:: 9/2015

Aktuelle und langfristige Entwicklung von Treibhausgas-Emissionen

Der im Jahr 2013 registrierte Anstieg der Treibhausgas(THG)-Emissionen, der bundesweit bei rund 2 % lag, war in verstärktem Maße auch in Baden‑Württemberg zu verzeichnen. Auf der Grundlage der vorläufigen Energiebilanz 2013 und in Anlehnung an den Nationalen Inventarbericht des Umweltbundesamts 2014 hat das Statistische Landesamt Baden‑Württemberg die vorläufigen THG-Emissionen für das Jahr 2013 errechnet. Diese lagen um 6,2 % höher als 2012. Langfristig betrachtet haben die THG-Emissionen seit 1990, dem Referenzjahr für internationale Minderungsziele, um 10,7 % abgenommen, bis 2012 waren es sogar 15,9 %. Grund dieser Gesamtminderung ist vor allem der Rückgang des Ausstoßes des gewichtigsten aller Treibhausgase, Kohlendioxid (CO2), das vorwiegend durch die Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Es gibt Anzeichen, dass es sich bei der aktuellen Entwicklung nur um einen kurzfristigen Anstieg handelt und dass 2014 wieder eine Annäherung an das Ziel der Landesregierung erreicht werden kann, die THG-Emissionen bis 2020 um mindestens 25 % und bis 2050 um 90 % zu reduzieren.

Deutliche Zunahme der Emissionsfracht 2013

Die Treibhausgas-Emissionen, bestehend aus energie- und prozessbedingten Kohlendioxid(CO2)-, Methan(CH4)- und Lachgas(N2O)-Emissionen, summierten sich 2013 in Baden‑Württemberg auf zusammen 80 Mill. Tonnen (t) CO2-Äquivalente. Das waren rund 4,7 Mill. t mehr als im vorangegangenen Jahr 2012. Diese Zunahme hat ihre Ursache in erster Linie im außergewöhnlich hohen Einsatz an Steinkohle für die Stromerzeugung. Neben der Witterung dürften hierfür die niedrigen Steinkohlepreise am Weltmarkt ursächlich gewesen sein. Außerdem kamen 2013 witterungsbedingt mehr Öl und Gas für Heizzwecke zum Einsatz. Dadurch nahmen die energiebedingten CO2-Emissionen stark zu (+7,2 %). Diese sind für das Niveau und die Entwicklung der gesamten Treibhausgas-Emissionen entscheidend. Die Menge der prozessbedingten CO2-Emissionen, die nur einen eher geringen Anteil an den Gesamtemissionen ausmacht, blieb nahezu konstant. Prozessbedingte, klimawirksame CO2-Emissionen werden bei chemischen Reaktionen bestimmter Produktionsprozesse, zum Beispiel bei der die Herstellung von Hüttenaluminium, Zementklinker, Kalk und Glas, direkt freigesetzt.

Die Methan-Emissionen setzten ihren rückläufigen Trend fort, während die Lachgas-Emissionen nach leichten Schwankungen in den letzten 10 Jahren im Jahr 2013 wieder anstiegen.

Rückgang der Methan- und Lachgas-Emissionen seit 1990

Der Anteil von Methan und Lachgas an den gesamten Treibhausgas-Emissionen im Land lag 2013 bei insgesamt rund 9 %. Dabei ist der Ausstoß an Lachgas inzwischen fast genauso hoch wie der von Methan. Methan- und Lachgas-Emissionen werden vor allem durch die landwirtschaftliche Viehhaltung beziehungsweise durch die landwirtschaftliche Bodennutzung sowie den dortigen Einsatz von Mineral- und Wirtschaftsdüngern verursacht. Weitere gewichtige Emittenten sind Mülldeponien und Klärwerke sowie Leckagen bei der Förderung, beim Transport und der Verarbeitung von Erdgas.

Gegenüber dem Basisjahr 1990 gingen die Methan-Emissionen im Land bis 2013 um 58 % zurück. Ausschlaggebend für diesen außerordentlich starken Rückgang war die Minderung der Emissionen aus Deponien. Die fortschreitende Reduzierung und schließlich das vollständige Verbot der Ablagerung organischer Abfälle und nicht hinreichend mineralisierter Siedlungsabfälle auf Deponien führten im Sektor Abfallwirtschaft und Abwasserbeseitigung zu einem starken Rückgang der Methan-Emissionen um 81 %. Daneben gingen auch die Methan-Emissionen aus landwirtschaftlicher Viehhaltung um 31 % zurück. Die Emissionen in den Sektoren Verkehr, Energiegewinnung und -verteilung sowie Feuerungsanlagen nahmen seit 1990 insgesamt um knapp 8 % ab. Entscheidend für diesen Rückgang war die Minderung der verkehrsbedingten Emissionen. Der Anteil der Methan-Emissionen dieser drei Sektoren stieg von 8 % auf 17 % an. Er ist jedoch für das Niveau und die Entwicklung der gesamten Methan-Emissionen immer noch von untergeordneter Bedeutung.

Auch die Lachgas-Emissionen im Land konnten gegenüber dem Basisjahr des Kyoto-Protokolls um 17 % reduziert werden. Dabei ist jedoch in den letzten Jahren eher eine stagnierende Entwicklung festzustellen. Hauptemittent mit mehr als drei Viertel der gesamten Lachgas-Emissionen ist die Landwirtschaft mit ihren verschiedenen Aktivitäten im Dünger- und Bodenmanagement. Die Emissionen in diesem Teilsektor lagen im Jahr 2013 rund 15 % unter dem Wert von 1990. Deutlich stärker gingen die Lachgas-Emissionen aus Feuerungen (−35 %) sowie aus Prozessen und Produktanwendungen (−83 %) zurück. Gegenläufig war die Entwicklung im Teilsektor Abwasserbehandlung und Kompostierung. Dort stiegen die Lachgas-Emissionen gegenüber 1990 um insgesamt 14 % kontinuierlich an.

Langfristiger Rückgang der Kohlendioxidemissionen unterbrochen von Anstieg 2013

Die energiebedingten CO2-Emissionen machten im Jahr 2013 mit 69,9 Mill. t 87 % und damit den Löwenanteil der gesamten THG-Emissionen im Land aus. Damit lagen sie nur noch um 5 % unter dem Niveau von 1990. Im Jahr 2012 betrug der Rückgang gegenüber dem Referenzjahr 1990 noch rund 11 %. Für die Pro-Kopf-Emissionen errechnet sich damit eine energieverbrauchsbedingte CO2-Fracht von 6,6 t je Einwohner und Jahr. Die Unterbrechung des seit einigen Jahren zu beobachtenden Rückgangs durch einen Anstieg um insgesamt 4,7 Mill. t CO2 (+7 %) im Jahr 2013 geht auf besondere Entwicklungen im Kraftwerkssektor sowie eine kühlere Witterung zurück. Jedoch auch temperaturbereinigt sind in Baden‑Württemberg die CO2-Emissionen im Jahr 2013 um 5 % gestiegen. Im Vergleich zum Referenzjahr 1990 sind sie um 8 % gesunken. In den Jahren zwischen 1990 und 2012 war sogar noch ein Rückgang um 13 % zu verzeichnen.1

Steinkohle-Verstromung lässt CO2-Emissionen ansteigen

Ausschlaggebend für den Anstieg der CO2-Emissionen war die Entwicklung bei den öffentlichen Wärmekraft- und Heizwerken. 2013 lagen die Emissionen hier 23 % über dem Wert von 1990, während 2012 nur ein Anstieg von 3 % im Vergleich zu 1990 zu beobachten war. Denn der Ausstoß der öffentlichen Wärmekraft- und Heizwerke erhöhte sich 2013 um über 3,4 Mill. t CO2. Das waren knapp 20 % mehr als im Vorjahr. In diesem Sektor sind die jährlichen Schwankungen besonders ausgeprägt. Insbesondere in den Jahren zwischen 2001 und 2007 lagen die Emissionen aus Strom und Wärme für die allgemeine Versorgung oft um 15 bis 30 % über den Emissionen von 1990. Zuletzt ließ sich zwar eher ein abnehmender Trend ablesen, doch seit dem Jahr 2000 lag die Emissionsfracht nur im Rezessionsjahr 2009 und im Jahr 2011 unter dem Wert von 1990. Da auch die Industrie Strom und Wärme von den Kraftwerken bezieht, wirkt sich die wirtschaftliche Entwicklung hier in besonderem Maße aus. Zudem beziehen die Endverbraucher in kalten Jahren zusätzlich Strom und vor allem Wärme, sodass auch hier Witterungseinflüsse eine große Rolle spielen.

Die erhebliche Zunahme der energiebedingten CO2-Emissionen im Jahr 2013 gegenüber 2012 bei den öffentlichen Wärmekraft- und Heizwerken hatte ihre Ursache in erster Linie im stark erhöhten Einsatz an Steinkohle für die Stromerzeugung. Dies bewirkte einen deutlichen Anstieg der spezifischen CO2-Emissionen der Stromerzeugung im Land. Dieser sogenannte Stromfaktor stieg 2013 um fast ein Viertel von 275 auf 340 g CO2 pro kWh und erreichte damit den höchsten Wert seit 1990. Die direkten CO2-Emissionen, die bei der Stromerzeugung durch den Einsatz fossiler Energieträger entstehen, nahmen dabei um knapp 32 % von 14 Mill. t auf 18,5 Mill. t zu. Diese Zunahme fiel wesentlich stärker aus als der Anstieg der für den Endverbraucher netto zur Verfügung gestellten Strommenge, die im Jahr 2013 nur um knapp 7 % von 51 auf 54 Mill. kWh anstieg.

Rund 40 % des Stroms werden in Baden‑Württemberg aus fossilen Energieträgern gewonnen, die ursächlich für die CO2-Emissionen sind. Die Steinkohle hatte 2013 einen Anteil von rund einem Drittel an der Bruttostromerzeugung im Land. Nur knapp 6 % des Stroms wurden aus Erdgas gewonnen. Allerdings wurde der Strom im Jahr 2013 auch noch zu einem Drittel durch die CO2-neutrale Kernenergie und bereits zu knapp einem Viertel durch CO2-neutrale erneuerbare Energieträger erzeugt. Während die Stromerzeugung aus Kernenergie 2013 um 8 % zurückging, nahm die erzeugte Energie aus Steinkohle gegenüber dem Vorjahr um zirka 20 % zu. Die Emissionen, die bei der Verbrennung von Steinkohle für die Stromerzeugung entstehen, stiegen dadurch um 34 %.

Geringerer Anstieg der verursacherbezogenen Emissionen

Der baden-württembergische Stromfaktor lag mit 340 g CO2 pro kWh trotz Anstieg auch im Jahr 2013 weit unter dem bundesdeutschen Wert von 559 g CO2 pro kWh.2 Dies ist in erster Linie der immer noch überdurchschnittlichen Bedeutung der Kernenergie im Land geschuldet. Der bundesdeutsche Stromfaktor ist nach Berechnungen des Umweltbundesamtes im Jahr 2013 um 0,6 % im Vergleich zu 2012 gefallen.

Auch der vom LAK Energiebilanzen ermittelte »Generalfaktor« für den bundesdeutschen Strommix, der auch den Stromhandelssaldo berücksichtigt, ging von 2012 auf 2013 um 1 % zurück, während die spezifischen CO2-Emissionen der Stromerzeugung in Baden‑Württemberg, wie oben erläutert, kräftig anstiegen. Dies hat zur Folge, dass die Emissionen gemäß Verursacherbilanz 2013 nur vergleichsweise gering um 1 % anstatt 7 % gemäß Quellenbilanz zunahmen. Denn für die Verursacherbilanz wird die im Land verbrauchte Strommenge mit diesem bundesdurchschnittlichen CO2-Faktor verrechnet.

Die durch den Endenergieverbrauch in Baden‑Württemberg verursachten CO2-Emissionen berechnen sich für 2013 dementsprechend auf insgesamt 91,6 Mill. t CO2 und liegen damit um 4 % unter dem Niveau von 1990. Die nach dem Prinzip der Verursacherbilanz für das Land errechnete CO2-Menge ist somit deutlich höher als die der Quellenbilanz. Außer der Verwendung des »Generalfaktors« spiegelt sich darin auch die Tatsache wider, dass Baden‑Württemberg mehr Strom verbraucht als im Land erzeugt wird.

Langfristig spürbarer Rückgang der CO2-Emissionen für Raumwärme und Warmwasser

Bei den privaten Haushalten sowie bei Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und übrigen Kleinverbrauchern gingen die CO2-Emissionen in den letzten Jahren gegenüber dem Basisjahr 1990 um über 10 % zurück. 2013 nahmen die CO2-Emissionen in diesem Sektor vor allem witterungsbedingt im Vergleich mit 2012 um 9 % zu. Die Emissionen entstehen hier hauptsächlich bei der Verbrennung von Heizöl und Gas zur Deckung des Raumwärmebedarfs und bei der Warmwasserzubereitung. Während die Energie- und auch die CO2-Intensität des Energieverbrauchs bedingt durch verbesserte Wärmedämmung und einen umweltfreundlicheren Energiemix abnahmen, führten die Bevölkerungszunahme sowie die steigende Wohnfläche pro Person zu mehr CO2-Emissionen.3 Bezieht man allerdings auch die Emissionen, die bei der Erzeugung von Strom und Fernwärme für den Endverbraucher entstehen, in die Betrachtung mit ein, ist auch hier zwischen 1990 und 2013 von einem Anstieg von 2 % auszugehen. Im Vorjahr war im Vergleich zu 1990 noch ein Rückgang (−3 %) der verursacherbezogenen CO2-Emissionen in diesem Sektor zu verzeichnen.

Deutliche Abnahme der CO2-Emissionen aus Verbrennungsprozessen im Industriesektor

Im Industriesektor gingen die Emissionen seit dem Basisjahr deutlich zurück und lagen 2013 um knapp 40 % unter dem Wert von 1990. Ihr Anteil an den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen fiel damit von rund 20 auf 13 %. Auch 2013 verringerten sich die CO2-Emissionen der Industrie wieder merklich um knapp 0,4 auf jetzt 9,2 Mill. t (−4 %), allerdings nicht ganz so stark wie im Vorjahr (−6 %). Ursächlich für diesen Rückgang ist sowohl eine Abnahme der durch Industriebetriebe selbst erzeugten Energie sowie Änderungen im Energieträgermix. Die Industrie bezieht zudem heute vermehrt Energie bei öffentlichen Kraft- und Heizwerken. Betrachtet man auch diese vom Verarbeitenden Gewerbe extern bezogene Strom- und Wärmemenge, so nahmen die Emissionen aus der gesamten durch das Verarbeitenden Gewerbe verbrauchten Energiemenge seit 1990 nur um 18 % ab.

Keine weitere Minderung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen

Fast ein Drittel der energiebedingten CO2-Emissionen entsteht im Verkehrssektor. In den Jahren zwischen 1990 und 1999 nahmen die mobilitätsbedingten Emissionen fast in jedem Jahr geringfügig zu. In den darauffolgenden Jahren sanken sie dann kontinuierlich. Seit 2010 ist wieder ein leicht zunehmender Trend zu registrieren. 2013 stiegen die Emissionen in diesem Sektor im Vergleich zu 2012 um 0,6 % auf 21,45 Mill. t leicht an. Zwar gingen die durchschnittlichen Emissionen je gefahrenen Kilometer bei Pkws und seit 1990 auch bei leichten Nutzfahrzeugen zurück, jedoch wurden diese Erfolge durch den Anstieg der Jahresfahrleistungen kompensiert. Bei schweren Lkws ist bisher keine sichtbare Reduzierung der spezifischen CO2-Emissionen je gefahrenen Kilometer erreicht worden.4

Erneute Abnahme der THG-Emissionen 2014 erwartet

Der für 2013 registrierte Anstieg der energiebedingten CO2-Emissionen gegenüber 2012 dürfte aller Voraussicht nach keinen längerfristigen Trend einleiten. Im Jahr 2012 erreichten die CO2-Emissionen den niedrigsten Stand seit 1990 und lagen sogar noch unter dem rezessionsbedingt sehr geringen Wert von 2009. Der Anstieg dürfte sich schon im nächsten Jahr wieder umkehren. Darauf deuten bereits veröffentlichte Zahlen für das Jahr 2014 hin. Wie das Umweltbundesamt im März 2015 mitteilte, ist bundesweit im letzten Jahr von einem Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen um 41 Mill. t auszugehen. Der Ausstoß lag mit 751,6 Mill. t wieder unter dem Wert von 2010. In Baden‑Württemberg sank die erzeugte Strommenge aus Steinkohle 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 17 %, der Anteil der CO2-neutralen Kernenergie stieg um 7 % an. Dies spricht dafür, dass auch in Baden‑Württemberg die CO2-Emissionen 2014 wieder spürbar zurückgingen.

1 Für die Quellenbilanz stellt das Statistische Landesamt im Rahmen des Länderarbeitskreises Energiebilanzen (LAK) auch eine temperaturbereinigte Zeitreihe der CO2-Emissionen aus dem Primärenergieverbrauch bereit, weitere Informationen: www.lak-energiebilanzen.de/

2 Icha, Petra: Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix in den Jahren 1990 bis 2013. Umweltbundesamt: Climate Change 23/2014.

3 Siehe auch Schmauz, Sabine: »Entwicklung der Treibhausgasemissionen vor dem Hintergrund politischer Zielsetzungen«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 6/2014«

4 Siehe auch Büringer, Helmut und Schmidtmeier, Dirk: Straßenverkehr in Baden‑Württemberg: Fahrleistungen und Emissionen 2013, in: Statistisches Monatsheft 4/2015, S. 21–26.