:: 4/2015

Neu im Datenangebot der Forschungsdatenzentren: Statistiken der Abfallwirtschaft

Die Forschungsdatenzentren des Bundes und der Länder verfügen über ein breites Angebot an Mikrodaten1 der amtlichen Statistik, welches von Wissenschaftlern aus unabhängigen Forschungsinstituten genutzt werden kann. Der Standort Stuttgart ist dabei unter anderem zuständig für die Umweltstatistiken. Bisher können Nutzer die anonymisierten Einzeldaten der Statistiken der Wasserwirtschaft und der Umweltökonomie auswerten. Eine wichtige Ergänzung des Angebots im Umweltbereich stellt nun die Aufnahme von zwei Statistiken der Abfallwirtschaft dar. Auf diese Statistiken, deren Inhalte und Zugangsmöglichkeiten soll in diesem Artikel näher eingegangen werden.

Die Umweltstatistiken in den Forschungsdatenzentren

Bislang konnten über das Datenangebot der Umweltstatistiken in den Forschungsdatenzentren des Bundes und der Länder (FDZ) wissenschaftliche Analysen zu den Themen der Wasserwirtschaft2 und der Umweltökonomie durchgeführt werden. Unter Verwendung dieser Statistiken wurden von Wissenschaftlern bereits viele Fragestellungen aus dem Umweltbereich bearbeitet. Untersucht wurden beispielsweise die Schadstoffmengen im Abwasser der Kläranlagen (Erhebung der öffentlichen Abwasserbehandlung) oder die umweltrelevanten Bereiche in Unternehmen, in denen besonders viele Investitionen getätigt werden (Erhebung der Investitionen für den Umweltschutz). Diese Statistiken sind seit Bestehen der FDZ im Datenangebot enthalten. Durch das stetige Fortschreiben neuer Erhebungsjahre können inzwischen auch Zeitreihenanalysen durchgeführt werden.

Im Gegensatz dazu stehen die Statistiken der Abfallwirtschaft in den FDZ noch in ihren Kinderschuhen. Sie werden erstmals seit Januar 2015 in den FDZ angeboten und sind ab dem Berichtsjahr 2010 verfügbar. Mit der jährlichen Aufnahme der aktuellen Erhebungsjahre wird sich auch hier in den nächsten Jahren die Analysemöglichkeit des Datenmaterials im Längsschnitt3 ergeben. Die Aufnahme der Daten der Abfallwirtschaft stellt einen erheblichen Mehrwert für das Thema Umwelt in den FDZ dar. Forschungsfragen, die sich beispielsweise mit Ressourceneffizienz, einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise oder der Klimaschonung beschäftigen, können nun unter Heranziehen der Daten der Abfallwirtschaft bearbeitet werden.

Die anonymisierten Mikrodaten, die über die FDZ zur Verfügung gestellt werden, haben den Vorteil, dass sie deutlich detailliertere und flexiblere Analysemöglichkeiten bieten als die in den Veröffentlichungen der statistischen Ämter erhältlichen aggregierten Daten. Außerdem decken sie für den jeweiligen Statistikbereich ganz Deutschland ab (i-Punkt »Forschungsdatenzentren des Bundes und der Länder«).

Statistik der Abfallentsorgung

In Deutschland werden jährlich große Mengen der unterschiedlichsten Abfallarten produziert. Diese Abfallarten können zum Beispiel Abfälle aus Haushalten, den verarbeitenden Industrie- und Gewerbebetrieben oder der Bauwirtschaft sein. Sie unterscheiden sich durch ihre Ausgangsmaterialien und Herkunft enorm in ihren Eigenschaften und müssen unterschiedlich entsorgt und verwertet werden.

Die auf der Grundlage des Umweltstatistikgesetzes (UStatG, § 3 Absatz 1) vom 16. August 2005 erhobene Statistik der Abfallentsorgung enthält Informationen über alle Abfallentsorgungsanlagen in Deutschland. Es handelt sich um eine sehr komplexe und aufwändige Statistik, da es für jede Anlagenart (siehe i-Punkt »Abfallentsorgungsanlagen«) einen separaten Fragebogen gibt. Die Fragebogen sind jedoch für alle Anlagenarten ähnlich aufgebaut und bestehen aus einem Kernteil und einem anlagenspezifischen Teil.

Jährlich werden im Kernfragebogen Informationen über Menge, Verwertung und Beseitigung von Abfällen in den unterschiedlichen Unternehmen und Betrieben erfasst, in deren Anlagen eigene oder fremde Abfälle entsorgt werden. Im 2-jährlichen Turnus werden im anlagenspezifischen Teil des Fragebogens zusätzliche Ausstattungsmerkmale der Anlagen erhoben, wie zum Beispiel Kapazität, voraussichtliche Ablagerungsdauer, Entsorgung des Sickerwassers.

Die FDZ bieten unterschiedliche Produkte für diese Statistik an. Zum einen kann ein Datensatz ausgewertet werden, der alle Anlagenarten und die Angaben aus dem Kernfragebogen beinhaltet. Dieser Datensatz ermöglicht den Vergleich zwischen den unterschiedlichen Anlagen und der jeweiligen Abfallmengen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, sich auf eine Anlagenart zu konzentrieren. Für alle Anlagenarten, für die es zusätzliche spezifische Merkmale gibt, wurden eigene Datensätze erstellt. Sie enthalten sowohl die Angaben aus dem Kernfragebogen als auch die Informationen über die anlagenspezifischen Merkmale. Die Auswertung eines solchen Datensatzes bietet sich an, wenn eine bestimmte Anlagenart untersucht werden soll.

Erhebung über die Aufbereitung und Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen

Als Ergänzung zur Statistik der Abfallentsorgung wurde die Erhebung über die Aufbereitung und Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen mit in das Datenangebot der FDZ aufgenommen. Bei dieser Erhebung werden auf Grundlage des UStatG (§ 5 Absatz 1) im 2-jährlichen Turnus Betreiber von zulassungsbedürftigen Bauschuttaufbereitungsanlagen und Asphaltmischanlagen befragt.

Die Erhebung ist zweigeteilt. Der erste Teil enthält Angaben über den Betrieb von Anlagen zur Aufbereitung und Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen. Die hier erhobenen Informationen dienen dazu, Aufschlüsse über die eingesetzten Mengen an Bau- und Abbruchabfällen sowie die gewonnenen Erzeugnisse und die entstandenen Abfälle zu erhalten. Dabei werden sowohl die Abfallmengen erhoben, die in die Anlagen eingebracht werden, als auch die Abfallmengen, die sie nach der Behandlung oder Verwertung wieder verlassen.

Der zweite Bereich beinhaltet die Angaben über den Betrieb von Asphaltmischanlagen. Der Datensatz enthält Informationen über die eingesetzte Menge an Ausbauasphalt in Heißmischverfahren bei stationären sowie mobilen Asphaltmischanlagen. Für beide Erhebungsteile ist in den FDZ ein separater Datensatz verfügbar.

Zugangswege zu den Statistiken der Abfallwirtschaft

Da es sich bei den Datensätzen beider Statistiken um sogenannte On-Site-Produkte4 handelt, gibt es zwei Möglichkeiten, einen Datenzugang über die FDZ zu erhalten. Je nach Anspruch des Wissenschaftlers an den Informationsgehalt der Daten können diese am Gastwissenschaftlerarbeitsplatz (GWAP) am Standort Stuttgart5 oder per Kontrollierter Datenfernverarbeitung (KDFV) ausgewertet werden. Der GWAP ist ein Arbeitsplatz in den Räumen der amtlichen Statistik, an dem die Forscher ihre Analysen vor Ort durchführen können. Die statistischen Daten können dort unter Verwendung der Statistikprogramme SPSS, STATA, SAS oder R untersucht werden. Aufgrund der kontrollierbaren Rahmenbedingungen in den FDZ können am GWAP faktisch anonymisierte6 Daten ausgewertet werden. Die Forscher erhalten lediglich die auf statistische Geheimhaltung geprüften Ergebnisse.

Bei der Kontrollierten Datenfernverarbeitung (KDFV) haben die Wissenschaftler keinen direkten Kontakt zum Originaldatenmaterial. Sie erhalten einen Strukturdatensatz mit fiktiven Werten, der dem Originaldatenmaterial in Aufbau und Merkmalsausprägungen gleicht. Unter Verwendung dieses Strukturdatensatzes erstellen die Forscher ein Auswertungsprogramm, welches anschließend von den FDZ-Mitarbeitern auf die Originaldaten angewandt wird. Die auf statistische Geheimhaltung geprüften Ergebnisse werden ihnen abschließend zur Verfügung gestellt.

Zusammenfassung

Die Aufnahme der Statistik der Abfallwirtschaft in das Datenangebot der FDZ ermöglicht der Wissenschaft weitere Analysemöglichkeiten im Umweltbereich. Derzeit stehen die Berichtsjahre 2010 bis 2012 für Auswertungen zur Verfügung. Mit der jährlichen Aufnahme neuer Erhebungsjahre wird es bald auch möglich sein, Zeitreihenanalysen durchzuführen und Veränderungen in der Abfallentsorgung ganz Deutschlands zu untersuchen.

1 Mikrodaten sind die Einzeldaten statistischer Erhebungen.

2 Siehe auch: Nowak, Kristin: »Daten der Wasserwirtschaft im Angebot des Forschungsdatenzentrums«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 5/2014«, S. 34 – 39

3 Längsschnitt (-verknüpfung) bedeutet, dass gleiche Datensätze über mehrere Erhebungszeitpunkte hinweg verknüpft und ausgewertet werden können.

4 On-Site-Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass die Mikrodaten vom Wissenschaftler in den FDZ ausgewertet werden und die Räumlichkeiten der amtlichen Statistik nicht verlassen. Bei Off-Site-Produkten werden die anonymisierten Daten auf CD gebrannt und den Forschern übermittelt.

5 Die Daten können auch an jedem anderen FDZ-Standort in Deutschland am GWAP genutzt werden.

6 Faktische anonymisierte Einzelangaben können nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden.