:: 11/2014

Wirtschaftswachstum schwächt sich ab

Baden-Württembergs BIP dürfte im 4. Quartal preisbereinigt um rund 1 ½ % wachsen

Nach einem wachstumsstarken 1. Quartal 2014 zeigte sich die baden-württembergische Konjunktur im 2. Quartal bereits deutlich schwächer. Dies war teilweise auf einen Witterungseffekt zurückzuführen (der milde Winter sorgte in der Bauwirtschaft für Vorzieheffekte), vor allem aber auf das sich verschlechternde Konjunkturumfeld. Dennoch wuchs die baden-württembergische Wirtschaft im 1. Halbjahr 2014 gegenüber dem Vorjahr real um 2,2 %. Die sich seit dem 2. Quartal verstärkenden internationalen Krisen hinterließen mit einer zeitlichen Verzögerung zunehmend Spuren bei den Stimmungs- und produktionsnahen Indikatoren. Entsprechend zeigt der Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamtes für die 2. Jahreshälfte eine Abschwächung an, sodass für das 3. Quartal ein Vorjahreswachstum von 1 ¼ %, für das 4. Quartal von 1 ½ % zu erwarten steht.

Die Inlandsnachfrage schwächte sich zuletzt weiter ab. So lagen die Inlandsumsätze des Verarbeitenden Gewerbes Baden-Württembergs im Durchschnitt der Sommermonate Juni bis August 2014 real und arbeitstäglich bereinigt 0,7 % über ihrem Vorjahreswert. Vom Frühjahr zum Sommer sanken die Erlöse saison- und arbeitstäglich bereinigt um 1,0 %. Das Bauhauptgewerbe trug im Sommer immer noch an den Vorzieheffekten infolge des milden Winters, wobei die Auftragseingänge möglicherweise ein Anziehen der Bauaktivität anzeigen. Etwas robuster zeigte sich die Auslandsnachfrage nach heimischen Industrieprodukten. So stiegen die im Ausland erzielten Umsätze im Vorjahresvergleich um 4,2 %, was gegenüber dem vorangegangenen Dreimonatszeitraum saisonbereinigt jedoch nur ein leichtes Plus von 0,3 % bedeutet.

Die schwächer werdende Konjunktur spiegelt sich in den Arbeitsmarktdaten bislang noch nicht wider. Der Beschäftigungsaufbau setzt sich weiter fort. Nach aktuellem Datenstand stieg die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Monaten Mai bis Juli 2014 um 2,1 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Arbeitslosenquote im Land belief sich im September auf 4,0 %.

Arbeit und Kapital im Euroraum unterausgelastet

Im 2. Quartal 2014 ist die Wirtschaft in der Europäischen Union saisonbereinigt um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Es handelt sich um den fünften Anstieg in Folge, nachdem das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) zuvor 6 Quartale in Folge entweder zurückging oder stagnierte. Im Euroraum dagegen stagnierte die Wirtschaftsleistung im 2. Quartal. Die wirtschaftliche Erholung in der EU-28 hat sich insgesamt verstetigt, allerdings bleibt das Wachstumstempo mäßig. Gerade die längerfristige Entwicklung zeigt das deutlich: Auch wenn die Europäische Union im Jahr 2014 ein reales BIP-Wachstum von 1,3 % erreichen würde (wie es die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem aktuellen Herbstgutachten erwartet), befände sich die Wirtschaftsleistung gerade auf dem Niveau des Vorkrisenjahres 2008. Dagegen dürfte das deutsche BIP 2014 real um 4,4 % über dem des Jahres 2008 liegen, das der USA sogar um 8,2 %.

Dass die konjunkturelle Dynamik in der EU und im Euroraum in der 2. Jahreshälfte eher verhalten bleiben dürfte, zeigt auch der Economic Sentiment Indicator (ESI), der für die EU zwar noch über seinem langjährigen Durchschnittswert liegt, im September jedoch bereits das vierte Mal in Folge gefallen ist. Auch für den Euroraum ging dieser Stimmungsindikator im September zurück und liegt damit etwa auf dem Niveau seines langjährigen Mittels. Die vergleichsweise schwache wirtschaftliche Erholung ist nicht in der Lage, die Auslastung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital so zu erhöhen, dass sich dies in einer Inflationsrate bemerkbar machen würde, die den Zielvorstellungen der EZB von nahe 2 % entsprechen würde. Die Arbeitslosenquote im Euroraum ohne Deutschland dürfte laut Herbstgutachten im Jahr 2014 im Durchschnitt bei 14,0 % liegen, was nur eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr ist (2013: 14,4 %). Die Kapazitätsauslastung lag zwar im 3. Quartal laut Eurostat bei 80,2 % (bei leicht steigender Tendenz), allerdings liegt dieser Wert in Deutschland mit 84,4 % deutlich höher. Insofern passt es ins Bild, dass der Verbraucherpreisindex im September um lediglich 0,3 % angestiegen ist.

Vor diesem Hintergrund hat die EZB im September beschlossen, die Geldpolitik weiter expansiv auszurichten, indem sie forderungsbesicherte Wertpapiere und gedeckte Schuldverschreibungen ankauft, sofern diese bestimmte Qualitätsmerkmale erfüllen. Erklärtes Ziel ist, die Kreditversorgung der Wirtschaft im Euroraum zu erleichtern und positive Übertragungseffekte für andere Märkte hervorzurufen. Die fortgesetzte expansive Geldpolitik der EZB bleibt nicht ohne Folgen für den Außenwert des Euro: So ist der reale effektive Wechselkurs des Euro gegenüber den Währungen der 20 wichtigsten Handelspartner des Euroraums zwischen März und September um 4,7 % gesunken, was die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft fördert.