:: 3/2015

Umsatz und Beschäftigung in der Umweltwirtschaft Baden‑Württembergs

Die Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder befassen sich auch mit der statistischen Abbildung der Umweltwirtschaft. Methodische Grundlagen dafür sind auch entsprechende Aktivitäten auf europäischer Ebene. Die Berechnungen stützen sich maßgeblich auf verschiedene amtliche Statistiken, darunter vor allem die jährlich nach dem Umweltstatistikgesetz durchgeführte Erhebung über Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz. In einer ersten Ausbaustufe liegen jetzt für alle Bundesländer vergleichbare Ergebnisse über Umsätze und Beschäftigte der Umweltwirtschaft vor. Einbezogen wurden dabei auch der wichtige Bereich der Entsorgungswirtschaft und ergänzende Berechnungen für die im Umweltsektor tätigen Kleinbetriebe des Verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes sowie einschlägiger Teilbereiche des Dienstleistungsgewerbes.

Umweltwirtschaft im Land weiter im Aufschwung

Die Umweltwirtschaft in Baden‑Württemberg erreichte im Jahr 2011 ein Umsatzvolumen von knapp 15 Mrd. Euro. Diese Umsätze wurden von 56 000 Beschäftigten, gerechnet in Vollzeitäquivalenten (VZÄ), erwirtschaftet. Damit hat diese Querschnittsbranche, die sich über fast alle Bereiche der Wirtschaft erstreckt, im Land ein Beschäftigungsvolumen erreicht, das dem der Herstellung chemischer und pharmazeutischer Erzeugnisse zusammengenommen entspricht. Ihr Umsatzvolumen ist höher als beispielsweise das der Nahrungs- und Futtermittelherstellung oder das vieler anderer wichtiger Wirtschaftszweige. Dennoch liegt der Anteil der Umweltwirtschaft an der Gesamtwirtschaft im Land mit 2 % niedriger als im Bundesdurchschnitt (2,4 %). Ein Grund dafür dürfte im vergleichsweise geringen Gewicht der Umsätze aus Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien liegen.

Diese Ergebnisse über Umsatz und Beschäftigung in der Umweltwirtschaft Baden‑Württembergs basieren auf Berechnungen im Rahmen der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (UGRdL)1 nach dem umfassenderen Konzept der europäischen Statistik, Umweltgüter und -dienstleistungen EGSS (Environmental Goods and Services Sector), zur Abbildung der Umweltwirtschaft (siehe i-Punkt). Es folgt ebenso wie die seit 1997 nach dem Umweltstatistikgesetz durchgeführte Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz einem angebotsorientierten Ansatz, das heißt der Abgrenzung der Umweltwirtschaft über die angebotenen Leistungen. Ihr zugerechnet werden dabei Güter und Dienstleistungen, die den Umweltschutz als Hauptzweck verfolgen. Die hier betrachteten Angaben beziehen sich auf Umsätze, die mit der Erzeugung von Technologien (Waren, Bau- und Dienstleistungen) für den Umweltschutz erzielt wurden, einschließlich solcher aus Entsorgungsdienstleistungen von privaten und öffentlichen Unternehmen der Entsorgungswirtschaft, jedoch ohne staatlich erbrachte Leistungen. Nicht enthalten sind Umsätze mit Gebrauchs- und Konsumgütern, die in erster Linie anderen Zwecken dienen, auch wenn bei ihrer Herstellung und/oder Nutzung geringere Umweltbelastungen entstehen als mit anderen, vergleichbaren Zwecken dienenden Gütern. Ebenfalls nicht einbezogen sind Umsätze aus dem Absatz von Strom und Wärme, die aus erneuerbaren Energien oder aus Kraft‑Wärme‑Kopplung gewonnen werden, sowie Umsätze mit Erzeugnissen der Biolandwirtschaft. Das im Aufbau befindliche europäische Konzept zur Darstellung der Umweltwirtschaft sieht allerdings die Einbeziehung dieser Bereiche der Strom- und Wärmeerzeugung sowie der Biolandwirtschaft zukünftig vor.

Große Strukturunterschiede zwischen den Ländern

Die Berechnungen zu Umsätzen und Beschäftigten der Umweltwirtschaft in der Systematik des EGSS – unter Einbeziehung der Entsorgungswirtschaft sowie der Zuschätzung für nicht primär befragte kleine Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes sowie der relevanten Dienstleistungsbereiche – ermöglichen auch einen fundierten Vergleich zwischen den Bundesländern. Entsprechende Angaben sind derzeit für die Jahre 2011 und 2010 verfügbar.2 Danach hat Baden‑Württemberg einen Anteil von 12,5 % an den Umsätzen der Umweltwirtschaft in Deutschland und nimmt nach Bayern und Nordrhein‑Westfalen Platz 3 auf der Umsatzrangliste der Bundesländer ein.

Zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen auffällige Strukturunterschiede. In Baden‑Württemberg dominiert sehr stark das Verarbeitende Gewerbe, das 2011 mit fast 8,8 Mrd. Euro Umsatz beinahe 60 % der gesamten Umweltwirtschaft (15 Mrd. Euro) ausmachte. In Bayern, das dank einiger herausragend umsatzstarker Unternehmen ein fast doppelt so hohes Umsatzvolumen im Verarbeitenden Gewerbe aufweist, lag dieser Anteil sogar bei 64 %. Die beiden Südländer zusammen machten mit 25,4 Mrd. Euro fast die Hälfte (48 %) der bundesweit im Verarbeitenden Gewerbe erzielten umweltschutzbezogenen Umsätze aus. In weiteren vier Ländern lag der Strukturanteil des Verarbeitenden Gewerbes bei über 50 %, der Bundesdurchschnitt errechnete sich auf 44 %. Deutlich unter diesem Wert rangierte der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes in Nordrhein‑Westfalen und in Niedersachsen (Schaubild 1). Die dort dennoch vergleichsweise hohen Umweltschutzumsätze gehen zurück auf einen weit überdurchschnittlichen Anteil der Entsorgungswirtschaft im Falle Nordrhein‑Westfalens bzw. anderer Wirtschaftsbereiche außerhalb des Produzierenden Gewerbes im Falle Niedersachsens.

Entsorgungswirtschaft im Land mit unterdurchschnittlichem Anteil

Bundesweit stellte die Entsorgungswirtschaft 2011 bei einem Umsatzanteil von mehr als einem Drittel (34 %) die zweitwichtigste Teilbranche der Umweltwirtschaft. Mit deutlichem Abstand folgten das Baugewerbe mit einem Anteil von knapp 13 % sowie der Dienstleistungsbereich einschließlich sonstiger Bereiche mit gut 8 %. Während der Strukturanteil des Baugewerbes und der Dienstleistungsbereiche im Land in ähnlicher Größenordnung wie im Bundesdurchschnitt lag, fällt das mit 21 % vergleichsweise geringe Gewicht der privaten Entsorgungswirtschaft gegenüber 34 % im Bundesdurchschnitt auf. Nur in Bayern war der Anteil der Entsorgungswirtschaft noch geringer, was zumindest teilweise auf die dort außerordentlich hohe Bedeutung des Verarbeitenden Gewerbes zurückzuführen ist.

Gemessen an der Bevölkerungszahl waren die Umsätze der privaten Entsorgungswirtschaft im Land mit rund 300 Euro je Einwohner bundesweit mit Abstand am niedrigsten. Der nächstniedrige Wert errechnete sich in Bayern mit 360 Euro je Einwohner. Im Bundesdurchschnitt waren es immerhin 520 Euro je Einwohner, in Nordrhein‑Westfalen wurden sogar 740 Euro pro Einwohner Umsatz im Bereich der Entsorgungswirtschaft erzielt. Ein wichtiger Grund für diese außerordentlich starke Streuung dürfte im regional unterschiedlich hohen Anteil der von kommunalen Betrieben erbrachten Entsorgungsdienstleistungen liegen. In den südlichen Bundesländern, besonders in Baden‑Württemberg und Bayern, haben die Kommunen besonders in der Abwasserentsorgung starkes Gewicht.

Aktuelle Aussagen zu Struktur und Entwicklung durch Primärstatistik

Grundlegendes Element der Berechnungen zur Umweltwirtschaft im Rahmen der UGRdL ist die jährliche Befragung von Betrieben über Umsätze mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz sowie die damit befassten Beschäftigten. Bei diesen jährlichen Befragungen einschlägiger Unternehmen und Betriebe werden zur Entlastung der Berichtspflichtigen nur größere Einheiten einbezogen. Unternehmen und Betriebe unterhalb einer je nach Wirtschaftsbereich differenziert festgelegten Abschneidegrenze werden nicht befragt. Obwohl auch in diesen nicht originär befragten kleineren Einheiten in durchaus beachtlichem Umfang Umsätze mit umweltschutzbezogenen Leistungen erzielt werden, deckt die Erhebung mit fast 90 % den Löwenanteil der jährlichen umweltbezogenen Umsätze der Wirtschaft ohne Entsorgungssektor ab. Die befragten Betriebe repräsentieren auch rund 90 % der insgesamt für die Umweltwirtschaft ohne Entsorgungsbereich ermittelten Beschäftigten. Damit können auch allein gestützt auf die Ergebnisse der Primärerhebung über Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz bereits relativ gut fundierte aktuelle Aussagen über die Entwicklung der Umweltbranche abgeleitet werden. Danach hat die Umweltschutzwirtschaft in Baden‑Württemberg 2013 die seit 2006 zu beobachtende Expansion mit einem kräftigen Umsatzplus fortgesetzt. Mit fast 11 Mrd. Euro lagen die Umsätze baden-württembergischer Betriebe mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz um rund 800 Mill. Euro (+8 %) über dem bislang höchsten Volumen des Jahres 2011. Gegenüber 2012, als erstmals ein Rückgang der Umsätze zu verzeichnen gewesen war, beträgt die Umsatzsteigerung sogar fast 2 Mrd. Euro (+21 %) (Schaubild 2).

Die Zahl der befragten Betriebe, die nach eigenen Angaben umweltschutzbezogene Umsätze in der beschriebenen Abgrenzung zu verzeichnen hatten, weist weiterhin eine leicht steigende Tendenz auf. In den knapp 1 300 Betrieben im Land waren 2013 fast 37 000 Beschäftigte (VZÄ) mit der Herstellung von Umweltschutzgütern befasst. Das waren rund 5 % mehr als im Vorjahr. Damit hat sich der Trend zu mehr umweltschutzbezogener Beschäftigung nach leichtem Rückgang im Vorjahr wieder fortgesetzt. Mehr als zwei Drittel der umweltschutzbezogenen Beschäftigten arbeiteten im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes. Bei den Umsätzen betrug der Anteil dieses Wirtschaftsbereichs sogar 88 %. Auch die Steigerung der Umsätze 2013 geht hauptsächlich auf das Verarbeitende Gewerbe zurück. Bei einer Zunahme des Beschäftigungsvolumens um 6 % konnten die dort erzielten Umsätze um fast 30 % erhöht werden. Die umweltschutzbezogenen Umsätze je Beschäftigten stiegen dadurch im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes von knapp 300 000 auf 365 000 Euro je Vollzeitäquivalent. Im Baugewerbe sowie im Dienstleistungsbereich blieben die je Beschäftigten (VZÄ) erwirtschafteten umweltschutzbezogenen Umsätze auf deutlich niedrigerem Niveau. Für das Baugewerbe errechnen sich aktuell 130 000 Euro je VZÄ, im Dienstleistungsbereich ist ein Rückgang auf 110 000 Euro je VZÄ zu konstatieren.

Stark erhöhte Umsätze mit Gütern zur Steigerung der Energieeffizienz

Der kräftige aktuelle Anstieg der Umsätze mit Umweltschutzgütern geht vor allem auf die starke Zunahme bei den Waren für Zwecke der Verbesserung der Energieeffizienz sowie zur Energieeinsparung zurück. Bei den anderen dem Bereich Klimaschutz zugeordneten Waren, Bau- und Dienstleistungen, insbesondere der Nutzung erneuerbarer Energien, waren auch 2013 weiter rückläufige Umsatzzahlen zu verzeichnen. Insbesondere haben die Umsätze im Teilsektor Solarenergie nochmals sehr stark abgenommen.

Generell verlief die Entwicklung der Umsätze in den verschiedenen Umweltschutzbereichen extrem unterschiedlich. Die überaus kräftige Zunahme der Erlöse mit Gütern zur Energieeinsparung und vor allem zur Verbesserung der Energieeffizienz hat die Einbußen bei den Waren zur Nutzung erneuerbarer Energien – hier hat sich vor allem der schon im Vorjahr starke Rückgang bei der Fotovoltaik weiter fortgesetzt – mehr als ausgeglichen. Dadurch erreichten die Umsätze im Gesamtbereich des Klimaschutzes, der neben den genannten Teilsektoren auch die Vermeidung beziehungsweise Verminderung von Klimagasen umfasst, mit fast 5,5 Mrd. Euro einen neuen Höchststand und machte mit gut 50 % wie schon im Jahr 2011 den mit Abstand größten Teil der gesamten Umweltschutzumsätze aus. Doch auch bei den Gütern der klassischen Umweltschutzbereiche ist ein deutlicher Zuwachs von 10 % erreicht worden. Die Absatzsteigerungen betrafen vor allem die umweltbereichsübergreifenden Güter. Aber auch bei den Gütern der Abfall- und Abwasserwirtschaft sowie der Lärmbekämpfung war jeweils ein spürbares Umsatzplus zu verzeichnen. Bei der Luftreinhaltung konnte das Umsatzvolumen des Vorjahres fast gehalten werden.

Exportanteil stieg wieder an

Der Anteil der im Ausland erzielten umweltbezogenen Umsätze ist nach einem spürbaren Rückgang im Vorjahr wieder auf 44 % und damit fast auf das Niveau des Jahres 2011 angestiegen. Die deutliche Steigerung der Exportquote ist vor allem durch die stark erhöhte Ausfuhr von Gütern zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung zu erklären (Schaubild 3).

Auch bei den umweltbereichsübergreifenden Gütern ist der Anteil der im Ausland abgesetzten Güter gegenüber dem Vorjahr deutlich auf 57 % angestiegen. Bei den Gütern der klassischen Umweltschutzbereiche der Abfall- und Abwasserwirtschaft sind leicht erhöhte, bei denen zur Lärmbekämpfung und Luftreinhaltung eher verringerte Exportanteile zu verzeichnen. Bei der Solarenergie haben sich die Umsätze baden-württembergischer Hersteller im Ausland ebenso halbiert wie die Umsätze insgesamt, sodass der Exportanteil bei vergleichsweise niedrigen 33 % stagniert (Vorjahr 32 %).

1 Kaltenegger, Oliver: Statistische Erfassung der Umweltwirtschaft, Umweltökonomische Gesamtrechnungen der Länder, Ausgabe 2013 Band 3 Analysen und Berichte.

2 Die ergänzenden Berechnungen können erst nach Aufbereitung der jeweiligen Basiserhebungen beginnen. Ergebnisse liegen deshalb stark zeitversetzt vor.