:: 10/2015

Das Gastgewerbe in Baden‑Württemberg

Baden‑Württemberg wird als Reiseland immer beliebter. Mit über 49 Mill. Übernachtungen im Jahr 2014 konnten die Hotels, Herbergen und Campingplätze ihre Gästebilanz in den vergangenen 10 Jahren (2004: rund 40 Mill. Übernachtungen) erheblich steigern. Neben zahlreichen kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, attraktiven Zielen für Städtereisen, vielfältigen Sport- und Freizeitmöglichkeiten und beliebten Urlaubsregionen wie Schwarzwald und Bodensee gehört nicht zuletzt auch die Gastronomie zu den Highlights eines Baden‑Württemberg-Aufenthalts, sei es im Rahmen eines Urlaubes oder einer Geschäftsreise. Dabei sind die Besonderheiten des Landes nicht nur Anziehungspunkte für Touristen, sondern bereichern auch die Lebensqualität der Baden‑Württembergerinnen und Baden‑Württemberger. Wirtschaftlich ist der Tourismus von nicht unerheblicher Bedeutung. Neben dem Gastgewerbe, das mit seinen knapp 31 000 Unternehmen über eine Viertel Million Arbeitsplätze bietet und einen Jahresumsatz von rund 8,4 Mrd. Euro erwirtschaftet, profitieren auch andere Branchen, wie zum Beispiel der Einzelhandel.

Im folgenden Beitrag wird das Gastgewerbe in Baden‑Württemberg dargestellt. Zu dieser Branche zählen zum einen gut 24 000 Gastronomiebetriebe, also unter anderem Restaurants, Gaststätten, Cafés und Imbissbuden, aber auch Bars, Diskotheken, Caterer und Kantinen. Des weiteren gehören aber auch sogenannte Beherbergungsbetriebe zum Gastgewerbe. Beherbergungsbetriebe sind Unternehmen, die Übernachtungsmöglichkeiten anbieten wie zum Beispiel Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen und Campingplätze. Im Jahr 20131 wurden insgesamt gut 6 700 Beherbergungsbetriebe gezählt. Nach einem kurzen Überblick über die derzeitige konjunkturelle Situation der Branche wird auf die wichtigsten Eckdaten wie zum Beispiel Umsätze, Zahl der Arbeitsplätze, Aufwendungen und Investitionen eingegangen.

Konjunkturelle Lage insgesamt positiv

Das baden-württembergische Gastgewerbe erzielte im Jahr 2014 höhere Umsätze als 2013. Der nominale Umsatz lag 2014 um 3,5 % über dem des Vorjahres. Real, das heißt unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, stiegen die Umsätze des Gastgewerbes um 1,3 %. Die Betrachtung der vergangenen Jahre zeigt, dass – mit Ausnahme des Jahres 2013 – jedes Jahr Steigerungen des nominalen und des realen Umsatzes zu beobachten waren. Eine besonders auffällige Entwicklung war im Jahr 2014 für den Bereich der »Caterer und der Erbringung sonstiger Verpflegungsdienstleistungen« zu beobachten. In dieser Branche stiegen die Umsätze nominal um 10,7 % und real um 8,7 % an.

Bundesweit setzte das Gastgewerbe im Jahr 2014 nominal 3,6 % und real 1,4 % mehr um als 2013. Bezieht man die letzten Jahre in die Betrachtung mit ein, so zeigt sich, dass die konjunkturelle Entwicklung in Baden‑Württemberg insgesamt etwas besser verlief als deutschlandweit.

Auch das Jahr 2015 hat für das Gastgewerbe im Land mit einer positiven Entwicklung begonnen. Im Zeitraum Januar bis einschließlich Juli 2015 stiegen die Umsätze nominal um 5,1 %, real um 2,5 %.

Anteil der Frauen und der Teilzeitkräfte überdurchschnittlich hoch

Im baden-württembergischen Gastgewerbe waren 2013 rund 254 000 Personen beschäftigt. Die meisten Arbeitsplätze stellte die Gastronomie mit knapp 188 000 Beschäftigten, im Beherbergungsgewerbe arbeiteten rund 66 000 Personen. Gut 58 % der Beschäftigten im Gastgewerbe waren Frauen, wobei der Frauenanteil in Beherbergungsbetrieben mit rund 64 % noch deutlich höher lag als in der Gastronomie (gut 56 %). Vergleichsweise hoch fiel im Gastgewerbe auch die Teilzeitquote (gut 60 %) aus. Diese war wiederum in der Gastronomie mit rund 64 % höher als in Hotels, Gasthöfen und anderen Unternehmen, die Übernachtungen anbieten (rund 49 %). Mit einem Frauenanteil von gut 58 % und einer Teilzeitquote von rund 60 % lag das Gastgewerbe über den entsprechenden Durchschnittswerten in Baden‑Württemberg, die je nach Datenquelle rund 45 % bzw. gut 46 % (Frauenanteil an allen Erwerbstätigen) bzw. knapp 24 bzw. gut 29 % (Teilzeitquote) betrugen.2

Im Gastgewerbe dominieren kleine Unternehmen

Bei den Unternehmen des Gastgewerbes in Baden‑Württemberg handelt es sich mehrheitlich um Kleinunternehmen. Knapp 78 % der Unternehmen hatten 2013 maximal neun Beschäftigte, in 12 % der Unternehmen arbeitete sogar nur eine Person. Lediglich 0,5 % aller Unternehmen beschäftigten 100 oder mehr Mitarbeiter. Allerdings erwirtschafteten diese Unternehmen im Jahr 2013 stolze 15 % des Gesamtumsatzes der baden-württembergischen Unternehmen des Gastgewerbes.

Im Durchschnitt arbeiteten in einem Unternehmen des Gastgewerbes acht Beschäftigte. Zwischen den einzelnen Bereichen des Gastgewerbes bestanden jedoch hinsichtlich der Unternehmensgrößen durchaus Unterschiede: Kantinen und Caterer hatten im Durchschnitt 13 Beschäftige, Hotels, Gasthöfe und Pensionen elf und in Restaurants, Gaststätten, Cafés etc. waren durchschnittlich acht Personen beschäftigt.

Gastgewerbe erwirtschaftete in 2013 im Durchschnitt 272 000 Euro je Unternehmen

Das Gastgewerbe erzielte im Jahr 2013 einen Gesamtumsatz von rund 8,4 Mrd. Euro. Dabei entfielen gut 5,6 Mrd. Euro auf die Gastronomie und knapp 2,8 Mrd. Euro auf die Unternehmen des Beherbergungsgewerbes. Im Durchschnitt erwirtschaftete jedes Unternehmen im Gastgewerbe 2013 einen Umsatz von rund 272 000 Euro. Allerdings zeigen sich bezüglich des Umsatzes innerhalb der Branche erhebliche Unterschiede. Spitzenreiter in Sachen Umsatz pro Unternehmen waren die Restaurants mit Selbstbedienung mit durchschnittlich 1,5 Mill. Euro je Unternehmen im Jahr 2013. Auf Platz 2 mit durchschnittlich 932 000 Euro pro Unternehmen standen Hotels (ohne Hotels garnis) und an dritter Stelle kamen Diskotheken und Tanzlokale mit durchschnittlich 824 000 Euro Umsatz je Unternehmen.

E-Commerce: im Gastgewerbe noch viel »Luft nach oben«

Wie in anderen Branchen spielen auch im Gastgewerbe Bestellungen oder Buchungen über Websites eine zunehmende Rolle. Im Geschäftsjahr 2013 resultierten allerdings insgesamt nur rund 5 % des Umsatzes im baden-württembergischen Gastgewerbe aus Bestellungen oder Buchungen über Internetseiten.3 Dabei war im Beherbergungsgewerbe der Anteil des Umsatzes aus E-Commerce mit rund 14 % erheblich höher als in der Gastronomie, wo bislang lediglich 0,9 % des Umsatzes auf Buchungen und Bestellungen über Websites basieren.

Dies dürfte damit zusammenhängen, dass sich für die Buchung von Übernachtungsmöglichkeiten spezielle Buchungsportale einer wachsenden Beliebtheit erfreuen, die für Kunden und Interessenten eine bequeme und schnelle Möglichkeit der Information bzw. der Buchung und Bestellung bieten. Bei Restaurant- und Gaststättenbesuchen (Anteil Umsatz aus E-Commerce bei 0,5 %) dürften Reservierungen, soweit sie überhaupt getätigt werden (müssen), noch überwiegend telefonisch erfolgen. Ein Ausnahme innerhalb der Gastronomie bildet der Bereich »Caterer und Erbringung sonstiger Verpflegungsdienstleistungen«, wo im Geschäftsjahr 2013 insgesamt 4 % des Umsatzes auf Bestellungen aus dem Internet zurückgeführt werden konnten.

Vor dem Hintergrund, dass die Nutzung des Internet für immer größere Teile der Bevölkerung selbstverständlich wird und dass gerade im Bereich des Gastgewerbes immer mehr Internetportale auf den Markt kommen, ist davon auszugehen, dass sich sowohl für die Unternehmen des Beherbergungsgewerbes als auch für die Gastronomie die Bedeutung des E-Commerce noch erheblich ausweiten wird.

Gut vier Fünftel des Umsatzes im Gastgewerbe entfallen auf Aufwendungen

Die baden-württembergischen Unternehmen des Gastgewerbes hatten im Jahr 2013 Aufwendungen von insgesamt rund 7,2 Mrd. Euro. Ein gutes Drittel dieser Aufwendungen entfiel auf den Bezug von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. In diesem Posten enthalten ist auch der Einkauf von Lebensmitteln und Getränken. Ein weiteres Drittel der Aufwendungen bestand aus den Personalkosten, das heißt Bruttolöhnen, Gehältern und Sozialabgaben. Für bezogene Leistungen und andere betriebliche Aufwendungen wurden knapp 17 % der Aufwendungen bezahlt. Darunter fallen unter anderem Kosten für Steuerberatung, Fuhrpark, Werbung, Telefon und Internet. Insgesamt knapp 12 % der Aufwendungen entfielen auf Mieten und Pachten, rund 2 % auf betriebliche Steuern und Abgaben und 0,6 % auf Bezüge von Handelswaren, also Waren, die beispielsweise an einem hoteleigenen Kiosk verkauft werden wie Zeitungen, Zigaretten oder Souvenirs.

Der Anteil der Aufwendungen bezogen auf den Umsatz lag im Gastgewerbe bei gut 85 %. Allein die Personalkosten beliefen sich auf rund 29 % des Umsatzes. (Beherbergungsgewerbe: 31 %, Gastronomie: rund 28%).

Investitionen bei rund 39 Euro je 1 000 Euro Umsatz

Das Gastgewerbe in Baden‑Württemberg tätigte im Jahr 2013 Investitionen in Höhe von 325 Mill. Euro. Damit lag die Investitionsintensität bei rund 39 Euro je 1 000 Euro Umsatz, wobei im Beherbergungsgewerbe mit rund 64 Euro je 1 000 Euro Umsatz erheblich höhere Investitionen getätigt wurden als in der Gastronomie mit 26 Euro je 1 000 Euro Umsatz.

Bundesweit wurde von den Unternehmen des Gastgewerbes gut 48 Euro je 1 000 Euro Umsatz für Investitionen ausgegeben, in Bayern sogar rund 53 Euro je 1 000 Euro Umsatz.

1 Die Jahreserhebung für das Geschäftsjahr 2013 startete im 4. Quartal 2014, die Ergebnisse lagen im Sommer 2015 vor.

2 Mikrozensus 2013 (Jahresdurchschnitt): Frauenanteil 46,4 %, Teilzeitquote: 29,2 %, Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort am 30. Juni 2013 (Bundesanstalt für Arbeit): Frauenanteil 44,9 %, Teilzeitquote: 23,6 %.

3 Ohne manuell erstellte E-Mails.