:: 5/2015

Neue Impulse stützen Wachstum

Baden‑Württembergs BIP dürfte im 2. Quartal preisbereinigt um rund 2 % wachsen

Baden‑Württembergs Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2014 nach aktuellem Berechnungsstand preisbereinigt um 2,4 %. Auch im 1. Halbjahr 2015 wird sich der Aufschwung fortsetzen: Im 1. Quartal 2015 dürfte das reale BIP um rund 1½ % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen sein, für das 2. Quartal steht ein Vorjahreswachstum von 2 % zu erwarten. Die Stimmungs- und produktionsnahen Größen, die in den Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamtes eingehen, deuten zudem an, dass der Aufschwung nicht nur über das Gesamtjahr tragen, sondern in der 2. Jahreshälfte eine noch stärkere Dynamik entfalten dürfte.

Wesentliche Triebfeder der sehr guten konjunkturellen Lage Baden‑Württembergs ist einmal mehr die Auslandsnachfrage. So stiegen die Auslandsumsätze des Verarbeitenden Gewerbes in den Wintermonaten preis- und arbeitstäglich bereinigt um 6,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum an, das Volumen der Auftragseingänge stieg ebenfalls um diesen Wert. Rückenwind dürfte sicherlich auch die expansiv ausgerichtete europäische Geldpolitik gegeben haben, die die preisliche Wettbewerbsfähigkeit verbessert und die wirtschaftliche Erholung auf wichtigen europäischen Märkten stützt.

Die Indikatoren zur Binnennachfrage zeigen, dass der Aufschwung auch hier angekommen ist. Das Vorjahresplus bei den Inlandsumsätzen der Industrie von 0,5 % mutet zwar bescheiden an, jedoch ist die Aufwärtstendenz unverkennbar. Gegenüber den Herbstmonaten stiegen diese saisonbereinigt um immerhin 1,2 % an. Auch der Einzelhandel verspürt Auftrieb: Die Umsätze lagen in den Wintermonaten 5,0 % über denen des Vorjahres. Eine wichtige Stütze der Binnenkonjunktur bleibt der Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsaufbau setzte sich fort. So stieg laut Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Monaten November bis Januar um 2,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum an. Die Anzahl der Arbeitslosen belief sich im 1. Quartal 2015 auf 239 000 Personen und lag damit leicht unterhalb des Vorjahresniveaus.

Quantitative Lockerung der EZB stabilisiert Wachstum in der Eurozone

Die internationale Konjunkturentwicklung stand im 1. Quartal 2015 im Lichte der EZB-Entscheidung, private und öffentliche Schuldverschreibungen in Höhe von monatlich 60 Mrd. Euro aufzukaufen. Nach der Ankündigung des Programms im Januar sanken die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen in den Euro-Mitgliedstaaten um etwa 0,3 % im Vergleich zum Vorquartal, was man auch aufgrund der bereits vor der Entscheidung teilweise vorherrschenden Tiefstände als historisch einmalig bezeichnen kann. Der Effekt des mindestens bis September 2016 laufenden Programms auf breitere volkswirtschaftliche Aggregate ist allerdings schwer zu quantifizieren. Die wirtschafts­wissenschaftliche Literatur geht aber davon aus, dass unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen, wie das beschlossene Anleihen-Aufkaufprogramm, eine ähnliche Wirkung entfalten wie eine konventionelle Zinssenkung, weshalb das neu aufgelegte Programm die Konsum- und Investitionsnachfrage stimulieren sollte.

Der Euro-Wechselkurs hat bereits auf die sehr günstigen monetären Rahmenbedingungen reagiert und seit der Jahresmitte 2014 zu fast allen großen Währungspaaren abgewertet. Dieser Effekt spiegelt sich in den vorläufigen Zahlen der baden-württembergischen Exportentwicklung für 2014 bereits wider. Besonders dynamisch entwickelte sich das Geschäft mit China (+14,3 % im Vergleich zu 2013), den USA (+13,8 %) und dem Vereinigten Königreich (+8,4 %). Die nachlassende wirtschaftliche Dynamik in den großen aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China wird dagegen die Exportaktivität in der Zukunft eher belasten. Diese Länder stehen für 11,8 % der Gesamtexporte Baden‑Württembergs und es zeichneten sich bereits 2014 erste Bremsspuren in der Exportstatistik ab. So war der Export nach Brasilien mit −8,5 % deutlich rückläufig, aber auch der Handel mit Indien wuchs verglichen mit 2013 nur moderat (+1,9 %). Der Export nach Russland brach sogar um −15,4 % ein, was auf den fallenden Ölpreis, die Abwertung des russischen Rubels sowie die internationalen Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise zurückzuführen ist. China sorgte als einziges der vier großen Schwellenländer für eine positive Überraschung, denn Baden‑Württemberg konnte, wie bereits zuvor erwähnt, seine Ausfuhren in das »Reich der Mitte« um 14,3 % steigern.

Für die internationale Konjunktur dürfte sich auch 2015 der niedrige Ölpreis positiv auswirken. Gleichzeitig profitieren Verbraucher weltweit zusätzlich von niedrigen Inflationsraten und günstigen Finanzierungsbedingungen, was dem Außenhandel 2015 Auftrieb verleihen sollte. Neben den positiven Grundtendenzen existieren allerdings auch internationale Risiken, wie die hohen Immobilienpreise kombiniert mit einer hohen privaten Verschuldung in China, geopolitische Risiken wie zum Beispiel in Russland und Griechenland oder eine vorzeitige Straffung der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten.