:: 1/2015

Ausbau der Kleinkindbetreuung in Baden-Württemberg auf gutem Wege, aber noch nicht am Ziel

Für das Ziel, ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für Kinder unter 3 Jahren zu schaffen, wurden in Baden-Württemberg große Anstrengungen unternommen, sodass sich die Zahl der betreuten Kleinkinder in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht hat. Dies war nur möglich durch einen erheblichen Personalzuwachs in den Kindertageseinrichtungen und eine Steigerung der Ausgaben für den Bereich der Kindertagesbetreuung. Die Daten aus den Kinder- und Jugendhilfestatistiken geben einen Überblick über diese Entwicklung sowie über den Stand des Ausbaus zum 1. März 2014.

Zahl der U3-Kinder in Kindertagesbetreuung seit 2006 verdreifacht

In den vergangenen Jahren wurde in Baden-Württemberg sehr viel für den Ausbau der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren getan. Am 1. März 2014 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 76 295 U3-Kinder in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege betreut. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von rund 12 %. Seit dem Jahr 2006, in dem die Statistiken der Kindertagesbetreuung zum ersten Mal durchgeführt wurden, hat sich die Zahl der betreuten Kinder unter 3 Jahren sogar verdreifacht.

Der Anteil der 1-jährigen Kinder an allen betreuten U3-Kindern hat deutlich zugenommen

Betrachtet man die einzelnen Altersjahre, so zeigt sich, dass die Zahl der betreuten Kinder im Alter von 2 bis unter 3 Jahren seit 2006 absolut am stärksten zugenommen hat, nämlich um 30 285. Die Zahl der Kinder zwischen 1 und 2 Jahren stieg um 19 350 und die der Kinder unter 1 Jahr um 1 246. Da allerdings im Jahr 2006 schon vergleichsweise viele 2-jährige Kinder betreut wurden (rund 18 700), ist die relative Steigerung (im Vergleich zum Jahr 2006) bei dieser Altersgruppe mit einem Faktor von 2,6 geringer als bei den 1-Jährigen mit einem Faktor von 4,6.

Damit veränderte sich im Zeitraum 2006 bis 2014 auch die Alterszusammensetzung der betreuten Kinder unter 3 Jahren: Der Anteil der 2-Jährigen an allen betreuten Kindern unter 3 Jahren sank von 74 % im Jahr 2006 auf 64 % im Jahr 2014, während der Anteil der 1-Jährigen von 21 % auf 32 % anstieg. Der Anteil der unter 1-Jährigen ging im genannten Zeitraum von 5 auf 3 % leicht zurück.

Kleinkindbetreuung findet überwiegend in Kindertageseinrichtungen statt

Von den 76 295 Kindern unter 3 Jahren in Kindertagesbetreuung besuchten 65 965, dies sind 86 %, (ausschließlich) eine Kindertageseinrichtung (Kita), wie zum Beispiel eine Kinderkrippe, einen Kindergarten oder eine altersgemischte Einrichtung. Weitere 9 830 Kinder (13 %) wurden (ausschließlich) von einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreut. In der Statistik der Kindertagespflege wird dabei die öffentlich geförderte Kindertagespflege erfasst. Rein private Arrangements, wenn etwa eine Freundin oder Bekannte auf privater Basis die Betreuung des Kindes übernimmt, werden hier nicht berücksichtigt. 500 Kinder unter 3 Jahren (1 %) wurden zusätzlich zum Besuch einer Kita noch durch eine Tagespflegeperson betreut.

Insgesamt wird deutlich, dass die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren vorwiegend in Einrichtungen stattfindet und die Kindertagespflege die kleinere Säule der Kleinkindbetreuung darstellt. Im Jahr 2006 war der Anteil der U3-Kinder in Kindertagespflege mit 16 % noch etwas höher gewesen. Dies zeigt auch, dass der Ausbau der U3-Betreuung stärker in Kindertageseinrichtungen stattgefunden hat.

U3-Kinder in Kindertageseinrichtungen

88 % der in einer Kindertageseinrichtung betreuten Kinder unter 3 Jahren, nämlich 58 546, besuchten am 1. März 2014 an 5 Tagen in der Woche die Einrichtung. 4 413 bzw. 7 % kamen an 3 Tagen, 2 002 bzw. 3 % an 2 Tagen und 1 326 bzw. 2 % an 4 Tagen.

23 863 Kinder erhielten eine Ganztagsbetreuung von durchgehend mehr als 7 Stunden pro Betreuungstag. Dies entspricht einem Anteil an allen U3-Kindern in Kindertageseinrichtungen von 36 %. 2006 hatte dieser Anteil noch knapp 24 % betragen und sich seither laufend erhöht. Mehr als die Hälfte der Kinder unter 3 Jahren (55 %) erhielten 2014 eine über die Kindertageseinrichtung organisierte Mittagsverpflegung.

2014 so viele Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen wie noch nie

Der Ausbau der Betreuung von Kindern unter 3 Jahren und die längeren durchschnittlichen Betreuungszeiten spiegeln sich deutlich in der Entwicklung des Personals in Kindertageseinrichtungen wider: Mit rund 87 200 Personen waren 2014 so viele Personen in Kitas beschäftigt wie nie zuvor. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Beschäftigtenzahl um 8 200 Personen ( +10 %) an. 76 400 Personen waren als pädagogisches Personal bzw. als Leitungs- oder Verwaltungspersonal beschäftigt. Weitere 10 800 Personen waren im hauswirtschaftlichen und technischen Bereich eingesetzt. 96 % des pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungspersonals waren Frauen.

Im Jahr 2014 war landesweit nur knapp jede zweite Person im pädagogischen, Leitungs- und Verwaltungsbereich in Vollzeit beschäftigt (38,5 Stunden oder länger). Aufgrund der häufigen Teilzeitbeschäftigung ergibt sich für das pädagogische, Leitungs- und Verwaltungspersonal ein Vollzeitäquivalent von gut 59 500. Im Jahr 2013 betrug diese rechnerische Zahl der Vollzeitstellen rund 53 800. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich damit ein Zuwachs von rund 5 700 Vollzeitäquivalenten ( +11 %).

Die Erweiterung des Fachkräftekatalogs in Baden-Württemberg ist in den Kitas spürbar

Der Zuwachs an pädagogischem Personal wurde nicht nur mit Erzieherinnen und Erziehern gedeckt. Vielmehr zeigt die Einführung neuer Ausbildungsgänge, zum Beispiel zu Kindheitspädagogen, und die vom Landtag Baden-Württemberg am 8. Mai 2013 verabschiedete Erweiterung des Fachkräftekatalogs um Berufe wie Sozialarbeiter, Kinderkrankenpfleger, Physiotherapeuten oder Logopäden erste Früchte: Die Zahl der in Kitas tätigen Kindheitspädagogen1 stieg zwischen 2013 und 2014 um 85 %. Die Zahl der Personen aus Gesundheitsdienstberufen erhöhte sich im selben Zeitraum um 46 %.

Auch die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten ist spürbar: 2014 befanden sich 2,8-mal so viele Personen in Kindertageseinrichtungen noch in der Berufsausbildung wie 2013. Dies ist unter anderem auf die seit dem Schuljahr 2012/13 neu eingeführte praxisorientierte Erzieherausbildung (PIA) zurückzuführen.

U3-Kinder in Kindertagespflege

In öffentlich geförderter Kindertagespflege wurden zum 1. März 2014 in Baden-Württemberg 20 550 Kinder betreut. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Erhöhung um 5 %. Von diesen Kindern war knapp die Hälfte (etwa 10 330) jünger als 3 Jahre. Die Betreuung von Kleinkindern bildet damit einen Schwerpunkt der Kindertagespflege.

Bei der Betreuung der Jüngsten durch Tagesmütter oder -väter ist die Betreuung an weniger als 5 Tagen sehr viel weiter verbreitet als bei der Betreuung in Kindertageseinrichtungen. Lediglich gut ein Drittel der U3-Kinder, nämlich 3 515, wurde am 1. März 2014 an 5 Tagen in der Woche von ihrer Tagespflegeperson betreut, 2 492 (24 %) an 3 Tagen, 1 901 (18 %) an 2 Tagen und 1 847 (18 %) an 4 Tagen. 2 985 Kinder erhielten eine Ganztagsbetreuung von durchgehend mehr als 7 Stunden pro Betreuungstag. Dies entspricht einem Anteil an allen U3-Kindern in Kindertagespflege von 29 %. Bei 84 % der Kinder unter 3 Jahren sorgte die Tagespflegeperson für eine Mittagsverpflegung.

Betreut wurden die Kinder von insgesamt 6 934 Tagesmüttern und Tagesvätern. Die Zahl der Tagespflegepersonen hat sich in den letzten Jahren nur leicht erhöht. 2007 waren es mit 6 692 nur 242 Personen weniger. Unter den Tagespflegepersonen waren lediglich 161 Männer. Die Anzahl der betreuten Kinder je Pflegeperson lag im Durchschnitt bei drei Kindern. Einen abgeschlossenen Qualifizierungskurs für Kindertagespflege wiesen 95 % der Tagespflegepersonen (6 934) auf. 30 % (2 032) hatten einen fachpädagogischen Berufsausbildungsabschluss, die meisten davon (838 Personen) als Erzieher/-in.

Zwei Drittel der öffentlichen Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe fließen in die Kindertagesbetreuung

Der Ausbau der Kleinkindbetreuung schlägt sich auch in den (Brutto-)Ausgaben der öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg nieder. Diese sind von 2012 auf 2013 um 655,4 Mill. Euro und damit um 17 % gestiegen. 85 % dieses Anstiegs entfielen auf den Bereich der Kindertagesbetreuung, dessen Anteil an den Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt in den letzten Jahren laufend angestiegen ist und 69 % im Jahr 2013 erreichte. Insgesamt wurden von den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe in Baden-Württemberg 2013 für die Kindertagesbetreuung 3,1 Mrd. Euro ausgegeben.

Ausblick

Im Hinblick auf den im August 2013 in Kraft getretenen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab Vollendung des 1. Lebensjahres hatte das Deutsche Jugendinstitut im Jahr 2012 eine Elternbefragung in den einzelnen Bundesländern durchgeführt.2 Dabei wurde für Baden-Württemberg ein Bedarf von 37 % der unter 3-Jährigen ermittelt. Legt man diesen landesweiten Bedarf zugrunde, müssten rund 101 000 Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter 3 Jahren zur Verfügung stehen. Tatsächlich wurden im März 2014 rund 76 000 unter 3-Jährige betreut, sodass die Betreuungsquote bei 28 % lag. Es wäre demnach unter den getroffenen Annahmen von rund 25 000 fehlenden Betreuungsmöglichkeiten auszugehen.

Geht man entsprechend der neuesten Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg davon aus, dass die Zahl der Kinder unter 3 Jahren in den kommenden Jahren aufgrund von Zuwanderungen leicht ansteigt, besteht auch in den nächsten Jahren ein weiterer Ausbaubedarf. Erst nach dem Jahr 2020 ist mit einem Rückgang der Kinderzahl und damit auch der notwendigen Betreuungsverhältnisse zu rechnen.

Erhöht sich allerdings die Nachfrage der Eltern nach Kleinkindbetreuungsverhältnissen über die Quote von 37 % hinaus, entstünde auch längerfristig ein Ausbaubedarf.