Investitionen der Kfz-Industrie
Im Jahr 2013 wurden die Investitionen der Industriebetriebe in Baden‑Württemberg maßgeblich durch die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) geprägt. Diese Branche setzt sich aus drei Gruppen zusammen, die sich in ihrer Bedeutung und Entwicklung unterscheiden. Sowohl in Baden‑Württemberg als auch auf Bundesebene entwickelten sich die Investitionen der Kfz-Industrie seit 2008 deutlich positiver als des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Im Bundesländervergleich nahm das heimische Investitionsvolumen der Kfz-Industrie den Spitzenplatz ein.
Der Kfz-Industrie kommt eine Schüsselrolle in der Südwestindustrie zu. Obwohl der Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) im Jahr 2013 nur rund 4 % der hiesigen Industriebetriebe angehörten (siehe i-Punkt: »Begriffsdefinitionen und Erhebungsdetails«), beschäftigte die Branche rund 17 % aller Industriebeschäftigten, erwirtschaftete über ein Viertel der gesamten Industrieumsätze (28,1 %) und tätigte mehr als ein Drittel aller Industrieinvestitionen (37,8 %).1 Ohne die Investitionen dieser Branche wäre das heimische Investitionsvolumen im Vorjahresvergleich rechnerisch sogar rückläufig gewesen.
Dabei gliedert sich der Wirtschaftszweig »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) in drei Gruppen, denen eine unterschiedliche Bedeutung zukommt. Die von wenigen Großbetrieben geprägte Gruppe »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren« (WZ 29.1) dominiert den Wirtschaftszweig in Bezug auf tätige Personen, Umsatz und Investitionen. In den 33 Betrieben waren 2013 rund 60 % der Beschäftigten der heimischen Kfz-Industrie tätig, wurden 78,1 % der Umsätze erwirtschaftet und 82,6 % der Investitionen realisiert. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem die Produktion von Pkws, Wohnmobilen, Omnibussen und Nutzfahrzeugen sowie den zugehörigen Motoren.
Neben den reinen Kfz-Herstellern wird ein größerer Teil der Automobilzulieferer dem Wirtschaftszweig »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) zugeordnet.2 So gehören beispielsweise die Produktion von Schaltgetrieben, Lenkrädern, Bremsen, Stoßstangen und Lichtmaschinen zur Gruppe der »Herstellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagen« (WZ 29.3). Diese Gruppe stellte 2013 rund drei Viertel der Betriebe, rund 38 % der Beschäftigten, 20,5 % des Umsatzes und 16,7 % der Investitionen der heimischen Kfz-Industrie.
Die kleinste Gruppe innerhalb des Wirtschaftszweigs bildet die Gruppe »Herstellung von Karosserien, Aufbauten und Anhängern« (WZ 29.2), der unter anderem die Anfertigung von Karosserien und Anhängern, wie Wohnwagen oder Sattelanhängern zugeordnet wird. Gemessen an der Beschäftigtenzahl (2,2 %), dem Umsatz (1,4 %) und den Investitionen (0,7 %) war der Beitrag dieser Gruppe zum Wirtschaftszweig »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) im Jahr 2013 relativ gering.
Entwicklungen seit 2008: heimische Kfz-Industrie investiert wieder kräftig
In Baden‑Württemberg weitete die Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) ihre traditionell hohen Investitionssummen 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 8 % auf 4,2 Mrd. Euro aus. Deutschlandweit steigerten die Betriebe dieser Branche die Investitionen weniger stark um 1,9 % auf rund 13,8 Mrd. Euro. Sowohl in Baden‑Württemberg als auch bundesweit waren die Investitionen der »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) infolge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 deutlich zurückgefahren worden, wobei Baden‑Württemberg etwas stärker betroffen war.3 Seitdem stiegen die investiven Ausgaben der Kfz-Industrie sowohl in Baden‑Württemberg als auch bundesweit wieder kontinuierlich an. Dabei konnte deutschlandweit bereits 2011 das branchenspezifische Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2008 übertroffen werden. Demgegenüber steigerten die heimischen Betriebe der Kfz-Industrie die Investitionen erst 1 Jahr später über den letzten Höchstwert aus dem Jahr 2008. Im Vergleich zu diesem Rekordwert konnte die Investitionsleistung im Jahr 2013 um 16,3 % ausgeweitet werden.
In Baden‑Württemberg konnte nur die durch Großbetriebe geprägte Gruppe »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren« (WZ 29.1) ihre Investitionen im Vergleich zum Jahr 2008 erhöhen (30,4 %), während die investiven Ausgaben der anderen beiden Gruppen auch 2013 das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht hatten. Vor allem in der Gruppe »Herstellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagen« (WZ 29.3) war es im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu massiven Investitionsrückgängen gekommen. Hier hatte sich 2009 das Investitionsvolumen der heimischen Betriebe im Vorjahresvergleich beinahe halbiert und lag auch im Jahr 2013 noch rund 24 % unter dem Niveau von 2008.4 Auf Bundesebene waren die Investitionen in dieser Gruppe während der Finanz- und Wirtschaftskrise ebenfalls stark zurückgegangen (– 40,1 %). Gleichwohl blieb die Investitionssumme 2013 weniger deutlich hinter den Investitionen des Jahres 2008 (– 3,7 %) zurück als in Baden‑Württemberg.
Die investiven Ausgaben der Kfz-Industrie entwickelten sich sowohl in Baden‑Württemberg als auch auf Bundesebene seit 2008 erheblich besser als die Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Die heimischen Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes erreichten 2013 mit rund 11,2 Mrd. Euro nahezu das Vorkrisenniveau aus dem Rekordjahr 2008, während die Industrieinvestitionen deutschlandweit um rund 6 % hinter den Investitionen aus dem Jahr 2008 zurückblieben. Im gleichen Zeitraum nahmen die Investitionen des Wirtschaftszweigs »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) hingegen deutlich zu (Baden‑Württemberg: 16,3 %; Deutschland: 17,5 %). Folgerichtig zeigen sich diese divergierenden Entwicklungen noch klarer, wenn man die Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes ohne die investiven Ausgaben der Kfz-Industrie betrachtet. Rein rechnerisch setzte die Erholung der Investitionen nach der Finanz- und Wirtschaftskrise hier ein Jahr später ein und das Investitionswachstum schwächte sich bereits 2012 wieder ab. 2013 waren die Investitionen im Vorjahresvergleich sogar rückläufig. Dabei konnte das Vorkrisenniveau der Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes (ohne WZ 29) weder in Baden‑Württemberg noch in Deutschland erreicht werden.
Der Anteil der Investitionen der Kfz-Industrie an den Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt ist dadurch sowohl in Baden‑Württemberg als auch auf Bundesebene seit 2008 angestiegen. Die Bedeutung der Branche ist in Baden‑Württemberg dabei wesentlich höher. Während der Strukturanteil der Investitionen in Baden‑Württemberg bei 37,8 % lag, machten die Kfz-Investitionen bundesweit nur rund ein Viertel der gesamten Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes des Jahres 2013 aus.
Hohe Investitionsintensität und -quote
Der Wirtschaftszweig »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) verzeichnete auch im Jahr 2013, wie in den meisten Jahren, die höchste Investitionsintensität innerhalb der Südwestindustrie. Die Investitionssumme je Beschäftigten belief sich auf 19 927 Euro und übertraf damit den bundesweiten Wert dieses Wirtschaftszweigs (17 841 Euro). Die Investitionsintensität der heimischen Kfz-Industrie war mehr als doppelt so hoch wie im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt (9 173 Euro), wobei die Investitionsintensität des Verarbeitenden Gewerbes ohne die Kfz-Industrie rein rechnerisch nochmals deutlich niedriger ausfiel (6 906 Euro). Innerhalb der Kfz-Industrie zeigten sich erhebliche Unterschiede. Die »Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren« (WZ 29.1) investierten mit 27 347 Euro je Beschäftigten deutlich mehr als die »Hersteller von Teilen und Zubehör für Kraftwagen« (WZ 29.3) mit 8 870 Euro und die »Hersteller von Karosserien, Aufbauten und Anhängern« (WZ 29.2) mit 5 940 Euro. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2008 zeigt sich, analog zu den Investitionen insgesamt, ebenfalls ein gespaltenes Bild. So stieg die Investitionsintensität in der Gruppe »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren« (WZ 29.1) in diesem Zeitraum um 25 % an, während sie in den anderen beiden Gruppen rückläufig war.
Die hohe Auslandsorientierung der baden-württembergischen Industrie birgt das Risiko, dass verstärkt Investitionen ins Ausland abwandern, um sich beispielsweise durch den Bau neuer Fabrikanlagen den Zugang zu ausländischen Märkten zu sichern. Unterbleiben dadurch wichtige Investitionen am hiesigen Standort, besteht die Gefahr, dass die Industrieanlagen veralten und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Produktionsbedingungen abnimmt. Obwohl insbesondere die Kfz-Industrie von einer hohen Exportorientierung geprägt ist,5 liegt die Investitionsquote, also der Anteil des Umsatzes, der in den heimischen Produktionsstandort investiert wird, in der Kfz-Industrie regelmäßig über der Investitionsquote des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Im Jahr 2013 reinvestierten die Betriebe dieser Branche 4,8 % ihres Umsatzes und damit 1,2 Prozentpunkte mehr als die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Dieser Abstand erhöht sich wiederum, wenn man die Investitionsquote des Verarbeitenden Gewerbes ohne die Kfz-Industrie betrachtet. Diese lag 2013 rechnerisch bei 3,1 % und damit weit unter der der Kfz-Industrie. Zudem übertrafen die baden-württembergischen Betriebe der Kfz-Industrie die bundesweite Investitionsquote der gleichen Branche im Jahr 2013 um einen Prozentpunkt.6 Die Investitionsquote aus dem Vorkrisenjahr 2008 (4,9 %) konnte nahezu erreicht werden. Die relativ hohe Investitionsquote der baden-württembergischen Kfz-Industrie deutet darauf hin, dass der heimische Standort weiterhin eine wichtige Rolle in der strategischen Planung der (Groß-)Betriebe spielt. Gleichwohl zeigten sich die Unterschiede innerhalb des Wirtschaftszweiges auch hier. So belief sich die Investitionsquote der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren« (WZ 29.1) im Jahr 2013 auf 5,1 %, die der »Herstellung von Teilen und Zubehör für Kraftwagen« (WZ 29.3) auf 3,9 % und die der »Herstellung von Karosserien, Aufbauten und Anhängern« (WZ 29.2) auf lediglich 2,4 %.
Ein Blick auf die Investitionen in ausgewählten Bundesländern
Im Jahr 2013 trugen bundesweit sowohl baden-württembergische als auch bayerische Betriebe jeweils rund ein Fünftel zu den Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes bei, gefolgt von Betrieben in Nordrhein-Westfalen (17 %) und Niedersachsen (9,6 %).7 In der Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) tritt die Bedeutung noch deutlicher hervor. Hier wurden rund 31% der bundesweiten Investitionen von baden-württembergischen Betrieben getragen. Auf bayerische Betriebe entfiel rund ein Viertel der investiven Ausgaben der deutschlandweiten Kfz-Industrie. Der niedersächsische Investitionsanteil in der Kfz-Industrie (15,9 %) war ebenfalls deutlich höher als der niedersächsische Anteil an den Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt (9,6 %). Im Falle Nordrhein-Westfalens verhält es sich genau umgekehrt.8
Vergleicht man die Investitionen in der Kfz-Industrie 2013 mit dem Durchschnitt der 5 vorangegangenen Jahre 2008–2012, so erweist sich 2013 weitgehend als ein investitionsstarkes Jahr in den betrachteten Ländern. Allen voran konnten Baden‑Württemberg und Niedersachsen die investiven Ausgaben kräftig ausweiten. Die Entwicklungen sind dabei vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise zu sehen, die 2009 mit einer erheblichen Reduzierung des Investitionsvolumens der Kfz-Industrie in allen betrachteten Bundesländern einherging.9 Als einziges der sechs Bundesländer wies Nordrhein-Westfalen 2013 im Vergleich zum Mittel der 5 vorausgegangenen Jahre eine rückläufige Investitionsentwicklung auf.
Der Rückgang der investiven Ausgaben der »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) in Nordrhein-Westfalen seit 2008 spiegelt sich auch in der Entwicklung des Strukturanteils wider. Der Anteil der Kfz-Investitionen an den Investitionen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt halbierte sich in Nordrhein-Westfalen beinahe und lag 2013 noch bei 5,2 %. Den höchsten Strukturanteil der betrachteten sechs Bundesländer wies Niedersachsen (40,9 %), gefolgt von Baden‑Württemberg (37,8 %) auf. Dabei hat der Strukturanteil in Niedersachen seit 2008 am deutlichsten zugenommen (13 Prozentpunkte). In Baden‑Württemberg erhöhte sich der Strukturanteil in diesem Zeitraum um 5,6 Prozentpunkte.
Ausblick
Insgesamt dürfte sich die positive Entwicklung der Investitionen der heimischen Betriebe des Wirtschaftszweigs »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (WZ 29) im Jahr 2014 aufgrund der relativ guten konjunkturellen Entwicklung der Südwestindustrie und der damit einhergehenden positiven Umsatzentwicklung der Kfz-Industrie weiter fortgesetzt haben. Zudem deuten einige große Investitionsvorhaben namhafter Kfz-Unternehmen auf eine günstige Entwicklung der investiven Ausgaben dieser Branche hin. Mit diesen Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen unterstreichen die Unternehmen die Bedeutung der hiesigen Standorte auch für die Zukunft.