:: 7/2015

Betriebliche Altersversorgung in Baden‑Württemberg

Neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der privaten Altersvorsorge gilt die betriebliche Altersversorgung als dritte Säule zur Absicherung im Alter. Statistische Daten zu dieser Form der Alterssicherung stehen in der amtlichen Statistik für Baden‑Württemberg bisher im Wesentlichen nur aus der in 4-jährigem Turnus durchgeführten Arbeitskostenerhebung zur Verfügung. Die aktuellste Statistik stammt hierzu aus dem Jahr 2012.

Vor 2008 gab es in Baden‑Württemberg keine umfassende Statistik, die Informationen über die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung bereitstellen konnte. Das ist umso verwunderlicher, wenn man bedenkt, welche Bedeutung die Politik der betrieblichen Altersversorgung als dritte Säule einer Absicherung der Bevölkerung im Alter zumisst. Daher wurden im Rahmen der Arbeitskostenerhebung probeweise für die beiden Berichtsjahre 2008 und 2012 auf der Basis der Verdienststatistikverordnung 2009 zusätzlich Daten zu Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung erhoben, um bessere Kenntnisse über die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung unter den Beschäftigten zu erhalten. Obwohl die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung weiterhin in der Diskussion ist und gerade durch die amtliche Statistik mögliche Defizite deutlich sichtbar werden können, sieht es derzeit nicht danach aus, als würden auch 2016 zur nächsten regulären Arbeitskostenerhebung Anwartschaften durch eine amtliche Statistik erhoben (siehe auch i-Punkt).

Rund 3 600 Unternehmen haben teilgenommen

Die Arbeitskostenerhebung wird in 4-jährigem Turnus als Stichprobenerhebung durchgeführt und umfasste 2012 annährend 3 600 der in Baden‑Württemberg ansässigen Unternehmen. Auswahleinheit ist das Unternehmen, das die entsprechenden Angaben für seine örtlichen Einheiten (Betriebe) meldet. Die Auswertung der Arbeitskostenerhebung kann auf Unternehmens- oder Betriebsebene erfolgen. Für die Analyse der betrieblichen Altersversorgung erscheint das Unternehmenskonzept angemessen, da die betriebliche Altersversorgung im Allgemeinen unternehmens- und nicht betriebsbezogen organisiert ist. Da Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten im Rahmen der Arbeitskostenerhebung nicht erfasst werden, beziehen sich die Ergebnisse zur betrieblichen Altersversorgung ausschließlich auf Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten.

Im Jahre 2008 gaben 82,3 % der befragten Unternehmen im Land an, dass in ihrem Unternehmen irgendeine Form der betrieblichen Altersversorgung existiert. 4 Jahre später, im Jahre 2012, waren es 82,8 %. Ob dies tatsächlich als Anstieg gewertet werden kann, ist fraglich, da die Arbeitskostenerhebung eine Stichprobenerhebung ist, sodass Veränderungen in den Ergebnissen auch stichprobenbedingt sein können. Außerdem wurde vermutet, dass die erstmals 2008 gestellten Fragen zur betrieblichen Altersversorgung nicht voll belastbar sind.1 Trotz Auskunftspflicht dürfte die Zahl der Anwartschaften nicht vollständig erfasst worden sein. Infolge dessen wurde von der amtlichen Statistik bei der Erhebung 2012 der Fragenkomplex zur betrieblichen Altersversorgung noch einmal besonders kritisch hinterfragt, was sich ohne Zweifel auf die Qualität des Ergebnisse positiv ausgewirkt hat.

Von 2008 bis 2012 ist die Zahl der Voll- und Teilzeitbeschäftigten in den baden-württembergischen Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten um rund 14 % angestiegen. Im gleichen Zeitraum wurden annähernd 23 % mehr Beschäftigte registriert, die mindestens eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung aufweisen konnten. Angesichts dieser Diskrepanz kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die vermutete Untererfassung der Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Erhebung 2008 tatsächlich vorhanden war.

Gut 2,56 Mill. Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung

Vier von fünf Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten im Land bieten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, eine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung zu erlangen. Zu diesem Zweck können von den Arbeitgebern, von den Arbeitnehmern oder von beiden Beträge steuer- und abgabenbegünstigt für ein betriebliches Versorgungssystem abgeführt werden. Hierfür sind mehrere Durchführungswege vorgesehen. So können die bereitgestellten Mittel bei einer Pensions- bzw. Zusatzversorgungskasse, einem Pensionsfond oder einer Unterstützungskasse angelegt werden. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber für seine Beschäftigten eine Direktversicherung mit einem Versicherungsunternehmen abschließt. Schließlich kann der Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktzusage anbieten.

Im Berichtsjahr 2012 gab es in Baden‑Württemberg in Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten rund 2,56 Mill. Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung.

Darunter waren fast 1,47 Mill., die durch Entgeltumwandlung erworben wurden. Mehr als 28 % der Anwartschaften entfielen auf Direktzusagen. An zweiter Position lagen mit einem Anteil von gut 23 % Direktversicherungen. Annähernd 17 % der Anwartschaften entfielen auf Pensionskassen und weitere rund 22 % auf Zusatzversorgungskassen. Die Zusatzversorgungskasse ist eine spezielle Pensionskasse, die zum Beispiel als Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes eingerichtet wurde. Von zahlenmäßig geringerer Bedeutung waren Unterstützungskassen mit einem Anteil an allen Anwartschaften von gut 7 % und Pensionsfonds mit einem Anteil von knapp 3 %.

Im Durchschnitt verfügten Beschäftigte, die zukünftig Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung geltend machen können, rein rechnerisch über 1,3 Anwartschaften. Das bedeutet, dass eine größere Zahl von Beschäftigten zwei oder gar mehrere Anwartschaften aufweist. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Beschäftigter während seines Arbeitslebens mehrere Arbeitgeber hatte. Die Gesamtzahl der Beschäftigten mit mindestens einer Anwartschaft betrug Ende 2012 in Baden‑Württemberg annähernd 1,93 Mill.

Fast 58 % der Beschäftigten haben Anspruch auf eine Betriebsrente

Als Vergleichsmaßstab für den Grad der Durchdringung der betrieblichen Altersversorgung in der Wirtschaft wird die Anwartschaftsquote verwendet, die definiert ist als Anzahl der Arbeitnehmer mit mindestens einer Anwartschaft bezogen auf die Voll- und Teilzeitbeschäftigten je Unternehmen. In der gesamten baden-württembergischen Wirtschaft lag die Anwartschaftsquote bei nicht ganz 58 %. Mit zunehmender Unternehmensgröße steigt tendenziell auch der Anteil der Beschäftigten mit der Aussicht auf eine Betriebsrente. In Unternehmen mit 1 000 und mehr Beschäftigten betrug diese Quote zum Jahresende 2012 annähernd 80 %. Dagegen erreichte die Zahl der Anwartschaften bezogen auf die Beschäftigten in kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten im Durchschnitt nur rund 35 %.

In der Privatwirtschaft, also im Verarbeitenden Gewerbe sowie bei den marktbestimmten Dienstleistungen, lag die Anwartschaftsquote insgesamt mit 53 % etwas niedriger als in der Gesamtwirtschaft. Das hängt vor allem mit der Situation im Öffentlichen Dienst zusammen, wo für alle Beschäftigten aufgrund von tarifvertraglichen Vereinbarungen eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente existiert. Demzufolge weisen Branchen, in denen alle oder eine großer Teil der Mitarbeiter dem Öffentlichen Dienst zuzurechnen sind, entsprechend hohe Anwartschaftsquoten auf. In der Privatwirtschaft existierten bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern (90 %) und der Energiewirtschaft (82 %) ebenfalls weit überdurchschnittliche Anwartschaftsquoten. Es gibt aber auch andere Branchen, in denen nur ein geringer Teil der Belegschaft über eine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung verfügt. Nicht ganz überraschend ist dabei die Tatsache, dass Anwartschaftsquoten gerade dort niedrig sind, wo im Durchschnitt geringe Löhne bezahlt werden. Im Gastgewerbe etwa lag die Quote bei rund 23 %. Noch deutlich niedriger waren die Werte bei Zeitarbeitsfirmen (6 %) und in der Bewachungsbranche (7 %).

Monatliche Aufwendung für die Betriebsrente beträgt 284 Euro

Neben der Frage, welchen Verbreitungsgrad die betriebliche Altersversorgung in der baden-württembergischen Arbeitnehmerschaft hat, ist es für ihre Funktion als dritte Säule der Alterssicherung von Bedeutung, in welcher Höhe Mittel für dieses Sicherungssystem durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereitgestellt werden. Im Berichtsjahr 2012 wurden in Baden‑Württemberg annähernd 6,58 Mrd. Euro für die betriebliche Altersversorgung in Unternehmen mit zehn und mehr Beschäftigten aufgewendet. Davon entfielen rund 1,34 Mrd. oder gut 20 % auf die Entgeltumwandlung. Im Durchschnitt ergibt dies einen Betrag von gut 3 400 Euro je Beschäftigten mit Anwartschaft pro Jahr.

Pro Monat errechnete sich im Jahr 2012 je Beschäftigtem mit mindestens einer Anwartschaft ein Betrag von durchschnittlich 284 Euro, die in das Alterssicherungssystem einbezahlt wurden. Je nach Branche gab es auch bei den Aufwendungen große Unterschiede. Bereits eine grobe Gliederung der Wirtschaftszweige zeigt eine große Streuung der monatlichen Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. Unternehmen, die Informations- und Kommunikationsdienstleistungen bereitstellen, lagen 2012 mit 459 Euro je Anwartschaft und Monat mit Abstand an der Spitze. An zweiter Stelle folgte mit einigem Abstand die Energieversorgung (374 Euro je Anwartschaft und Monat). Am unteren Ende der Skala befand sich das Gastgewerbe (81 Euro je Anwartschaft und Monat). Auf der zweiten Stufe der derzeit gültigen Wirtschaftsklassifikation, also bei einer tieferen Untergliederung der Wirtschaftszweige, sind die Unterschiede noch gravierender.

Wenn der Arbeitgeber keinen finanziellen Beitrag für eine betriebliche Altersversorgung leistet, kann der Beschäftigte auch auf eigenen Wunsch eine Anwartschaft erwerben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet seinen Mitarbeitern einen Durchführungsweg anzubieten. Außerdem können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eigene Mittel Arbeitgeberbeiträge aufstocken und so die Höhe ihrer zukünftigen Betriebsrente beeinflussen. Gut ein Drittel aller Beschäftigten verfügte 2012 über eine arbeitnehmerfinanzierte Anwartschaft. Im Durchschnitt wurden durch Entgeltumwandlung hierfür 91 Euro pro Monat aufgewendet. Die Unterschiede bei allein- oder mitfinanzierten Arbeitnehmerbeiträgen sind zwischen den Branchen eindeutig geringer als bei den insgesamt aufgewendeten Beträgen je Anwartschaft. In den kleineren Unternehmen sind die selbstfinanzierten Beträge je Anwartschaft tendenziell höher als in den großen Unternehmen. Das steht im Gegensatz zu den durchschnittlichen Gesamtbeträgen, die je Anwartschaft aufgebracht wurden. Hier sind die Beträge in den beschäftigungsstarken Unternehmen deutlich höher, wobei gleichzeitig die Arbeitnehmer, zumindest im Durchschnitt weniger für die betriebliche Altersversorgung aufbringen als in kleineren Unternehmen.

Fazit

Damit die betriebliche Altersversorgung als dritte Säule der allgemeinen Altersvorsorge eine entsprechende gesamtgesellschaftliche Wirkung entfalten kann, sollte möglichst jeder Arbeitnehmer über eine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung verfügen. Im Öffentlichen Dienst ist dies der Fall und auch in vielen großen Unternehmen; in der übrigen Privatwirtschaft aber nur teilweise. Von allen Arbeitnehmern hatten 42 % zum Berichtszeitpunkt keinen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung. Welchen Wert eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung tatsächlich für den Einzelnen hat, hängt letztlich vom Betrag ab, der regelmäßig für dieses Sicherungssystem aufgewendet wird. Hier gibt es nach den Ergebnissen der Arbeitskostenerhebung 2012 beträchtliche Unterschiede. Dort wo wenig verdient wird, sind auch die monatlichen Aufwendungen je Anwartschaft vergleichsweise niedrig. Das ist zwar kaum überraschend, zeigt aber auch, dass dort wo das Altersarmutsrisiko bedingt durch niedrige Löhne höher ist, die betriebliche Altersvorsorge dem nur zu einem kleinen Teil entgegenwirkt.