:: 4/2015

Entwicklung des Spargelanbaus in Baden‑Württemberg

Der Spargelanbau im Südwesten hat in den letzten Jahren einen kräftigen Aufschwung erlebt. Von rund 700 Hektar (ha) im Jahr 1992 steigerte sich der Anbau innerhalb von 20 Jahren auf das Vierfache – das heißt auf über 2 800 ha im Jahr 2014. Spargel ist damit seit 10 Jahren das bedeutendste Gemüse in Baden‑Württemberg und überholte die vielfältige Gruppe der Salate und der diversen Kohlarten. Die Zentren des Spargelanbaus finden sich in der nördlichen und südlichen Rheinebene. Hochkonjunktur herrscht bei der Vermarktung der grünen und weißen Stangen während der Erntesaison, die von April bis Ende Juni reicht.

Ursprünglich eine Heilpflanze

Spargel stammt ursprünglich aus Vorderasien und war bereits vor 4 000 Jahren bei den Ägyptern und Griechen für seine heilende Wirkung bekannt. Erst die Römer kultivierten Spargel als Gemüse und brachten vermutlich auch die ersten Spargelpflanzen über die Alpen. Mit dem Untergang des römischen Reiches verschwand in der Folge auch der Anbau in unseren Breiten. Erst ab Mitte des 15. Jahrhunderts wurde Spargel in erster Linie wegen seiner heilenden Kräfte in den Klöstern und auch als Delikatesse an den Fürstenhöfen wiederentdeckt. Urkundlich wurden die ersten Spargelbeete 1565 im Stuttgarter Lustgarten erwähnt. Vermutlich stammt aus dieser Zeit auch der Zusatzname des »königlichen« Gemüses.

Spargel ist eine mehrjährige Staude,1 deren volle Ertragsfähigkeit etwa ab dem 3. Standjahr erreicht wird. Nach 7 bis 8 Jahren lässt die Leistungsfähigkeit wieder nach, weshalb die Anlagen in der Regel nach 8 bis 10 Jahren ersetzt werden. Die Produktion des weißen oder Bleichspargels erfolgt in Erddämmen. Die Stangen werden gestochen, bevor die Spargelspitzen ans Licht kommen und sich durch Fotosynthese lila und grün verfärben. Dagegen darf Grünspargel ungehindert ans Tageslicht und wird kurz über der Erdoberfläche abgeschnitten. Spargel benötigt eine Bodentemperatur von mindestens 10 – 12 °C zum Wachsen, weshalb je nach Witterung die Saison im März oder April beginnt. Das Ende der Spargelsaison markiert in der Regel der Johannistag. Eine längere Erntezeit wird meist nicht angestrebt, um den Stauden genügend Zeit zur Regeneration und Assimilateinlagerung zu geben.

Deutschlandweit auf Rang 5

Aktuell steht Spargel in Baden‑Württemberg auf einer Fläche von 2 800 Hektar (ha), darunter befinden sich 2 200 ha im ertragsfähigen Alter. Spargel stellt damit neben den verschiedenen Salaten die größte Gruppe im Gemüseanbau mit fast einem Viertel der Fläche. Deutschlandweit das wichtigste Spargelland ist Niedersachsen mit einer ertragsfähigen Fläche von 4 300 ha.2 Dahinter reihen sich Nordrhein-Westfalen (3 200 ha), Brandenburg (2 900 ha) und Bayern mit 2 300 ha ein, Baden‑Württemberg folgt auf dem 5. Platz. Insgesamt beläuft sich in Deutschland die Spargelfläche auf 19 600 ha. Damit dominiert Deutschland mit gut 40 % der Produktionsfläche den Spargelanbau in der Europäischen Union, in der 48 000 ha3 kultiviert werden. Weitere anbaustarke Länder sind Spanien (9 900 ha), wo sich rund 20 % der Flächen befinden, Frankreich (4 500 ha), Italien (4 400 ha) sowie die Niederlande und Griechenland mit 2 600 ha bzw. 2 300 ha.

Bereits in den 60er-Jahren verbreitet

Auch wenn Spargel als Delikatesse in den letzten 10 – 15 Jahren in das Bewusstsein einer deutlich breiteren Verbraucherschicht rückte – Spargel wurde bereits in den 1960er-Jahren in Baden‑Württemberg in erheblichem Umfang angebaut. Zwischen 1960 und 1962 wurden über 1200 ha kultiviert, die fast ausschließlich in der Region Karlsruhe, Bruchsal, Heidelberg und Mannheim zu Hause waren. Der bekannte Schwetzinger Spargel war auch überregional ein Begriff. Eine große Rolle hatte damals der Vertragsanbau, in dem sich die Landwirte verpflichteten, ihre Ware an einen bestimmten Abnehmer abzuliefern. Die Produktion von rund einem Viertel der Fläche wanderte überwiegend in die Konservenindustrie.4

Ab Mitte der 1960er-Jahre entwickelten sich die Anbauzahlen stark rückläufig und verminderten sich in den 1980er-Jahren auf nur noch 500 ha. Auch in anderen Bereichen geriet der Gemüseanbau durch steigende und günstige Importe an Frisch- und Konservenwaren, besonders aus den Niederlanden, verstärkt unter Druck. Am ehesten konnten sich noch Betriebe mit Direktabsatzmöglichkeiten behaupten. Ein zusätzliches Problem bereitete der Mangel an Arbeitskräften,5 die in der Industrie besser bezahlte Alternativen vorfanden. Erst mit Beginn der 1990er-Jahre setzte ein Wachstum im Gemüsebau ein, das in großem Maß dem Spargel zu verdanken war. Letztendlich standen mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der damit verbundenen Grenzöffnung Richtung Osten auch wieder ausreichend Erntehelfer zur Verfügung. Innerhalb weniger Jahre erreichte der Spargelanbau wieder seinen Umfang aus den 1960er-Jahren. Jährliche Zuwachsraten von durchschnittlich 95 ha führten bis zur heutigen Ausdehnung.

Südbaden hat die Nase vorn

Auch Anfang der 1990er-Jahre war der nordbadische Raum mit seinen sandigen Böden noch der Inbegriff des Spargelanbaus in Baden‑Württemberg. Auf 460 ha (65 % der gesamten Spargelfläche) erstreckten sich damals die Spargelfelder. Ein weiterer Schwerpunkt war bereits im südlichen Baden, besonders im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, etabliert, wo 190 ha oder ein Viertel der Spargelfläche kultiviert wurden. Zwischenzeitlich haben sich die Verhältnisse gedreht. Die Landwirte im südlichen Baden investierten kräftig in diese Sparte und nutzten auch die schwereren Böden für den Spargelanbau. Innerhalb von zwei Jahrzehnten errangen sie somit die Spitzenstellung im Land mit einen Anteil von 49 %6 an der gesamten Spargelfläche (1 200 ha). Die nordbadische Konkurrenz wurde auf den 2. Platz verwiesen. Die Flächen in diesem Gebiet decken nur noch rund ein Drittel im Land ab (820 ha).

Intensivere Produktion

Die Steigerungen in der Spargelproduktion waren über Jahre hinweg allein auf die Flächenzunahme zurückzuführen. In Baden‑Württemberg bewegten sich die durchschnittlichen Erträge je ha auf einem stabilen Niveau zwischen 32 und 38 Dezitonnen je Hektar (dt/ha). Erst seit 2007 pendelte sich der Durchschnittsertrag der letzten Jahre oberhalb von 40 dt/ha ein. Der vermehrte Anbau von ertragsfähigeren Sorten und eine verbesserte Produktionstechnik wie Folienabdeckung, Minitunnel bei Grünspargel und Bewässerungssysteme waren daran maßgeblich beteiligt. Nichtsdestotrotz befindet sich Baden‑Württemberg damit am unteren Ende des Ertragsniveaus. In den anderen größeren Spargelregionen Deutschlands werden in der Regel zwischen 50 und 60 dt/ha7 geerntet. Die geringeren Erträge lassen sich auch auf einen relativ hohen Anteil an Grünspargel in Baden‑Württemberg zurückführen, dessen Ertragsniveau ca. 10 dt unter dem des weißen Spargels liegt.8 Dieser spielt im übrigen Deutschland fast keine Rolle.

Obwohl inzwischen wesentlich mehr Spargel aus Deutschland im Handel angeboten wird als vor 20 Jahren, kann der Bedarf nicht komplett abgedeckt werden. Aber der heimische Spargel konnte den Importanteil deutlich zurückdrängen. Während Anfang der 1990er-Jahre die Importquote für frischen Spargel noch bei 60 % lag, wird inzwischen nur noch rund ein Viertel der Spargelmenge eingeführt.9 Wichtigste Importländer sind Griechenland, gefolgt von Spanien, den Niederlanden und Peru. Aber auch deutscher Spargel findet seinen Weg ins Ausland. Ungefähr 4 % der deutschen Produktion wird exportiert, überwiegend zu den Schweizer Nachbarn.

Nach wie vor werden die Spargelflächen in Baden‑Württemberg ausgeweitet. Bei einem konstanten Pro-Kopf-Verbrauch von 1,5 kg10 werden die nächsten Jahre zeigen, inwieweit der Markt noch weitere Spargelmengen aufnehmen kann. Im europäischen Ausland zeigen die Spargelflächen in Spanien, Frankreich, Griechenland und Italien in den vergangenen 5 Jahren bereits eine rückläufige Entwicklung.

1 Gemüsebau, Ulmer Verlag 2004.

2 Destatis, Gemüseerhebung 2013.

3 Eurostat, Daten 2013.

4 Schwerpunkte des Gemüsebaus 1966, Statistisches Monatsheft Baden‑Württemberg 4/1967.

5 Statistischer Bericht CI3-j63 1963.

6 Gemüseerhebung 2012.

7 Vorerhebung Spargel und Erdbeeren 2014.

8 Mündliche Mitteilung, Beratungsdienst Spargel und Erdbeeren e.V.

9 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMELV).

10 Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE).