:: 3/2015

Von der Todesbescheinigung zur Todesursachenstatistik

Verfahrensablauf in Baden‑Württemberg

Aus den Daten der Todesursachenstatistik können wichtige Gesundheitsindikatoren wie beispielsweise Sterbeziffern oder vermeidbare Sterbefälle1 ermittelt werden. Auch im Gesundheitsatlas Baden‑Württemberg2, in dem Informationen zu gesundheitsrelevanten Themen für die Bevölkerung und die politischen Entscheidungsträger interaktiv dargestellt werden, werden vermehrt Mortalitätsdaten in Form von Tabellen und Karten aufbereitet und veröffentlicht. Als weitere Datennutzer sind zudem das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg und das Krebsregister Baden‑Württemberg zu nennen, die die Mortalitätsdaten zu Forschungszwecken verwenden. Bis die Daten der Todesursachenstatistik vorliegen, ist es jedoch ein langer Weg mit vielen beteiligten Akteuren. Das Verfahren soll hier aufgezeigt werden.

Die Todesbescheinigung »durchläuft« mehrere Stationen

Die Todesursachenstatistik ist eine sogenannte Sekundärstatistik, das heißt, die erforderlichen Angaben werden aus für Verwaltungszwecke bestimmte Unterlagen gewonnen. Bei diesen Unterlagen handelt es sich um die Todesbescheinigungen, die im Rahmen der Leichenschau ausgestellt werden.

Die Todesbescheinigungen in Baden‑Württemberg bestehen aus mehreren Teilen und Durchschlägen – aus einem nicht vertraulichen Teil (zwei Durchschläge: Blatt A und B) und einem vertraulichen Teil (fünf Durchschläge: Blatt 1 bis 5). Aus dem für das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg vorgesehenen Blatt der Todesbescheinigung wird letztendlich die Todesursachenstatistik gewonnen.

Der leichenschauende Arzt stellt den Tod fest und füllt die Todesbescheinigung aus

Ausgefüllt wird die Todesbescheinigung vom leichenschauenden Arzt.3 Bei jeder verstorbenen Person müssen der Tod, der Zeitpunkt des Todes, die Todesart4 und die vermutete unmittelbare Todesursache5 festgestellt werden. Hierfür untersucht der Arzt die verstorbene Person vor Ort – es wird die sogenannte »Leichenschau« durchgeführt. Zeichnen sich Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod ab, ist die Todesart ungeklärt oder kann die verstorbene Person nicht identifiziert werden, muss die Polizei verständigt sowie darauf geachtet werden, dass an dem Gestorbenen und dem Auffindungsort keinerlei Veränderungen vorgenommen werden.

Auf den zwei Durchschlägen des nicht vertraulichen Teils werden der Tod dokumentiert und nähere Angaben (unter anderem zur Identifikation) und Hinweise (auf mögliche Infektionsgefahr und ähnliches) notiert. Sie sind zum einen für die Angehörigen zur Vorlage beim Standesamt (wo die Person als verstorben gemeldet werden muss) und zum anderen zur Übermittlung an die Ortspolizeibehörde im Falle einer Feuerbestattung vorgesehen.

Das Ergebnis der Leichenschau trägt der leichenschauende Arzt letztendlich auf dem vertraulichen Teil, der insgesamt fünf Durchschläge hat, ein. Die ersten zwei Durchschläge werden von ihm in einem separaten Umschlag so verschlossen, dass die Personenangaben in dem vorgesehenen Sichtfenster sichtbar sind. Sie werden (entweder von den Angehörigen, der Polizei oder dem beauftragten Bestattungsunternehmen) an das Standesamt weitergeleitet. Das Standesamt ergänzt auf dem Umschlag die notwendigen Angaben in den dafür vorgesehenen Feldern, bestätigt die Angaben durch Stempel und Unterschrift und leitet den Umschlag an das zuständige Gesundheitsamt weiter. Der dritte Durchschlag ist ggf. für den Arzt vorgesehen, der die Bescheinigung für eine Feuerbestattung ausstellt. Er wird in einem gesonderten Umschlag verschlossen und bei der verstorbenen Person belassen. Findet keine Feuerbestattung statt, wird der Umschlag vor der Bestattung dem zuständigen Gesundheitsamt weitergeleitet. Der vierte Durchschlag dient ggf. als Information für den Pathologen, falls eine Obduktion durchzuführen ist. Er wird wiederum in einem anderen Umschlag verschlossen und verbleibt ebenfalls bei der verstorbenen Person. Findet keine Obduktion statt, wird der Umschlag vor der Bestattung dem zuständigen Gesundheitsamt weitergeleitet. Der fünfte und damit letzte Vordruck ist für die Unterlagen des leichenschauenden Arztes bestimmt.

Das Standesamt beurkundet den Sterbefall

Liegen dem Standesamt die entsprechenden Blätter A und B bzw. der Umschlag mit den Blättern 1 und 2 vor, beurkundet es den »Sterbefall« und erfasst die erforderlichen Angaben in seinem Programm AutiSta. Damit ist die verstorbene Person in dem entsprechenden Personenstandsregister als verstorben aufgenommen. Das Standesamt übermittelt diesen »Sterbefall« gemäß den rechtlichen Regelungen für die Weiterverwendung im Rahmen der Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung an das Statistische Landesamt. Dort wird die Information über das Ableben der Person in dem Bevölkerungsstatistikprogramm zBASIS6 verarbeitet. Angaben über Todesart und weitere Informationen zum Krankheitsverlauf liegen zu diesem Zeitpunkt dem Statistischen Landesamt noch nicht vor. Hier geht es zunächst ausschließlich um die Feststellung des Todes im Rahmen der Sterbefallstatistik.

Die Gesundheitsämter sind seit der elektronischen Übermittlung für weitere Aufgaben zuständig

Die für die Todesursachenstatistik relevanten Angaben befinden sich auf den beiden Durchschlägen, deren Umschlag vom Standesamt an das Gesundheitsamt weitergeleitet wurde. Die Gesundheitsämter prüfen die ärztlichen Angaben auf der Todesbescheinigung und führen bei Unplausibilitäten Rückfragen beim leichenschauenden Arzt durch, die ggf. zu Änderungen oder Korrekturen der Todesbescheinigung führen. Bis Ende Dezember 2011 haben die Gesundheitsämter anschließend den für das Statistische Landesamt vorgesehenen Durchschlag (Blatt 2 des vertraulichen Teils) monatsweise an das Statistische Landesamt gesandt (Übersicht 1).

Seit Januar 2012 erfolgt die Übermittlung des vertraulichen Teils der Todesbescheinigung auf elektronischem Weg. Hierfür sind von den Gesundheitsämtern alle erforderlichen Angaben der Todesbescheinigung in der eigens dafür entwickelten Anwendungssoftware »Octoware« zu erfassen, monatsweise zu exportieren und elektronisch an das Statistische Landesamt zu übermitteln (Übersicht 2)7 Blatt 1 verbleibt zu Archivzwecken im Gesundheitsamt.

Das Statistische Landesamt ermittelt das Grundleiden und erstellt die Todesursachenstatistik für Baden‑Württemberg

Im Statistischen Landesamt werden diese Daten dann ebenfalls in ein neu eingeführtes Programm – das elektronische Kodiersystem IRIS8 – importiert, die Angaben geprüft und das Grundleiden jedes Verstorbenen (siehe i‑Punkt) ermittelt. Liegt zu allen von den Gesundheitsämtern gelieferten Sterbefällen ein Grundleiden vor, werden die Daten aus IRIS exportiert und in zBASIS importiert, sodass dort letztendlich zu jedem Sterbefall die Todesursache vermerkt ist. In zBASIS wird das Landesergebnis der Todesursachenstatistik erstellt. Dieses wird unter anderem an das Statistische Bundesamt übermittelt, das – wenn alle Landesergebnisse vorliegen – für Deutschland das entsprechende Bundesergebnis erstellt und veröffentlicht.

Neben dem Export für zBASIS wird ein zweiter Export generiert. Dieser wird den Gesundheitsämtern bereitgestellt, die damit für jeden von ihnen an das Statistische Landesamt elektronisch übermittelten Sterbefall das entsprechende Grundleiden erhalten. Sie müssen diese Daten letztendlich der Vertrauensstelle des Krebsregisters zur Verfügung stellen.9

Das Statistische Landesamt verarbeitet nur die statistikrelevanten Angaben der Todesbescheinigung

Da das Statistische Landesamt die Aufgabe hat, das Grundleiden zu ermitteln, benötigt es nur die hierfür erforderlichen Angaben. Nicht statistikrelevante Informationen wie beispielsweise Name, Anschrift, Geburtsort der verstorbenen Person, welche sicheren Zeichen des Todes festgestellt wurden sowie Angaben zum zuletzt behandelnden oder leichenschauenden Arzt werden dafür nicht benötigt und daher auch nicht an das Statistische Landesamt übermittelt. Auf dem Durchschlag, der für das Statistische Landesamt vorgesehen ist, sind deshalb aus Datenschutzgründen einige Angaben »geschwärzt«.

In den vergangenen Jahren hat sich – vor allem dem technischen Fortschritt allgemein geschuldet – viel verändert. So wurden einige Datenübermittlungen, die bis dahin in Papierform erfolgt sind, durch ein elektronisches Übermittlungsverfahren ersetzt. Zwei Datenübermittlungen laufen derzeit jedoch noch ausschließlich in Papierform:

Der leichenschauende Arzt gibt die ausgefüllten Papier-Todesbescheinigungen weiter bzw. belässt die entsprechenden Durchschläge bei der verstorbenen Person.

Das Standesamt sendet den entsprechenden Umschlag mit den zwei Durchschlägen des vertraulichen Teils der Papier‑Todesbescheinigung an das Gesundheitsamt.

Zukünftig übermitteln auch die Standesämter die Sterbefalldaten elektronisch

Der Datenübermittlungsprozess zwischen den Standesämtern und den Gesundheitsämtern soll zukünftig auf elektronischem Wege erfolgen.

Die Standesämter wickeln schon seit geraumer Zeit den Austausch von Personenstandsdaten untereinander und mit anderen Behörden und Institutionen elektronisch ab und nutzen hierfür das Datenaustauschformat XPersonenstand. Nun ist geplant, in XPersonenstand eine elektronische Übermittlung auch der Sterbefalldaten umzusetzen, sodass zukünftig Sterbefallmitteilungen von den Standesämtern an die Gesundheitsämter elektronisch übermittelt werden können. Dabei geht es ausschließlich um die elektronische Übermittlung der demografischen Angaben der verstorbenen Person. Das heißt, die Gesundheitsämter erhalten zukünftig diese Angaben elektronisch und müssen sie nicht mehr selbst in Octoware erfassen. Sie erfassen dort dann »nur« noch die medizinischen Angaben der Todesbescheinigung. Die praktische Umsetzung dieses Vorhabens soll Mitte 2016 wirksam werden.

1 Die im Verfahrensablauf der Todesursachenstatistik letzte in Papierform erfolgende Datenlieferung ist dann noch die Weitergabe der Papier‑Todesbescheinigung vom leichenschauendem Arzt an das Standesamt. Inwieweit hier eine elektronische Übermittlung realisierbar ist und wie schnell sie umgesetzt werden kann, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Sie ist von allen beteiligten Akteuren und deren Priorisierung abhängig.

2 Als vermeidbare Sterbefälle werden Sterbefälle bezeichnet, die bei angemessener Krankheitsprävention oder Therapie hätten verhindert werden können. Zum Beispiel: alle Säuglingssterbefälle; 14- bis 49‑jährige Frauen, die aufgrund von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (ICD‑10: O00‑O99) gestorben sind; 5- bis 64‑Jährige beiden Geschlechts, die aufgrund einer Erkrankung der Gallensteine, Gallenblase- und Gallengangentzündung (ICD‑10: K80-K83) gestorben sind (für Definition und Krankheitsarten siehe auch: Vermeidbare Sterbefälle).

3 Gesundheitsatlas Baden‑Württemberg

4 Die Aufgaben des leichenschauenden Arztes im Rahmen der Leichenschau sind im ersten Abschnitt des Bestattungsgesetzes Baden‑Württemberg (BestattG) sowie im dritten Abschnitt der Bestattungsverordnung Baden‑Württemberg (BestattVO) geregelt.

5 Als Todesart kann ein natürlicher Tod oder ein nicht natürlicher Tod bzw. Anhaltspunkte dafür festgestellt werden.

6 Unter unmittelbare Todesursache wird die unvermeidbar zum Tode führende Krankheit verstanden.

7 In dem derzeitigen Bevölkerungsstatistikprogramm zBASIS – künftig BASIS+ – sind alle in Baden‑Württemberg gemeldeten Personen mit den gesetzlich vorgegebenen Merkmalen enthalten.

8 Die Aufgaben der Gesundheitsämter sind in § 12 BestattVO (zukünftig § 11 BestattVO) geregelt.

9 Nähere Informationen zum Kodiersystem IRIS können folgenden zwei Publikationen entnommen werden: Witting, Björn: Erste Ergebnisse aus den Testläufen des elektronischen Codiersystems IRIS in der Todesursachenstatistik, in: METHODEN – VERFAHREN – ENTWICKLUNGEN, Nachrichten aus dem Statistischen Bundesamt 1/2008; Weber, Ilona: Einführung des elektronischen Codiersystems IRIS in Sachsen, in: Statistik in Sachsen 1/2010.

10 Diese Aufgabe der Gesundheitsämter ist in § 4 Landeskrebsregistergesetz (LKrebsRG) geregelt.