:: 7/2015

Erwerbstätigenrechnung – erste Ergebnisse der Revision 2014

Die Nutzer der Daten der Erwerbstätigenrechnung werden seit geraumer Zeit auf eine harte Probe gestellt. Kaum wurden Ende 2014 die letzten Ergebnisse der Revision 2011 auf Kreisebene veröffentlicht, begannen bereits die Arbeiten an der nächsten Revision, der Revision 2014. Damit werden die Zeitreihen der Erwerbstätigen und der Arbeitsvolumen auf der Länder- und Kreisebene erneut revidiert. Der Beitrag erläutert die Inhalte und die Vorgehensweise im Rahmen der Revision 2014 und stellt erste Landesergebnisse für den Zeitraum 2008 bis 2014 vor.

Inhalte der Revision 2014

Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Erwerbstätigen und der von ihnen geleisteten Arbeitsstunden 2008 bis 2014 legt der Arbeitskreis »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« erste neu berechnete Zeitreihen zu den Erwerbstätigen und der von ihnen geleisteten Arbeitsstunden auf Länderebene im Rahmen der Generalrevision 2014 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) vor. Die Revision war notwendig, um das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) in die deutsche VGR zu integrieren. Diese Generalrevision wurde auch dazu genutzt, die bisherigen Datengrundlagen und Berechnungen zu überprüfen und neue Informationen in das Rechenwerk einzuarbeiten. Anders als die Generalrevision 2011, die vor allem den Umstieg auf die neue Wirtschaftszweigklassifikation 2008 (WZ 2008) beinhaltete1, bringt die Generalrevision 2014 für die Berechnung der Zahl der Erwerbstätigen keine grundlegenden methodischen oder konzeptionellen Änderungen mit sich. Die Revisionsarbeiten umfassen daher vor allem die Einarbeitung neuer Daten in die Berechnungen.

In die Überarbeitung der Zeitreihen zur Erwerbstätigkeit wurden auch die erwerbsstatistischen Ergebnisse des Zensus 2011 und die neuen Datenreihen der Beschäftigungsstatistik gemäß der jüngsten Datenrevision der Bundesagentur für Arbeit einbezogen. Die Revision der Bundesagentur für Arbeit, die den Zeitraum 1999 bis aktuell betraf, umfasste eine verbesserte Modellierung der Beschäftigtendaten und die Erweiterung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung um neue Personengruppen. Diese Erweiterung bezog sich insbesondere auf die Einbeziehung der Beschäftigten in Einrichtungen für behinderte Menschen, die gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization – ILO) zur Gruppe der Arbeitnehmer gehören.

Zeitliche Abfolge der Revisionsschritte

Die Revision 2014 vollzieht sich sowohl in regionaler als auch in zeitlicher Hinsicht in einem mehrstufigen Verfahren. Regional werden die Berechnungen zur Erwerbstätigkeit dabei nach dem sogenannten »Top-down-Ansatz« durchgeführt. Nach Vorliegen der nationalen Ergebnisse schließen sich die regionalen Berechnungen auf der Ebene der Bundesländer und im Anschluss daran auf der Kreisebene an. Zeitlich beginnen die Berechnungen auf der Länder- und Kreisebene jeweils am aktuellen Rand, danach folgen die Rechnungen für die zurückliegenden Zeiträume. Der aktuelle Rand umfasst die originär berechneten Jahre ab dem Basisjahr 2008, gefolgt vom Rückrechnungszeitraum 2000 bis 2007 und dem noch weiter zurückliegenden Zeitraum 1991 bis 1999.

Die revidierten Zeitreihen ab dem Jahr 1991 für Deutschland veröffentlichte das Statistische Bundesamt im August 2014. Bis Januar 2015 wurden vom Arbeitskreis »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« zunächst die originären Länderberechnungen der Erwerbstätigen für die Jahre 2008 bis 2013, die Schnellrechnung für das Jahr 2014 sowie die Berechnungen für den Zeitraum 2000 bis 2007 durchgeführt. Bis März 2015 folgten dann die Überarbeitung der Erwerbstätigenzahlen für 2014 sowie erste Arbeitsvolumenberechnungen auf der Länderebene am aktuellen Rand ab dem Basisjahr 2008.

Bis Jahresende 2015 werden sukzessive weitere revidierte Zeitreihen auf Länder- und Kreisebene zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um die Länderergebnisse der Erwerbstätigen 1991 bis 1999 und der Arbeitsvolumen zurück bis zum Jahr 2000. Auf der Kreisebene werden im Juli revidierte Zeitreihen der Erwerbstätigen 2000 bis 2013 zur Verfügung stehen, danach folgt bis Jahresende die Revision der Arbeitsvolumen auf der Kreisebene für den gleichen Zeitraum. Damit werden Ende 2015 alle revidierten Ergebnisse der Erwerbstätigen und der von ihnen geleisteten Arbeitsstunden auf Landes- und Kreisebene zurück bis zum Jahr 2000 vorliegen, wobei die Länderergebnisse der erwerbstätigen Personen sogar zurück bis zum Jahr 1991 reichen werden.

Höhere Niveaus der Erwerbstätigen und der Arbeitsvolumen

Im Folgenden werden die Ergebnisse für die Erwerbstätigen und die Arbeitsvolumen 2008 bis 2014 vorgestellt. Durch die Revision ergibt sich in Baden‑Württemberg im Zeitraum 2008 bis 2013 in allen Jahren eine leichte Niveauanhebung der Erwerbstätigenzahlen. Die revidierten Erwerbstätigenzahlen liegen in Baden‑Württemberg im Zeitraum 2008 bis 2013 jahresdurchschnittlich um 1,3 % über den bisherigen Ergebnissen, bei den Arbeitsvolumen beträgt der entsprechende Zuwachs 1,2 %. Der bisher dargestellte konjunkturelle Verlauf der Zahl der Erwerbstätigen und der Arbeitsvolumen wurde durch die Revision bestätigt. Die hier dargestellten revidierten Ergebnisse sind nicht mit Ergebnissen früherer Veröffentlichungen des Arbeitskreises »Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder« vergleichbar.

Erwerbstätige und Arbeitsvolumen 2014 um 1,3 % gestiegen

In Baden‑Württemberg waren im Jahr 2014 insgesamt 6,02 Mill. Personen erwerbstätig, die gut 8,2 Mrd. Arbeitsstunden leisteten. Gegenüber 2013 nahm die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 103 Mill. Stunden zu, was einem Zuwachs gegenüber 2013 um 1,3 % entspricht. Die sogenannte Pro-Kopf-Arbeitszeit, also die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen, betrug in Baden‑Württemberg wie bereits ein Jahr zuvor 1 363 Stunde.

Ausschlaggebend für die positive Entwicklung des Arbeitsvolumens in Baden‑Württemberg war in erster Linie der Zuwachs an Erwerbstätigen (+74 600 Personen oder +1,3 %). Dieser kam der Gruppe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zugute. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit standen zur Jahresmitte 2014 insgesamt fast 4,27 Mill. Personen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis, 92 200 oder 2,2 % mehr als ein Jahr zuvor. Der Zuwachs bei den Teilzeitbeschäftigten betrug 4,1 % und war spürbar stärker als bei der Zahl der Vollzeitbeschäftig­ten ( +1,7 %). Die per saldo neu entstandenen Teilzeit-Arbeitsplätze tragen nur mit ihrem Arbeitszeitanteil und damit entsprechend ihrer geringeren Arbeitszeit weniger zum Arbeitsvolumen bei als Vollzeitstellen. Dies gilt auch für die Beschäftigten, die ausschließlich geringfügig entlohnte Minijobs ausüben. Ihre Zahl stieg 2014 um 0,9 % gegenüber dem Vorjahr.

Hohe Teilzeitquote und Minijobs bremsen Stundenzuwachs im Dienstleistungssektor

Diese Entwicklungen spiegeln sich 2014 auch in der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden nach Wirtschaftsbereichen wider. Im vergangenen Jahr ging zwar mit +65 Mill. Stunden zahlenmäßig der größte Zuwachs an geleisteten Arbeitsstunden auf das Konto des Dienstleistungssektors (Produzierendes Gewerbe: +37 Mill. Stunden), prozentual betrachtet war der Zuwachs im Dienstleistungssektor mit 1,2 % jedoch geringer als im Produzierenden Gewerbe ( +1,4 %). Ausschlaggebend hierfür ist die um ein Vielfaches höhere Teilzeitquote der Beschäftigten im Dienstleistungssektor im Vergleich zur Industrie. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit lag der Anteil der in Teilzeit arbeitenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Dienstleistungsbereichen mit 33 % mehr als dreimal so hoch wie im Produzierenden Gewerbe (10 %). Hinzu kommt, dass 83 % aller Personen mit Minijobs im Dienstleistungssektor tätig sind, sodass im Dienstleistungssektor häufiger als in der Industrie Arbeitsplätze mit einem vergleichsweise geringeren vertraglich vereinbarten Umfang an Arbeitsstunden vertreten sind. Während die Zahl der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor um 1,4 % zunahm (+57 300), stieg diese im Produzierenden Gewerbe wegen der im Laufe des Jahres konjunkturell nachlassenden Dynamik lediglich um 0,8 % (+15 400 Erwerbstätige). Im Verarbeitenden Gewerbe, dem mit Abstand größten Wirtschaftsbereich im Produzierenden Gewerbe, war das Stellenplus 2014 mit 0,3 % (+4 400 Erwerbstätige) nur noch halb so stark wie ein Jahr zuvor.

Erwerbstätigenzuwachs überdurchschnittlich, Arbeitsvolumenzuwachs unterdurchschnittlich

Die Erwerbstätigenentwicklung fiel im vergangenen Jahr in Baden‑Württemberg mit einem Plus um 1,3 % spürbar günstiger aus als bundesweit. Im Bundesdurchschnitt betrug der Stellenzuwachs lediglich 0,9 %. Insbesondere die verhaltene Erwerbstätigenentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe, aber auch die unterschiedlichen Erwerbstätigenentwicklungen in den einzelnen Dienstleistungsbranchen trugen dazu bei, dass 2014 der Zuwachs an geleisteten Arbeitsstunden im Südwesten mit 1,3 % im Bundesländervergleich nur unterdurchschnittlich ausfiel. Bundesweit stieg die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 1,5 % auf gut 58 Mrd. Stunden, und die durchschnittliche Pro-Kopf-Arbeitszeit eines Erwerbstätigen erhöhte sich um 0,6 % auf 1 371 Stunden.