:: 12/2014

Unternehmensnahe Dienstleistungen in Baden-Württemberg

Ergebnisse der jährlichen Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2012

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland war in den letzten Jahrzehnten durch einen grundlegenden Strukturwandel geprägt. Die ökonomische Bedeutung des Produzierenden Gewerbes und der Landwirtschaft war und ist rückläufig, während die Dienstleistungsbranche erheblich angewachsen ist. Mittlerweile werden rund 68 % der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich erwirtschaftet. Drei Viertel aller Erwerbstätigen arbeiten im tertiären Sektor. Seit 2008 haben die »unternehmensnahen Dienstleistungen« in Baden-Württemberg kräftig expandiert. Davon zeugen die deutlich gestiegenen Zahlen der Unternehmen, ihrer Beschäftigten und ihre Umsatzentwicklung.

Die Dienstleistungsbranche, die dadurch gekennzeichnet ist, dass keine Sachgüter, sondern nicht-materielle Leistungen angeboten werden, ist sehr heterogen zusammengesetzt. Neben den »klassischen« Dienstleistungen wie zum Beispiel dem Handel und Gastgewerbe oder beratenden Tätigkeiten wie zum Beispiel Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung, Werbung und Marktforschung zählen auch neue, durch den technischen Fortschritt entstandene Tätigkeitsfelder wie die IT-Dienstleistungen zum tertiären Wirtschaftsbereich (siehe i-Punkt »Klassifikation der Wirtschaftszweige«). Die Ursachen für die überaus dynamische Entwicklung dieses Bereichs sind dementsprechend vielfältig. So hat – neben anderen Gründen – zum Boom des Dienstleistungsbereichs sicherlich auch der Trend zum »Outsourcing« mit beigetragen: Viele Unternehmen des Produzierenden Gewerbes haben Dienstleistungsfunktionen wie zum Beispiel die Datenverarbeitung, das Gebäudemanagement oder Wachdienste ausgelagert, um Kosten zu reduzieren, aber auch, um mit der Beauftragung von Spezialisten eine qualitative Verbesserung dieser Arbeit zu erzielen.

Statistisch erfasst werden die Dienstleistungen insbesondere in den Unternehmensstatistiken, zu denen die Erhebungen im Handel und Gastgewerbe sowie in den Dienstleistungen gehören. Der vorliegende Beitrag basiert auf den Daten der jährlichen Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich (siehe i-Punkt »Rechtsgrundlagen«). Die Darstellung konzentriert sich auf die »unternehmensnahen« Dienstleistungen, das heißt auf die beiden Wirtschaftsabschnitte M »Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« und N »Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen«.

Im Jahr 2012 rund 65 000 Unternehmen

In Baden-Württemberg waren im Jahr 2012 rund 65 000 Unternehmen im Bereich der »unternehmensnahen Dienstleistungen« tätig. Zu dieser Branche zählen gut 50 000 Unternehmen und Einrichtungen, die freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen erbringen, sowie rund 14 400 Unternehmen aus dem Bereich der »sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen«, die eine Vielzahl von unterstützenden Geschäftstätigkeiten anbieten.

Zu den gut 50 000 freiberuflichen, wissenschaftlichen oder technischen Dienstleistern zählen die Bereiche

Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung (12 057 Unternehmen und Einrichtungen),

Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung (12 181),

Architektur- und Ingenieursbüros, technische, physikalische und chemische Untersuchung (15 527),

Forschung und Entwicklung (571),

Werbung und Marktforschung (3 248),

sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten (5 798) sowie das

Veterinärwesen (842).

Quantitativ am stärksten vertreten waren die Architektur- und Ingenieurbüros sowie die Einrichtungen für technische, physikalische und chemische Untersuchung. Nahezu jedes dritte Unternehmen aus dem Wirtschaftsabschnitt M war 2012 in diesem Bereich tätig. An zweiter und dritter Stelle befanden sich die Bereiche »Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung« sowie »Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung« mit jeweils rund 24 %.

Weitere rund 14 400 Unternehmen boten sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen an. Diese umfassen

die Vermietung von beweglichen Sachen (1 811 Unternehmen und Einrichtungen),

die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften (856),

Reisebüros, Reiseveranstalter und die Erbringung sonstiger Reservierungsdienstleistungen (955),

Wach- und Sicherheitsdienste sowie Detekteien (333),

Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau (7 283) sowie die

Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen a.n.g. (3 143).

Der Wirtschaftsabschnitt der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wird vom Bereich »Gebäudebetreuung, Garten und Landschaftsbau« dominiert. Über die Hälfte der Unternehmen dieser Branche waren in diesem Bereich angesiedelt, der unter anderem Hausmeister- und Reinigungsdienstleistungen, aber auch Dienstleistungen im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus anbietet.

Jeweils etwa zwei Drittel der Unternehmen von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistern sowie von Erbringern sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen werden als Einzelunternehmen (selbstständige Betätigung einer einzelnen natürlichen Person, die im Rahmen ihrer Tätigkeit voll haftet) geführt. Kapitalgesellschaften (zum Beispiel Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung) sind jeweils gut ein Fünftel der Unternehmen dieser beiden Gruppen und als Personengesellschaft (zum Beispiel Offene Handelsgesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts) gilt jeweils etwa jedes zehnte Unternehmen dieser beiden Branchen.

In der Mehrzahl der Unternehmen arbeiten weniger als zehn Personen

Der Wirtschaftsabschnitt »Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen« bot 2012 rund 321 000 Personen1 Beschäftigung. Baden-württembergische Unternehmen stellten damit rund 15 % der Arbeitsplätze dieser Branche bundesweit. Gegenüber 2008 hat sich die Zahl der Personen, die in diesem Bereich arbeiten, um gut 37 000 (rund 13 %) erhöht. Allein fast 30 500 (rund 82 %) dieser zusätzlichen Arbeitsplätze sind im Bereich »Architektur- und Ingenieursbüros, technische, physikalische und chemische Untersuchung« entstanden. Die Zahl der tätigen Personen in der Werbung und Marktforschung hat sich hingegen in diesem Zeitraum um gut 3 400 (−7 %) reduziert.

Im Wirtschaftsabschnitt »Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen« waren 2012 knapp 326 000 Personen beschäftigt (Anteil an allen tätigen Personen dieses Bereichs in Deutschland gut 11 %), das waren fast 38 000 (rund 13 %) mehr als 2008. Ein besonders hoher Zuwachs an tätigen Personen konnte im Bereich »Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau« mit einem Plus von über 14 000 tätigen Personen beobachtet werden.

Gemessen an der Entwicklung der Zahl der tätigen Personen, die in beiden Wirtschaftsabschnitten zusammen gegenüber 2008 um rund 75 000 angestiegen ist, hat sich die Situation bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen sowie den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistern sehr positiv entwickelt. Insgesamt arbeiteten 2012 bei diesen Dienstleistern nahezu 647 000 Personen.

Bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistern handelt es sich in der Regel um Kleinunternehmen. In 90 % der Unternehmen arbeiteten maximal neun Personen, die durchschnittliche Unternehmensgröße lag 2012 bei sechs Personen pro Unternehmen. Eine Ausnahme bilden die Unternehmen und Einrichtungen, die »Forschung und Entwicklung« betreiben. In diesem Wirtschaftsbereich kommen auf ein Unternehmen im Durchschnitt 32 tätige Personen.

Auch die Unternehmen, die sonstige wirtschaftlichen Dienstleistungen erbringen, sind mehrheitlich (77 %) kleine Unternehmen mit maximal neun Beschäftigten. Allerdings zeigt sich hier mit Blick auf die Unternehmensgröße ein sehr heterogenes Bild. Während ein Unternehmen im Bereich »Reisebüros, Reiseveranstalter und Erbringung sonstiger Reservierungsleistungen« 2012 im Durchschnitt sieben Personen beschäftigte, waren es bei der »Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften« durchschnittlich 97. Ein Unternehmen aus dem Bereich der Erbringung sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen umfasste im Durchschnitt 23 Personen.

Umsatz gegenüber 2008 um 39 % gestiegen

Ebenso im Hinblick auf die Umsatzzahlen hat der Bereich der »unternehmensnahen Dienstleistungen« in den letzten Jahren kräftig expandiert. Der Umsatz lag 2012 mit einem Plus von 39 % deutlich über dem des Jahres 2008.

Die der Branche der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleister zugehörigen Unternehmen und Einrichtungen erzielten 2012 einen Jahresumsatz von insgesamt nahezu 50 Mrd. Euro (einschließlich der Niederlassungen in anderen Bundesländern). Als mit Abstand am umsatzstärksten erwies sich der Bereich »Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung«. Mit rund 24,6 Mrd. Euro Jahresumsatz entfiel nahezu die Hälfte des Gesamtumsatzes der Branche auf diesen Bereich. Platz 2 erreichten die Architektur- und Ingenieursbüros sowie Einrichtungen für technische, physikalische und chemische Untersuchung mit gut 12,8 Mrd. Euro Jahresumsatz, gefolgt von den klassischen Dienstleistern der Rechts- und Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Hier wurden im Jahr 2012 insgesamt knapp 6,4 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet.

Die Erbringer sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen kamen im Jahr 2012 auf einen Jahresumsatz von rund 17 Mrd. Euro. Den in dieser Wirtschaftsabteilung höchsten Umsatz erzielte der Sektor der wirtschaftlichen Dienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen. In diesem sehr heterogenen Bereich, in dem unter anderem Sekretariats- und Schreibdienste, Callcenter, Messe- und Kongressveranstalter zusammengefasst sind, wurde 2012 ein Umsatz von knapp 4,2 Mrd. Euro erwirtschaftet. Der Bereich »Vermietung von beweglichen Sachen« erbrachte einen Jahresumsatz von rund 3,6 Mrd. Euro, die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften von rund 3,4 Mrd. Euro.

Gegenläufige Trends bei der Umsatzproduktivität

Die Umsatzproduktivität (Umsatz je tätige Person) der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleister lag 2012 in Baden-Württemberg bei rund 155 000 Euro je tätige Person, bundesweit lediglich bei 113 000 Euro. Das heißt die Produktivität dieser Branche war 2012 im Land um 37 % höher als in Deutschland insgesamt. Bei den baden-württembergischen Dienstleistern dieses Bereichs steigt die Umsatzproduktivität mit der Größe des Unternehmens. So lag 2012 die Umsatzproduktivität in Unternehmen und Einrichtungen mit bis zu neun tätigen Personen bei rund 88 000 Euro pro tätiger Person. Großunternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern wiesen hingegen eine Umsatzproduktivität von 322 000 Euro pro Person auf.

Im Bereich der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen ist es gerade umgekehrt. Die durchschnittliche Umsatzproduktivität aller Unternehmen dieser Branche lag 2012 bei gut 52 000 Euro, in Unternehmen mit bis zu neun tätigen Personen bei rund 92 000 Euro und in Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern bei nur noch 36 000 Euro. Der Durchschnittswert über die Gesamtheit aller Unternehmen dieser Branche in Deutschland lag 2012 bei 56 000 Euro.

Investitionstätigkeit unterschiedlich ausgeprägt

Von den baden-württembergischen Unternehmen und Einrichtungen, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt bei der Erbringung freiberuflicher, wissenschaftlicher und technischer Dienstleistungen lag, wurden im Jahr 2012 Bruttoanlageinvestitionen in Höhe von knapp 1,4 Mrd. Euro getätigt. Damit wurden von 100 Euro Umsatz 2,76 Euro investiert. Deutschlandweit investierte die Branche 3,50 Euro pro 100 Euro Umsatz.

Bei den Erbringern sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen betrug die Summe der Bruttoanlageinvestitionen 2012 rund 1,7 Mrd. Euro. Bezogen auf die Umsätze lagen hier die Investitionen mit 9,78 Euro pro 100 Euro Umsatz wesentlich höher. Bundesweit blieben die Investitionen in diesem Wirtschaftsabschnitt mit 6,94 Euro pro 100 Euro Umsatz hinter denen in Baden-Württemberg zurück.

Resümee

Die Branche der »unternehmensnahen Dienstleistungen« hat in den letzten Jahren kräftig expandiert. So hat sich die Zahl der in diesem Bereich tätigen Unternehmen seit 2008 um 10 % erhöht, die Beschäftigtenzahl ist um gut 13 % angestiegen und der Umsatz dieser Branche lag 2012 um deutliche 39 % über dem des Jahres 2008. Der gemessen an der Zahl der tätigen Personen größte Wirtschaftsbereich war die »Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau« (gut 149 000 tätige Personen), den umsatzstärksten Bereich stellte die »Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung« (24,6 Mrd. Euro). Hinsichtlich der Umsatzproduktivität zeigten sich gegenläufige Trends. Während im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen die Umsatzproduktivität mit steigender Unternehmensgröße anwuchs, war bei den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistern die Umsatzproduktivität kleiner Unternehmen höher als die der großen.

1 Tätige Inhaberinnen und Inhaber, unbezahlt mithelfende Familienangehörige und abhängig Beschäftigte zum Stichtag 30. September 2012.