:: 2/2015

Pendler in Baden-Württemberg 2012

Das Verkehrsverhalten der Pendler ist Gegenstand eines Zusatzprogramms zum Mikrozensus, das alle 4 Jahre auf freiwilliger Basis erhoben wird. Letztmalig wurde das Zusatzmodul im Jahr 2012 erfragt. In die Erhebung miteinbezogen werden erwerbstätige Baden-Württemberger sowie Schüler und Studierende, die gefragt werden, wie sie den Weg zur Arbeit bzw. Schule und Hochschule zurücklegen.

Im Zeitvergleich zeigt sich, dass im Zuge steigender Flexibilitäts- und Mobilitätsanforderungen in der Arbeitswelt immer längere Pendeldistanzen und Anfahrtszeiten in Kauf genommen werden. Rund 15 % der erwerbstätigen Baden-Württemberger pendeln regelmäßig 25 und mehr Kilometer zu ihrer Arbeitsstätte, vor 30 Jahren waren dies noch 8 % der Erwerbstätigen. Dabei sind es vor allem die Männer, die längere Strecken zurücklegen. Frauen arbeiten häufiger in Wohnortnähe, was mit einer besseren Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und familiären Verpflichtungen einhergeht. Nach wie vor spielt der Pkw eine große Rolle im Berufsverkehr. Mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Baden-Württemberger fahren mit dem Auto zur Arbeit. Die Schüler und Studenten in Baden-Württemberg nutzen für den Weg zur Schule bzw. Hochschule häufig Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs.

Im Rahmen des 4-jährlichen Zusatzprogramms zum Pendlerverhalten werden Erwerbstätige sowie Schüler und Studierende danach gefragt, wie sie den Weg zur Arbeit bzw. Schule oder Hochschule zurücklegen. Die Angaben zum Pendlerverhalten liefern unter anderem Anhaltspunkte für die Verkehrsplanung und ermöglichen Einschätzungen, ob die Ziele einer sozialen, ökonomischen und ökologischen Verkehrsentwicklung – wie beispielsweise Verkehrsvermeidung durch kurze Wege oder Verkehrsverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel – erreicht werden. Die Auskünfte zum Pendlerverhalten sind freiwillig.

Etwas mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen pendelt zwischen den Gemeinden des Landes

Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2012 liegen in Baden-Württemberg für rund 5,1 Mill. Erwerbstätige und knapp 1,7 Mill. Schülerinnen und Schüler sowie Studierende1 Angaben zum Pendlerverhalten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte bzw. Schule und Hochschule vor.

Bei fast 2,5 Mill. Erwerbstätigen lag die Arbeitsstätte im Jahr 2012 in der Gemeinde des Hauptwohnsitzes (knapp 46 %). Mit einem Anteil von etwa 51 % pendelte etwas mehr als die Hälfte der baden-württembergischen Erwerbstätigen (2,7 Mill.) zwischen Gemeinden des Landes. Rund 190 000 Erwerbstätige pendelten zu einer Arbeitsstätte außerhalb Baden-Württembergs (knapp 4 %).

Je kleiner der Wohnort, desto länger ist der Arbeitsweg

Je weniger Einwohner der Wohnort hat, desto längere Strecken legen die Erwerbstätigen zu ihrer Arbeitsstätte zurück. Viele Menschen, die in den ländlichen Regionen des Landes leben, nehmen weite Pendeldistanzen in Kauf, um den passenden Arbeitsplatz zu erreichen. Von den Erwerbstätigen, die in den kleineren baden-württembergischen Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern leben, hatte mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen einen Arbeitsplatz, der über 10 Kilometer (km, einfache Strecke) von der Wohnung entfernt lag. Fast 36 % der Erwerbstätigen, die in Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern lebten, fuhren zwischen 10 und 25 km zur Arbeit, knapp 18 % legten regelmäßig 25 km und mehr zurück, um zur Arbeitsstätte zu gelangen.

In den größeren Gemeinden steht ein weitaus größeres und vielfältigeres Arbeitsangebot zur Verfügung, weshalb dort wohnhafte Erwerbstätige vergleichsweise kurze Wege zum Arbeitsplatz zurücklegen. In den größeren baden-württembergischen Kommunen mit 50 000 bis unter 500 000 Einwohnern lag bei knapp 68 % der Erwerbstätigen die Arbeitsstätte weniger als 10 km entfernt. 19 % der Erwerbstätigen fuhren zwischen 10 und 25 km zur Arbeit, knapp 13 % fuhren 25 km und mehr.

Mit zunehmender Größe des Wohnortes nimmt der Anteil der kürzeren Strecken zunächst zu. Bemerkenswert ist allerdings, dass ab einer bestimmten Stadtgröße die Suburbanisierungstendenzen der Bevölkerung so stark werden, dass der Anteil längerer Arbeitswege wieder zunimmt. Im Stadtkreis Stuttgart, dem einzigen baden-württembergischen Stadtkreis in der Gemeindegrößenklasse 500 000 und mehr Einwohner, fuhren 2012 knapp 60 % der Erwerbstätigen weniger als 10 km zur Arbeit. Damit legten im Stadtkreis Stuttgart weniger Erwerbstätige kurze Distanzen unter 10 km zurück als in den Kommunen mit 50 000 bis unter 500 000 Einwohnern. Gut 30 % der erwerbstätigen Stuttgarter pendelten zwischen 10 und 25 km zur Arbeit, nur gut 10 % der Erwerbstätigen fuhren 25 km und mehr zu ihrer Arbeitsstätte.

Berufspendler fahren heute weiter als noch vor 30 Jahren

Im Zeitvergleich zeigt sich, dass Berufstätige in Baden-Württemberg heute deutlich längere Strecken zurücklegen, um zur Arbeitsstätte zu gelangen, als noch vor 30 Jahren. Im Jahr 1982 hatten fast 65 % der Erwerbstätigen einen Arbeitsplatz, der weniger als 10 km von der eigenen Wohnung entfernt lag. Im Jahr 2012 fuhren dagegen rund 55 % der erwerbstätigen Baden-Württemberger weniger als 10 km weit. Im Jahr 1982 waren knapp 28 % der Erwerbstätigen 10 bis unter 25 km zur Arbeitsstätte unterwegs, 2012 legten nahezu 30 % der Erwerbstätigen eine Strecke zwischen 10 und 25 km zurück. Während im Jahr 1982 nur knapp 8 % der Erwerbstätigen 25 km oder mehr zu ihrer Arbeit pendelten, fuhren 30 Jahre später immerhin 15 % der Berufstätigen weite Strecken von 25 km oder mehr zu ihrer Arbeitsstätte.

Frauen arbeiten näher am Wohnort und häufiger in Teilzeit

Es sind vor allem die Männer, die für ihren Beruf längere Strecken in Kauf nehmen. Frauen hingegen suchen und finden deutlich häufiger eine Arbeitsstelle, die näher am Wohnort liegt. Zudem sind Frauen häufiger in Teilzeit beschäftigt, da sie sich unter anderem in stärkerem Maße um die Kindererziehung und Haushaltsführung kümmern. Längere Arbeitswege und damit verbunden längere Fahrtzeiten lassen sich mit der Familienarbeit häufig nur schwer vereinbaren. Im Jahr 2012 waren fast 49 % der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit beschäftigt, das heißt sie arbeiteten 31 oder weniger Stunden pro Woche. Von den erwerbstätigen Männern arbeiteten hingegen nur rund 9 % in Teilzeit.

Knapp die Hälfte der Männer fuhr 2012 weniger als 10 km zur Arbeit, wohingegen bei rund 61 % der weiblichen Erwerbstätigen der Arbeitsort weniger als 10 km von zu Hause entfernt lag. Mittlere Strecken zwischen 10 und 25 km legten rund 31 % der Männer und fast 28 % der Frauen zurück. Knapp 19 % der männlichen Erwerbstätigen fuhren regelmäßig 25 km oder mehr zu ihrer Arbeitsstätte. Bei den Frauen legten rund 11 % und somit deutlich weniger eine Strecke von 25 km und mehr zur Arbeit zurück.

Je mehr Kinder im Haushalt leben, desto kürzer sind die Pendelwege

Frauen mit Kindern pendeln weniger weit als Frauen ohne Kinder im Haushalt. Die Zeit, die für längere Pendelwege aufgebracht werden muss, steht in Konflikt mit der Zeit, die für die Kinderbetreuung benötigt wird. Während fast 73 % der Frauen, die 2012 mit drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren im Haushalt lebten, weniger als 10 km zur Arbeitsstätte zurücklegten, waren es bei den Frauen ohne Kinder nur knapp 60 %. Rund 19 % der Frauen mit drei und mehr Kindern legten 10 bis unter 25 km zur Arbeit zurück, fast 8 % fuhren 25 km und weiter. Bei den Frauen ohne Kinder im Haushalt fiel der Anteil derjenigen, die mehr als 10 km zur Arbeit zurücklegten, deutlich größer aus. Mehr als ein Viertel pendelte zwischen 10 und 25 km (knapp 28 %), rund 12 % hatten einen Anfahrtsweg von 25 km und mehr.

Männer haben längere Anfahrtszeiten

Mit der Länge des Arbeitsweges korrespondiert der Zeitaufwand, der für das Erreichen des Arbeitsplatzes notwendig ist, denn für längere Strecken ist in der Regel mehr Zeit für den Arbeitsweg einzuplanen. Zudem hat das Verkehrsaufkommen zwischen Wohn- und Arbeitsort und die Wahl des Verkehrsmittels entscheidenden Einfluss auf die benötigte Anfahrtszeit.

Mit den im Vergleich zu den weiblichen Erwerbstätigen weiteren Fahrtstrecken gehen bei den Männern dementsprechend längere Fahrtzeiten zur Arbeitsstätte einher. Rund 24 % der männlichen Erwerbstätigen benötigten im Jahr 2012 unter 10 Minuten, um zur Arbeit zu gelangen, von den erwerbstätigen Frauen erreichten 30 % die Arbeitsstätte in weniger als 10 Minuten. Die Hälfte der Berufstätigen benötigte zwischen 10 und 29 Minuten, um zum Arbeitsort zu gelangen (Männer: rund 50 %; Frauen: knapp 52 %). Deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestanden bei Anfahrtszeiten ab einer halben Stunde. Etwas mehr als 21 % der erwerbstätigen Männer waren zwischen 30 und 60 Minuten unterwegs, der Anteil der Frauen mit dieser Anfahrtszeit fiel mit annähernd 16 % hingegen deutlich geringer aus. Rund 4 % der Männer und knapp 3 % der Frauen waren länger als 1 Stunde zur Arbeit unterwegs.

Mehr als zwei Drittel der Erwerbstätigen fahren mit dem Pkw zur Arbeit

Das Auto ist bei Pendlern nach wie vor das beliebteste Verkehrsmittel. Mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Baden-Württemberger fuhren 2012 hauptsächlich mit dem Auto zur Arbeit (68 %). Knapp 64 % der Erwerbstätigen fuhren mit dem eigenen Auto, etwa 4 % nutzten das Auto als Mitfahrer, um zur Arbeitsstätte zu gelangen. Mit deutlichem Abstand folgten die öffentlichen Verkehrsmittel Bus, U- und S-Bahn, Straßenbahn sowie Eisenbahn mit einem Anteil von fast 13 %. Knapp 11 % der erwerbstätigen Baden-Württemberger gingen zu Fuß zur Arbeit, fast 8 % waren mit dem Fahrrad unterwegs. Motorisierte Zweiräder2 und sonstige Verkehrsmittel waren mit einem Anteil von etwa 2 % von nachrangiger Bedeutung im Berufsverkehr.

Frauen häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß unterwegs

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen ist der Pkw das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel im Berufsverkehr. Bei den männlichen Erwerbstätigen, die tendenziell längere Fahrtstrecken zur Arbeit zurücklegen, spielt das Auto jedoch eine noch bedeutendere Rolle. Rund 71 % der Männer nutzten für den Weg zur Arbeit das Auto (Selbstfahrer: rund 67 %), von den Frauen steuerten gut 63 % die Arbeit mit dem Pkw an (knapp 60 % als Selbstfahrer). Frauen stiegen hingegen öfter in öffentliche Verkehrsmittel oder gingen zu Fuß. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Frauen insgesamt geringere Entfernungen zur Arbeitsstätte zurücklegen. Während knapp 11 % der Männer mit Bus, U- und S-Bahn, Straßenbahn oder der Eisenbahn unterwegs waren, nutzten 15 % der Frauen öffentliche Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit. Annähernd 8 % der Männer gingen zu Fuß, bei den Frauen waren dies fast 14 %. Das Fahrrad war bei beiden Geschlechtern insbesondere für kürzere Distanzen gleichermaßen beliebt. Fast 8 % der Männer und rund 7 % der Frauen waren mit dem Fahrrad unterwegs. Auf motorisierten Zweirädern und mit sonstigen Verkehrsmitteln kamen knapp 3 % der Männer und etwa 1 % der Frauen zur Arbeit.

Schüler und Studenten nutzen vermehrt öffentlichen Personennahverkehr

Schaubild 6 zeigt die Verkehrsmittelnutzung der baden-württembergischen Schüler und Studenten nach der Art der besuchten Schule. Zwischen den verschiedenen Schularten bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich des am häufigsten genutzten Verkehrsmittels. Schüler allgemeinbildender Schulen, wie beispielsweise Grundschulen, Haupt- und Realschulen und Gymnasien, sind aufgrund der Wohnortnähe der Schulen hauptsächlich mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder zu Fuß unterwegs, während bei berufsbildenden3 Schulen neben dem ÖPNV auch der Pkw häufig genutzt wird. Für den Weg zur Fachhochschule und Hochschule nutzen Studierende die verschiedensten Verkehrsmittel. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass ein Teil der Studierenden weite Fahrtstrecken für den Weg zu Hochschule in Kauf nimmt, während sich andere direkt vor Ort, zum Beispiel im Studentenwohnheim, eine Bleibe suchen.

Fast 41 % der Schüler an allgemeinbildenden Schulen im Land machten sich 2012 mit den Verkehrsmitteln des ÖPNV (Bus, U-/S-Bahn und Straßenbahn) auf den Weg zur Schule, nahezu 34 % gingen zu Fuß. Fast 13 % der Schüler fuhren mit dem Fahrrad zur Schule. Mit dem Pkw, mit motorisierten Zweirädern oder sonstigen Verkehrsmitteln fuhren knapp 8 % der Schüler zur Schule, wobei hier insbesondere der Pkw als Mitfahrer genutzt wurde (knapp 6 %). Rund 5 % der Schüler legten den Weg zur Schule mit der Eisenbahn zurück.

Für den Weg zur berufsbildenden Schule nutzten die Schüler neben dem ÖPNV verstärkt das Auto. Knapp 36 % der Schüler fuhren mit dem Pkw, mit motorisierten Zweirädern oder sonstigen Verkehrsmitteln zur Schule, wobei in dieser Gruppe das Auto mit einem Anteil in Höhe von rund 34 % das mit Abstand bedeutendste Verkehrsmittel darstellte. Die Mehrheit der Schüler an berufsbildenden Schulen war hierbei Selbstfahrer (rund 30 %). Knapp 31 % der Schüler nutzten Verkehrsmittel des ÖPNV. Mit der Eisenbahn, mit welcher in der Regel längere Distanzen bewältigt werden, fuhr fast ein Viertel der Schüler zur Schule. Zu Fuß kamen 5 % der Schüler zur berufsbildenden Schule, mit dem Fahrrad waren rund 3 % der Schüler unterwegs.

Etwas mehr als ein Viertel der baden-württembergischen Studierenden (rund 26 %) nutzte Verkehrsmittel des ÖPNV, um zur Fachhochschule bzw. Hochschule zu gelangen. Fast 22 % der Studenten waren mit dem Pkw, mit motorisierten Zweirädern oder sonstigen Verkehrsmitteln unterwegs (Pkw: knapp 21 %). 21 % der Studierenden nutzten die Eisenbahn, jeder Fünfte fuhr mit dem Fahrrad zur Hochschule. Rund 11 % erreichten die Hochschule zu Fuß.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anforderungen an Flexibilität und Mobilität im Berufsleben in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben. Die Erwerbstätigen legen immer längere Strecken auf dem Weg zur Arbeit zurück und benötigen dafür immer mehr Zeit. Männer pendeln weitere Strecken, Frauen sind tendenziell häufiger in Wohnortnähe beschäftigt. Zudem sind Frauen mit Kindern weniger mobil. Der eigene Pkw ist nach wie vor das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel im Berufsverkehr. Die baden-württembergischen Schüler und Studenten sind hauptsächlich mit Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs unterwegs.

1 Um den Lesefluss nicht zu unterbrechen, wird im Folgenden in der Regel auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Ausdrucksweisen verzichtet.

2 Motorrad, -roller, Moped, Mofa.

3 Als berufsbildende Schule bezeichnet man Schulformen, die mit einem beruflichen oder einem berufsorientierten Abschluss enden, wie beispielsweise Berufsschulen der dualen Berufsausbildung (»Lehre«), Berufsfachschulen und Berufskollegs.