:: 7/2015

Ideen bewegen die Welt

»Baden‑Württemberg und die USA: Enge Kooperation und Handelsbeziehungen – Wie lange noch?« Mit dieser Frage eröffnete Dr. Carmina Brenner im Juni einen Vortrag vor der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, zu dem das Statistische Landesamt nach Stuttgart eingeladen hatte. Dabei wurden die wichtigsten Außenhandels-Kennzahlen aus der amtlichen Statistik vorgestellt. Darunter der rasante Aufstieg Chinas als Handelsnation und die weltweiten Ausgaben für Forschung und Entwicklung der USA, Chinas sowie der EU und Baden‑Württemberg. Im Folgenden wird der Vortrag in leicht gekürzter Form wiedergegeben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

weltweit ist das Volumen der Handelsbeziehungen von einer erstaunlichen Dynamik: Seit dem Jahr 2000 haben sich die Weltexporte auf Eurobasis verdoppelt. Wer hat davon profitiert? Wer hat diese Entwicklung vorangetrieben? Wie konnte sich Baden‑Württemberg in den vergangenen Jahren als besonders vom Export abhängiges Land international positionieren? Das 1. Quartal 2015 sowie der Blick zurück auf die letzten Jahre zeigen: Die USA sind unser wichtigstes Exportland, China steht schon auf Position zwei und hat 2014 erstmals mehr aus Baden‑Württemberg importiert als Frankreich. Innerhalb Europas zeigen sich weitere deutliche Unterschiede bei der Entwicklung des Handelsvolumens zwischen Baden‑Württemberg und den Nachbarländern. Automobile und Maschinen sind die Exportschlager Baden‑Württembergs und bestimmen das Volumen der Exporte entscheidend.

Die USA sind heute der wichtigste Exportmarkt für Baden‑Württemberg. Die Exportdaten bereiten wir monatsaktuell auf. Aus erster Hand bekommen Sie unsere Informationen, weil das Statistische Landesamt den gesetzlichen Auftrag hat, rund 280 Statistiken wissenschaftlich unabhängig, neutral und objektiv zu erheben, aufzubereiten und zu veröffentlichen. In Europa sind inzwischen fast alle Statistiken harmonisiert und vergleichbar. Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union, stellt diese gut aufbereitet auf seiner Homepage vor. Wir liefern über das Statistische Bundesamt hier einen Großteil der Statistiken zu. Auch in den USA werden die wichtigsten Statistiken amtlich aufbereitet. Darunter von folgenden Institutionen:

  • Federal Interagency Council on Statistical Policy (FEDSTATS),
  • Bureau of Economic Analysis (BEA),
  • US Bureau of Labor Statistics (BLS),
  • Bureau of Transportation Statistics (BTS),
  • Bureau of the Census,
  • Department of Commerce.

Aus den rund 280 Statistiken, die das Statistische Landesamt im gesetzlichen Auftrag ­erstellt, können wir auch zahlreiche Analysen veröffentlichen. Darunter zum Beispiel:

  • Viermal jährlich erstellen wir eine Konjunkturanalyse für Baden‑Württemberg.
  • Im großen Bereich »Soziales« haben wir ­federführend mit dem Sozialministerium einen Armuts- und Reichtumsbericht erstellt, der im Juli 2015 erschienen ist. Arm und Reich ist ein Zukunftsthema, das weltweit alle Länder betrifft.

Weitere amtliche Fakten kann ich Ihnen zu ­Baden‑Württemberg und den USA ergänzend vorstellen:

  • Direktinvestitionen,
  • Forschung,
  • Tourismus,
  • Studierende und
  • Zu- und Fortwanderungen.

Jeder zweite Euro der Industrie im Südwesten wird mit dem Export verdient. Obwohl der Welthandel 2014 recht schwunglos war, konnte unser Land seine Exporte 2014 um knapp 5 % steigern und mit 181 Mrd. Euro einen neuen Spitzenwert erzielen. Baden‑Württemberg hat damit das höchste Exportvolumen der Länder in Deutschland. Die Länder der EU-28 nehmen allein die Hälfte der Exporte aus dem Südwesten ab. In Europa ist Frankreich mit 14 Mrd. Euro 2014 unser wichtigster Handelspartner.

Aber: Die USA sind für Baden‑Württemberg seit 1997 das wichtigste Exportland. Ausnahmen waren die Krisenjahre 2008 und 2009. Im Jahr 2014 betrugen die Exporte aus Baden‑Württemberg in die USA 21,2 Mrd. Euro. Im Jahr 2013 waren es noch 18,7 Mrd. Euro. Das ist ein Plus von gut 13 %. Erstmals ist China 2014 mit 14,1 Mrd. Euro der zweitwichtigste Exportmarkt für Baden‑Württemberg, knapp vor Frankreich. Wir gehen davon aus, dass China für Baden‑Württemberg in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung zulegen wird. Die Ausfuhren nach China legten im Vergleich zu 2013 um 14,3 % zu.

Exporte in die USA am stärksten gestiegen

Wir stellen bei den Exporten in die USA ein Plus von 20 % fest. Die USA sind damit sowohl im Volumen sowie beim Zuwachs absoluter Spitzenreiter für die Exporte aus dem Südwesten. Gleichzeitig sind die Importe aus den USA nach Baden‑Württemberg um 17 % gestiegen. Nach China stiegen die Exporte im ersten Quartal 2015 um 5 %. Dem Volumen nach auf Position 17 liegen die Exporte aus Baden‑Württemberg nach Russland. Sie sind aktuell um rund 30 % zurückgegangen. Auch im Vergleich der Jahre 2014 zu 2013 gab es einen Rückgang von rund 20 %. 2014 lag die Russische Föderation in der Rangfolge der wichtigsten Bestimmungsländer für Exporte aus Baden‑Württemberg auf Platz 13. Die Einfuhren aus Russland nach Baden‑Württemberg sind rund halb so hoch (1,8 Mrd. Euro) wie unsere Exporte mit 4,1 Mrd. Euro nach Russland. Wir importieren hauptsächlich Gas und Erdöl.

Weltexporte seit 2000

Wenn wir die jahresaktuelle Entwicklung verlassen, zeigt sich seit dem Jahr 2000 ein starker Wandel des Handelsvolumens und der Handelsströme zwischen den Ländern. Die Globalisierung hat enorm Fahrt aufgenommen.

Das Welthandelsvolumen, gemessen am Volumen der Weltexporte, hat sich zwischen 2000 und 2014 auf Eurobasis ungefähr verdoppelt. Von 7 Billionen Euro (das sind 7 000 Mrd. Euro) auf 14,3 Billionen Euro im Jahr 2014. Von dieser Ausweitung profitieren auch die entwickelten Volkswirtschaften. Bei den USA und Deutschland als Vertreter dieser Ländergruppe zeigt sich, dass die Stücke vom »Kuchen« zwar größer werden, weil das Exportvolumen weltweit größer wird. Die relativen Anteile am Welthandel gehen jedoch zurück!

China hat 2014 mit 12,4 % den größten Anteil und verdreifachte sein Volumen seit 2000. Seit 2009 ist China Exportweltmeister. Der Anteil Baden‑Württembergs an den Weltexporten betrug 2000 rund 1,4 %. 2014 waren es rund 1,3 %. Diese Veränderungen im Handel zeigen sich auch bei den sechs wichtigsten Handelspartnern Baden‑Württembergs.

Baden‑Württemberg hat im Jahr 2000 noch wertmäßig die meisten Waren aus den USA importiert, gefolgt von Frankreich. Im Jahr 2014 sind die Schweiz, gefolgt von den Niederlanden und Frankreich, die wichtigsten Lieferanten von Gütern nach Baden‑Württemberg. Die USA liegen auf Platz fünf. Dicht auf folgt jetzt China auf Platz sechs. Bei unseren Exporten zeigt sich: Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für unser Land. China ist von 2000 bis 2014 zum zweitwichtigsten Markt aufgestiegen. Die Exporte Baden‑Württembergs nach China haben sich seit 2000 verzehnfacht. China hat damit sowohl Frankreich als auch die Schweiz eingeholt und überholt. Erstaunlich ist aber auch: Insbesondere in die Schweiz konnten die Exporte aus Baden‑Württemberg nahezu verdoppelt werden, in die Niederlande haben sie sogar auf das Zweieinhalbfache zugenommen. In der ehemaligen DDR gab es seit den 1950er-Jahren eine eher kuriose Zielvorgabe bezogen auf die Wirtschafts- und Sozialentwicklung im Osten und Westen Deutschlands. Dies hieß: »Den Westen überholen, ohne ihn einzuholen.« Diese Zielvorgabe ist philosophisch durchaus anspruchsvoll. Aber wie sollte dies funktionieren? Bleiben wir lieber mit den Zahlen eng an der Realität.

Wer kauft was bei wem?

Was kaufen die Amerikaner aktuell aus unserem Land? Und was kaufen wir in den USA? Hauptexportschlager Richtung USA waren – wie auch im gesamten Außenhandel – Kraftwagen und Kraftwagenteile. Dabei gewann diese Warengruppe in den vergangenen Jahren noch mehr an Bedeutung. Während 2009 rund ein Drittel der Exporterlöse im US-Handel mit Kraftwagen und Kraftwagenteilen erzielt wurde, war es 2014 schon fast die Hälfte. Insbesondere die baden-württembergischen Premiumhersteller profitieren von der starken Nachfrage aus Übersee. Im Gegenzug importierte Baden‑Württemberg im vergangenen Jahr Güter im Wert von 9,9 Mrd. Euro aus den Vereinigten Staaten. Allerdings verlieren die Importe aus den Vereinigten Staaten seit 2009 kontinuierlich an Bedeutung. Wichtigstes Einfuhrgut aus den USA waren pharmazeutische Erzeugnisse. Derzeit hat zum Beispiel ein amerikanisches Unternehmen ein ganz neues Hepatitis-C-Mittel auf den Markt gebracht. Das erzielt hohe Umsätze, auch in Europa.

2014 gaben baden-württembergische Unternehmen knapp ein Drittel ihrer gesamten Importausgaben in die USA für die Einfuhr pharmazeutischer Erzeugnisse aus. Die Globalisierung hat nicht nur zu einer starken Expansion des internationalen Handels geführt, sondern auch zu einer Internationalisierung der Produktionsprozesse. Insbesondere bei der Herstellung komplexer Produkte – beispielsweise auch in der Pharmaindustrie – spielen globale Wertschöpfungsketten eine immer größere Rolle. So beträgt der Anteil von pharmazeutischen Erzeugnissen an den Exporten Baden‑Württembergs in die USA wiederum rund 5 %.

Alternative Fahrzeugantriebe

Vor gut einem Jahr gab es im Herzen der Stuttgarter Automobilregion eine heftige Diskussion. Dabei ging es um einen Import aus den USA. Die neue Regionaldirektorin der Region Stuttgart hatte sich als Dienstwagen einen Tesla bestellen wollen. Dann hat sie den Elektro-Sportwagen privat geleast. Dies zeigt, dass die Wettbewerbspositionen in der Branche sehr sensibel wahrgenommen werden. Denn die alternativen Antriebe bei der Mobilität werden über die Zukunft von Regionen entscheiden. Daher fragen wir auch regelmäßig die Zulassungszahlen vom Kraftfahrtbundesamt ab, um diese Entwicklung für Baden‑Württemberg entsprechend auszuwerten. Bei den alternativen Antriebsarten ist viel Bewegung im Spiel, allerdings noch auf niedrigem Niveau, wie wir sagen. Vom Kraftfahrtbundesamt in Flensburg haben wir folgende Neuzulassungen für Baden‑Württemberg:

  • 2014: 1 855 Elektro-PKW,
  • 2014: 3 831 Hybrid-PKW,
  • 2013: 1 078 Elektro-PKW,
  • 2013: 3 702 Hybrid-PKW.

Insgesamt waren Anfang 2015 in Baden‑Württemberg 4 042 Elektro- und 14 587 Hybrid-PKW zugelassen.

Wer investiert wo?

Im Hinblick auf die Kapitalverflechtung der Unternehmen sind die USA und Baden‑Württemberg besonders stark verbunden. Fast ein Drittel des Bestands an unmittelbaren und mittelbaren ausländischen Direktinvestitionen von baden-württembergischen Unternehmen entfiel im Jahr 2012 auf die USA. Im Gegenzug stammten gut 17 % des gesamten Bestands an ausländischen Direktinvestitionen in Baden‑Württemberg von US-amerikanischen Unternehmen. Nur Unternehmen aus den Niederlanden investierten damit noch mehr in Baden‑Württemberg.

Forschung und Entwicklung im Vergleich

Die FuE-Intensität ist die bedeutendste Kennzahl zur Messung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten eines Landes. Bei dieser Kennzahl werden die Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf das nominale Bruttoinlandsprodukt einer Region bezogen. 2011 investierte Baden‑Württemberg 4,8 % seines Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung. Das ist Platz 1 in der EU. Zum Vergleich die FuE-Intensität in anderen Ländern:

  • Japan bei 3,4 %,
  • Deutschland bei 2,9 %,
  • USA bei 2,8 % und
  • China bei 2,0 %.

Absolut betrachtet geben die drei weltweit führenden Schwergewichte USA, China und Japan im Vergleich mit Deutschland und Baden‑Württemberg erheblich mehr Finanzmittel für Forschung und Entwicklung aus. In den letzten zehn Jahren haben besonders die asiatischen Schwellenländer – allen voran China – ihre Forschungsanstrengungen massiv gesteigert. China liegt inzwischen mit einer beispiellosen durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 21 % bei den absoluten FuE-Ausgaben hinter den Vereinigten Staaten weltweit an zweiter Stelle. Diese rasante Entwicklung ist einmalig. Im Jahr 2008 lag übrigens Japan noch auf Platz 2. Im weltweiten Vergleich der Regionen mit Baden‑Württemberg weisen in den USA die Bundesstaaten New Mexico (7,6 %), Maryland (6,3 %), Massachusetts (5,7 %) und Washington (5 %) eine höhere FuE-Intensität auf. Kalifornien liegt auf dem gleichen Niveau wie der Südwesten.

Auch der vom Statistischen Landesamt entwickelte Innovationsindex liefert eine vergleichende Bewertung der Innovationsfähigkeit von 87 Regionen in den 28 europäischen Mitgliedsländern. Den Index berechnen unsere Experten im zweijährigen Turnus. In diesem Index werden die Daten von sechs Innovationsindikatoren zu einer Kennzahl aggregiert und für den europaweiten Innovationsvergleich herangezogen. Hier zeigt sich, dass Baden‑Württemberg, Bayern und die Île-de-France (Paris) gemessen an ihrem Innovationspotenzial die Spitzenreiter sind.

Wohin es Touristen zieht

Handeln, investieren, produzieren und forschen: All diese Tätigkeiten können von Menschen nicht nur am PC und Smartphone erledigt werden. Auch der persönliche Austausch ist besonders wichtig. Damit werfen wir einen Blick auf den Tourismus. In der Tourismusstatistik sind auch die Geschäftsreisen eingeschlossen.

Ankünfte und Übernachtungen melden uns die Beherbergungsbetriebe ab 10 Betten oder Stellplätzen in Baden‑Württemberg monatlich. Nach der Schweiz, den Niederlanden und Frankreich sind die USA für Baden‑Württemberg der viertwichtigste ausländische Quellmarkt. 2014 buchten 241 000 US-Gäste 655 000 Übernachtungen im Land. Das waren mit Abstand die meisten aus einem außereuropäischen Herkunftsland. Und: Die US-Amerikaner bleiben auch gern etwas länger als die übrigen Gäste im Land. Dabei blickt der Tourismus aus den USA im Land auf eine wechselvolle Vergangenheit zurück. Mit 330 000 Gästen und über 700 000 Übernachtungen hatte er im Jahr 2000 seinen Höhepunkt erlebt. Aber »9/11« hinterließ auch im Tourismus unseres Landes seine Spuren. Zwar stiegen die Übernachtungszahlen seither tendenziell wieder an. Sie haben ihr Spitzenniveau aber noch nicht wieder erreicht. Bemerkenswert bleibt, dass die Aufenthaltsdauer der US-Gäste – abweichend vom allgemeinen Trend – kontinuierlich auf 2,7 Tage 2014 angestiegen ist. Die Region Stuttgart ist mit 45 % der Übernachtungen das bedeutendste Reiseziel. Gefolgt vom Nördlichen Baden‑Württemberg mit 22 % und vom Schwarzwald mit 21 %. Die drei mit Abstand wichtigsten Zielgemeinden für US-Amerikaner im Land im Jahr 2014 sind:

  • Stuttgart (156 000 Übernachtungen),
  • Heidelberg (74 000 Übernachtungen) und
  • Sindelfingen (63 000 Übernachtungen).

Übrigens: Die russischen Touristen treffen Sie in Baden-Baden. Dort sind sie die Spitzenreiter mit 63 000 Übernachtungen 2014, trotz einem deutlichen Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Auf Platz zwei liegen in Baden-Baden die arabischen Golfstaaten mit 34 000 Übernachtungen, dann kommen schon die Schweizer. Sie sehen, wie stark der Tourismus regional unterschiedlich ist. Auch die US-Gäste haben stark unterschiedliche Reisemotive. Während in Stuttgart Geschäftsreisen eine starke Rolle spielen dürften, steht Heidelberg eher für den Besichtigungstourismus. In Sindelfingen dürften neben Geschäftsreisen auch Verwandten- oder Bekanntenbesuche in Zusammenhang mit dem nahegelegenen Standort von US-Streitkräften ein starkes Motiv darstellen.

Wir haben im Jahr rund 6 000 Personen, die aus den USA nach Baden‑Württemberg ziehen und sich hier anmelden. Die Zahl der Fortziehenden in die USA ist in etwa gleich hoch. Insgesamt sind 2013 rund 340 000 Menschen nach Baden‑Württemberg gezogen und 270 000 fortgezogen. Die neuesten Ergebnisse unserer Wanderungsstatistik zeigen: Absolute Spitzenreiter unter den »Auswanderern« mit deutscher Staatsangehörigkeit ist die Schweiz. Seit 2005 sind rund 66 000 Deutsche in die Schweiz fortgezogen, knapp 31 000 kamen in diesem Zeitraum wieder nach Baden‑Württemberg zurück. Auf Platz zwei liegen die USA mit 22 500 Fortzügen in diesem Zeitraum, auf Platz drei Frankreich mit 17 500.

Über 900 Studierende mit US-Staatsangehörigkeit sind derzeit an den Hochschulen im Land eingeschrieben. Zum Vergleich die Spitzenreiter unter den eingeschriebenen ausländischen Studierenden, die deutlich darüber liegen:

Türkei5 000 Studierende
China4 600 Studierende
(davon1 300 in Stuttgart)
Italien2 000 Studierende
Russland1 700 Studierende
Frankreich1 600 Studierende
Indien1 400 Studierende
Griechenland1 300 Studierende
Bulgarien1 100 Studierende
Spanien1 100 Studierende
Ukraine1 000 Studierende.

Insgesamt haben wir derzeit 42 600 Studierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Baden‑Württemberg. Im Jahr 2000 waren es gut 26 000.

Ideen bewegen die Welt

Die US-Wirtschaftsleistung übertrifft die Baden‑Württembergs um mehr als das Dreißigfache. Auch im Pro-Kopf-Vergleich haben die USA die Nase vorn. Legt man den EU-weiten Durchschnitt des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Kaufkraftstandards pro Einwohner zugrunde, so liegt Baden‑Württemberg rund 40 % über dem EU-Mittel. Die USA liegen sogar um 50 % darüber.

Der Dienstleistungssektor spielt in den USA eine wesentlich größere Rolle als in Baden‑Württemberg. Einschränkend muss man beachten, dass der Dienstleistungssektor in Baden‑Württemberg statistisch eher unterschätzt wird, da viele Dienstleistungen im Bereich Ingenieurwesen und Software-Entwicklung in den Industrieunternehmen erbracht, diese aber dem Produzierenden Gewerbe zugerechnet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Exportstatistik den Warenverkehr umfasst, nicht die Dienstleistungen. Der internationale Dienstleistungsverkehr soll nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) rund ein Viertel des Warenhandels betragen. Für die USA dürfte dies von besonderer Bedeutung sein. Warum?

Weil die Dienstleistungen in den USA mit rund 78 % einen hohen Wertschöpfungsanteil an der gesamten Wirtschaftsleistung haben, in Baden‑Württemberg liegt dieser Anteil bei knapp 61 %. Und: Die USA waren in der Vergangenheit und sind heute weiterhin das Land der Ideen. Und diese Ideen bewegen nach wie vor die Welt. Das sind heute nicht nur Internetplattformen, Suchmaschinen und soziale Netzwerke, die Sie alle kennen und nutzen. Ein Stichwort ist zum Beispiel auch Industrie 4.0.

Zu diesen Ideen gehörten in der Vergangenheit auch neue Arbeitsmethoden (Fließbandproduktion) und ein bestimmter Lebensstil, der weltweit von den Menschen gern aufgenommen wurde. Denken Sie ganz einfach an das Naheliegende: Jeans, Surfbrett, Mountainbike, Coca Cola oder Hollywood-Filme. Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortführen. Ein Grund für diesen Erfolg Amerikas ist sicher die Gründungskultur sowie die Größe des Landes. Was sich in den USA als Idee und dann als Trend oder Neuheit durchsetzt, hat auch in anderen Ländern große Aussicht auf Erfolg.

Gegenseitig profitieren

Die Frage ist daher, ob und wann aus China die Ideen kommen, die die Welt bewegen und die andere gern übernehmen möchten. Sei es als Dienstleistung oder als Produkt, das daraus entsteht. In der Bildenden Kunst finden sich schon Beispiele dafür. Künstler wie Ai Weiwei und Zeng Fanzhi (der Albrecht Dürers »Hase« aus dem Jahr 1502 neu interpretiert), setzen weltweit Maßstäbe. Voraussichtlich werden Chinas Ambitionen im Bereich Forschung und Entwicklung in den nächsten Jahren weitere Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen haben. Dabei dürfte es zunächst um technische Produkte gehen: Züge, Flugzeuge, Autos aber auch Medikamente »Made in China«.

Bei den Ex- und Importen im Vergleich der Länder für die Jahre 2000 bis 2014 zeigt sich, dass die Exporte Baden‑Württembergs nach China und die Ausfuhren von China nach Baden‑Württemberg deutlich stärker stiegen als die Weltexporte insgesamt. Das heißt, unsere Handelsbeziehungen mit China sind enger geworden und haben von der Globalisierung überproportional profitiert.

»Jedes vierte Auto, das weltweit hergestellt wird, wird in China verkauft – Tendenz weiter steigend …«, sagte der deutsche Botschafter in China, Michael Clauss, vor wenigen Wochen. Sein Vortrag an der Pekinger Universität hieß: »Wie China die Welt verändert«. Der Botschafter sagte weiter: Die Chinesen hätten die Deutschen nicht nur als Exportweltmeister, sondern auch als Tourismus-Weltmeister abgelöst. China habe inzwischen weltweit auch die meisten Milliardäre und Millionäre. Und: Die EU sei Chinas wichtigster Handelspartner, mit deutlichem Abstand Deutschland das wichtigste Land für China in der EU.

Der Vergleich der Handelsbeziehungen zwischen 2000 und 2014 deutet stark darauf hin, dass die Importe aus China nach Baden‑Württemberg schon bald den Umfang der Importe aus den USA erreichen. China kann zudem wichtigstes Exportland für Autos und Maschinen aus Baden‑Württemberg werden und die USA als wichtigstes Exportland ablösen. Der eingeschlagene Weg führt in diese Richtung. Das zeigt die Statistik im Rückblick auf die vergangenen Jahre. Wann es soweit ist, das kann niemand vorausrechnen.

Auto und Fahrrad

Eine Idee kann in der Regel von vielen Menschen in vielen Ländern genutzt werden. In Baden‑Württemberg wurde das Auto erfunden, so wie wir es heute kennen. Und das Fahrrad, nicht zu vergessen. Nur so konnte das Mountainbike erfunden werden. Von Freizeitsportlern in Kalifornien, die Berge herunterfahren wollten ohne einen Weg zu benutzen. Diese verrückte Idee hat damals kaum jemand verstanden; wo es doch gute Wege zum Radfahren auch in den Bergen gab. Heute dürfte es kaum einen Vier-Personen-Haushalt in Baden‑Württemberg geben, in dem nicht ein Mountainbike vorhanden ist. Bei den PKW mit alternativen Antrieben ist es noch nicht soweit. Die Einwanderer in die USA aus allen Ländern der Welt haben einen großen Anteil an den Ideen, die heute die Welt bewegen. Heute machen viele Hochschulabsolventen und Professoren nur ein paar Jahre Station in den USA und kommen in der Regel auch wieder nach Baden‑Württemberg oder Deutschland zurück.

Schätzungen gehen davon aus, dass allein zwischen 1820 und 1920 etwa 6 Mill. Deutsche in die USA auswanderten. Ein Großteil der Auswanderer siedelte in den USA im Mittleren Westen, im sogenannten »German Belt«. Amerika lebt wie Baden‑Württemberg heute im großen Maß von den Zuwanderern. Baden‑Württemberg ist heute das Flächenland mit dem höchsten Migrantenanteil in Deutschland und ist weiter auf Zuwanderer angewiesen.

Amerikaneruhren

Dabei ist die Globalisierung von Waren und Dienstleistungen nicht neu, sie hat heute nur eine andere Dimension. Den Black Forest, den Schwarzwald, kennt in den USA jeder. Ich habe den Eindruck, das ist auch in China so. Denn unsere zahlreichen Kolleginnen und Kollegen von der amtlichen Statistik in China, die uns in den vergangenen Jahren im Statistischen Landesamt immer wieder Arbeitsbesuche abgestattet haben, kannten alle den Schwarzwald.

Mit dem Black Forest kennt jeder auch die Kuckucksuhr. Dieser traditionelle Exportschlager konnte nur den Siegeszug in die Welt antreten, weil die Uhrwerke als günstige Serienfertigung aus den USA importiert wurden. So hießen die Uhren Ende des 19. Jahrhunderts auch »Amerikanische Wecker« oder »Amerikaneruhren« aus dem Schwarzwald. Nicht die Schweizer, sondern die Amerikaner haben es erfunden: die Serienfertigung. Die Schwarzwälder haben diese Idee dann besonders gut und noch besser nachgemacht. Junghans in Schramberg war zeitweise einer der größten Uhrenproduzenten der Welt. Aber wie sieht eine Kuckucksuhr heute aus? Natürlich traditionell, so wie gewohnt. Aber der Schwarzwälder Künstler Stefan Strumbel gibt den Begriffen »Heimat« und »Tradition« mit seinen Kuckucksuhren ein neues Aussehen. Damit lebt die Tradition durch eine neue Idee weiter.

Die Gerechtigkeit der Zahl

Wer einen Trend oder eine Entwicklung verfolgen will, sollte immer prüfen, ob die amtlichen Zahlen der Statistischen Ämter einen Beitrag dazu leisten können. Über die Bedeutung und die Aufgaben der amtlichen Statistik gibt es viele wichtige Unterlagen. Jede Statistik ist dabei vom Gesetzgeber vorgeschrieben, für Unternehmen und Privatpersonen besteht eine Auskunftspflicht gegenüber den Statistischen Landesämtern. In einzigartiger Kürze und Würze hat der Germanist Heinz Schlaffer die Bedeutung von glaubwürdigen Zahlen hervorgehoben. In seinem kleinen Buch »Das entfesselte Wort – Nietzsches Stil und seine Folgen« (Hanser Verlag 2007, Seite 10) stellt er fest, dass es heute eine Zahlenwelt gebe, wogegen es früher eine Wortwelt gegeben habe. »…Ökonomie und bürgerliche Demokratie, die sich beide auf das Recht und Gerechtigkeit der Zahl berufen, beenden das Zeitalter des Worts.«

Was meint er damit? Mit der »Gerechtigkeit der Zahl« meint er die richtige und die glaubwürdige Zahl, die verlässliche Grundlage einer Diskussion, einer Entscheidung oder einer Darstellung sein muss. Damit sind wir wieder bei der amtlichen Statistik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.