:: 4/2015

Straßenverkehr in Baden‑Württemberg: Fahrleistungen und Emissionen 2013

Die Fahrleistungen im Kfz-Verkehr auf den Straßen in Baden‑Württemberg haben im Jahr 2013 weiter zugenommen. Damit blieb trotz gewisser jährlicher Schwankungen der Trend zu mehr Straßenverkehr im Land ungebrochen. Auch deshalb sind die vom Verkehr verursachten CO2-Emissionen entgegen der Zielsetzung des Integrierten Energie und Klimaschutzkonzeptes des Landes wie in den letzten Jahren seit 2010 erneut angestiegen. Weiter zurückgegangen sind hingegen dank technischer Maßnahmen zur Schadstoffminderung in den Autoabgasen die Emissionen an Stickoxiden, Feinstäuben und Kohlenwasserstoffen (NMVOC). Dennoch werden die Grenzwerte der Luftqualitätsrichtlinie für Stickstoffdioxid und PM10-Feinstäube in Teilgebieten, vor allem an verkehrsnahen Messstellen, nicht eingehalten.

Anhaltende Zunahme der Jahresfahrleistungen

Die auf den Straßen im Land mit Kraftfahrzeugen jährlich zurückgelegten Entfernungen, die sogenannten Jahresfahrleistungen, weisen nach wie vor eine leicht steigende Tendenz auf. Insgesamt wurden im Jahr 2013 auf den baden-württembergischen Autobahnen, anderen Außerortsstraßen sowie auf Ortsdurchfahrten und übrigen Innerortsstraßen insgesamt fast 94,4 Mrd. Kilometer (km) mit Kraftfahrzeugen zurückgelegt. Das waren rund 0,5 % mehr als im Vorjahr. Da 2012 ein Schaltjahr war, fällt die Zunahme kalenderbereinigt sogar noch etwas höher aus. Dies zeigt, dass der Trend zu mehr Straßenverkehr im Land noch nicht gebrochen ist. Abgesehen von gewissen jährlichen Schwankungen geht die Entwicklung bei den Jahresfahrleistungen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr weiter nach oben. Zumindest aber hat sich die Geschwindigkeit der Zunahme des Verkehrs verlangsamt. Bezogen auf den Zehnjahreszeitraum seit 2003 beträgt die Steigerung der Jahresfahrleistungen 3,8 %. In den 10 Jahren davor von 1993 bis 2003 waren es noch fast 12 %.

Zur Identifikation von Ursachen für die Gesamtentwicklung der Jahresfahrleistungen ist die Differenzierung nicht allein nach Personen- und Güterverkehr, sondern auch innerhalb dieser Bereiche zusätzlich nach Fahrzeugkategorien hilfreich. Die Entwicklung weist in Abhängigkeit von den jeweils zutreffenden unterschiedlichen Einflussfaktoren bei den einzelnen Fahrzeugarten deutliche Unterschiede auf.

Mehr als 87 % der Jahresfahrleistungen durch Pkw

Bestimmend für die Gesamtentwicklung des Straßenverkehrs im Land ist der Verkehr mit Personenkraftwagen (Pkw), der mit fast 82,4 Mrd. km gut 87 % der gesamten Jahresfahrleistungen auf den Straßen im Land ausmacht. Die aktuelle Zunahme der Pkw-Jahresfahrleistungen gegenüber dem Vorjahr liegt nur wenig (0,45 %) unter der Gesamtzunahme (0,5 %). Im Vergleich zu 2003 errechnet sich für den Pkw-Verkehr eine Steigerung um 3,9 %. Damit liegt die durchschnittliche Zuwachsrate beim Pkw-Verkehr etwas höher als beim Straßenverkehr insgesamt. Dies erklärt sich in erster Linie aus der nicht gleichförmigen Entwicklung des Schwerlastverkehrs in den zurückliegenden 10 Jahren.

Die zwar verlangsamte, doch stetig anhaltende Zunahme des Pkw-Verkehrs korrespondiert mit einer weiter zunehmenden Motorisierung der Bevölkerung. Der Bestand der im Land zugelassenen Pkw ist seit 2008 – in diesem Jahr wurde die Zulassungsstatistik methodisch umgestellt, sodass der längerfristige Vergleich nur eingeschränkt möglich ist – um fast 8 % angewachsen, also mehr als doppelt so stark wie die mit Pkw zurückgelegten Entfernungen. Die durchschnittlich mit einem Pkw jährlich gefahrenen Kilometerstrecken wurden demnach zwar reduziert. Diese Abnahme der spezifischen Fahrleistungen konnte jedoch die Fahrleistung steigernde Wirkung der zunehmenden Motorisierung vor allem auch älterer Menschen nicht kompensieren. Der Trend zu insgesamt höheren Pkw-Jahresfahrleistungen dürfte in Anbetracht der aktuell stark gesunkenen Kraftstoffpreise eher noch begünstigt werden. Auch die durch starke Wanderungsgewinne zunächst weiter wachsende Einwohnerzahl im Land wirkt eher in Richtung einer steigenden Verkehrsnachfrage, sodass trotz gleichfalls erhöhter Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsmittel die Jahresfahrleistungen im Pkw-Verkehr weiter zunehmen dürften.

Güterverkehr: nach massivem Rückgang wieder ansteigend

Anders als beim Personenverkehr verlief die Entwicklung beim Güterverkehr. Infolge der massiven Währungs- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 war der Güterverkehr im Jahr 2009 stark eingebrochen. Und obwohl seither eine Zunahme vor allem im Schwerlastverkehr zu verzeichnen war (+5 %), lag der Umfang der Jahresfahrleistungen auch 2013 noch immer unter dem Niveau des Jahres 2008. Gegenüber 2003 betrug der Anstieg der Jahresfahrleistungen der Lkw größer 3,5 Tonnen (t) deshalb nur 3,6 %, obwohl bereits bis 2008 eine deutlich überdurchschnittliche Zunahme des Schwerlastverkehrs um gut 7 % stattgefunden hatte. Die Entwicklung des Güterverkehrs ist offenbar nach wie vor relativ stark an die der Konjunktur gekoppelt. Dies wird an der Gegenüberstellung von Bruttoinlandsprodukt (BIP), Güterverkehrsleistung und Jahresfahrleistungen der schweren Lkw deutlich sichtbar.

Zusätzlich sind innerhalb des Güterverkehrs massive Veränderungen in der Aufteilung nach Fahrzeugarten eingetreten. Die Zunahme der Jahresfahrleistungen bei den Lkw größer 3,5 t seit 2003 betraf allein die schweren Lkw mit Anhänger und darunter insbesondere die Sattelfahrzeuge. Deren Jahresfahrleistungen haben 2013 auch fast wieder das Niveau von 2008 erreicht, sodass sich für diese Fahrzeuggruppe für die 10 Jahre seit 2003 eine Zunahme um 12 % errechnet. Demgegenüber sind die Jahresfahrleistungen der schweren Lkw ohne Anhänger seit 2003 um 10 % zurückgegangen. Stark angestiegen sind dagegen die Jahresfahrleistungen der leichten Nutzfahrzeuge bis 3,5 t Nutzlast. Dort beträgt die Zunahme gegenüber 2003 sogar über 12 %, wobei auch im Krisenjahr 2009 ein nur vergleichsweise schwacher Rückgang zu verzeichnen war. Letzteres spiegelt sich auch im Bestand der in Baden‑Württemberg zugelassenen leichten Lkw wider. Ihre Zahl ist in den zurückliegenden Jahren wie bei den Pkw kontinuierlich weiter angestiegen. Der Zuwachs seit 2008 beträgt hier sogar fast 20 %. Dahingegen blieb der Bestand der auf Halter in Baden‑Württemberg zugelassenen schweren Nutzfahrzeuge auf nahezu unverändertem Niveau bzw. war sogar leicht rückläufig, und zwar sowohl bei den Lkw ohne Anhänger als auch bei den Sattelzugfahrzeugen. Hier ist allerdings der Zusammenhang mit den Jahresfahrleistungen nur vergleichsweise schwach ausgeprägt, da das Speditionsgewerbe überregional, überwiegend bundesweit oder sogar international organisiert und tätig ist.

CO2-Emissionen des Straßenverkehrs zuletzt wieder ansteigend

Der Straßenverkehr hat nach wie vor erhebliche Relevanz sowohl für die Entwicklung der CO2-Emissionen als auch unter Gesichtspunkten der Luftreinhaltung. Maßstab für die Beurteilung der Entwicklung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr ist das im Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) des Landes festgelegte Minderungsziel für den Sektor Verkehr. Danach sollen die CO2-Emissionen des Verkehrssektors bis 2020 um 24 % gegenüber 1990 verringert werden. Maßgebend für Höhe und Entwicklung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen ist dabei der Straßenverkehr. Sein Anteil liegt bei rund 95 %. Bis 1999/2000 waren die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Baden‑Württemberg deutlich angestiegen. Danach gingen die Emissionen bis 2009 kontinuierlich fast auf das Niveau des Jahres 1990 zurück. Seither jedoch ist wieder ein leicht steigender Trend zu registrieren, der sich auch 2013 fortsetzte. Damit verlief die Entwicklung der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs entgegengesetzt zur Gesamtentwicklung der CO2-Emissionen im Land. Sein Anteil hat dadurch mit rund 30 % wieder das Niveau der Jahre 1999 bzw. 2000 erreicht. Mit fast 20,4 Mill. t lagen die Emissionen knapp 1,3 Mill. t (6,6 %) höher als 1990, dem Referenzjahr des im IEKK des Landes formulierten Minderungszieles. Um das Ziel des IEKK zu realisieren, wäre in den nächsten 7 Jahren bis 2020 ein Rückgang um mehr als ein Viertel notwendig, dies entspräche einer durchschnittlichen jährlichen Minderung um 4,7 %. Eine Minderung in dieser beachtlichen Größenordnung erfordert aus derzeitiger Sicht grundlegende Veränderungen sowohl bei der Fahrzeugtechnik als auch bei den erbrachten Jahresfahrleistungen generell. Die bundesweite Entwicklung 2014 weist zunächst auf weiter steigende CO2-Emissionen des Straßenverkehrs auch im Land.

Schadstoffemissionen: Weiterer Handlungsbedarf trotz Minderungserfolgen

Die Entwicklung der straßenverkehrsbedingten Luftschadstoffemissionen stellt sich erheblich positiver dar als die beim CO2. Bezogen auf die Luftschadstoffe bewirkten die stetig weiterentwickelten abgastechnischen Maßnahmen an den Fahrzeugen mit Otto- und Dieselmotor einen Rückgang der jährlichen Emissionsfracht trotz steigendem Trend bei Jahresfahrleistungen und Kraftstoffverbrauch. Allerdings hat sich die Abnahme der Luftschadstoffemissionen durch den Straßenverkehr vor allem bei den Stickoxiden (NOx), die für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme eine erhebliche Belastung darstellen, in den letzten Jahren eher verlangsamt. Insgesamt summierten sich 2013 die NOx-Emissionen des Straßenverkehrs im Land auf fast 56 300 t. Das waren 4,2 % weniger als im Jahr davor. In den 10 Jahren seit 2003 beträgt der Rückgang zusammen gut 45 %, pro Jahr durchschnittlich −5,8 %. Dennoch blieb der Straßenverkehr Hauptverursacher von NOx-Emissionen (Emissionsanteil über 50 %).

Maßstab für die bisher erreichten Reduktionserfolge sind die europäischen Anforderungen der sogenannten NEC-Richtlinie, in der nationale Emissionshöchstmengen vorgegeben sind. Deutschland konnte in den Jahren 2010 bis 2012 die dort vorgegebene Höchstmenge für Stickoxide nicht einhalten, und auch im Entwurf der nachfolgenden Richtlinie NERC sind für Deutschland Höchstmengen für das Zieljahr 2030 vorgegeben, die nach Vorausrechnungen für unterschiedliche Szenarien im Rahmen des Sondergutachtens des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) zum Umweltproblem Stickstoff1 ohne weitergehende Maßnahmen nicht zu erreichen sind. Die NOx-Emissionen des Straßenverkehrs sind insbesondere verantwortlich dafür, dass der in der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung zur Umsetzung der Luftqualitätsrichtlinie festgelegte Luftqualitätsgrenzwert für Stickstoffdioxid zum Schutz der menschlichen Gesundheit bislang verbreitet nicht eingehalten werden kann.

Ein wesentlicher Grund dafür, dass die NOx-Emissionen des Straßenverkehrs nicht stärker zurückgegangen sind, liegt offenbar in der Tatsache begründet, dass der Anteil der dieselangetriebenen Fahrzeuge im Pkw-Bereich, auch begünstigt durch die steuerliche Bevorzugung, stark anstieg und bei den Jahresfahrleistungen inzwischen über 46 % erreicht hat. Die Grenzwerte für Stickoxide bei Dieselfahrzeugen waren bisher deutlich weniger streng formuliert als bei den Ottomotor-Pkw. Erst mit der Euro-6-Norm, die ab dem 1. Januar 2015 für Neuzulassungen gilt, ist auch bei den Diesel-Pkw eine deutliche Absenkung des NOx-Grenzwertes von 180 Milligramm pro Kilometer auf 80 Milligramm pro Kilometer vorgeschrieben. Ähnliches trifft für schwere Nutzfahrzeuge zu, für die die am 31. Dezember 2013 in Kraft getretene Euro-VI-Norm eine Absenkung der NOx-Grenzwerte im Vergleich zur Euro-V-Norm um 80 % auf 400 Milligramm/kWh vorschreibt.

Wirklich wirksam werden die verschärften Grenzwertvorgaben jedoch erst mit der entsprechenden Erneuerung der Kraftfahrzeugbestände, die sich aber über relativ lange Zeiträume erstrecken wird, und wenn die neuen Abgasnormen auch im realen Verkehr zu entsprechenden Emissionsminderungen führen. Gemäß den Darstellungen im SRU-Gutachten erklärt sich die bislang nicht hinreichende Reduzierung der NOx-Emissionen bei Dieselfahrzeugen auch dadurch, dass die im Typprüfungszyklus zum Grenzwert ermittelten Schadstofffrachten unter realen Fahrbedingungen nicht erreicht würden. Bei Diesel-Pkw, die die Euro-5-Norm erfüllen, können demnach die Emissionen unter realen Bedingungen den Grenzwert gemäß Typprüfungszyklus um mehr als das Vierfache übersteigen. Laut SRU-Gutachten liegen die NOx-Emissionen der Euro-3- bis Euro-5-Fahrzeuge unter realen Bedingungen durchschnittlich so hoch wie bei Fahrzeugen der Euro-2-Norm.

Noch kein wesentlicher Rückgang der Stickstoffdioxid-Emissionen

Die starke Zunahme der Jahresfahrleistungen mit Dieselmotor-Pkw ist auch der Grund dafür, dass die Emissionen der für die menschliche Gesundheit besonders kritischen Stickstoffdioxid (NO2)-Emissionen bis 2008 stark angestiegen und trotz allmählich greifender Minderung bei den schweren Nutzfahrzeugen auch in den letzten Jahren insgesamt kaum zurückgegangen sind. Mit fast 11 600 t lagen die NO2-Emissionen auch 2013 nur unwesentlich niedriger als 2012. Der Anteil der Diesel-Pkw an den NO2-Emissionen ist auf fast 65 % (7 500 t) angestiegen. Dies ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass der auf europäischer Ebene vorgegebene Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm/m3 NO2 im Jahresmittel an Verkehrsmessstationen derzeit nicht eingehalten werden kann. Dabei gibt es laut SRU-Gutachten deutliche Hinweise, dass die derzeit gültigen Luftqualitätswerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit nicht ausreichen und eine Verschärfung der Jahresmittelgrenzwerte auf 20 Mikrogramm/m3 zu empfehlen sei.

Deutliche Minderungserfolge bei Feinstaub und NMVOC …

Die Stickoxidemissionen bilden zusammen mit den vor allem aus der Landwirtschaft stammenden Ammoniakemissionen auch relevante Vorläufersubstanzen für Feinstaub (PM10) und bodennahes Ozon. Beide, sowohl PM10 als auch Ozon, beeinträchtigen ebenfalls vor allem an verkehrsnahen Stationen teilweise erheblich die Luftqualität. Der Straßenverkehr macht zwar nur noch rund ein Viertel der landesweit jährlich emittierten Feinstäube (PM10) aus – zugenommen haben im Gegensatz zum Straßenverkehr vor allem die Staubemissionen aus Holzfeuerungen –, lokal jedoch ist der Straßenverkehr noch immer Hauptverursacher von Grenzwertüberschreitungen bezogen auf PM10. Die Gesamtfracht der durch den Straßenverkehr im Land verursachten PM10-Stäube lag 2013 bei knapp 2 300 t und damit um 6,4 % unter dem Vorjahreswert. Dies entspricht ziemlich genau dem durchschnittlich in den letzten 10 Jahren erreichten Minderungswert, durch den die Emissionsfracht im Land nahezu halbiert werden konnte (−49 %). Etwas mehr als halbiert auf rund 16 000 t im Jahr 2013 wurden in den 10 Jahren seit 2003 auch die straßenverkehrsbedingten NMVOC-Emissionen, die zusammen mit NOx zugleich eine wichtige Vorläufersubstanz für bodennahes Ozon darstellen.

… aber weitere Verbesserungen erforderlich

Für beide Schadstoffe, PM10 und Ozon, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine deutliche Absenkung des Grenz- bzw. Zielwertes. Daher kommt es auch hier für das Erreichen der geforderten Luftqualität darauf an, die entsprechenden Emissionen des Straßenverkehrs weiter zu verringern.

1 Sondergutachten des SRU.