme der Hautkrebssterblichkeit insbesondere bei betagten Personen

Da Hautkrebs eine Krebserkrankung mit einer relativ langen Vorlaufzeit ist (siehe i-Punkt »Hautkrebsarten«) und sich gleichzeitig die Sterberate von Herz-/Kreislauferkrankungen rückläufig entwickelt hat, ist es nicht sonderlich erstaunlich, dass vor allem die Zahl der an Hautkrebs verstorbenen Personen höheren Alters außergewöhnlich angestiegen ist. So sind im Jahr 2012 deutlich mehr 70-Jährige und Ältere an Hautkrebs verstorben als noch im Jahr 2000, die Hautkrebssterbefälle bei den über 80-Jährigen haben sich sogar mehr als verdoppelt. Selbst wenn man die Bevölkerungsentwicklung innerhalb der letzten 12 Jahre hin zu einer immer älter werdenden Bevölkerung berücksichtigt, zeigt sich eine deutliche Zunahme der Hautkrebssterblichkeit vor allem für ältere Personen. Die ebenfalls unverkennbare Zunahme der hautkrebsbedingten Sterbefälle bei Personen mittleren Alters (vor allem bei der Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen) fällt allerdings bei der altersdifferenzierten Betrachtungsweise nicht mehr ganz so dramatisch aus.

Bei den Krankenhausbehandlungen ist eine noch deutlichere Zunahme der Fallzahlen zu beobachten. 2012 mussten sich 12 675 Personen aufgrund einer Hautkrebserkrankung einer vollstationären Krankenhausbehandlung in Baden‑Württemberg unterziehen. Insgesamt sind damit die Krankenhausbehandlungen, die auf eine Hautkrebserkrankung zurückzuführen sind, zwischen 2000 und 2012 um gut 70 % gestiegen, wobei auch hier der Anstieg bei den Männern höher ausfiel als bei den Frauen (80 % bzw. knapp 61 %).

Auch unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung zeigt sich im zeitlichen Verlauf der letzten 12 Jahre eine kontinuierliche Zunahme der hautkrebsbedingten Krankenhausbehandlungen. Im Jahr 2012 sind mit rund 120 Personen je 100 000 Einwohner deutlich mehr Personen als noch im Jahr 2000 aufgrund einer Hautkrebserkrankung in einem Krankenhaus behandelt worden (im Jahr 2000 waren es etwa 71 Patienten je 100 000 Einwohner in Baden‑Württemberg). Hier zeigen sich – mehr noch als bei den Hautkrebssterbefällen – die geschlechterspezifischen Unterschiede. Im Laufe der letzten Jahre ist die Schere zwischen den an Hautkrebs behandelten Männern und an Hautkrebs behandelten Frauen immer größer geworden.67

Krankenhausbehandlungshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter

Vor allem bei den etwas betagteren Personen ist ein deutlich erhöhter Behandlungsbedarf zu verzeichnen. So hat sich die Anzahl der in einem Krankenhaus behandelten 70-jährigen und älteren Hautkrebspatienten seit 2000 mehr als verdoppelt. In der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen mussten im Jahr 2012 sogar mehr als dreimal so viele Personen aufgrund einer Hautkrebserkrankung in einem Krankenhaus behandelt werden als im Jahr 2000.

Auch bezogen auf die jeweilige Besetzungsstärke ist bei den älteren Altersgruppen ein deutlicher Anstieg der Behandlungsfälle zu erkennen. Dies trifft vor allem auf Patienten zu, die das 60. Lebensjahr erreicht oder überschritten hatten. So kamen beispielsweise 2012 auf einen an Hautkrebs erkrankten 50- bis 54-jährigen männlichen Krankenhauspatienten 16 entsprechende Patienten im Alter von 80 bis 84 Jahren (64 bzw. 1 020 Patienten je 100 000 männliche Einwohner der entsprechenden Altersgruppe in Baden‑Württemberg). Dieser Effekt ist ebenfalls – wenn auch abgemildert – bei den Frauen zu erkennen. Mittlerweile müssen sich auch Personen mittleren Alters häufiger einer hautkrebsbedingten Krankenhausbehandlung unterziehen; dies relativiert sich allerdings unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung etwas (Schaubilder 3 und 4).

Schwarzer Hautkrebs ist Hautkrebstodesart Nr. 1

Der schwarze Hautkrebs verursachte 2012 insgesamt knapp 80 % aller Hautkrebstodesfälle. Jedoch sind nur knapp ein Viertel der Hautkrebskrankenhausbehandlungen auf ein bösartiges Melanom zurückzuführen. Dreimal häufiger hingegen mussten Hautkrebspatienten aufgrund einer sonstigen bösartigen Neubildung der Haut (worunter auch der helle Hautkrebs zählt) behandelt werden (Schaubild 5).

Im Folgenden sollen einige Erklärungsansätze genannt werden, die für den Anstieg der Krankenhausbehandlungen und Sterbefälle, die auf eine Hautkrebserkrankung zurückzuführen sind, mitverantwortlich sein können.

Zum einen ist es mittlerweile unstrittig, dass es einen (direkten) Zusammenhang zwischen UV-Strahlung und dem Entstehen von Hautkrebs gibt.8 Dennoch hat sich in den letzten Jahrzehnten das Freizeitverhalten hin zu Urlauben in sonnenreichen Regionen und häufiger(er) Nutzung von Solarien gewandelt. Gleichzeitig ist die UV-Belastung und damit das Sonnenbrand- und Erbgutschädigungsrisiko durch die immer dünner werdende Ozonschicht angestiegen, was dazu geführt haben kann, dass aufgrund der intensiveren Sonnenbelastung Hautkrebs schneller oder öfter entstehen kann.9

Zum anderen handelt es sich bei Hautkrebs – wie bei den meisten anderen Tumorerkrankungen – (noch) um eine »Alterserkrankung« (wobei hieran dennoch immer mehr jüngere Personen erkranken). In Verbindung mit der immer älter werdenden Bevölkerung scheint es daher nicht unbedingt überraschend, dass aufgrund der zunehmenden Alterung der Gesellschaft auch die Anzahl der an Hautkrebs Verstorbenen und die Anzahl der aufgrund einer Hautkrebserkrankung behandelten Personen ansteigt. Allerdings ist auch unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung eine Zunahme der Fallzahlen zu verzeichnen.

Eine Zunahme – der vor allem in Krankenhäusern behandelten Hautkrebspatienten – könnte eventuell auch auf andere (externe) Effekte zurückgeführt werden. So wurde im Jahr 2008 deutschlandweit das Hautkrebsscreening eingeführt, mit dessen Hilfe Hautkrebs bereits in einem frühen Stadium entdeckt und die Heilungschancen erhöht werden sollen.10 Diese gesetzlich verankerte Früherkennungsuntersuchung kann zu einem Anstieg von (ansonsten unerkannt gebliebenen) Hautkrebsverdachtsfällen und -diagnosen und – damit verbunden – zu einer Zunahme der daraus resultierenden Behandlungen (unter anderem in Kranken­häusern) geführt haben.

Prävention gegen Hautkrebs: Rein in das »Schattendasein«

Für die Entstehung von Krebs allgemein spielen erbliche Veranlagungen und die persönliche Lebensführung eine entscheidende Rolle. Bei Hautkrebs gibt es allerdings auch noch andere bedeutsame Risikofaktoren. So sind vor allem Personen mit hellem Hauttyp und hoher Sonnenempfindlichkeit, Personen mit vielen Muttermalen sowie Personen, die vor allem in der Kindheit mehrere schwere Sonnenbrände erlitten haben, besonders gefährdet, an bösartigen Neubildungen der Haut zu erkranken. Und da die ultraviolette Strahlung bei der Entstehung von Hautkrebs eine zentrale Rolle spielt, sollte es primäres Ziel sein, übermäßige UV-Strahlung (ob natürlicher oder künstlicher Art) zu vermeiden bzw. sich ausreichend zu schützen (beispielsweise durch Tragen von geeigneter Kleidung, ausreichender Nutzung von Sonnenschutzmitteln, Aufsuchen von Schatten).1112 Dabei ist geeignete Kleidung der Anwendung von Sonnenschutzmitteln vorzuziehen, da ersteres einen besseren Schutz gegenüber UV-Strahlung bietet.13

Generell sollte der Aufenthalt im Freien in der Mittagssonne – sofern er nicht vermieden werden kann – so kurz wie möglich gehalten und die regelmäßige Nutzung von Solarien überdacht werden. Damit kann sehr viel für die persönliche Vorsorge getan werden. Oder, anders formuliert: Auch wenn Johann Wolfgang von Goethe bestimmt keinen Zusammenhang zwischen zu hoher UV-Belastung und Hautkrebs herstellen wollte: Nehmen wir uns doch einfach ein Beispiel an dem Ausspruch Götz von Berlichingens und pflegen einen bewussteren Umgang mit der Sonne.

1 Johann Wolfgang von Goethe: Götz von Berlichingen, Erster Akt, Jagsthausen, Götzens Burg

2 Leitlinienprogramm Onkologie: »S3-Leitlinie Prävention von Hautkrebs«, S. 24 ff., Januar 2014; www.krebsgesellschaft.de/download/ll_praeventionhk_ol_lang.pdf [Abruf 11. 7. 2014].

3 Franziska Gössel: Volkskrankheit Krebs: Krankenhausbehandlungen und Sterbefälle in Baden‑Württemberg, in: Statistisches Monatsheft Baden‑Württemberg 5/2013, S. 26 ff.

4 Das bösartige Melanom wird unter dem ICD-10-Code C43 geführt. Der weiße Hautkrebs, zu dem das Basalzellkarzinom (auch Basaliom genannt) und das Plattenepithelkarzinom (auch Stachelzellkarzinom genannt) sowie dessen Vorstufe (aktinische Keratose) zählen, sowie weitere Hautkrebsarten – wie zum Beispiel Merkelzellkarzinome, Dermatofibrosarkoma protuberans usw. – werden unter dem ICD-10-Code C44 aufgeführt. ICD ist das Diagnoseklassifikationssystem der Medizin (ICD-10 steht für International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, 10. Revision).

5 Um den Lesefluss nicht zu unterbrechen, wird im Folgenden in der Regel auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Ausdrucksweisen verzichtet.

6 Selbst dann, wenn für Vergleichszwecke eine gleichbleibende Altersstruktur unterstellt würde, ergäbe sich eine – wenn auch etwas abgemilderte – Zunahme der Hautkrebsmortalitätsrate (siehe auch durchgeführte Altersstandardisierungen in Schaubild 1). Die »alte Europastandardbevölkerung« (WHO 1976) unterstellt eine künstliche Bevölkerung mit einer fiktiven – und für beide Geschlechter identische – Altersstruktur. Die Standardbevölkerung »Deutschland 1987« unterstellt den Bevölkerungsstand zur Volkszählung 1987.

7 Bei den hier betrachteten Krankenhauspatienten handelt es sich zwar nicht zwingend um Patienten aus Baden‑Württemberg (es werden auch Patienten, die ihren Wohnsitz außerhalb Baden‑Württembergs haben, berücksichtigt), jedoch entspricht die Zahl der baden‑württembergischen Patienten, die sich in einem Krankenhaus außerhalb Baden‑Württembergs behandeln ließen, ungefähr der Zahl der Patienten, die nicht aus Baden‑Württemberg stammen, aber in einem Krankenhaus Baden‑Württembergs behandelt wurden. Etwaige Unschärfen bei der Ziffernbildung aufgrund der Verwendung der baden‑württembergischen Bevölkerungszahlen werden hingenommen.

8 Auch hier wäre bei Unterstellung einer gleichbleibenden Altersstruktur eine Zunahme der Hautkrebsbehandlungsrate erkennbar (siehe auch durchgeführte Altersstandardisierungen im Schaubild 3). Dieser Anstieg ist allerdings auch hier nicht ganz so ausgeprägt wie der der Behandlungsfälle, die auf 100 000 der jeweiligen Bevölkerung bezogen wurden.

9 Leitlinienprogramm Onkologie: »S3-Leitlinie Prävention von Hautkrebs«, S. 24 ff., Januar 2014, www.krebsgesellschaft.de/download/ll_praeventionhk_ol_lang.pdf [Abruf 11. 7. 2014].

10 Die Welt: »Ozonschicht über der Arktis schwindet rasant« vom 14. 3. 2011, www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article12818174/Ozonschicht-ueber-der-Arktis-schwindet-rasant.html [Abruf 11. 7. 2014].

11 Alle gesetzlich versicherten Personen ab dem 35. Lebensjahr haben alle 2 Jahre Anspruch auf solch eine Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung, www.hautkrebs-screening.de [Abruf 11. 7. 2014].

12 Leitlinienprogramm Onkologie: »S3-Leitlinie Prävention von Hautkrebs«, S. 88 ff., Januar 2014; www.krebsgesellschaft.de/download/ll_praeventionhk_ol_lang.pdf [Abruf 11. 7. 2014].

13 Gleichzeitig sollte jedoch auch auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D, das unter anderem den Calcium- und Phosphatstoffwechsel regelt und dadurch die Härtung des Knochens fördert, geachtet werden. Da Vitamin D nicht vom Körper selbst hergestellt werden kann, sondern unter dem Einfluss von Sonnenlicht in der Haut gebildet wird, ist ein maßvoller Aufenthalt im Freien aus diesem Gesichtspunkt empfehlenswert. Vergleiche auch: Bundesinstitut für Risikobewertung: www.bfr.bund.de/de/ausgewaehlte_fragen_und_antworten_zu_vitamin_d-131898.html [Abruf 11.7.2014].

14 Handelsblatt: »Wie die Sonne schwarzen Hautkrebs fördert« vom 13. 6. 2014, www.handelsblatt.com/technologie/das-technologie-update/healthcare/uv-strahlung-wie-die-sonne-schwarzen-hautkrebs-foerdert/10031294.html [Abruf 11. 7. 2014].