:: 11/2015

Zensus 2011: Baden‑Württemberg im Vergleich mit anderen Regionen in Europa

Wie viele Menschen leben in den europäischen Regionen? Welches Alter haben sie? Wie viele von ihnen besitzen eine ausländische Staatsangehörigkeit und wo leben sie häufiger in einer Familie oder als Single? Ein einfacher und flexibler Weg, Antworten auf diese und weitere Fragen zu erhalten, ermöglicht der »Zensus Hub«. Die unter https://ec.europa.eu/CensusHub2 zugängliche Datenbank bietet ausführliche Informationen zum europäischen Zensusprogramm 2011. Im vorliegenden Beitrag wird ein Auszug an Informationen aus dem umfangreichen Angebot dieser Datenbank vorgestellt und dabei ein Fokus auf Baden‑Württemberg im Vergleich der europäischen Regionen (NUTS 1) gesetzt.

Was ist der Zensus Hub?

Für den »Zensus Hub« wurden im Rahmen des Europäischen Statistischen System (ESS)1 jeweils die nationalen Zensus-Ergebnisse zusammengetragen und in einer Online-Auswertungsdatenbank unter https://ec.europa.eu/CensusHub2 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten war die einheitliche Aufbereitung der Daten aus den Volks-, Gebäude- und Wohnungszählungen aller EU-Länder, weshalb sich die Ergebnisse im Zensus Hub teilweise von den nationalen Zensusergebnissen unterscheiden können. Mit der Online-Auswertungsdatenbank haben Benutzer die Möglichkeit, Zensusergebnisse auf unterschiedlichen regionalen Ebenen in unterschiedlichen Kreuzkombinationen zu spezifizieren und zu extrahieren (siehe auch i-Punkt »Europaweite Vergleichbarkeit«). Um Baden‑Württemberg anhand der Zensusdaten mit anderen europäischen Regionen vergleichen zu können, wurde bei der Regionaleinteilung auf die Systematik des Europäischen Amts für Statistik in Luxemburg (Eurostat)2 zurückgegriffen (siehe i-Punkt »NUTS-Klassifikation«).

Wo leben wie viele Menschen in der Europäischen Union?

Fast eine halbe Mrd. Menschen lebte nach Ergebnissen der im Jahr 2011 durchgeführten Zensus in den damals 27 Ländern der Europäischen Union (EU). Unter den Mitgliedstaaten stellte Deutschland mit seinen gut 80 Mill. Einwohnern den größten Einwohneranteil von 16,5 % an allen Staaten der EU. Frankreich (65 Mill. bzw. 13,3 %) und das Vereinigte Königreich (63 Mill. bzw. 13 %) folgten mit deutlich weniger Einwohnern. Das nach Einwohnern kleinste Land in der EU war der Inselstaat Malta mit etwas mehr als 417 000 Menschen. In Summe zählten fast zwei Drittel aller EU-Mitgliedstaaten weniger als 10 Mill. Einwohner. Dennoch lag die EU bei der Gesamteinwohnerzahl deutlich über den anderen großen Wirtschaftsräumen wie beispielsweise den USA (320 Mill.) oder der Eurasischen Wirtschaftsunion (171 Mill.). Nur die beiden Wirtschaftsräume Indien (1,2 Mrd.) und China (1,4 Mrd.) waren gemessen an ihrer Einwohnerzahl noch größer.3

Baden‑Württemberg als eine der europäischen NUTS 1-Regionen stellte nach Ergebnissen des Zensus 2011 eine Bevölkerungszahl von rund 10,5 Mill. Menschen. Damit war Baden‑Württemberg, gemessen an seinen Einwohnern, größer als die meisten EU-Staaten.

Maßgeblich für die Höhe der Einwohnerzahl einer Region ist die geografische Raumeinteilung der NUTS-Systematik sowie die Konzentration der Bevölkerung innerhalb dieses Raums. So besaßen die deutschen Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen trotz ihrer hohen Bevölkerungskonzentration insgesamt eine geringere Einwohnerzahl als andere, dünner besiedelte Flächenländer. Bremen war mit 651 000 Einwohnern die kleinste deutsche NUTS-Region und Nordrhein-Westfalen mit seinen gut 17,4 Mill. Einwohnern nicht nur in Deutschland, sondern im ganzen EU-Raum die einwohnerstärkste NUTS 1-Region. Die nach Einwohnern nächst größeren europäischen Regionen befanden sich in Italien. Darunter Oberitalien (Nord Ovest) mit knapp 15,8 Mill. und Süditalien (Sud) mit fast 14 Mill. Menschen.

Die nach Einwohnern mit Abstand kleinste europäische Region war Åland in Finnland. Alle dort lebenden 28 000 Menschen zusammen würden beispielsweise nicht ausreichen, um in Deutschland ein Fußballstadion der Ersten Bundesliga vollständig zu füllen. Nach Åland hatten die portugiesischen Inselregionen der Azoren (247 000) und Madeira (268 000) die zweit und dritt niedrigste Einwohnerzahl.

Bezogen auf die Landesfläche lebten in allen EU-Staaten durchschnittlich 113 Menschen auf einem Quadratkilometer. Die höchste Bevölkerungsdichte auf Ebene der NUTS 1-Regionen besaß die belgische Hauptstadtregion Bruxelles-Capitale. Hier teilten sich im Schnitt gut 7 000 Personen einen Quadratkilometer (P/km2). Zum Vergleich: Würden alle Einwohner Hamburgs nach Berlin ziehen, wäre dort die Bevölkerungsdichte mit gut 6 000 P/km2 immer noch geringer gewesen als die der belgischen Hauptstadtregion. Am zweitstärksten verdichtet war die Region London mit mehr als 5 100 Personen je Quadratkilometer gefolgt von den Stadtstaaten Berlin mit 3 700 und Hamburg mit 2 300.

Am geringsten fiel die Bevölkerungsdichte für die skandinavischen Regionen aus. In Nordschweden (Norra Sverige) war diese mit rund fünf Personen pro Quadratkilometer am niedrigsten gefolgt vom finnischen Manner-Suomi und Åland (rund 20 P/km2). Hätte Baden‑Württemberg die gleiche Bevölkerungsdichte wie Nordschweden, so würden sich weniger als 200 000 Personen – so viel wie die Einwohner des Enzkreises – über das ganze Land verteilen. Tatsächlich hatte Baden‑Württemberg jedoch eine vergleichsweiße hohe Bevölkerungsdichte von etwa 300 P/km2. Unter den Flächenländer Deutschlands besaßen lediglich Nordrhein-Westfalen mit gut 500 P/km2 und das Saarland mit knapp 400 P/km2 eine höhere Dichte.

Wie viele Menschen besitzen eine ausländische Staatsangehörigkeit?

Es sind unterschiedliche Faktoren, die die Bevölkerungskonzentration aktuell beeinflussen. Einer dieser Faktoren ist die Summe an Zuwanderern in die jeweilige Region. Die im Zensus erfasste Staatsangehörigkeit bzw. die Ausländerquote kann in diesem Zusammenhang ein Indiz liefern, wie stark die jeweilige Region eine Zuwanderung von innerhalb oder außerhalb der Europäischen Union bis zum Zensusstichtag erfahren hat. Die Zahl der Ausländer im Sinne des jeweiligen Berichtslandes, sprich Menschen, die entweder eine andere Staatsangehörigkeit als die des Berichtslandes oder keiner Staatsangehörigkeit zugeordnet werden konnten, belief sich für die ganze EU auf gut 32,6 Mill. Menschen (6,5 %).

Im Vergleich der NUTS 1-Regionen war die Ausländerquote in Luxembourg mit 43 % deutlich die höchste. Mit einem Abstand von 10 Prozentpunkten folgte die Hauptstadtregion Bruxelles-Capitale in Belgien (32,6 %). Beide Regionen lagen damit deutlich vor anderen EU-Regionen. Zusammen mit Nord Irland (23,2 %), London (21,6 %) und Zypern (20,6 %) waren sie die einzigen Regionen im EU-Raum mit Ausländeranteilen über 20 %. In Deutschland war Hamburg mit 12,6 % die Region mit dem höchsten Ausländeranteil. Gefolgt von Baden‑Württemberg, wo gut jeder Zehnte (10,8 %) eine ausländische Staatsangehörigkeit besaß. Unter den Flächenländern in Deutschland hatte neben Baden‑Württemberg lediglich Hessen (11,1 %) einen ähnlich hohen Anteil an Ausländern.

Mehrheit der ausländischen Bevölkerung im EU-Raum stammt nicht aus einem EU-Mitgliedsstaat

Rund 20 Mill. Menschen – und damit die Mehrheit (58,3 %) aller Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im EU-Raum – besaßen keine Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates. In Lettland (98,2 %), in der französischen Übersee-Region D`Outre-Mer (96,6 %) und in Estland (etwa 96,3 %) waren die Anteile der Nicht-EU-Ausländer an den Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit am höchsten. Für die baltischen Staaten kann sich dies durch die direkte Grenzlage zu Rußland erklären. Deren ehemalige Zugehörigkeit zur sowjetischen Union und der in dieser Zeit starke Zuzug und spätere Verbleib von Sowjetbürgern in diesen Gebieten hat für eine starke russische Minderheit gesorgt. In Litauen (50 %) und in Estland (47 %) besaß jeweils etwa die Hälfte aller Ausländer eine russische Staatsangehörigkeit, in Lettland war es jeder Zehnte. Ein Zusammenhang zwischen der geografischen Lage und den Anteilen der Ausländer ohne EU-Staatsangehörigkeit lässt sich anhand der Zensuszahlen auch bei den französischen Übersee Departements (unter anderem Martinique, Guadeloupe, Réunion oder Guyane) erkennen, die einen vergleichsweise geringen Ausländeranteil von 6,2 % besaßen. Aufgrund der Nähe zu anderen Karibischen Inselstaaten sowie zum Süd- und Nordamerikanischen Festland stammten dort jedoch fast alle Ausländer (96,6 %) aus Nicht-EU-Staaten. Vergleichsweise gering fielen die Anteile der Nicht-EU-Ausländer hingegen beispielsweise in der Slowakei4 (1,6 %) und in Nordirland (3,9 %) aus.

In Baden‑Württemberg orientierte sich das Verhältnis zwischen EU-Ausländern (39,6 %) und Nicht EU-Ausländern (60,4 %) in etwa am EU-Schnitt (58,3 %). Die Tatsache, dass die Mehrheit sowohl der in Baden‑Württemberg als auch der in ganz Deutschland lebenden Ausländer keine EU-Staatsbürgerschaft besaßen, kann zum großen Teil durch die erhöhte Zuwanderung während und nach der Zeit des Wirtschaftswunders der Bundesrepublik Deutschland erklärt werden. Ab den 1950er-Jahren und in den Jahrzehnten danach (1960er- und 1970er-Jahren) kamen mit der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zahlreiche Menschen nach Deutschland, zunächst vorwiegend aus Italien, Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien sowie dann verstärkt aus der Türkei.

Zum Zensusstichtag bildeten Türkinnen und Türken die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in Baden‑Württemberg (270 000 bzw. 23,8 % aller Ausländer).

Weitere Erkenntnisse kann der im Zensus erfasste Zuwanderungszeitpunkt von Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Es zeigt sich, dass EU-weit 69,1 % aller Ausländer erst nach 1980 in ihr derzeitiges »Wohnland« gezogen waren. In nahezu allen (92 von 97) EU-Regionen hatten die zugewanderten Ausländer überwiegend erst während der letzten gut 30 Jahre ihren Wohnsitz in das jeweilige EU-Land gewechselt.

Dies betraf vor allem die Makroregionen Doi, Unu und Patru in Rumänien sowie den Inselstaat Malta, mit Anteilen zwischen 94,7 % und 93,6 %. Umgekehrt fand in Lettland (94,6 %), Nord-Irland (87,2 %), Estland (77 %) und im bulgarischen Yugozapadna (50,6 %) bei der Mehrheit der heutigen Ausländer die Zuwanderung bereits vor dem Jahr 1980 statt. Die westdeutschen und teilweise auch die französischen Regionen fallen in diesem Zusammenhang ebenfalls durch verhältnismäßig hohe Anteile an Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit auf, die vor 1980 zugewandert waren. Baden‑Württemberg besaß den fünfthöchsten Anteil im Vergleich der EU-Regionen. Knapp die Hälfte aller hier lebenden Ausländer waren bereits vor 1980 nach Deutschland eingereist. Auch andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Hessen besaßen vergleichsweiße hohe Anteile von jeweils über 40 %. Damit lässt sich zumindest teilweise die »frühe« Zuwanderungsgeschichte der Gastarbeiter in den Westteil der Bundesrepublik an den noch heute gemeldeten Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit erkennen.

Altersstrukturen in den Regionen der EU

Im kompletten Raum der Europäischen Union lebten zum Zensusstichtag 2011 gut 88 Mill. Seniorinnen und Senioren. Darunter werden im Folgenden Personen zusammengefasst, die das 65. Lebensjahr zum jeweiligen Zensusstichtag im Jahr 2011 bereits erreicht hatten. In der EU standen den Senioren insgesamt doppelt so viele junge Menschen (169 Mill.) gegenüber, die das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Anteilig die meisten jüngeren Menschen unter 30 Jahren lebten in der französischen Übersee-Region D`Outre-Mer (44,9 %), in London (42,4 %) und in Irland (42 %).

Die höchsten Seniorenquoten aller EU-Regionen hatten die ostdeutschen Regionen. Allen voran waren es Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo jeder vierte Einwohner bereits das Rentenalter (65 Jahre) erreicht hatte. In Baden‑Württemberg war jeder fünfte Einwohner bereits 65 Jahre oder älter. Besonders auffällig demgegenüber ist der in Baden‑Württemberg für deutsche Verhältnisse sehr hohe Anteil von 32,4 % an jungen Menschen unter 30 Jahren an der Gesamtbevölkerung. Kein anderes deutsches Bundesland, auch nicht die Stadtstaaten, besaß anteilig mehr Menschen unter 30 Jahren.

Ein wesentlich heterogeneres Bild bezogen auf die Altersstruktur zeigte sich unter den Einwohnern mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Beim Vergleich »Alt zu Jung« ließen sich dabei die größten Unterschiede für die spanischen Regionen Centro und Noreste feststellen. Jedem ausländischen Senior standen hier zwischen 22 und 23 junge Menschen unter 30 Jahren gegenüber. Auch in den italienischen Regionen Nord-Est und Nord-Ovest bestand ein deutlich positives Verhältnisse von 1 zu 20. Am geringsten fiel das Verhältnis unter der ausländischen Bevölkerung in den drei baltischen Regionen Lettland, Estland und Litauen aus. Hier gab es unter der ausländischen Bevölkerung mehr ältere als jüngere Menschen. So kam in Lettland auf mehr als zwei Senioren mit ausländischer Staatsangehörigkeit ein jüngerer Mensch unter 30 Jahren mit einem ausländischen Pass.

Baden‑Württemberg besaß unter seiner ausländischen Bevölkerung ein positives Verhältnis hinsichtlich der Altersgruppen. Auf einen Ausländer im Alter von 65 oder mehr Jahren kamen etwa drei jüngere Menschen unter 30 Jahren mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Mit diesem Verhältnis lag Baden‑Württemberg im Vergleich der EU-Regionen im unteren Drittel. Unter den deutschen Regionen besaß lediglich Schleswig-Holstein ein geringeres Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Ausländern (1 zu 2,8) als Baden‑Württemberg.

Hohe Quoten an Ehepaaren in den südlichen Regionen der EU

Zum Zensuszeitpunkt im Jahr 2011 waren unter den in der Europäischen Union lebenden Menschen fast genauso viele verheiratet bzw. in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft5 (43,6 %) wie ledig (43,4 %). Über 217 Mill. Menschen befanden sich in einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft, wovon der Großteil (99,5 %) verheiratet war und 480 000 eine eingetragene Lebenspartnerschaft führten. Zum Stichtag des Zensus ihre Ehe bzw. ihre eingetragene Partnerschaft bereits wieder gelöst hatten gut 29 Mill. Menschen (5,9 %). Etwas mehr Menschen, knapp 35 Mill. (7 %), hatten ihren Partner (Ehe bzw. eingetragener Lebenspartnerschaft) durch deren Tod verloren.

Diese Werte variieren für einzelne Regionen innerhalb der EU stark. So waren in den griechischen Regionen Voreia Ellada, Kentriki Ellada, Nisia Aigaiou, Kriti sowie auf Malta jeweils mehr als die Hälfte der Menschen verheiratet. Ledig waren hingegen besonders viele Menschen in den schwedischen Regionen. In Östra Sverige, Norra Svergie und Södra Sverige war es jeweils mehr als die Hälfte. Noch höhere Anteile wurden nur in den französischen Regionen D`Outre-Mer (66,6 %) und îIe de France (53,9 %) sowie in London (55,2 %) und Irland (54,2 %) gezählt. Die höchsten Scheidungsquoten6 innerhalb der EU hatten Lettland (12 %), Estland (11,5 %), Közép-Magyarország in Ungarn (10,8 %) und die Tschechische Republik (10,3 %) sowie Berlin (10,2 %).

Die Eheleute oder Lebenspartner in Baden‑Württemberg hatten an der Gesamtbevölkerung einen Anteil von 46,5 %, die Ledigen von 40,9 %. Auch die Anteilswerte der Verwitweten (6,4 %) und Geschiedenen (6,2 %) in Baden‑Württemberg entsprechen in etwa dem EU-Schnitt.

Zwei Drittel der Menschen in der EU lebte in Mehrpersonenhaushalten

Neben den Zensusergebnissen, die sich auf Informationen zu den Personen in der EU beziehen, werden im Zensus-Hub auch Ergebnisse zur Struktur der Haushalte und Familien veröffentlicht.

Die Typisierung der Haushalte nach den EU-Kriterien ist dabei unabhängig von der Typisierung nach einzelnen nationalen Kriterien.7 Für die EU-Ergebnisse gelten alle Personen, die in einer Wohneinheit leben, als Mitglieder desselben privaten Haushalts. Demnach wurde jedem privaten Haushalt eine belegte Wohneinheit zugeordnet, in der Personen mit oder ohne Familienbeziehungen miteinander wohnen. Die Zahlen von Haushalten und Familien nach EU-Typisierung unterscheiden sich somit von denen nach deutscher Typisierung.

Unter den mehr als 207 Mill. privaten Haushalten der EU wurden 65 Mill. (31,5 %) von einer Person und knapp 142 Mill. (68,5 %) von mehreren Personen geführt.

Besonders häufig waren Singlehaushalte in den städtischen Regionen der EU sowie entsprechend in den deutschen Stadtstaaten festzustellen. Am höchsten lag deren Anteile in Berlin und in der belgischen Region Bruxelles-Capitale (49,4 % und 49,2 %) sowie in Hamburg (46,8 %) und Bremen (45,2 %). Anders verhielt es sich in den portugiesischen Regionen Madeira und den Azoren sowie im südspanischen Sur und auf Zypern, wo nur etwa jeder fünfte als Single einen Haushalt führte. Baden Württemberg besaß im EU-Vergleich einen überdurchschnittlichen Anteil an Singlehaushalten von 35 %.

Den Singlehaushalten gegenüber standen die Mehrpersonenhaushalte, in denen sowohl Personen mit einem gemeinsamen Familienbezug als auch Personen ohne Familienbezug zusammen wohnen. Im Zensus konnten diese Haushalte nach der vorwiegenden Lebens- oder Familienform der dort lebenden Haushaltsmitglieder unterteilt werden. Damit können zum Beispiel Haushalte von Paaren danach unterschieden werden, ob sie als Ehepaar (= Lebensform) oder gemeinsam als Paar ohne oder mit Kind(ern) (= Familienform) einen Haushalt bilden.

In fast allen (95,3 %) der insgesamt 135 Mill. Mehrpersonenhaushalte lebten die Mitglieder als Familie zusammen unter einem Dach. Als Familie werden in diesem Zusammenhang zwei oder mehr Personen bezeichnet, die zu demselben Haushalt gehören und die als Ehemann und Ehefrau, als Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, als Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft oder als Eltern und Kind miteinander verbunden sind. Gemäß Typisierung der EU konnten in einem Haushalt auch mehrere Familien leben.8 Somit belief sich die Zahl der Familien im Jahr 2011 innerhalb der EU auf etwa 140 Mill. Darunter lebten gut 86 Mill. Familien (61,6 %) zusammen mit mindestens einem Kind. Bei der Hälfte aller Familien in der EU (49,9 %) war mindestens eines der Kinder noch unter 25 Jahren.

Wo leben besonders viele Familien mit Kindern?

Die mit Abstand meisten Familien mit mindestens einem Kind unter 25 Jahren9 gab es in den französischen Übersee Départements, in der Hauptstadtregion Bruxelles-Capitale und in Irland. Jeweils mehr als 60 % aller Familien lebten dort mit ihrem Nachwuchs zusammen im Haushalt. Unter den deutschen NUTS-Regionen verzeichnete Baden‑Württemberg den höchsten Anteil (46,4 %) an Familien mit Kindern unter 25 Jahren. Sachsen-Anhalt und Sachsen hatten mit je rund 37 % im deutschen und europäischen Vergleich den geringsten Anteil an Familien mit Kindern in diesem Alter. Insgesamt lebten EU-weit die meisten dieser Familien in einer »traditionellen Familie«, das heißt bei einem verheirateten Elternpaar (66,4 %).

Beim Vergleich der EU-Regionen zeigte sich, dass deren Anteile in den griechischen Regionen Voreia Ellada, Kentriki Ellada, Nisia Aigaiou, Kriti, Attiki und auf Zypern (zwischen 86,3 % und 82,5 %) am höchsten waren. Dies deckt sich mit der zuvor festgestellten hohen Quote an verheirateten Personen in diesen Regionen. Unter den deutschen Regionen hatte Baden‑Württemberg mit einem Anteil von 75,7 % die meisten verheirateten Paare, die eine Familie mit Kind(ern) unter 25 Jahren bildeten. Der geringste Anteil von Ehepaaren mit jungen Kindern an allen Familien fand sich in der französischen Überseeregion D’Òutre-Mer (37,5 %), gefolgt von Estland(43,7 %) und Nordschweden (Norra Sverige 45,4 %).

Bei 22,1 % der Familien in der EU lebten Kinder unter 25 Jahre mit einem alleinerziehenden Elternteil unter einem Dach. Die höchsten Anteile innerhalb einer Region waren in den französischen Übersee Départements D‘Outre-Mer (41,8 %), in Lettland (40,0 %) sowie in Berlin und London (34,8 % und 34,7 %) zu verzeichnen. Am niedrigsten lagen deren Anteile auf Zypern (12,8 %) sowie in den griechischen Regionen Voreia Ellada, Kentriki Ellada und Nisia Aigaiou, Kriti (13,0 bis 13,8 %). Auch in Baden‑Württemberg fiel der Anteil der Alleinerziehenden mit Kind bzw. Kindern unter 25 Jahren mit 18,2 % vergleichsweise gering aus.

Die Gruppe der Familien, in denen ein unverheiratetes Paar oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft eine Eltern-Kind-Beziehung bildeten, hatte EU-weit einen Anteil an den Familien mit Kindern unter 25 Jahren von 11,5 %. Besonders stark vertreten waren diese in den skandinavischen Regionen, angeführt von Nordschweden (Norra Sverige 32,4 %), dem finnischen Åland (27,3 %), Estland (25,6 %) und Südschweden (Södra Sverige 24,9 %). In Baden‑Württemberg fiel deren Anteil mit etwas mehr als 6 % vergleichsweise gering aus, unter den deutschen Regionen war es sogar der niedrigste Anteil.

Weitere Ergebnisse des deutschen Zensus 2011

In Ergänzung zu den hier vorgestellten europäischen Ergebnissen der Zensus 2011 wurden die deutschen Ergebnisse bis auf Ebene der Gemeinden bereits ab dem Jahr 2013 vorgestellt. Unter https://ergebnisse.zensus2011.de steht dem interessierten Nutzer ein breites Datenangebot zu den nationalen Ergebnissen des Zensus 2011 zu den Themen der Demografie, Religion, Migration, Bildung, Beruf, Gebäude und Wohnungen sowie zu Haushalte und Familien zur Verfügung. Zensusergebnisse, die sich vorwiegend auf die Betrachtung des baden-württembergischen Raums konzentrieren, können im Internetangebot des Statistischen Landesamt Baden‑Württemberg unter www.statistik-bw.de/Zensus/ abgerufen werden.

1 Das Europäische Statistische System (ESS) ist eine Partnerschaft zwischen Eurostat, den nationalen statistischen Ämtern und anderen staatlichen Stellen, die für die Erstellung europäischer Statistiken zuständig sind. www.destatis.de/Europa/DE/MethodenMetadaten/ESS/ESSInformation.html (Abruf: 28.09.2015).

2 Für weitere Informationen zum System der Verwaltungseinheiten siehe: http://ec.europa.eu/eurostat/web/nuts/overview (Abruf: 28.09.2015).

3 Auswärtiges Amt: www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/LaenderReiseinformationenA-Z_node.html (Abruf: 27. 06.2015).

4 In der Slowakei blieb bei 8 % der Ausländer die Staatsangehörigkeit ungeklärt.

5 Eingetragene Lebenspartnerschaften stehen je nach Ehegesetz des Meldelandes sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

6 Geschieden sowie eingetragene Partnerschaft aufgehoben.

7 Nebenwohnsitzpersonen werden nach EU-Typisierung nicht berücksichtigt.

8 Gemäß deutscher Typisierung gibt es je Haushalt nur eine Kernfamilie.

9 Bezogen auf Kinder, die im Haushalt leben.